Corona: Zahlreiche Anzeigen wegen Einreiseverbots in MV

23. August 2020 Aus Von mvp-web

In Mecklenburg-Vorpommern sind wegen des Einreiseverbots für Tagestouristen zahlreiche Anzeigen aufgenommen worden. Hunderte Menschen haben sich seit Beginn des Verbots unerlaubt im Nordosten aufgehalten.

In Rostock wurden 110 Verfahren gegen Tagestouristen eingeleitet oder geführt, wie die Stadt auf Anfrage mitteilte. Die Zahl der Verfahren müsse jedoch nicht genau mit der Zahl der betroffenen Touristen übereinstimmen, da ein Verfahren auch gegen mehrere Menschen geführt werden könne oder Wiederholungstäter dabei sein könnten, hieß es. In den Fällen sei jeweils ein Bußgeld von 150 Euro verhängt worden.

Bei einer Pressekonferenz gab Ministerpräsidentin Schwesig bekannt, das weitreichende Corona-Lockerungen nicht in Sicht sind. Tagestouristen dürfen weiter nicht ins Land, Clubs bleiben geschlossen.

Dienstag wird über weitere Lockerungen beraten

Der individuelle Tagestourismus ist in Mecklenburg-Vorpommern weiterhin untersagt. Touristen aus allen Bundesländern dürfen etwa nicht für einen Tag mit dem Auto oder der Bahn kommen. Es muss mindestens eine Übernachtung in einer Touristenunterkunft gebucht werden. Bei einem Verstoß droht ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro.

Der Tagestourismus mit Reisebussen ist hingegen bereits wieder erlaubt. Am Dienstag berät die Landesregierung in Schwerin unter anderem mit Gewerkschaften und kommunalen Vertretern über mögliche Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen.

Schwesig macht Hoffnung auf Lockerungen

Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) machte unmittelbar vor dem Gipfel den Spontanbesuchern Hoffnung, wieder Küsten und Seen im Nordosten nur für einen Tag besuchen zu können. Voraussetzung dafür seien weiterhin niedrige Infektionszahlen. In den zurückliegenden Tagen waren in der Regel täglich nur noch drei neue Corona-Infektionen im Nordosten registriert worden. Das waren deutlich weniger als in den ersten August-Wochen, als auch in Mecklenburg-Vorpommern die Fallzahlen zwischenzeitlich wieder nach oben gegangen waren. Sie hoffe sehr, dass die Zahlen weiter stabil niedrig bleiben. „Die Realität ist: Wir müssen tagaktuell anhand der Lage entscheiden», sagte Schwesig mit Blick auf die Kabinettssitzung am Dienstag.

Anzeige nicht in allen Fällen erstattet

Seit Beginn der Corona-Pandemie wurden im Landkreis Nordwestmecklenburg knapp 400 Tagestouristen zur Rückreise aufgefordert, wie der Landkreis mitteilte. Anzeigen seien nur in einer Minderheit der Fälle aufgenommen worden, da sich die Betroffenen meist einsichtig gezeigt hätten. Am vergangenen Wochenende wurden in Nordwestmecklenburg elf Anzeigen gegen das Tagestourismusverbot aufgenommen. 72 weitere Anzeigen kommen demnach seit Beginn der Corona-Pandemie wegen Verstößen gegen das Einreiseverbot hinzu.

Auch Anzeigen wegen illegaler Familienbesuche

Nicht bei allen handelt es sich aber um Tagestouristen, da auch etwa Familienmitglieder unerlaubterweise im Bundesland waren, als dies noch nicht wieder möglich war. Im Amt Neubukow-Salzhaff hielten sich laut Landkreis Rostock insgesamt 80 Menschen widerrechtlich auf. Bußgelder seien nicht erhoben worden, da die Betroffenen das Gebiet sofort verlassen hätten.

Der Landkreis Vorpommern-Rügen sprach von etwa zehn Verfahren wegen unerlaubten Aufenthalts in den vergangenen zwei Wochen. In Schwerin waren es nach Angaben einer Sprecherin bislang fünf Anzeigen. Diese seien jedoch nicht auf Tagestouristen zurückzuführen, sondern etwa auf Familienbesuche.

Anhaltende Kritik aus der Wirtschaft

Kritik an dem Vorgehen mit Tagestouristen in Mecklenburg-Vorpommern kam auch aus dem Nachbarland Schleswig-Holstein: FDP-Fraktionschef Christopher Vogt warf der Landesregierung in Schwerin am Freitag „absurdes Verhalten“ vor. „Seit Mitte Juni können alle Schleswig-Holsteiner wieder ohne Begründung nach Dänemark einreisen, aber ein Ende des Einreiseverbots nach Mecklenburg-Vorpommern für Tagestouristen ist noch immer nicht in Sicht“, sagte Vogt der Deutschen Presse-Agentur. Das sei schon skurril.

Sven Müller vom Unternehmerdachverband VU mahnte eine realistische Betrachtung des Infektionsgeschehens im Land an. Kein anderes Bundesland habe eine so geringe Infektionsquote. „Die Politik darf, kann und muss sich mehr trauen. Es braucht eine Strategie für eine neue Normalität“, forderte der Verbandsgeschäftsführer. Die Zeit, bis ein verlässlicher Impfstoff gegen das Corona-Virus verfügbar sei, könne sich noch lange hinziehen. „Diese Zeit haben viele Branchen nicht mehr. Sie und ihre Beschäftigten stehen sehr bald vor dem Nichts“, sagte Müller.

Stand: 23.08.2020 09:18 Uhr  – NDR 1 Radio MV