Corona-Krise Kampf gegen Corona: Top-Infektiologe plädiert dafür, Infektionen zuzulassen

7. Juni 2020 Aus Von mvp-web

Kampf gegen Corona: Streeck plädiert dafür, Infektionen zuzulassen

Bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie sieht der Virologe Hendrik Streeck eine Chance während der Sommermonate. Es könne möglicherweise eine Teilimmunität in der Bevölkerung aufgebaut werden, die dann den weiteren Verlauf der Pandemie abschwäche, sagte der Bonner Professor der Deutschen Presse-Agentur.

“Wir sollten uns über den Sommer ein bisschen mehr Mut erlauben”, so Streeck.

Derzeit zeigten Studien, dass bis zu 81 Prozent der Infektionen asymptomatisch verliefen. Das heißt, die Infizierten haben keine oder kaum Symptome. “Die Zahl der Covid-19-Erkrankten auf den Intensivstationen ist derzeit rückläufig”, sagte Streeck. “Es besteht eine Chance, dass wir über den Sommer die Anzahl der Personen mit Teilimmunität erhöhen können.” Die Hoffnung auf einen Impfstoff könne sich als trügerisch erweisen. Also solle man sich darauf einstellen, mit dem Virus zu leben.

“Was wir sehen ist, dass auch Menschen mit asymptomatischen Verläufen eine Immunität oder Teilimmunität aufbauen”, erläuterte Streeck. “Wir wissen noch nicht, ob es eine schützende Immunität ist, aber sie bauen zumindest Antikörper gegen das Virus auf, und da kann man davon ausgehen, dass das zumindest einen Teilschutz ergibt. Wenn wir jetzt während der Sommermonate solche Infektionen zulassen, dann bauen wir eine schleichende Immunität in der Gesellschaft auf, die dann am Ende diejenigen schützt, die auch einen schwereren Verlauf haben können.”

Für interessant halte er auch, dass die Kitas in den Niederlanden schon vor fünf Wochen geöffnet hätten und dies nicht zu größeren Ausbrüchen geführt habe. Man müsse also durch die Öffnung von Kitas und Schulen offenbar keine Verschärfung der Pandemie befürchten.

Streeck erläuterte auch weitere Ergebnisse aus seiner “Heinsberg-Studie”, die zusammen mit Hygienikern der Uniklinik Bonn unter der Leitung von Ricarda Schmithausen erarbeitet wurden. Demnach erbrachte die Auswertung von Proben aus Quarantäne-Haushalten im Ort Gangelt, in dem sich das Coronavirus nach einer Karnevalssitzung im Frühjahr schnell ausgebreitet hatte, dass Oberflächen bei der Übertragung offenbar nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Focus Online: Sonntag, 07.06.2020, 11:48