Landesfischereiverband will sich auflösen
17. Juli 2020Der Landesfischereiverband will sich in der kommenden Woche auflösen.
Das erklärte der Verbandsvorsitzende Norbert Kahlfuß. Er bestätigte damit einen Bericht der „Ostsee-Zeitung“. Grund seien sowohl finanzielle als auch personelle Probleme. Der Verband zählt derzeit rund 120 Mitglieder. Vor zehn Jahren waren es knapp 250. Finanziert habe sich der Landesfischereiverband ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge. Diese müssten jetzt angehoben werden. Das sei aber angesichts der Existenzprobleme vieler Fischer nicht möglich, so Verbandsvorsitzender Norbert Kahlfuß.
Sinkende Fangquoten und kein Nachfolger
In den vergangenen Jahren ist die Fangquote vor allem für Kutter- und Küstenfischer immer weiter zurückgegangen. Für das kommende Jahr könnte ein weiterer Fangstopp für Hering dazu kommen. Zudem findet Kahlfuß keinen Nachfolger für den Verbandsvorsitz.
Dachverband 1994 gegründet
Der Dachverband der Angler, Binnen-, Kutter-, Küsten- und Hochseefischer hatte sich in Mecklenburg-Vorpommern 1994 gegründet. Eine Interessenvertretung soll es trozdem weiterhin geben. In welcher Form allerdings, darüber will die Mitgliederversammlung in der kommenden Woche entscheiden. Außerdem setze man weiterhin auf den Deutschen Fischereiverband, um die Interessen auf nationaler und EU-Ebene durchzusetzen.
Usedomer Fischer leiden unter sinkenden Fischfangquoten
Viele Fischer in Mecklenburg-Vorpommern sehen besorgt in die Zukunft. Die EU-Fischereiminister haben die Fangquoten für dieses Jahr zum Schutz der Bestände in der westlichen Ostsee reduziert. Im Vergleich zu 2019 geht es um eine Verringerung von 65 Prozent. Damit dürfen im ganzen Land nur noch 1.000 Tonnen Hering gefangen werden. Im vergangenen Jahr konnten die Fischer dagegen mit knapp 3.000 Tonnen Hering fast dreimal soviel Fisch an Land bringen. Dadurch sind viele Fischer gezwungen, sich neue Strategien zu überlegen. Einige versuchen, die Saison so weit wie möglich zu strecken, von Januar bis Mai statt nur bis März. Die Strandfischer auf Usedom sehen ihre Existenz aber trotzdem gefährdet.
Strandfischer am Existenzminimum
Am Strand von Ahlbeck liegen die beiden Kutter von Uwe Krüger, die letzten ihrer Art. Krüger pflegt die alte Tradition zusammen mit seinem Schwiegersohn, die beiden sind zwei von gerade einmal einer Handvoll verbliebenen Strandfischern auf der Insel Usedom. „Wir fahren jetzt im Moment um sieben Uhr raus, wir brauchen nicht mehr so früh losfahren, bei so geringen Heringsquoten. Früher mit 100 Tonnen Ertrag konnten wir leben. Mit 13 Tonnen, wie zur Zeit, zwei Familien zu ernähren, davon kann man nicht leben,“ schildert der Strandfischer seine Sorgen.
Klimawandel hat Einfluß auf Fischbestände
In seiner Fischerhütte direkt am Ahlbecker Strand fragten schon die Touristen, was denn nun künftig werden würde, so Krüger. Er hat keine Antworten und kein Verständnis für die Fangquotenregelung: „Der Hering ist so dicht vor der Tür, es hat sich eigentlich nichts verändert. In den ganzen Jahren, in denen ich jetzt Fischer bin, war reichlich Hering da“, meint er ratlos. Doch dieser Eindruck wird von Wissenschaftlern nicht geteilt. Für sie ist erwiesen, dass die Fischbestände wegen des globalen Klimawandels sinken. „Die Rahmenbedingungen für die Nutzung der natürlichen Ressource Fisch haben sich geändert. Das ist nicht die Schuld der Fischer, sondern eine Folge sich schnell verändernder Umweltbedingungen. Diese haben massiven Einfluss auf die Bestände von Hering und anderen Arten in der Ostsee,“ so Christopher Zimmermann vom Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock.
Fischpreise werden steigen
In Heringsdorf sieht Fischsommelier André Domke die Situation ähnlich kritisch wie Fischer Krüger. Der gebürtige Usedomer und ausgebildete Seafood-Experte betreibt vier Fischläden auf der Insel, unter anderem auch einen in Ahlbeck. Er kennt die Sorgen der Strandfischer. „Das ist ja quasi Weltkulturerbe mit den Strandfischern. Die ganzen Touristen wollen sehen, wie der Fisch rausgeholt wird, das ist Usedom, das ist die Ostsee, das muss erhalten bleiben,“ fordert der Unternehmer. Am Ende treffe die neue Regelung die Endverbraucher, die bald höhere Preise für Fisch bezahlen müßten, fürchtet Domke. Sowohl er als auch Uwe Krüger hoffen auf das Verständnis der Touristen und vielleicht doch noch auf ein Umdenken in der Politik.