Medizin-Professor im Gespräch – Darf ich Alkohol trinken? Was Sie am Impftag lassen sollten – und was okay ist
11. Mai 2021Immer mehr Deutsche sind geimpft gegen Corona. Bei vielen steht der Impftermin kurz bevor. Was Sie am Tag der Impfung besser lassen und was unproblematisch ist – FOCUS Online hat beim Internisten Michael Manns nachgefragt.
Das Impftempo in Deutschland nimmt stetig zu. Immer mehr Menschen sind zumindest erstgeimpft. Für den Astrazeneca-Impfstoff ist zudem die Impfpriorisierung aufgehoben. Der Impftermin rückt dadurch für viele noch einmal näher – was vielfach ganz praktische Fragen aufwirft, wie: Auf was sollte ich vor der Impfung achten? Auf was danach? Darf ich direkt nach der Impfung Autofahren, Sport treiben oder Alkohol trinken? FOCUS Online hat darüber mit Michael Manns, Professor für Innere Medizin und Präsident der Medizinischen Hochschule Hannover, gesprochen.
Morgen oder in ein paar Tagen steht der eigene Impftermin an: Auf was sollte ich achten?
Besondere Vorkehrungen im Vorfeld des Impftermins braucht es nicht. Auf was man sich allerdings einstellen muss, sind lokale Impfreaktionen wie Fieber, Schüttelfrost oder Schmerzen an der Einstichstelle, erklärt Mediziner Michael Manns. Diese würden bei der Corona-Impfung im Vergleich zu anderen Impfstoffen tendenziell häufiger auftreten als bei anderen Impfungen. Dabei handelt es sich allerdings weniger um wirkliche Nebenwirkungen der Impfung als um normale Reaktionen in den ersten ein bis zwei Tagen nach der Impfung. Manns betont, dass die vielen in kurzer Zeit durchgeführten Impfungen zeigten, wie sicher die Corona-Impfstoffe insgesamt seien.
„Kein Impfstoff ist so gut untersucht“: Infektiologe widerspricht Impfskeptikern
Viele überlegen, Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol vorsorglich vor der Impfung einzunehmen, um solche harmlosen, aber unangenehmen Impfreaktionen abzumildern. Ist das sinnvoll oder kann das einen negativen Einfluss auf den Impfschutz haben?
Ibuprofen oder Paracetamol präventiv vor der Impfung einzunehmen, ist keine gute Idee, sagt Mediziner Manns. Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) spricht sich gegen eine prophylaktische Einnahme von fiebersenkenden oder schmerzlindernden Medikamenten aus und bezieht sich dabei auf Studien mit anderen Impfstoffen.
Forscher der University of British Columbia weisen in einem im Fachmagazin „Chest“ erschienenen Paper etwa auf Studien hin, die zeigen, dass die Einnahme von Schmerzmitteln kurz vor Erhalt eines Impfstoffs dessen Immunogenität beeinträchtigen könnte. Eine weitere, im Fachmagazin „Lancet“ veröffentlichte Studie untersuchte die Wirkung von Paracetamol bei Säuglingen prophylaktisch direkt nach einer Impfung. Hier stellten sie fest, dass Antikörpertiter bei diesen Personen signifikant niedriger waren.
Falls nach der Impfung Beschwerden wie Fieber oder Kopfschmerzen auftreten, seien Schmerzmittel aber kein Problem, erklärt Michael Manns. Einen Einfluss auf den Impfschutz habe die Einnahme im Nachhinein in der Regel nicht. „Das sind Medikamente, die Fieber- und Schmerzreaktionen senken. Das interveniert nicht mit dem Impfschutz und der Immunreaktion.“
Sollte man sich impfen lassen, wenn man erkältet ist oder sich am Tag der Impfung krank fühlt?
„Das kommt darauf an“, sagt Manns. „Wenn man unklare Symptome hat, muss man sie vorher abklären lassen. In einer unbekannten Krankheitssituation sollte man sich nie impfen lassen.“ Falls sich nämlich nach der Impfung der Gesundheitszustand verschlimmert, wüsste man nicht, ob das im Zusammenhang mit der Impfung stehe oder nicht.
Auch das RKI rät davon ab, sich bei einer akuten Krankheit mit mindestens 38,5 Grad Celsius Körpertemperatur impfen zu lassen. Handelt es sich nur um eine leichte Erkältung oder eine gering erhöhte Temperatur, müsse die Impfung nicht verschoben werden, so das RKI.
Darf ich nach dem der Corona-Impfung Alkohol trinken?
Sie haben Ihren Impftermin hinter sich gebracht und wollen darauf mit einem Glas Sekt anstoßen? Viele sind unsicher, ob das eine gute Idee ist beziehungsweise Alkohol nach der Impfung per se tabu. „Es gibt keinen Grund für ein absolutes Alkoholverbot und gegen ein Glas spricht nichts“, so der Präsident der Medizinischen Hochschule Hannover.
Auch nach Ansicht der Virologin Sandra Ciesek hat Alkohol keinen großen Einfluss auf den Immunschutz. Allerdings sei es nicht ratsam, rund um einen Impftermin viel Alkohol zu trinken. „Große Mengen Alkohol sind schließlich Gift für den Körper. Und wenn der Körper nach einer Impfung mit der Immunabwehr beschäftigt ist, sollte man ihn nicht auch noch mit Giftstoffen belasten.“
Und auch Manns warnt vor einer zu großen Menge Alkohol: „Man sollte nicht so viel trinken, dass man seine eigene Situation nicht mehr gut einschätzen kann.“
Viele fahren mit dem Auto zum Impfzentrum oder Hausarzt. Hat die Corona-Impfung einen Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit?
„Nach der Impfung muss man sowieso einige Minuten ruhen. Daher sollte man sicherlich nicht sofort ins Auto steigen“, erklärt Manns. Er empfiehlt, direkt nach der Impfung eine Ruhezeit von 30 Minuten einzuhalten. „In diesem Zeitraum kann man sehen, wie der Körper auf die Impfung reagiert und ob er sie gut verträgt.“ Fühle man sich gut und die Impfreaktion befinde sich im üblichen Maße, könne man danach wieder ins Auto steigen.
Darf man kurz nach der Corona-Impfung Sport treiben oder sollte man einige Tage komplett aussetzen?
Nach der Impfung sollte man ein bis zwei Tage auf Sport verzichten, rät der Mediziner. „Häufig treten nämlich lokale Reaktionen bei der Einstichstelle auf. Manchmal erscheinen auch grippeähnliche Symptome, was aber vom Typ des Impfstoffs abhängt.“ Dem Mediziner zufolge sollte man diese Impfreaktion abwarten und seinen Körper in dieser Zeit nicht zusätzlich belasten – wenngleich die beschriebenen Symptome kein Grund zur Sorge seien. Schließlich reagiert das Immunsystem auf die Impfung und baut die erwünschten Antikörper gegen Sars-CoV-2 auf.
Sollten sich Corona-Genesene auch impfen lassen?
Kurzfristig von Corona Genesene kommen für die Impfung zunächst nicht in Frage, erklärt Manns. Schließlich haben sie bereits Antikörper gebildet. Liegt die Corona-Infektion länger als sechs Monate zurück, empfiehlt das RKI allerdings auch Genesenen die Corona-Impfung. Aufgrund der bereits bestehenden Antikörper nach der durchgemachten Infektion reicht dann bereits eine Spritze für einen zuverlässigen Schutz.
Wie lange dieser Schutz anhält – mehrere Monate oder Jahre -, ist bisher unklar. „Die Zukunft der Wissenschaft wird zeigen, wie lange ein Schutz anhält und ob und wann eine Wiederimpfung erfolgen sollte. Dafür sind Langzeitdaten nötig“, erläutert Michael Manns.