Ribnitz-Damgarten: Ehemaliger Flughafen wird zum Ferienpark

11. November 2020 Aus Von mvp-web
Stand: 11.11.2020 15:00 Uhr

Auf der Halbinsel Pütnitz bei Ribnitz-Damgarten soll für 220 Millionen Euro ein Ferienpark entstehen. Das Unternehmen Center Parcs will das ehemalige Militärgelände bis 2024 bebauen.

Halle des 1935 gebauten Flugplatz für Seeflugzeuge in Pütnitz bei Ribnitz-Damgarten © picture alliance/akg-images/Sammlung Foedrowitz Foto: akg-images/Sammlung Foedrowitz

Jahrzehntelang lag die Halbinsel Pütnitz im Dornröschenschlaf. Jetzt will die Unternehmensgruppe Center Parcs auf der 120 Hektar großen Fläche im Saaler Bodden einen Ferienpark mit 600 Ferienhäusern und -apartments bauen. 2024 soll die Bernsteinstadt fertig sein. Wirtschaftsminister Harry Glawe begrüßt die Pläne. “Mecklenburg-Vorpommern wird um eine touristische Attraktion reicher”, sagte er.

MV investiert in Erschließung

Für die Erschließung des Geländes gibt das Land Mecklenburg-Vorpommern 43 Millionen Euro aus. Bis 1994 war die Halbinsel Pütnitz Militärflughafen. Das Geld sei nötig, um Munition, Kampfmittel und andere Altlasten zu beräumen. Erst danach können die Pläne von Center Parcs auf der Fläche umgesetzt werden.

Technik-Museum und Pangea-Festival sollen bleiben

Das Unternehmen will nach eigenen Angaben dann noch einmal 220 Millionen Euro auf der Fläche investieren. Geplant ist, vorhandene Nutzer wie das Technik-Museum und die Macher des Pangea-Festivals auf dem Areal zu behalten und ihnen die Möglichkeit zu geben, ganzjährig Angebote zu unterbreiten. Auch die Bernsteinreiter, ein Reitverein und Touristikbetrieb aus der Region, sollen in das Konzept mit eingebunden werden. Perspektivisch sei auch die Errichtung eines Sportboothafens geplant, hieß es aus dem Innenministerium in Schwerin. Der Regionalverein des Naturschutzbundes reagiert enttäuscht auf die Pläne. Man hätte sich für das Kleinod im Saaler Bodden eine schonendere Nutzung gewünscht, so ein Sprecher.

Flugplatz Pütnitz

Der Flugplatz Pütnitz bei Ribnitz-Damgarten wurde 1935 gebaut. Auf dem Areal am Saaler Bodden war die Flugzeug-Führer-Schule-See stationiert. Bomberpiloten trainierten den Sicht- und Blindflug. Außerdem wurden dort die in den Ribnitzer Bachmann-Werken reparierten Seeflugzeuge eingeflogen. Nach dem Krieg befand sich auf dem Areal für einige Jahre eine Werft für Fischkutter. 1951 beschlagnahmten die Sowjets den Flugplatz. Pütnitz wurde mit rund 150 hier stationierten MiG 21 (später MiG 29) zu einem der wichtigsten Stützpunkte der Westtruppen der sowjetischen Luftstreitkräfte in der DDR. Außerdem waren ein Hubschraubergeschwader, Fallschirmjäger, Reparaturbrigaden und Radarstellungen auf dem Gelände untergebracht. In einem Sonderwaffenlager sollen taktische Atomwaffen gelagert worden sein. Bis zu 13.000 Armeeangehörige verrichteten in Pütnitz ihren Dienst. Nach dem Abzug der Truppen 1994 übernahm der Bund das Gelände. 2010 kaufte es die Kommune Ribnitz-Damgarten für rund vier Millionen Euro. Die Stadt will das Areal touristisch entwickeln.

1994: Russische Jets verlassen Pütnitz

von Henning Strüber, NDR.de

Zum Abschied standen Kinder am Rand der Startbahn. Mit der einen Hand hielten sie sich die Ohren zu, mit der anderen winkten sie den vorbeirollenden Piloten zu. Am 11. April 1994 hoben die letzten MiG 29 vom Flugplatz Pütnitz in Ribnitz-Damgarten ab. Die 48 Jets der 16. Jagdfliegerdivision sollten wenig später auf russischen Flugplätzen landen.

Mit dem Rückflug der Gardeflieger der Westgruppe der russischen Streitkräfte – die nach dem Zusammenbruch des Riesenreichs formal der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) angehörten – endete am Saaler Bodden zugleich das letzte Kapitel der sowjetischen Besatzungszeit in Ostdeutschland.

Russischer Truppenabzug aus Ribnitz-Damgarten

Einer der wichtigsten Sowjet-Stützpunkte

Seit der Wende verließen insgesamt 65.000 russische Soldaten Mecklenburg-Vorpommern. Das Bundesland im Nordosten war eine Hochburg des Militärs: 3,2 Prozent der Landesfläche – rund 70.000 Hektar – waren bis zur Wende von Einheiten der Roten Armee und der Nationalen Volksarmee (NVA) in Beschlag genommen worden. Der fast 600 Hektar große Stützpunkt Pütnitz war einer der wichtigsten der Sowjets in Ostdeutschland. 13.000 Armee-Angehörige sollen hier zeitweise stationiert gewesen sein: Flieger, Fallschirmjäger, Radar- sowie Reparatur-Einheiten. Offizielle Zahlen wurden nie genannt.

Zersplitterte Fenterscheiben, russische Parolen

Der Ort, an dem eines der letzten Kapitel des Zeitalters des Ost-West-Konflikts endete, wirkt auch Jahrzehnte später noch wie aus der Zeit gefallen. Die großen Hangars, von den Nazis für eine Seefliegerschule erbaut, dann von den Russen übernommen, gehören neben dem Rollfeld und einigen Flugzeugbunkern zu den wenigen verbliebenen Bauten auf dem Flugplatz. Sie stehen heute unter Denkmalschutz. Viele Fensterscheiben sind zersplittert, überall in den Fugen wuchert Grünzeug, die russischen Schriftzüge an den Außenmauern sind hingegen kaum verblichen und auch heute noch gut lesbar.