Hintergrund Papier für Ampel-Koalition Auf was sich die Sondierer geeinigt haben

Hintergrund Papier für Ampel-Koalition Auf was sich die Sondierer geeinigt haben

15. Oktober 2021 Aus Von mvp-web
Stand: 15.10.2021 15:02 Uhr

Eine Anhebung des Mindestlohns, kein Tempolimit, keine Steuererhöhung, ein schnellerer Ausstieg aus der Kohleverstromung: Ein Überblick über die wichtigsten Punkte aus dem Sondierungspapier.

Es ist nur ein Sondierungspapier – und noch keine Koalitionsvereinbarung. Dennoch wird bereits deutlich, in welche Richtung die Verhandlungen der möglichen Ampel-Koalitionäre gehen könnten. Das sind die wichtigsten Eckpunkte.

Finanzen und Steuern

Vor allem im Abschnitt Steuern ist die Handschrift der FDP zu lesen. Es soll keine Steuererhöhungen geben. “Wir werden keine neuen Substanzsteuern einführen und Steuern wie zum Beispiel die Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöhen”, heißt es darin. Die Schuldenbremse soll beibehalten werden. Im Rahmen der Schuldenbremse sollen die nötigen Zukunftsinvestitionen gewährleistet werden.

Arbeit

Der gesetzliche Mindestlohn soll im ersten Jahr auf zwölf Euro pro Stunde erhöht werden. Die Minijob-Grenze soll sich künftig an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientieren und wird auf 520 Euro erhöht.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen unter bestimmten Voraussetzungen ihre Arbeitszeit flexibler gestalten können. Außerdem soll “eine begrenzte Möglichkeit” zur Abweichung von den Regelungen der Tageshöchstarbeitszeit geschaffen werden – wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen dies vorsehen.

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll praktikabler werden. “Wir wollen außerdem ein Punktesystem als zweite Säule zur Gewinnung von qualifizierten Fachkräften einführen”, heißt es.

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Das Sondierungspapier wird nun den Parteigremien vorgelegt – der SPD-Vorstand hat bereits zugestimmt.

Klimaschutz

Die möglichen Koalitionäre wollen einen schnelleren Ausstieg aus der Kohleverstromung. Zum Zeitplan heißt es dazu: “Idealerweise gelingt das schon bis 2030.” Noch im Jahr 2022 soll es ein Klimaschutz-Sofortprogramm geben. Das Klimaschutzgesetz soll 2022 weiterentwickelt werden. “Wir sehen es als unsere zentrale gemeinsame Aufgabe, Deutschland auf den 1,5 Grad Pfad zu bringen, so wie es der Pariser Klimavertrag und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorgeben”, heißt es in dem Papier.

Für Windkraft an Land sollen zwei Prozent der Fläche ausgewiesen werden. Die Windkraft auf See soll erheblich gesteigert werden. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien soll “drastisch” beschleunigt werden. Zudem sollen “alle geeigneten Dachflächen” künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden.

Die Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis soll im Laufe der Legislaturperiode so schnell wie möglich beendet werden.

Ein generelles Tempolimit soll es nicht geben. Beim Thema Verbrennermotoren verweisen die Ampel-Partner auf die EU. “Gemäß den Vorschlägen der EU-Kommission hieße das im Verkehrsbereich, dass in Europa 2035 nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden – entsprechend früher wirkt sich dies in Deutschland aus.” Außerhalb des Systems der Flottengrenzwerte wollen sich die Partner dafür einsetzen, dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können.

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Soziales

Die gesetzliche und die private Kranken- und Pflegeversicherung soll erhalten bleiben. Das System der privaten Altersvorsorge soll reformiert werden. So soll das Angebot eines öffentlichen Fonds mit Abwahlmöglichkeit geprüft werden. “Daneben werden wir die gesetzliche Anerkennung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester prüfen.” Es gilt ein Bestandschutz für laufende Riester-Verträge. Der Sparerpauschbetrag soll auf 1000 Euro erhöht werden.

Hartz IV soll durch ein Bürgergeld ersetzt werden. “An Mitwirkungspflichten halten wir fest und prüfen, wie wir hier entbürokratisieren können”, heißt es.

Das Mindestrentenniveau von 48 Prozent soll gesichert werden. Rentenkürzungen soll es nicht geben, auch keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters. Künftig soll es eine “teilweise Kapitaldeckung” der Rente geben – dazu soll es aus Haushaltsmitteln zehn Milliarden Euro geben.

Familien

Kinderrechte sollen im Grundgesetz verankert werden. Bisherige Leistungen der Familienföderung sollen in einem eigenen Kindergrundsicherungsmodell gebündelt und automatisiert ausgezahlt werden.

Wissenschaft

Der Anteil der gesamtstaatlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung soll auf 3,5 Prozent des BIP erhöht werden.

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Wohnen

Die mögliche Koalition will den Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr festschreiben, davon sollen 100.000 öffentlich gefördert werden. Der Klimaschutz beim Neubau soll gestärkt werden.

Wahlrecht

Das Wahlalter für die Wahlen zum Deutschen Bundestag und Europäischen Parlament soll auf 16 Jahre gesenkt werden. Das Wahlrecht soll überarbeitet werden, “um nachhaltig das Anwachsen des Deutschen Bundestages zu verhindern”.

Modernisierung

Die Verwaltung soll “agiler und digitaler” werden. Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen modernisiert werden. “Unser Ziel ist es, die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren”, heißt es in dem Papier.