Die wichtigsten Antworten – Stiko will Empfehlung für Astra-Geimpfte ändern: Bekomme ich jetzt sicher Biontech?

Die wichtigsten Antworten – Stiko will Empfehlung für Astra-Geimpfte ändern: Bekomme ich jetzt sicher Biontech?

2. Juli 2021 Aus Von mvp-web

Die Stiko will die Empfehlung für die Zweitimpfung für Menschen ändern, die zuerst mit Astrazeneca geimpft worden sind. Sie sollen künftig unabhängig ihres Alters einen mRNA-Impfstoff bekommen. Was das für bereits mit Astrazeneca-Geimpfte bedeutet, lesen Sie hier.

Wer gegen Covid-19 eine erste Dosis Astrazeneca erhalten hat, soll künftig als zweite Spritze einen mRNA-Impfstoff bekommen. Das teilte die Ständige Impfkommission (Stiko) des Robert-Koch-Instituts (RKI) am Donnerstag mit. Besonders in Bezug auf die Delta-Variante erhoffen sich Experten dadurch eine schnellere Immunisierung der Bevölkerung. Diese geänderte Empfehlung ist Teil eines Entwurfpapiers, das noch begutachtet wird und könnte künftig den Impfplan vieler Betroffener verändern. FOCUS Online klärt die wichtigsten Fragen für Astrazeneca-Geimpfte.

Für wen soll die geänderte Stiko-Empfehlung gelten?

Bislang galt die Empfehlung, als zweite Dosis nach Astrazeneca ein mRNA-Präparat zu erhalten, nur für Personen unter 60 Jahren. Das soll sich ändern. Der neue Stiko-Entwurf sieht die Impfkombination für alle Menschen vor, die mit Astrazeneca erstgeimpft wurden und werden.

Warum will die Stiko die Empfehlung ändern?

Die Experten begründen die neue Empfehlung damit, dass die Immunantwort nach dem Verabreichen von zwei verschiedenen Präparaten – erst Vektor-, dann mRNA-Impfstoff – der Immunantwort nach zwei Dosen Astrazeneca „deutlich überlegen“ sei. Fachleute sprechen hier von einem heterologen Impfschema.

Immunologe Carsten Watzl bezeichnete den Entwurf auf Twitter als „Gute Nachricht“. Zuvor hatte der Experte dort aktuelle Studienergebnisse zur Kreuzimpfung geteilt. Demnach wirkt die Kombination aus einem dem Astrazeneca-Impfstoff und einem mRNA-Vakzin mindestens so gut wie die Kombination aus zwei mRNA-Vakzinen.

Hinzu kommt, dass eine zweite Impfung mit einem mRNA-Vakzin in einem kürzeren Abstand verabreicht werden kann, als es für die zweite Vektor-Impfung empfohlen ist. Damit könnten viel schneller mehr Menschen vollständig immunisiert werden. Gerade in Bezug auf die Delta-Variante, gegen die laut ersten Untersuchungen nur zwei Impfungen schützen, ist das wichtig. Das betonte auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Freitag in einer Pressekonferenz.

In welchem Abstand bekomme ich jetzt meine Zweitimpfung?

Der Abstand zwischen erster und zweiter Dosis sollte laut Stiko mindestens vier Wochen betragen. Dabei handelt es sich aber lediglich um den Minimalabstand, ein größeres Zeitfenster ist laut Stiko-Experte Christian Bogdan „überhaupt kein Problem“. Bei Astrazeneca wisse man, dass für mindestens zwölf Wochen ein Impfschutz bestehe, sagte er dem „ZDF“. Deshalb könnten Betroffene ihren ursprünglichen Zweittermin auch einhalten.

Die Kommission betonte, es sei angesichts der deutlich ansteckenderen Delta-Variante wichtig, die zweite Impfstoffdosis „zeitgerecht wahrzunehmen“. Nach nur einer Impfstoffdosis scheine der Schutz gegen Delta „deutlich herabgesetzt“ zu sein.

Für die anderen Vakzine empfiehlt die Stiko folgende Abstände zwischen den zwei erforderlichen Impfstoffdosen:

  • drei bis sechs Wochen bei Biontech/Pfizer,
  • vier bis sechs Wochen bei Moderna und
  • neun bis zwölf Wochen bei Astrazeneca, falls noch jemand zweifach damit geimpft werden sollte.

Kann ich mir meinen zweiten Impfstoff jetzt aussuchen?

Bei der Mitteilung der Stiko handelt es sich vorerst um einen Entwurf. Das betonte auch Experte Christian Bogdan im Gespräch mit dem „ZDF“: „Das ist noch nicht der offizielle Stiko-Beschluss“, erklärte er. Der Entwurf werde zunächst in einem Stellungnahmeverfahren begutachtet und erst anschließend von der Stiko als endgültigen Beschluss veröffentlicht.

Demnach werde sich erst dann etwas an der Impfkombination der Betroffenen ändern. Ob sich mit Astrazeneca Erstgeimpfte dann aussuchen können, welchen Impfstoff sie bekommen, kann also erst dann festgelegt werden. Wie Spahn am Freitag betonte, würden die Strukturen in Praxen und Impfzentren möglichst rasch angepasst werden.

Gibt es dann überhaupt genügend Impfstoff?

Immunologe und Stiko-MItglied Christian Bogdan sieht bei der Verfügbarkeit der Dosen vorerst „kein Problem“. Zumindest solange die Hersteller die zugesagten Impfdosen rechtzeitig lieferten. „Wir werden nicht in einen Impfstoffmangel hineinlaufen, nur, weil gegebenenfalls die heterologe Impfung stattfindet“, sagte er dem „ZDF“. Gleiches sagte am Freitag Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Die bayerischen Hausärzte sehen das Ganze weniger gelassen. „Viele Patienten, die erst in ein oder zwei Monaten für die Zweitimpfung vorgesehen waren, wollen jetzt unbedingt vor dem Sommerurlaub vollständig geimpft werden. Doch wo soll über Nacht der mRNA-Impfstoff für die Zweitimpfungen für mehrere Wochen herkommen?“, kritisiert Markus Beier, Landesvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes.

Mit diesem unabgestimmten Vorstoß hätte die Stiko Chaos in den Praxen ausgelöst – „und dies nicht zum ersten Mal“, sagt Beier. Und Dominik A. Ewald, Landesverbandsvorsitzender Bayern des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, ergänzt: „Mit dieser erneuten Kehrwende werden das Vertrauen der Patienten in die Impfkampagne unnötigerweise erschüttert und neue Impfhürden im praktischen Impfmanagement aufgebaut.“

Sind die Nebenwirkungen bei einer Kreuzimpfung stärker?

Darauf deuteten erste Untersuchungen hin. Wie Mediziner Christoph Specht „ntv“ sagte, habe sich diese Befürchtung allerdings nicht bewahrheitet. Man könne, genau wie bei anderen Impfungen, Impfreaktionen und Nebenwirkungen haben. Dazu zählen etwa Rötungen ander Einstichstelle, Fieber und Abgeschlagenheit. Eine Verstärkung dieser gewöhnlichen Reaktionen erwarten Experten allerdings nicht.

Bin ich schlechter geschützt, wenn ich zwei Dosen Astrazeneca bekommen habe?

Die vorliegenden Daten zeigen zwar, dass die Immunantwort bei einer heterologen Impfung etwas besser sein kann. „Das bedeutet aber in keiner Weise, dass, wer zweimal mit Astrazeneca geimpft wurde, nicht gut geschützt ist“, betonte Christian Bogdan. Die Doppelimpfung schütze „hervorragend“ vor schweren Verläufen und Hospitalisierungen.

Wer also zweimal mit Astrazeneca geimpft wurde, müsse nichts befürchten. „Es gibt etwa 2,5 Millionen Menschen in Deutschland, die mit einer zweifachen Astrazeneca-Impfung geschützt sind. Das ist gut. Sie schützt auch.“

Gilt die Empfehlung auch für den anderen Vektor-Impfstoff, das Vakzin von Johson & Johnson?

Bogdan geht davon aus, dass bei der Johnson & Johnson-Impfung trotz Einfachzulassung künftig eine zweite Dosis verabreicht werden wird. „Rein immunologisch halte ich das für extrem wahrscheinlich“, so der Stiko-Experte. Ob es sich dabei dann um eine zweite Dosis von Johnson & Johnson oder einem der mRNA-Hersteller handeln werde, würden künftige Forschungsarbeiten zeigen.