Vorpommern-Strategie: Der Blick geht nach Osten

Vorpommern-Strategie: Der Blick geht nach Osten

10. Juli 2021 Aus Von mvp-web
Stand: 10.07.2021 14:51 Uhr

Vorpommern soll auch durch eine engere Kooperation mit Polen voran kommen. Der Vorpommern-Rat legte nun ein Strategiekonzept vor. Weitere Punkte: mehr eigene Befugnisse, mehr Unternehmensansiedlungen und bessere Verkehrsanbindungen.

Das sind Kernforderungen aus dem Strategiepapier des Vorpommern-Rats, den das Gremium am Samstag in Greifswald an Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) übergeben hat. Es bleibe „wichtigste Aufgabe, die Wirtschaftskraft weiter zu stärken, bestehende Arbeitsplätze zu erhalten und neue anzusiedeln“, heißt es in dem 100 Seiten umfassenden Bericht, der Bilanz und Ausblick zugleich ist.

Mehr Entscheidungsbefugnisse vor Ort

Kritisiert wird in dem Bericht die Förderpolitik der Landesregierung, die „manchmal weit entfernt von den Bedarfen“ sei, so die Verfasser. Die Entscheidungsbefugnbisse sollten deshalb stärker in die Hände der Verwaltungen vor Ort gegeben und die regionalen Förderbudgets aufgestockt werden. Die Häfen seien verstärkt zu Gewerbestandorten auszubauen, die Werbung um weitere Neuansiedlungen in Zukunftsbranchen wie Biotechnologie und Gesundheitswirtschaft zu intensivieren, so das Strategiepapier.

Tourismus-Fachabitur und mehr Vorpommern-Identität

Auch traditionelle Bereiche sollen unterstützt werden. „Zur Sicherung der einheimischen Fischerei wird ein Gesamtkonzept entwickelt, bei dem die Verbindung mit Tourismus, Gastronomie, Traditionspflege, Verarbeitung und Vermarktung ein Überleben dieses regional prägenden Berufszweiges ermöglicht.“ Der Vorpommern-Rat fordert außerdem ein neues Fachabitur mit dem Schwerpunkt Tourismus, Rufbusse in den Dörfern, eine Landesakademie für kulturelle Bildung und eine eigene Vorpommern-Marke für mehr regionale Identität.

Rat fordert Ansiedlung von Landes- und Bundesbehörden

Die Verfasser fordern eine Stärkung der grenzüberschreitenden Metropolregion Stettin (Szczecin) auch mit Hilfe von Landesmitteln. „Eckpfeiler der Strategie für nächsten Jahre im östlichen Landesteil ist eine bessere Kooperation mit dem Nachbarn Polen“, steht im Bericht geschrieben. Die Ministerpräsidentin sieht dies ähnlich: Vorpommerns größte Chance besteh darin, Teil einer grenzübergreifenden Metropolregion Stettin zu werden. Außerdem sollten Bundes- und Landesbehörden in Vorpommern angesiedelt und das Nahverkehrsangebot verbessert werden, fordern die Verfasser. Der Vorpommern-Rat mahnt, die Darßbahn müsse möglichst rasch reaktiviert und der Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Karniner Eisenbahnbrücke am Stettiner Haff vorangetrieben werden. Der Bund hatte zuletzt 2015 die Aufnahme des Millionen-Projekts, mit dem sich die Zug-Fahrzeit von Berlin in den Süden der Insel Usedom halbieren würde, abgelehnt. Das Land stellte aber 2,8 Millionen für Vorplanungen bereit.

Schwesig will an Vorpommern-Staatssekretär festhalten

Schwesig verwies darauf, dass die Landesregierung bereits in der zu Ende gehenden Wahlperiode einen besonderen Schwerpunkt auf die Entwicklung Vorpommerns gelegt habe. „Denn wir wissen: Mecklenburg-Vorpommern wird insgesamt nur vorankommen, wenn sich beide Landesteile, Mecklenburg und Vorpommern, gut entwickeln“, so die Ministerpräsidentin. Sie machte deutlich, dass sie auch in der kommenden Legislatur an dem vor einigen Jahren geschaffenen Vorpommern-Fonds und einen Vorpommern-Staatssekretär festhalten möchte. Der derzeitige Vorpommern-Staatssekretär Patrick Dahlemann (SPD) sagte, für die Umsetzung der Strategie seien jetzt alle – Bürgermeister, Landräte und die Landesregierung – gefordert, dass sei man den Menschen in der Region schuldig. Entstanden ist das Papier nach mehreren Bürgerforen im Rahmen der Scheunen-Tour im verganenen Jahr.

Linke moniert „Kardinalfehler“: Rückzug des Staates aus der Region

Den Angaben zufolge wurden in den vergangenen fünf Jahren 942 Vorhaben in der Region mit Zuschüssen in Höhe von insgesamt 10,5 Millionen Euro gefördert. Dadurch seien Gesamtinvestitionen in Höhe von 68,5 Millionen Euro ausgelöst worden. Von einer dürftigen Bilanz sprach die Linksfraktion. Es seien viele Förderschecks verteilt worden, „die Menschen erwarten allerdings eine weitaus wirksamere und nachhaltige Politik. Ein Kardinalfehler war, dass sich der Staat immer mehr aus dem ländlichen Raum zurückgezogen hat – ob das Finanzamt, das Amtsgericht oder die Polizeistation“, so Linksfraktionschefin Simone Oldenburg.