++ Deutsche Botschaft warnte vergeblich ++
16. August 2021Eine Bundeswehrmaschine, die über Kabul kreiste, hat nicht landen können und muss in Usbekistan nachtanken. Um den Flughafen in Kabul zu sichern, entsenden die USA weitere 1000 Soldaten dorthin. Alle Entwicklungen im Liveblog.
- Merkel und Maas äußern sich am Abend
- Karsai-Sprecher: Führen Gespräche mit den Taliban
- Merkel: 10.000 Personen sollen gerettet werden
- Deutsche Botschaft warnte offenbar vergeblich vor Gefährdung
- Chaotische Lage am Flughafen Kabul
- Bundeswehrflugzeug in Richtung Afghanistan gestartet
- Erste deutsche Staatsbürger aus Kabul ausgeflogen
Kretschmann will afghanische Flüchtlinge aufnehmen
Der baden-württembergische Ministerpäsident Winfied Kretschmann (Grüne) hat angekündigt, in Baden-Württemberg afghanische Flüchtlinge aufnehmen zu wollen – etwa Übersetzer, Fahrer oder andere ehemalige Hilfskräfte ausländischer Organisationen und deren Angehörige. „Die Bilder aus Afghanistan sind erschütternd“, sagte Kretschmann. „Das Land Baden-Württemberg steht selbstverständlich zur Unterstützung bereit.“
Pentagon: Derzeit rund 2500 US-Soldaten am Flughafen Kabul
Das US-Militär ist am Flughafen Kabul nach eigenen Angaben inzwischen mit rund 2500 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Im Lauf des Dienstags solle deren Zahl auf mehr als 3000 ansteigen, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby. In einigen Tagen sollten dann rund 6000 US-Soldaten vor Ort sein, sagte er weiter. Sie sollen die Sicherheit des Flughafens gewähren und die Evakuierung von Amerikanern und früheren afghanischen Mitarbeitern der US-Streitkräfte organisieren.
Kirby bestätigte auch Berichte, wonach es am Flughafen der afghanischen Hauptstadt Zwischenfälle gegeben habe, bei denen US-Soldaten auf Bewaffnete geschossen hätten. Zwei Personen, die ersten Erkenntnissen nach nicht zu den Taliban gehörten, seien dabei getötet worden. Die Soldaten hätten von ihrem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch gemacht, sagte Kirby, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. Mit Blick auf die chaotischen Szenen am Flughafen am Morgen erklärte Kirby, die US-Soldaten arbeiteten nun mit türkischen Kräften und Soldaten anderer Verbündeter zusammen, um Ordnung zu schaffen, damit der Luftverkehr wieder aufgenommen werden könne.
Großbritannien schickt 200 zusätzliche Soldaten
Im Zuge der Evakuierung von britischen Staatsbürgern und afghanischen Helfern will London 200 zusätzliche Soldaten nach Kabul schicken. Das teilte das britische Verteidigungsministerium mit, nachdem in der vergangenen Woche bereits 600 militärische Kräfte nach Afghanistan entsandt wurden. Die Soldaten sollen dabei helfen, die verbliebenen britischen Staatsbürger und afghanischen Helfer des britischen Militärs möglichst schnell aus dem Land zu holen.
Belgische Regierung gibt grünes Licht für Evakuierung
Belgiens Regierung hat offiziell grünes Licht für eine Mission zur Evakuierung belgischer Staatsbürger aus Afghanistan gegeben. Drei Militärflugzeuge sollen entsendet werden, hieß es aus dem Büro von Premierminister Alexander de Croo, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete. Zunächst hatte das belgische Verteidigungsministerium angekündigt, vier Maschinen schicken zu wollen. Wann die Rettungsmission genau startet, ist den Angaben zufolge noch unklar.
Laut Außenministerin Sophie Wilmès haben sich rund hundert Menschen mit belgischer Staatsangehörigkeit bei der auch für Afghanistan zuständigen Botschaft in Pakistan gemeldet und den Wunsch geäußert, schnell nach Belgien zurückzukehren. Nach früheren Angaben können sich auch afghanische Dolmetscher und andere Menschen, die für belgische Interessen gearbeitet hätten, bei den belgischen Behörden melden.
Russland: Afghanistans Präsident floh mit Autos voller Geld
Russlands Botschaft in Kabul will unrühmliche Details rund um die Flucht des afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani vor den anrückenden Taliban in Erfahrung gebracht haben. Ghani sei mit einem Konvoi aus vier Wagen voller Geld geflohen, wurde Botschaftssprecher Nikita Ischtschenko in einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti zitiert. Gefolgsleute des Staatschefs hätten einen weiteren Haufen Bargeld in einen Helikopter zu stopfen versucht, doch habe nicht alles hineingepasst. Die Art und Weise von Ghanis Flucht spräche Bände über „den Kollaps des Regimes“, sagte Ischtschenko. Auf die Frage der Nachrichtenagentur AP, woher er die Details der Abreise des Staatschefs habe, antwortete der Botschaftssprecher nur lapidar: „Nun, wir arbeiten hier“.
Die Flucht aus Kabul hatte Ghani am Sonntag angetreten, während die Taliban nach einer Blitzoffensive auch die Hauptstadt besetzten. Nach Medienberichten zog es ihn in die Nachbarländer Usbekistan oder Tadschikistan, eine offizielle Bestätigung über seinen Aufenthaltsort gab es bisher nicht.
Merkel setzt bei Flüchtlingsfrage auf Afghanistans Nachbarstaaten
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat angekündigt, den afghanischen Nachbarstaaten schnell Hilfe anzubieten, um Fluchtbewegungen nach Europa unter Kontrolle zu halten. „Hier geht es vor allen Dingen darum, dass wir den Nachbarstaaten helfen, in die die afghanischen Flüchtlinge gegebenenfalls kommen“, sagte Merkel bei einer Pressekonferenz. Im Vordergrund stehe dabei die Zusammenarbeit mit dem Nachbarland Pakistan. Wichtig sei es auch, Kontakt zum UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR aufzunehmen. Darüber werde am Mittwoch auch das Bundeskabinett beraten. Es sei wichtig, den vielen Menschen, die nicht direkt mit deutschen Institutionen und für Deutschland gearbeitet hätten, eine „sichere Bleibe in der Umgebung von Afghanistan“ zu geben, sagte die Kanzlerin. Es gehe nun darum, den Nachbarstaaten von Afghanistan ausreichend Hilfe anzubieten.
Macron: Afghanistan darf nicht wieder „Refugium für den Terrorismus“ werden
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan vor einem Wiedererstarken des internationalen Terrorismus gewarnt. „Afghanistan darf nicht wieder zu dem Refugium für den Terrorismus werden, das es einmal war“, sagte Macron in einer Fernsehansprache. Dafür müssten sich Russland, die USA und Europa gemeinsam einsetzen, forderte er. Macron kündigte zudem eine gemeinsame EU-Initiative mit Deutschland gegen die erwartete Flüchtlingskrise an. Er hatte sich nach Angaben des Pariser Elysée-Palastes zuvor telefonisch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und anderen westlichen Regierungschefs über die Lage ausgetauscht.
Ungeachtet der chaotischen Lage am Flughafen Kabul will Frankreich nach seinen Worten „in den kommenden Stunden“ zwei Militärflugzeuge nach Afghanistan schicken. Sie sollen nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Paris französische Botschafts-Mitarbeiter und afghanische Ortskräfte sowie Menschenrechtler und Journalisten ausfliegen. Nach Angaben Macrons hat Frankreich bisher „fast 800“ afghanische Ortskräfte aufgenommen. Sein Land schulde diesen Menschen Hilfe in der Krise, betonte der Staatschef.
Ehemalige afghanische Regierungssoldaten fliehen in Nachbarländer
Immer mehr ehemalige Regierungssoldaten und Zivilisten aus Afghanistan versuchen in die Nachbarstaaten zu fliehen. Nach Angaben der usbekischen Generalstaatsanwaltschaft wurden am Wochenende 46 afghanische Militärflugzeuge und -Hubschrauber mit 585 Soldaten an Bord nach illegalen Grenzüberquerungen zur Landung auf dem Flughafen Termes gezwungen. Dabei sei eines der Flugzeuge mit einer usbekischen Maschine zusammengestoßen und abgestürzt. Die Piloten hätten sich mit Fallschirmen aus den Maschinen gerettet, hieß es weiter. Den Angaben zufolge laufen Ermittlungen gegen weitere 158 Zivilisten und Soldaten, die am Sonntag über den Fluss Amu Darja nach Usbekistan gelangt waren.
Das Nachbarland Tadschikistan erlaubte nach Regierungsangaben drei Flugzeugen mit mehr als 100 afghanischen Militärvertretern die Landung am Flughafen von Bochtar im Süden des Landes. „Tadschikistan hat SOS-Signale erhalten, woraufhin im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen des Landes beschlossen wurde, afghanischen Soldaten die Landung auf dem Flughafen zu gestatten“, teilte das tadschikische Außenministerium den russischen Nachrichtenagenturen Interfax und RIA Nowosti mit.
Maas rechnet mit baldiger Räumung der Landebahn in Kabul
Außenminister Heiko Maas rechnet damit, dass die US-Streitkräfte auf dem Flughafen Kabul die Landebahn in den nächsten Stunden räumen werden, so dass wieder Flugzeuge zur Evakuierung von Menschen landen können. Derzeit sei dies nicht der Fall, sagt der SPD-Politiker im ARD-Brennpunkt. Es sei mit den USA vereinbart, dass US-Militärflugzeuge auch Deutsche aus Kabul ausfliegen würden. Deutsche Flugzeuge wiederum würden neben afghanischen Ortskräften auch Bürger anderer Staaten mit an Bord nehmen können, wenn sie landen könnten, hatten Verteidigungs- und Außenministerium zuvor betont.
Bundeswehr: Zweites Flugzeug kreist über Kabul
Ein zweites Flugzeug zur Evakuierung kreist nach Angaben der Bundeswehr noch über Kabul. Eine Landung sei „aufgrund einer großen Anzahl von Personen auf der Landebahn derzeit noch nicht möglich“, heißt es auf Twitter.
Russisches Außenministerium: Lage in Afghanistan stabilisiert sich
Russland sieht nach der Rückkehr der Taliban an die Macht in Afghanistan eine „Stabilisierung“ der Lage in der Hauptstadt Kabul. Die radikalislamischen Kämpfer hätten begonnen, „die öffentliche Ordnung wiederherzustellen“, erklärte das russische Außenministerium. Zudem hätten sie für die Sicherheit der örtlichen Zivilbevölkerung und der diplomatischen Vertretungen garantiert. Im Gegensatz zu den westlichen Staaten will Russland seine Botschaft offen halten. Nach Angaben seines Außenministeriums steht Russland bereits in direktem Kontakt mit „Vertretern der neuen Behörden“ in Kabul. Botschafter Dmitri Schirnow will sich am Dienstag mit dem Sicherheitskoordinator der Taliban treffen. Die Taliban hätten bereits mit der Bewachung der Botschaft begonnen, sagte er russischen Staatsmedien.
Eine Chance für einen „dauerhaften Frieden“ in Afghanistan sah auch der neue iranische Präsident Ebrahim Raisi. Der ultrakonservative Politiker sagte nach Angaben seines Büros, die „Niederlage und der Rückzug der USA“ aus Afghanistan „sollten eine Gelegenheit schaffen, Leben, Sicherheit und dauerhaften Frieden in diesem Land wiederherzustellen“. Direkten Bezug auf die radikalislamischen Taliban nahm Raisi nicht.
UN-Sicherheitsrat dringt auf inklusive Regierung in Afghanistan
Der UN-Sicherheitsrat hat ein sofortiges Ende der Feindseligkeiten in Afghanistan und die Errichtung einer neuen „einigen, inklusiven und repräsentativen“ Regierung gefordert. Ihr müssten auch Frauen angehören. Die Kontinuität der Institutionen und die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen des Landes müssten sichergestellt werden, hieß es in der ersten Erklärung des Weltsicherheitsrats nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan. Auch die Sicherheit aller afghanischen und ausländischen Bürger müsse gewährleistet werden.
Die Ratsmitglieder forderten die Wiederherstellung von Sicherheit und der bürgerlichen und verfassungsmäßigen Ordnung sowie dringende Gespräche zur Lösung der aktuellen Führungskrise durch einen Prozess unter Leitung von Afghanen. Der Sicherheitsrat forderte alle Parteien – ohne ausdrückliche Nennung der Taliban – auf, internationale Menschenrechtsstandards einzuhalten und alle Verstöße dagegen zu beenden. Ferner wurde ein sofortiger Zugang für Mitarbeiter der UN und anderer humanitärer Organisationen gefordert, um Millionen bedürftige Menschen mit Hilfe zu versorgen. Die von Estland und Norwegen verfasste Erklärung wurde bei der Sondersitzung von allen 15 Mitgliedern des Sicherheitsrats verabschiedet.
Macron will Menschenrechtler, Künstler und Journalisten aufnehmen
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat angekündigt, bedrohte Mitglieder der afghanischen Zivilgesellschaft aufzunehmen. In Gefahr seien gegenwärtig „Verteidiger der Menschenrechte, Künstler, Journalisten“, erklärte Macron in einer Fernsehansprache. „Wir werden sie willkommen heißen, denn es ist eine Ehre für Frankreich, an der Seite derjenigen zu stehen, die für die Freiheit kämpfen.“
Johnson will virtuellen G7-Gipfel zu Afghanistan ausrichten
Großbritanniens Premierminister Boris Johnson will angesichts der dramatischen Lage in Afghanistan nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban einen G7-Gipfel ausrichten. Während eines Telefonats mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron habe Johnson die Absicht geäußert, „in den kommenden Tagen“ ein virtuelles Treffen der Staats- und Regierungschefs der G7 zu organisieren, teilte die Downing Street mit.
Die Regierung in London hat derzeit die rotierende G7-Präsidentschaft inne. Neben Großbritannien gehören der Gruppe Deutschland, die USA, Frankreich, Italien, Japan und Kanada an. Zentral sei, dass die internationale Gemeinschaft einen einheitlichen Ansatz mit Bezug auf Afghanistan verfolge, „sowohl im Hinblick auf die Anerkennung einer künftigen Regierung als auch zur Verhinderung einer humanitären Krise“, sagte Johnson in dem Telefonat mit Macron nach Angaben seines Büros.
General: Bundeswehrmaschine musste nach Usbekistan abdrehen
Eine Bundeswehrmaschine, die zuletzt eine Stunde über Kabul gekreist war, hat nach Angaben von Generalleutnant Markus Laubenthal nicht auf dem dortigen Flughafen landen können. Sie sei schließlich nach Taschkent in Usbekistan abgedreht, um dort nachzutanken, sagte Laubenthal im ZDF. Eine zweite Maschine werde aber bald über Kabul eintreffen. Man versuche derzeit, für sie einen Landeslot zu bekommen, so der Generalleutnant.
Merkel: Alles daran setzen, Menschen in Sicherheit zu bringen
Bei ihrer Pressekonferenz hat Kanzlerin Merkel erklärt, Deutschland werde nach der Machtübernahme der Taliban alles dafür tun, die verbliebenen Deutschen und ihre afghanischen Helfer in Sicherheit zu bringen. Konkret nannte sie 2500 Ortskräfte, von denen bereits 1900 außer Landes gebracht worden seien. Nun versuche man unter anderem auch, rund 1500 Mitarbeiter der Entwicklungszusammenarbeit und von Nichtregierungsorganisationen mit Maschinen der Luftwaffe auszufliegen. Allerdings räumte sie ein: „Das haben wir leider nicht mehr in der Hand.“ Ob die Evakuierungen ausgeführt werden können, hänge „von der Lage in Kabul ab“. So könnten wegen der unklaren Sicherheitslage die deutschen Flugzeuge derzeit nicht in Kabul landen.
Merkel nannte die gesamte Entwicklung „bitter, dramatisch und furchtbar, besonders für die Millionen Afghanen, die sich für Freiheit eingesetzt haben“. Es sei aber auch für Deutschland und die Verbündeten, allen voran die USA eine bittere Entwicklung. Den fast 20 Jahre dauernden Militäreinsatz hätten zahlreiche Soldaten nicht oder nur verletzt überlebt. Ihnen und ihren Angehörigen sprach Merkel ihren Dank und ihr Mitgefühl aus.
Großbritannien erwägt Sanktionen gegen Afghanistan
Großbritanniens Außenminister macht Sanktionen gegen ein von den Taliban regiertes Afghanistan vom Verhalten der Islamisten abhängig. Seine Regierung prüfe, welche Zusagen man mit Blick auf Flüchtlinge machen werde, sagt Dominic Raab weiter. Dies könne etwa das Zurückhalten von Hilfsgeldern bedeuten.
USA schicken weitere 1000 Soldaten zum Flughafen von Kabul
Zur Sicherung des Flughafens von Kabul entsendet das US-Militär ein weiteres Bataillon mit etwa 1000 Soldaten und Soldatinnen. Das kündigte das Pentagon an. Nach der Eroberung Kabuls durch die Taliban werden vom Flughafen westliche Diplomaten sowie einheimische Mitarbeiter ausländischer Botschaften und deren Angehörige ausgeflogen.
Am Flughafen spielten sich jedoch teils chaotische Szenen ab; Tausende Afghanen versuchten verzweifelt, an Bord von Flugzeugen zu kommen. Inmitten der chaotischen Evakuierungsaktion am Flughafen töteten US-Truppen nach Angaben von Pentagon-Sprecher John Kirby zwei Bewaffnete. Weitere Menschen starben, weil sie versuchten, Flugzeuge zu besteigen oder sich außen daran festzuhalten.
Taliban erhalten keinen Zugriff auf Guthaben in den USA
Die radikalislamischen Taliban werden nach Angaben eines US-Regierungsvertreters keinen Zugriff auf Guthaben in den USA erhalten. „Zentralbankreserven der afghanischen Regierung, die in den USA liegen, werden den Taliban nicht zur Verfügung gestellt“, sagte der US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP.
Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) beliefen sich die Reserven der afghanischen Zentralbank Ende April auf 9,4 Milliarden Dollar (acht Milliarden Euro). Ein Großteil des Geldes befinde sich außerhalb Afghanistans, hieß es. Wie groß die Summe ist, die in den USA gelagert wird, war zunächst unklar.
Flughafen Kabul gegenwärtig gesperrt
Am Flughafen von Kabul finden nach US-Angaben aus Sicherheitsgründen gegenwärtig keine Starts oder Landungen statt. Es sei unklar, wann diese wieder aufgenommen würden, sagt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.
Dadurch verzögert sich auch der Evakuierungseinsatz der Bundeswehr. Zwei Militärtransporter vom Typ A400M wurden nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aufgehalten, weil sie wegen des Chaos auf dem Flughafen Kabul derzeit dort nicht landen können. Sie hingen deswegen nach einem Tankstopp zunächst im aserbaidschanischen Baku fest.
Türkei fliegt Staatsangehörige aus
Mit einem Flug von Turkish Airlines sind dem staatlichen Sender TRT Haber zufolge 324 Menschen aus Kabul nach Istanbul ausgeflogen worden. Die Passagiere berichten, wie sie bis zu drei Stunden an Bord der Maschine warten mussten, während Soldaten Zivilisten von der Startbahn vertrieben. Einige verbrachten nach eigenen Angaben die Nacht am Flughafen.
Guterres ruft Taliban zur Zurückhaltung auf
UN-Generalsekretär António Guterres hat zu einem sofortigen Ende der Gewalt in Afghanistan aufgerufen. Bei einer Sondersitzung des Weltsicherheitsrats in New York rief er die internationale Gemeinschaft auf, sicherzustellen, dass die Menschenrechte aller und insbesondere die von Frauen und Mädchen respektiert werden.
Gleichzeitig sprach er von „erschreckenden Berichten über schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen im ganzen Land“. Besonders betroffen seien demnach Frauen und Mädchen. Der Sicherheitsrat müsse „alle verfügbaren Mittel nutzen, um die weltweite terroristische Bedrohung in Afghanistan zu bekämpfen“.
NATO-Krisensitzung am Dienstag
Die Botschafter der NATO-Mitgliedstaaten werden am Dienstag in einer Krisensitzung über die Lage in Afghanistan beraten. Im Anschluss werde Generalsekretär Jens Stoltenberg um 15.00 Uhr eine Pressekonferenz geben, teilte ein Vertreter des Bündnisses mit.
Anfang Mai hatte die NATO mit dem Abzug ihrer 9500 noch im Land verbliebenen Soldaten begonnen, gleichzeitig starteten die Taliban ihre Offensive gegen die Regierungstruppen. Nach dem Sieg der Taliban gab es heftige Kritik. CDU-Chef Armin Laschet etwa sprach vom „größten Debakel, das die NATO seit ihrer Gründung erleidet“.
Maas räumt falsche Einschätzung ein
In einer Pressekonferenz hat Außenminister Heiko Maas eingeräumt, dass die Bundesregierung – genau wie etwa die Geheimdienste und die internationalen Verbündeten – die Situation falsch eingeschätzt hat. „Die Geschwindigkeit, mit der die Taliban Kabul eingenommen hätten, hat niemand vorhergesehen“, so Maas.
Weiter erklärte er, Deutschland werde nichts unversucht lassen, so viele Menschen wie möglich aus Afghanistan auszufliegen. Man habe bereits 1900 Ortskräfte und andere Menschenrechtsaktivisten außer Landes geschafft. Nun gelte es, die verbleibenden Botschaftsmitarbeiter und Helfer vor Ort in Sicherheit zu bringen. Dazu solle eine Maschine der Luftwaffe in den nächsten Stunden in Kabul ankommen.
Die aktuellen Bilder, vor allem von den verzweifelten Menschen am Flughafen von Kabul, nannte Maas „außerordentlich schmerzhaft“. Der Kreis derjenigen, die in Deutschland aufgenommen werden, solle noch einmal erweitert werden, sagte der Außenminister. Maas räumte allerdings ein, dass noch unklar sei, wie diese Menschen unter den aktuellen Umständen zum Flughafen gelangen könnten.
Maas: So viele Menschen wie möglich ausfliegen
In einer Pressekonferenz hat Außenminister Heiko Maas erklärt, Deutschland werde nichts unversucht lassen, so viele Menschen wie möglich aus Afghanistan auszufliegen. Man habe bereits 1900 Ortskräfte und andere Menschenrechtsaktivisten außer Landes geschafft. Nun gelte es, die verbleibenden Botschaftsmitarbeiter und Helfer vor Ort in Sicherheit zu bringen. Dazu solle eine Maschine der Luftwaffe in den nächsten Stunden in Kabul ankommen.
Insgesamt räumte Maas ein, dass die Bundesregierung – genau wie etwa die Geheimdienste und die internationalen Verbündeten – die Situation falsch eingeschätzt hat. „Die Geschwindigkeit, mit der die Taliban Kabul eingenommen hätten, hat niemand vorhergesehen“, das müsse man einräumen, so Maas.
US-Soldaten töten zwei bewaffnete Männer am Flughafen
Am Flughafen Kabul sind offenbar mehrere Menschen durch Schüsse getötet worden. Die Nachrichtenagentur AFP berichtet, US-Soldaten hätten zwei Menschen erschossen. Inmitten von tausenden Menschen, die sich dort friedlich aufhielten, hätten zwei Männer ihre Waffen „auf bedrohliche Weise geschwungen“, sagte ein Vertreter des Pentagon. AP berichtet sogar von sieben Toten.
Auf dem Flughafen spielen sich dramatische Szenen ab, Menschen, die um jeden Preis das Land verlassen wollen, stürmen die Landebahn oder hängen sich außen an startende Flugzeuge. Das US-Militär spricht offenbar bereits mit den Taliban, um weiteres Chaos am Flughafen zu vermeiden.
China erkennt Taliban bereits als neue Machthaber an
Bundeswehrmaschinen unterwegs nach Kabul
Guterres ruft zum Schutz der Menschenrechte auf
UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat vor dem Sicherheitsrat in New York von „erschreckenden Berichten über schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan“ gesprochen. Besonders betroffen seien demnach Frauen und Mädchen. Der Sicherheitsrat müsse „alle verfügbaren Mittel nutzen, um die weltweite terroristische Bedrohung in Afghanistan zu bekämpfen“. Die Menschenrechte müssten geschützt werden.
Statement von Merkel am Abend
Bundeskanzlerin Angela Merkel will sich am Abend zur Lage in Afghanistan äußern. Das Bundespresseamt kündigte eine Pressekonferenz im Kanzleramt für 18.45 Uhr an. Bereits um 17.00 Uhr will sich Bundesaußenminister Heiko Maas zu Afghanistan äußern.
Ex-Wehrbeauftragter: Flugzeuge hätten schneller in Kabul sein können
Der Kieler Wehrexperte und frühere Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages Hans-Peter Bartels hat die Afghanistan-Politik des deutschen Außen- und Verteidigungsministeriums kritisiert. Dem Verteidigungsministerium warf er aktuell vor, zu spät mit den Evakuierungsflügen begonnen zu haben. „Wenn man am Freitag ankündigt, A400M-Transportmaschinen nach Kabul schicken zu wollen, dann darf die erste nicht erst am Montag starten“, sagte Bartels der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Die Bundeswehr kann schneller sein, man muss es ihr aber auch abverlangen.“ Bartels nannte die Entwicklung in Afghanistan „eine Tragödie mit Ansage“.
Aufruf zum Widerstand gegen Taliban
Der Sohn einer Symbolfigur des afghanischen Widerstands hat zum Kampf gegen die radikalislamischen Taliban aufgerufen: Ahmed Massud, Sohn des früheren Kriegsherrn Ahmed Schah Massud, schrieb in einem Gastbeitrag für die französische Zeitschrift „La Règle du jeu“, er wolle verhindern, dass „die Tyrannei in Afghanistan triumphiert“.
Ahmed Massud rief Afghanen „aller Regionen und aller Stämme“ auf, sich ihm anzuschließen und gegen die Taliban zu kämpfen. Die Widerstandskräfte sollten sich im Pandschirtal rund 150 Kilometer nördlich von Kabul versammeln, „die letzte freie Region in unserem im Todeskampf liegenden Land“. Trotz des „absoluten Debakels“ der Taliban-Machtergreifung sei noch „nicht alles verloren“.
Ahmed Massuds Vater hatte in den 1980er Jahren gegen die sowjetische Besatzung Afghanistans gekämpft, von 1996 bis 2001 bekämpfte er dann die Taliban. Am 9. September 2001 wurde er von zwei Selbstmordattentätern des Terrornetzwerks Al Kaida getötet – zwei Tage vor den Anschlägen in den USA, die zu dem internationalen Militäreinsatz in Afghanistan führten.
Afghanische Soldaten fliehen nach Tadschikistan
Mehrere Militärmaschinen mit über 100 afghanischen Soldaten an Bord landen nach Angaben des Außenministeriums in Tadschikistan in der Stadt Bokhtar. Man habe den Flugzeugen den Eintritt in den eigenen Luftraum erlaubt, nachdem diese ein Notsignal gesendet hätten, berichtet die russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das Außenministerium in Tadschikistan.
Laschet fordert robustes Mandat für Bundeswehr
Der Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan geht nach Angaben von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet nicht ohne ein robustes Mandat. Das Bundeskabinett wolle das Mandat am Mittwoch beschließen, dann müsse es einen Parlamentsbeschluss als Rückendeckung der Bundeswehr geben, sagt der CDU-Chef nach den Gremiensitzungen seiner Partei. Er sprach von einem gefährlichen Einsatz.
USA stoppen Evakuierungsflüge
Die USA setzen zunächst alle Evakuierungsflüge vom Kabuler Flughafen aus. Diese Maßnahme sei nötig, weil Menschen auf die Pisten gelaufen seien, sagt ein Mitglied der US-Armee Reuters. Der Armee-Angehörige, der nicht namentlich genannt werden will, sagt nicht, wie lange die Flugpause dauern soll.
14:09 Uhr
Deutsche Hilfsorganisation löste Schutzunterkünfte auf
Eine von Bundeswehrsoldaten gegründete Hilfsorganisation löst nach eigenen Angaben ihre Unterkünfte für afghanische Helfer in Kabul auf, damit die Häuser nicht zu Todesfallen werden. „Safehouses gerade aufgelöst, Taliban gehen von Tür zu Tür, wenn Rettung noch kommt, wird sie zu spät sein“, sagt der Vorsitzende des Patenschaftsnetzwerkes Afghanische Ortskräfte, Marcus Grotian. „It’s over.“
Niederlande schicken Militärflugzeuge nach Afghanistan
Die Niederlande wollen mehrere Militärflugzeuge nach Afghanistan schicken, um eigene Bürger sowie lokale Mitarbeiter zu evakuieren. Eine Maschine sei bereits unterwegs, teilte Verteidigungsministerin Ank Bijleveld über Twitter mit.
Zunächst sollten „Dolmetscher, lokales Personal der Botschaft und Familien“ evakuiert werden. Das Ministerium machte bisher keine Angaben, um wie viele Menschen es geht. Unklar war auch, wann die Maschine in Kabul eintreffen soll.
Karsai-Sprecher: Führen Gespräche mit den Taliban
Nach der faktischen Machtübernahme durch die militant-islamistischen Taliban in Afghanistan sollen Gespräche zwischen Politikern und Vertretern der Islamisten laufen. Das teilte ein Sprecher des ehemaligen Präsidenten Hamid Karsai der Deutschen Presse-Agentur mit. In einem ersten Schritt habe man betont, dass das Leben und das Vermögen der Bevölkerung sowie die öffentliche Infrastruktur geschützt werden müssten, sagte der Sprecher weiter. Einen Kommentar von Taliban-Seite gab es dazu zunächst nicht.
Merkel erwartet steigende Zahl von Flüchtlingen
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan eine wachsende Zahl von Flüchtlingen. „Viele Menschen werden versuchen, das Land zu verlassen“, sagte Merkel nach AFP-Informationen in der Sitzung der CDU-Parteigremien in Berlin.
Die Bundesregierung werde eng mit den Nachbarländern Afghanistans zusammenarbeiten: „Wir sollten alles tun, um den Ländern dabei zu helfen, die Geflüchteten zu unterstützen“, wurde Merkel zitiert. „Das Thema wird uns noch sehr lange beschäftigen.“
Grüne fordern Sondersitzung des Geheimdienste-Ausschusses
Angesichts der Eskalation in Afghanistan hat die Grünen-Fraktion im Bundestag eine Sondersitzung des für die Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremiums beantragt. „Wir brauchen Klarheit, welche Informationen zur Lage in Afghanistan der Bundesregierung vorlagen, und ob man eigene Erkenntnisse hatte oder sich nur auf Infos anderer Dienste verlassen hat“, sagt Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz dem „Handelsblatt“.
„Die Lage in Afghanistan ist ein einziges Fiasko“, fügt er hinzu. Es müsse geklärt werden, wer dafür aufseiten der Bundesregierung Verantwortung übernehme.
Krisensitzung der EU-Außenminister am Dienstag
Die Außenminister der Europäischen Union werden am Dienstag auf einer Krisensitzung über die Lage in Afghanistan nach der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban beraten. Nach der jüngsten Entwicklung und intensiven Kontakten mit den Partnern in den vergangenen Tagen und Stunden habe er ein Sondertreffen per Videokonferenz einberufen, teilt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf Twitter mit.
„Afghanistan steht an einem Scheideweg. Die Sicherheit und das Wohlergehen seiner Bürger sowie die internationale Sicherheit stehen auf dem Spiel“, fügt er hinzu.
Merkel: 10.000 Personen sollen gerettet werden
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im CDU-Bundesvorstand nach Angaben von Teilnehmern von rund 10.000 Personen gesprochen, die Deutschland aus Afghanistan evakuieren wolle. Die Bundesregierung habe vor Monaten bereits 2500 Ortskräfte identifiziert, bei 600 wisse man derzeit nicht, ob sie bereits in Drittstaaten seien, habe Merkel gesagt.
Weitere 2000 Menschen wie Menschenrechtler und Anwälte sollten auch ausreisen. Insgesamt handele es sich inklusive der Familien um rund 10.000 Menschen. „Wir evakuieren nun in Zusammenarbeit mit den USA die Menschen. Ohne die Hilfe der Amerikaner könnten wir so einen Einsatz nicht machen“, sagt die Kanzlerin.
AA: Frist für Evakuierungen aus Kabul unklar
Das Auswärtige Amt gibt keine Prognose ab zu der Frage, wie lange Evakuierungen aus Kabul noch möglich seien. Die Lage sei sehr unübersichtlich, sagt ein Ministeriumssprecher in Berlin. Derzeit gebe es am Flughafen in der afghanischen Hauptstadt wegen der chaotischen Zustände keine Flugbewegungen. Auch der Zugang zum Flughafen sei unübersichtlich.
AfD-Chef Meuthen für Aufnahme von Ortskräften
AfD-Co-Chef Jörg Meuthen hat sich für die Aufnahme afghanischer Ortskräfte und deren Angehöriger in Deutschland ausgesprochen. „Ja, wir haben eine moralische Pflicht, nach Maßgabe unserer Möglichkeiten nun auch jene Afghanen zu retten, die unmittelbar für uns gearbeitet haben und nun in äußerster Lebensgefahr sind“, schrieb Meuthen bei Facebook. Das gelte selbstverständlich auch für deren Angehörige, die ansonsten von den Taliban „per Sippenhaft gefoltert, missbraucht und getötet“ würden. Afghanen, die sich für die deutsche Mission eingesetzt hätten, müssten „aufgrund des Versagens des Westens nun auch nach Deutschland kommen können“.
Luftwaffe schickt weitere Transportflugzeuge nach Kabul
Für den Einsatz in Kabul hat die Luftwaffe weitere Transportflugzeuge in Richtung Afghanistan entsandt. Seit dem Morgen seien nun insgesamt drei Maschinen in Richtung Kabul unterwegs, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums. Die A400M-Maschinen sollen deutsche Bürger und einheimische Ortskräfte aus Kabul ausfliegen. Die Luftwaffen-Flugzeuge sollen eine Luftbrücke zwischen Kabul und der Hauptstadt des Nachbarlands Usbekistan, Taschkent, errichten. In Taschkent sollen dann zivile Chartermaschinen die Ausgeflogenen abholen und nach Deutschland bringen.
Auswärtiges Amt: Ortskräfte sollen an sicherem Ort warten
Das Auswärtige Amt ruft die afghanischen Ortskräfte in Kabul auf, sich nicht eigenständig zum Flughafen zu begeben. Dies sei derzeit zu gefährlich, sagte ein Ministeriumssprecher. Sie sollten vielmehr an einem sicheren Ort bleiben und darauf warten, bis sie von der deutschen Botschaft kontaktiert würden. Wer nicht auf einer Ausflugsliste stehe, werde nicht in das Flughafengebäude gelassen. Die Lage am Flughafen Kabul sei derzeit zudem sehr unübersichtlich.
Verteidigungsausschuss plant Sondersitzung
Nach der faktischen Machtübernahme der islamistischen Taliban in Afghanistan soll sich der Verteidigungsausschuss des Bundestags noch diese Woche zu einer Sondersitzung treffen. Die Obleute des Gremiums seien sich einig, dass dies vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen und des Evakuierungseinsatzes der Bundeswehr zeitnah notwendig sei, heißt es in einem Schreiben des Vorsitzenden Wolfgang Hellmich an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, das der Nachrichtenagentur dpa vorlag. Als Termin für die Sitzung komme dieser Mittwochmittag in Betracht, hieß es. Außenminister Heiko Maas berief angesichts der noch unübersichtlichen Lage nach dem Einmarsch der extremistischen Aufständischen für diesen Nachmittag ein weiteres Mal den Krisenstab der Bundesregierung ein. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte für diese Woche alle Termine wegen der Lage in Afghanistan ab.
Früherer NATO-Chef lehnt neuen Militäreinsatz ab
Der frühere britische NATO-Generalsekretär George Robertson hat einen neuen Militäreinsatz mit britischer Beteiligung in Afghanistan abgelehnt. „Wir können dort nicht militärisch reingehen – das ist vorbei, das ist beendet“, sagte Robertson dem Sender BBC. Der Abzug der Truppen aus dem Bürgerkriegsland sei „viel zu schnell“ gewesen, fügte der britische Labour-Politiker hinzu. Hätte man sich stärker an der Lage vor Ort orientiert und die Kräfte Schritt für Schritt abgezogen, „hätte diese Katastrophe vielleicht verhindert werden können“. Man müsse nun seine Lektionen lernen und die eigene Verteidigung widerstandsfähiger machen, warnte Robertson. „Und wir müssen aufpassen, was die internationalen Auswirkungen dieses Scheiterns sein werden – sie werden nicht gut sein.“
Baerbock: Deutschland muss mindestens 10.000 Ortskräfte aufnehmen
Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock fordert die Aufnahme von mindestens 10.000 Ortskräften aus Afghanistan, die in den vergangenen Jahren für die Bundeswehr oder NATO-Partner tätig waren. Das Kontingent müsse mindestens fünfstellig sein, sagte Baerbock. Viele Menschen in Afghanistan fürchteten nach der Machtübernahme der Taliban um ihr Leben. Es sei überfällig, dass die Bundesregierung alles tue, um diese zu evakuieren. „Es geht um Stunden.“ Das Außenministerium habe zu langsam gehandelt und Warnungen nicht aufgegriffen, kritisierte sie.
Bremen will afghanische Ortskräfte aufnehmen
Bremens Integrationssenatorin Anja Stahmann hat für das Bundesland die schnelle und unbürokratische Aufnahme von Ortskräften aus Afghanistan angekündigt. „Selbstverständlich wird auch Bremen die Menschen, die vor Ort direkt oder indirekt für deutsche Organisationen oder Ministerien gearbeitet haben, aufnehmen“, sagte sie. Angesichts der dramatischen Situation in Afghanistan sei jetzt nicht die Zeit, über Verteilungsschlüssel zwischen den Ländern zu sprechen. Stahmann betonte: „Jetzt geht es um die Rettung von Menschen, die in Lebensgefahr sind, weil sie uns vor Ort unterstützt haben. Dazu sind wir auch moralisch verpflichtet.“ In Bremen gebe es genügend Versorgungskapazitäten für eine schnelle Aufnahme.
Menschenrechtler: Regierung muss afghanische Ortskräfte retten
Nach der Übernahme der afghanischen Hauptstadt Kabul durch die Taliban fordern Menschenrechtler von der Bundesregierung, alles dafür zu tun, dass die sogenannten Ortskräfte das Land verlassen können. Die Bundesregierung habe zu spät begonnen, die Rettung der Ortskräfte zu organisieren und wie alle anderen Regierungen das Tempo des Vormarschs der Taliban und die Implosion der afghanischen Armee unterschätzt, sagte Hanno Schedler von der Gesellschaft für bedrohte Völker. „Jetzt muss sie alle Hebel in Bewegung setzen, damit die Ortskräfte und ihre Familien das Land verlassen können“, forderte er. Als Ortskräfte werden Afghanen und Afghaninnen bezeichnet, die der Bundeswehr und deutschen Entwicklungsorganisationen etwa als Fahrer oder Übersetzer gedient haben. Darüber hinaus müsse Deutschland zusammen mit seinen EU- und NATO-Partnern auf die Taliban einwirken, Minderheiten wie die schiitischen Hazara, die Hindus und die Sikhs zu schützen, verlangte Schedler. Auch Staaten wie der Iran, Russland oder China müssten hier ihren Einfluss auf die Taliban geltend machen. Pakistan komme aufgrund seiner jahrzehntelangen Unterstützung der Taliban eine besondere Verantwortung zu.
Merkel spricht von bitteren Stunden in Afghanistan
Kanzlerin Angela Merkel hat angesichts der aktuellen Entwicklung in Afghanistan mit dem Vormarsch der militant-islamistischen Taliban von „bitteren Stunden“ gesprochen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa machte Merkel in einer Sitzung des CDU-Präsidiums deutlich, wie wichtig die gerade angelaufene Aktion der Bundeswehr zur Rettung von deutschen Staatsangehörigen, Angehörigen der Botschaft und Ortskräften sei. Demnach wies sie ausdrücklich auch auf die Tatsache hin, dass die Sicherung des Flughafens in Kabul nur mit Unterstützung von US-Truppen möglich sei. Dadurch werde deutlich, was man könne und was nicht, sagte Merkel nach diesen Informationen offenbar auch mit Blick auf die Möglichkeiten der Bundeswehr. Angesichts der drohenden Flüchtlingsbewegungen machte die Kanzlerin klar, wie wichtig es sei, die Nachbarländer Afghanistans sowie die gesamte Region zu unterstützen. Inwieweit Menschen Afghanistan verlassen könnten, werde aber abhängig von den Taliban sein, ergänzte sie demnach.
CDU-Politiker Hardt: Regierung und Militär in Afghanistan falsch eingeschätzt
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt, hat sich bestürzt darüber gezeigt, dass die radikal-islamischen Taliban in Afghanistan derart schnell die Macht im Land übernehmen konnten. Im Radioprogramm SWR Aktuell sagte Hardt, die Bundesregierung sei wie die US-Regierung von der Geschwindigkeit der Machtübernahme überrascht worden. Man sei davon ausgegangen, dass es „im Laufe der nächsten Monate zu einem Umsturz im Lande kommen würde“. Dass dies jetzt in wenigen Tagen erfolgt sei, habe an der „gewaltfreien Übergabe“ an die Taliban gelegen, so Hardt.
In diesem Zusammenhang beklagte er vor allem das Vorgehen der afghanischen Regierung und der Militärs. Deutsche Polizisten und die Bundeswehr hätten 300.000 Soldaten und Polizisten in Afghanistan ausgebildet, so Hardt. „Dass die das alle so völlig widerstandsfrei geschehen lassen, macht mich nachdenklich.“ Auch wie die afghanische Regierung gehandelt habe, sei nicht nachvollziehbar. Offenbar habe man sich in ihr getäuscht. Das müsse jetzt im Bundestag aufgearbeitet werden, forderte Hardt. Erleichtert zeigte sich der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, dass die Evakuierungsaktion von Deutschen und deren Mitarbeitern aus Afghanistan jetzt angelaufen sei.
Lufthansa setzt Überflüge über Afghanistan aus
Die Lufthansa und ihre Tochterfluggesellschaften setzen die Überflüge über Afghanistan aus. Dies gelte „bis auf Weiteres“, teilte der Konzern mit. Zugleich prüfe die Lufthansa in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt, wie sie die Bundesregierung bei der Evakuierung von deutschen Staatsangehörigen und lokalen Kräften „zeitnah“ unterstützen könne.
Italien fliegt Botschaftsangestellte aus Kabul aus
Italien hat 70 Botschaftsangestellte und afghanische Mitarbeiter seiner Vertretung in Kabul ausgeflogen. Das Verteidigungsministerium veröffentlichte ein Video vom Flughafen der afghanischen Hauptstadt, auf dem zu sehen war, wie Menschen im Dunklen über eine mobile Gangway ins Flugzeug stiegen. Es sollte im Laufe des Tages in Rom eintreffen. Die mitfliegende Journalistin Francesca Mannocchi berichtete, an Bord seien auch 20 afghanische Botschaftsangestellte und deren Familien, unter ihnen Frauen und Kinder. Bevor die militant-islamistischen Taliban-Rebellen in Kabul einmarschierten, hatte Italien bereits 228 Afghanen und deren Familien ausgeflogen. Wie viele einheimische Mitarbeiter noch in Afghanistan ausharrten, wollte die Regierung nicht mitteilen. Medien hatten am Wochenende von etwa 390 Afghanen und deren Angehörigen berichtet.
Afghanisches Militärflugzeug in Usbekistan abgestürzt
Ein afghanisches Militärflugzeug ist in Usbekistan nahe der Grenze zu Afghanistan abgestürzt. Das Nachrichtenportal „Gazeta.uz“ berichtet unter Berufung auf eine nicht namentlich genannte Quelle, zwei Mitglieder des afghanischen Militärs würden in einem Krankenhaus in Termez behandelt. Am Sonntag hatte die usbekische Regierung mitgeteilt, es seien 84 afghanische Soldaten festgenommen worden, die die Grenze überschritten hätten und um medizinische Hilfe baten.
Klöckner kritisiert Maas: Lage falsch eingeschätzt
Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner hat Außenminister Heiko Maas wegen der aktuellen Entwicklung in Afghanistan kritisiert. „Der Außenminister hat die Lage wirklich falsch auch eingeschätzt“, sagte Klöckner beim Eintreffen zu Beratungen der CDU-Spitzengremien. Deshalb müsse nun sehr schnell gehandelt werden. „Es wird auf die nächsten Stunden ankommen“, sagte Klöckner und ergänzte, es werde „darauf ankommen, jetzt unsere Leute rauszuholen“, und auch jene, die Deutschland vor Ort unterstützt hätten. Sie erwarte, dass sich Maas mit den EU-Außenministern noch heute abstimme, sagte Klöckner. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer habe gehandelt und sei mit der Bundeswehr in Afghanistan, um vor Ort zu helfen. Sie sei auch enttäuscht über das Vorgehen etwa der USA oder Kanadas in Afghanistan, kritisierte Klöckner. Auch deswegen müsse man sich dringend europäisch abstimmen. Flüchtlingsbewegungen wie im Jahr 2015 dürften sich nicht wiederholen, warnte Klöckner. Deshalb sei die Absprache in der Staatengemeinschaft so wichtig. Alle wüssten, was es vor allem für Frauen und Mädchen bedeute, dass die militant-islamistischen Taliban das Land ohne großen Widerstand der dortigen Regierungstruppen „ins Mittelalter zurückbomben. Das heißt Vergewaltigung, das heißt Erniedrigung, das heißt am Ende: Keine Schule, kein Studienabschluss gerade für Frauen und Mädchen“, sagte Klöckner.
Lufthansa prüft Hilfe bei Evakuierungen
Die Lufthansa prüft eine Beteiligung an den Evakuierungen aus Afghanistan. „Lufthansa prüft derzeit in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt, wie sie die Bundesregierung bei der Evakuierung von deutschen Staatsangehörigen und lokalen Kräften zeitnah unterstützen kann“, sagte ein Konzernsprecher. Überflüge über Afghanistan hat der Konzern, zu dem neben der Lufthansa unter anderem die Fluglinien Swiss und Austrian Airlines, wie viele andere Airlines ausgesetzt. „In der Folge verlängert sich unter anderem die Flugzeit auf Flügen nach Indien um bis zu eine Stunde.“
Zweiter Luftwaffen-Transporter auf dem Flug nach Kabul
Ein zweites Transportflugzeug der deutschen Luftwaffe ist auf dem Weg nach Kabul. Es soll deutsche Staatsbürger und afghanische Helfer ausfliegen, sagte ein Luftwaffensprecher. Ein erstes Transportflugzeug vom Typ A400M ist am frühen morgen vom Fliegerhorst Wunstdorf aus gestartet. Sicherheitskreisen zufolge soll es zwischen Kabul und der usbekischen Hauptstadt Taschkent hin- und herfliegen, um so viele Menschen wie möglich zu evakuieren.
Widmann-Mauz zu Afghanistan: Aufnahme in Nachbarländern nötig
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, hat eine Versorgung afghanischer Flüchtlinge in der Region gefordert. „Die Lage in Afghanistan ist verheerend“, sagte sie. „Jetzt muss es darum gehen, die Botschaftsangehörigen und die Ortskräfte mit ihren Kernfamilien schnell in Sicherheit zu bringen – dabei dürfen die Frauen und Mädchen nicht vergessen werden.“ Sie fügte hinzu: „Die Staatengemeinschaft muss jetzt alles dafür tun, die Nachbarländer in die Lage zu versetzen, Schutzbedürftige aufzunehmen und eine humanitäre Versorgung aufzubauen.“ Die militant-islamistischen Taliban sind mittlerweile in die afghanische Hauptstadt Kabul eingerückt. Viele Menschen, die etwa für ausländische Truppen oder internationale Organisationen gearbeitet haben, fürchten um ihr Leben.
Deutsche Botschaft warnte offenbar vergeblich vor Gefährdung
Die deutsche Botschaft in Kabul warnte das Auswärtige Amt offenbar wochenlang vergeblich vor einer möglichen Gefährdung ihres Personals. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios schrieb der stellvertretende deutsche Botschafter van Thiel in seinem Lagebericht vergangene Woche, „dass den dringenden Appellen der Botschaft über längere Zeit erst in dieser Woche Abhilfe geschaffen“ worden sei. Darüber hinaus betonte der Diplomat: „Wenn das an irgendeiner Stelle diesmal schief gehen sollte, so wäre dies vermeidbar gewesen.“ Die Formulierungen werfen weitere Fragen im Hinblick auf das Krisenmanagement der Bundesregierung auf. Das Personal der Botschaft wurde gestern auf den Flughafen in Kabul verlegt. Am Freitag hatte Bundesaußenminister Heiko Maas betont, man habe sich seit Wochen auf diese Situation vorbereitet. Wie das ARD-Hauptstadtstudio aus Sicherheitskreisen erfuhr, wurde erst in der vergangenen Woche darüber gesprochen, unter welchen Bedingungen ein A400M-Transportflugzeug der Bundeswehr für eine Evakuierung zur Verfügung gestellt werden könnte.
Linke zu Afghanistan: „Holt jetzt die Leute raus!“
Die Linke hat die Bundesregierung aufgefordert, Ortskräfte und Frauenrechtlerinnen aus Afghanistan auszufliegen. „An die Bundesregierung: Holt jetzt die Leute raus!“, schrieb Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow bei Twitter. Der Spitzenkandidat der Linken, Dietmar Bartsch, forderte eine Kraftanstrengung, um eine „weitere humanitäre Katastrophe abzuwenden“. Dazu habe Deutschland „als bisherige Kriegspartei“ dort „die verdammte Pflicht und Schuldigkeit“, schrieb er bei Twitter. Auf Nachfrage sagte er, Deutschland müsse afghanische Ortskräfte und Frauenrechtlerinnen „schnell und sicher“ aus dem Land holen. Auch Bartsch forderte, wie zuvor bereits Unionspolitiker, einen EU-Sondergipfel zur Lage in Afghanistan. „Wenn Einsätze wie in Afghanistan in so einem Desaster enden, ist die Frage überfällig, was dieser Interventionismus soll“, schrieb Hennig-Wellsow.
China fordert Taliban zur friedlichen Machtübernahme auf
China hat die militant-islamistischen Taliban zu einer friedlichen und reibungslosen Machtübernahme in Afghanistan aufgefordert. „Die Lage in Afghanistan hat sich wesentlich verändert, und wir respektieren den Willen und die Entscheidung des afghanischen Volkes“, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Hua Chunaying. Ein Ende des Krieges und die Schaffung von Frieden seien sowohl der einhellige Wunsch der mehr als 30 Millionen Afghanen als auch die gemeinsame Erwartung der internationalen Gemeinschaft und der Länder in der Region. Die Sprecherin wies auf eine Erklärung der Taliban vom Vortag hin, dass der Krieg vorbei sei und sie über eine offene und inklusive islamische Regierung verhandeln wollten. Auch wollten sie die Sicherheit der afghanischen Bürger und ausländischer Vertretungen wahren, zitierte Hua Chunying. „China erwartet, dass diese Erklärungen umgesetzt werden, um einen reibungslosen Übergang in Afghanistan sicherzustellen, jede Art von Terrorismus und Verbrechen einzudämmen und es dem afghanischen Volk zu ermöglichen, den Krieg hinter sich zu lassen und ein besseres Zuhause wiederaufzubauen.“
Russischer Botschafter will mit Taliban sprechen
Nach dem Fall der afghanischen Regierung will sich der russische Botschafter mit einem Vertreter der radikalislamischen Taliban in Kabul treffen. Wie der russische Afghanistan-Gesandte Samir Kabulow dem Radiosender Echo Moskau sagte, steht der Botschafter Dmitri Schirnow in Kontakt mit der Taliban-Führung und wird Morgen „mit dem Sicherheitskoordinator der Taliban“ zusammentreffen. Demnach hänge eine mögliche Anerkennung einer Taliban-Regierung durch Russland von deren „Verhalten“ ab.
Spanische Diplomaten und afghanische Mitarbeiter vor Abflug
Alle Mitglieder der spanischen Botschaft in Kabul sowie alle afghanischen Ortskräfte sind zum Flughafen gebracht worden und sollen außer Landes gebracht werden. Sicherheitskräfte hätten die Diplomaten und ihre Mitarbeiter auf dem Weg zum Flughafen geschützt, sagte Innenminister Fernando Grande-Marlaska dem Sender SER. Spanien habe Transportflugzeuge entsandt, damit das Botschaftspersonal und afghanische Mitarbeiter der spanischen Armee so schnell wie möglich das Land verlassen könnten.
Afghanische Medien nur sehr eingeschränkt in Betrieb
Afghanische Medien und Fernsehsender arbeiten seit der Übernahme der Hauptstadt Kabul durch die militant-islamistischen Taliban nur noch sehr eingeschränkt. Die beliebten Fernsehkanäle ToloNews oder Ariana etwa senden nicht mehr live. Bereits gestern zeigten sie praktisch nur Wiederholungen. Reine Musik-Kanäle sind momentan in Kabul Bewohnern der Stadt zufolge nicht mehr zu empfangen. Auch Programme mit Frauen werden nur eingeschränkt gezeigt. Türkische Serien, die bereits vor der Taliban-Übernahme von konservativen Afghanen als nicht mit afghanischen Werten übereinstimmend kritisiert wurden, seien auch aus den Programmen genommen worden.
Röttgen für rasche Gipfel von EU und NATO zu Afghanistan
Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen hat sich für rasche Gipfeltreffen von Europäischer Union und NATO zur Lage in Afghanistan ausgesprochen. „Es wird auch wieder zu Bürgerkrieg kommen und Menschen werden davor fliehen“, sagte Röttgen beim Eintreffen zu Beratungen der CDU-Spitzengremien. Es müsse genau geprüft werden, wie man mit dieser Situation umgehe, dies sei nicht auf die Schnelle zu beantworten. Deswegen müsse es in EU und NATO sehr schnell Gipfeltreffen geben. „Wir können dieses Versagen des Westens nicht einfach jetzt in eine Phase von angeblichem ‚Business as usual‘ übergehen lassen. Sondern wir müssen jetzt uns stemmen gegen die weiteren Folgen des Versagens“, sagte Röttgen.
Neues Afghanistan-Mandat soll mehrere hundert Soldaten umfassen
Für den Evakuierungseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan plant die Bundesregierung ein Parlamentsmandat für „einige hundert Soldaten“. Dies teilte die Regierung bei einer Unterrichtung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für die Spitzen der Bundestagsfraktionen mit, wie die Nachrichtenagentur AFP von Teilnehmern erfuhr. Am Mittwoch solle das Kabinett die Vorlage verabschieden, in der kommenden Woche dann der Bundestag in einer Sondersitzung abstimmen.
Laschet verlangt breit angelegte Luftbrücke aus Afghanistan
CDU-Chef Armin Laschet hat eine breit angelegte Luftbrücke der Bundeswehr verlangt, die neben Deutschen und Ortskräften etwa auch Frauenrechtlerinnen aus Afghanistan holt. Es sei wichtig, dass die Bundeswehr ihre Luftbrücke so lange wie möglich aufrecht erhalte, sagte der Unions-Kanzlerkandidat beim Eintreffen zu Beratungen der CDU-Spitzengremien. „Diese Luftbrücke darf sich nicht nur beziehen auf Ortskräfte, nicht nur auf deutsche Staatsangehörige, die noch in Afghanistan sind, sondern muss auch aktive Frauen-, Menschenrechtlerinnen, Aktivistinnen, Bürgermeisterinnen und andere umfassen. Das muss im Mandat mit vermerkt sein“, sagte Laschet. Das Kabinett will an diesem Mittwoch ein Mandat für den Hilfseinsatz der Bundeswehr beschließen. Laschet fordert weiter, die Europäische Union müsse sich darauf vorbereiten, dass es Flüchtlingsbewegungen Richtung Europa geben könne. Diesmal müsse rechtzeitig in der Region und in den Herkunftsländern humanitäre Hilfe geleistet werden.
Augenzeugen: Mindestens fünf Tote bei Chaos im Kabuler Flughafen
Augenzeugen am Flughafen von Kabul haben gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass mindestens fünf Menschen bei den chaotischen Zuständen dort getötet wurden. Hunderte Menschen wollten einen Platz in einer Maschine erzwingen, um aus Afghanistan zu fliehen. Ein Augenzeuge sagte, fünf Leichen seien zu einem Wagen getragen worden. Ein andere Zeuge sagte, es sei unklar, ob sie in der Massenpanik gestorben oder ob sie erschossen worden seien.
EU-Mittelmeerstaaten besorgt über Folgen der Afghanistan-Krise
Die EU muss aus Sicht von fünf EU-Mittelmeerstaaten dringend über einen möglichen neuen Flüchtlingszustrom wegen der Lage in Afghanistan beraten. Dies fordern Griechenland, Italien, Spanien, Malta und Zypern, die in den vergangenen Jahren die meisten Migranten – auch aus Afghanistan – empfangen hatten. Es müsse über „mögliche Auswirkungen auf die Migration in den Erstaufnahmeländern und in der Europäischen Union“ beraten werden, hieß es in einem Brief dieser fünf Staaten an die slowenische EU-Ratspräsidentschaft. Die Innenminister der EU sollen am 18. September per Videokonferenz tagen. Griechische Medien berichteten, Griechenland habe bereits erste Maßnahmen angesichts eines möglichen Zustromes von Migranten aus Afghanistan getroffen. Hochrangige Militärs hätten den Werdegang des Baus von Zäunen an seichten Stellen der griechisch-türkischen Grenzflusses Evros (türkisch: Meric) geprüft, berichtete der Nachrichtensender „Real FM“.
Tschechischer Evakuierungsflug aus Afghanistan in Prag gelandet
Ein erster Flug der tschechischen Armee aus Afghanistan ist in Prag gelandet. An Bord seien tschechische Staatsbürger sowie afghanische Ortskräfte einschließlich ihrer Ehepartner und Kinder gewesen, teilte Außenminister Jakub Kulhanek bei Twitter mit. Insgesamt habe es sich um 46 Personen gehandelt, die nun in Tschechien in Sicherheit seien. Die Evakuierungsbemühungen würden fortgesetzt. Im Laufe des Tages sollte erneut ein Krisenstab zusammengekommen. Die tschechische Botschaft in Kabul war bereits am Samstag geräumt worden.
Große Wut auf geflüchteten Präsident Ghani in sozialen Medien
Nach der Übernahme Kabuls durch die militant-islamistischen Taliban drücken viele Afghanen in sozialen Medien große Wut über den geflüchteten Präsidenten Aschraf Ghani aus. Er habe Afghanistan zerstört, durch ihn seien Tausende Kinder nun vaterlos, er habe dem Land jegliche Sicherheit genommen und schließlich dem Feind übergeben, schrieb die Sängerin Sedika Madadgar auf Facebook. Er werde als das „schmutzigste Tier“ in die Geschichte des Landes eingehen. Eine junge Frau schrieb auf Facebook, dass wegen Ghani nun ihre Familie Bücher und Musikinstrumente verbrennen müsse, mit denen auch so viele Kindheitserinnerungen verbunden seien. Wieder andere teilten Bilder von Ghani und versahen diese lediglich mit Schimpfwörtern.
Pompeo: Biden-Regierung hat bei US-Abzug versagt
Nach der Übernahme Kabuls durch die militant-islamistischen Taliban hat der frühere US-Außenminister Mike Pompeo das Vorgehen von US-Präsident Joe Biden beim Abzug der US-Truppen scharf kritisiert. „Es sieht so aus, als ob die Biden-Regierung gerade bei der Umsetzung ihres eigenen Plans gescheitert ist“, sagte Pompeo dem Sender „Fox News.“ Die USA sollten stattdessen mit Hilfe der eigenen Luftwaffe „die Taliban, die Kabul umzingeln, niederschlagen“, sagte Pompeo weiter. „Wir sollten sie nicht anflehen, das Leben von US-Amerikanern zu verschonen, wir sollten den Taliban Kosten auferlegen, bis sie uns erlauben, unseren Plan in Afghanistan umzusetzen.“ In der vergangenen Woche sollen US-Unterhändler Medienberichten zufolge versucht haben, von den Taliban die Zusicherung zu erhalten, dass sie im Falle einer Machtübernahme die US-Botschaft in Kabul nicht angreifen würden.
Afghanische Flugverkehrsaufsicht rät vom Überfliegen des Landes ab
Die zivile Flugverkehr-Aufsicht ACAA in Afghanistan teilt mit, dass der Luftraum für das Militär freigegeben worden sei. Die Behörde rät von Überflügen Afghanistans im Transitverkehr ab. Das Flugdatenportal FlightRadar24 twittert, ein Air-India-Flug von Chicago nach Neu-Delhi habe den afghanischen Luftraum kurz nach dem Eintritt wieder verlassen, auch ein Terra-Avia-Flug von Baku in Aserbaidschan in die indische Hauptstadt habe seinen Kurs geändert.
Briten lehnen erneuten Militäreinsatz in Afghanistan ab
Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace lehnt einen erneuten Kampfeinsatz gegen die Taliban ab. „Wir werden nicht zurückgehen“, sagt er dem Sender Sky News. „Ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Taliban das Land kontrollieren“, erklärt er.
Mützenich: NATO soll über Aufnahme afghanischer Flüchtlinge beraten
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat sich dafür ausgesprochen, dass sich die NATO mit der Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan befasst. „Das ist ja nicht alleine eine militärische Organisation, sondern eine politische“, sagte er im Deutschlandfunk. „Und vielleicht ist die Durchsetzungskraft hier viel höher international stärker zusammenzuarbeiten, damit genügend Flüchtlinge in ganz vielen Ländern auch aufgenommen werden.“ Nach dem Eroberungsfeldzug der militant-islamistischen Taliban bis in die Hauptstadt Kabul wird mit hunderttausenden Flüchtlingen gerechnet, die sich teilweise auf den Weg nach Europa machen könnten. Die Europäische Union ist seit Jahren in der Flüchtlingsfrage zerstritten. Der NATO gehören aber die meisten EU-Länder an.
Hunderte Menschen drängen sich am Flughafen Kabul
Nach der Übernahme Kabuls durch die militant-islamistischen Taliban spielen sich dramatische Szenen am Flughafen der afghanischen Hauptstadt ab. Hunderte Menschen sind zum Flughafen gefahren und versuchen, auf Flüge zu kommen, wie in sozialen Medien geteilte Videos und Bilder zeigen. Menschen kletterten über Drehleitern, um in ein Flugzeug zu kommen. Auch Afghanen, die nicht einmal Reisepässe hätten, würden ihr Glück versuchen, sagten Bewohner von Kabul. Es gab zudem erste noch unbestätigte Berichte, dass Menschen am Flughafen zu Tode gekommen seien. Die Fluglinie Emirates hat mittlerweile die Flüge nach Kabul eingestellt, wie aus einer Mitteilung auf der Website der Fluglinie von der Nacht zu Montag hervorgeht. Der Flughafen Kabul habe laut lokalen Medien eine Mitteilung herausgegeben, derzufolge keine kommerziellen Flüge mehr stattfänden. In der Mitteilung würden die Menschen aufgerufen, nicht zum Flughafen zu kommen.
Taliban-Vertreter: „Die Lage ist friedlich“
Die Lage in Afghanistan ist nach Angaben eines Taliban-Vertreters ruhig. „Die Lage ist friedlich“, sagt er und beruft sich auf Meldungen aus verschiedenen Landesteilen. Es gebe keine Zusammenstöße zwischen den Taliban und Sicherheitskräften der ehemaligen Regierung oder Zivilisten.
Nouripour: „Die Bundesregierung hat versagt“
Der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, hat das Vorgehen der Bundesregierung hinsichtlich der Situation in Afghanistan kritisiert. „Die Bundesregierung hat jahrelang Zeit gehabt, einen Plan zu machen für diesen Augenblick. Und dieser Plan ist ausgeblieben. Damit hat die Bundesregierung versagt“, sagte Nouripour im ARD-Morgenmagazin angesichts der zahlreichen Ortskräfte, die sich noch in Afghanistan befinden. „Wir reden über Menschen, die in Lebensgefahr sind, weil sie uns geholfen haben. Wir haben eine moralische Verpflichtung für diese Leute“, sagte Nouripour.
US-Soldaten feuern Warnschüsse in die Luft
US-Soldaten haben am Flughafen von Kabul Schüsse in die Luft abgegeben, um eine riesige Menschenmenge auf dem Rollfeld unter Kontrolle zu bringen. Man wolle damit Hunderte Afghanen davon abhalten, das Rollfeld zu stürmen, um an Bord von Militärflugzeugen zu gelangen, sagt ein US-Vertreter. Die militärischen Flüge seinen nur für Diplomaten, Botschaftspersonal und einheimische Ortskräfte der Botschaft gedacht. „Ich habe sehr viel Angst. Sie feuern viele Schüsse in die Luft“, sagte ein Zeuge der Nachrichtenagentur AFP. Nach der Einnahme von Kabul durch die radikalislamischen Taliban haben sich tausende Afghanen in der Hoffnung auf eine Möglichkeit zur Flucht am Flughafen versammelt.
Bundeswehrmaschine nach Kabul gestartet
Die Bundeswehr ist zur Ausreise deutscher Staatsbürger und afghanischer Ortskräfte mit einem ersten Transportflugzeug nach Afghanistan aufgebrochen. Am niedersächsischen Fliegerhorst in Wunstorf startete eine Maschine des Typs A400M nach Kabul. Fallschirmjäger der Bundeswehr sollen in den Militärtransportern in der afghanischen Hauptstadt ankommen, um deutsche Staatsbürger und einheimische Helfer vor den Kämpfern der militant-islamistischen Taliban in Sicherheit zu bringen. Am selben Tag trifft nach Angaben aus Sicherheitskreisen ein sogenanntes Krisenunterstützungsteam aus Experten verschiedener Ministerien in der afghanischen Hauptstadt ein. In der usbekischen Hauptstadt Taschkent soll ein zweites Team eine Drehscheibe für die Rettung von Menschen vor den Islamisten organisieren.
„Ich sehe im Moment keine Hoffnung“
Nach dem Vormarsch der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan ist die Lage im Land nach Angaben des ehemaligen Afghanistan-Korrespondenten Gábor Halász sehr dramatisch. „Ich sehe im Moment keine Hoffnung“, sagte Halász im ARD-Morgenmagazin. „Ich wüsste nicht, warum man hoffnungsvoll sein sollte.“ Menschen von vor Ort, mit denen er noch im Kontakt steht, hätten große Angst. „Die Leute rechnen natürlich mit dem Schlimmsten. Viele sagen uns: ‚Ich werde eh getötet‘.“
Taliban wollen „friedliche Machtübernahme“
Die militant-islamistischen Taliban wollen eigenen Angaben nach eine „friedliche Machtübernahme“ in Afghanistan. Das Ziel der Taliban sei es, die Hauptstadt Kabul nicht gewaltsam einzunehmen. „Die Talibanführer haben unseren Truppen ganz klar befohlen, an den Toren Kabuls zu bleiben“, sagte Taliban-Sprecher Suhail Shaheen. „Sie sollen nicht in die Stadt einmarschieren. Wir warten auf eine friedliche Übergabe der Macht.“
UN-Sicherheitsrat berät über Afghanistan
Nach dem Einmarsch der Taliban in die afghanische Hauptstadt Kabul und der Flucht des Präsidenten Aschraf Ghani befasst sich der UN-Sicherheitsrat mit der brisanten Lage in dem Krisenstaat. Auf Antrag Estlands und Norwegens kommt das Gremium heute zu einer Sondersitzung zusammen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres äußerte sich tief besorgt und rief die islamistischen Aufständischen sowie alle anderen Konfliktparteien zu „äußerster Zurückhaltung“ auf. Die Vereinten Nationen seien weiter entschlossen, zu einer friedlichen Beilegung des Konflikts beizutragen sowie die Menschenrechte aller Afghanen, insbesondere die von Frauen und Mädchen, zu fördern. Überdies gelte es, lebensrettende humanitäre Hilfe und wichtige Unterstützung für Zivilisten in Not zu leisten, sagte er.
Evakuierung der US-Botschaft in Kabul abgeschlossen
Die Evakuierung der US-Botschaft in Kabul ist nach Angaben des Außenministeriums abgeschlossen. Das gesamte Botschaftspersonal befinde sich auf dem Gelände des Flughafens von Kabul, dessen Umgebung vom US-Militär gesichert werde, erklärte das Ministerium. Von dort soll früheren Angaben nach ein Großteil des Personals ausgeflogen werden. Offen war, welche und wie viele Mitarbeiter noch in Kabul bleiben sollten. Medienberichten zufolge war zuvor bereits die US-amerikanische Flagge auf dem Gelände eingeholt worden.
Geheimdienst-Forscher: Westliche Dienste haben versagt
Der schnelle Vormarsch der islamistischen Taliban hat eine Debatte ausgelöst, warum die NATO-Mitgliedsländer nicht besser auf den Siegeszug vorbereitet waren. Die Geheimdienste der großen NATO-Länder hätten versagt, erklärte der deutsche Geheimdienst-Forscher Erich Schmidt-Eenboom im Gespräch mit dem ARD-Studio Brüssel. Die Nachrichtendienste hätten nach seiner Einschätzung deutlich früher erkennen müssen, dass die afghanische Regierung von Präsident Ghani nicht in der Lage war, sich zu halten. Der Geheimdienstforscher kritisierte insbesondere den deutschen Bundesnachrichtendienst. Der BND sei in Afghanistan seit Jahren sehr präsent gewesen, berichtet Schmidt-Eenboom, mit außergewöhnlich vielen Vertretern im Land. Vor diesem Hintergrund hätte die Bundesregierung auch früher wissen müssen, in welcher Gefahr sich die afghanischen Ortskräfte befinden. Jahrelang haben sie als Dolmetscher, Handwerker und Informanten für die Bundeswehr gearbeitet. Die Bundesregierung hätte sie früher ausfliegen müssen, weil es klar sei, dass sie Ziel von Racheakten der radikalislamischen Taliban werden, kritisierte Schmidt-Eenboom.
Opposition kritisiert späte Evakuierung
Am Tempo der Evakuierungsaktion gibt es massive Kritik aus der Opposition. Der FDP-Außenexperte Alexander Graf Lambsdorff sagte der „Welt“, Heiko Maas, Annegret Kramp-Karrenbauer und Innenminister Horst Seehofer hätten „auf ganzer Linie versagt“. Auch für Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter ist die Aktion zu spät angelaufen. „Man muss sich fragen, warum die Bundesregierung so überrascht wirkt vom schnellen Vorstoß der Taliban“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Die Bundesregierung müsse jetzt ganz schnell handeln. Der Fraktionsgeschäftsführer der Linken im Bundestag, Jan Korte, nannte das Agieren vor allem von Maas „skandalös“. Korte warf dem Außenminister vor, damit Menschenleben zu gefährden.
AfD-Fraktionschef Alexander Gauland kritisierte in der „Welt“, die Bundesregierung habe den richtigen Zeitpunkt für die Evakuierung „verschlafen“. Der Fraktionschef der SPD im Bundestag, Rolf Mützenich, hatte dagegen bereits gestern Vorwürfe gegen Maas zurückgewiesen. „Heiko Maas leitet nicht nur den Einsatzstab zur Rettung der deutschen Staatsangehörigen und Botschaftskräfte, sondern hat sich in den letzten Wochen auch intensiv um die Ausreise der afghanischen Ortskräfte und weiterer Menschen, die über die Unterstützung der Bundeswehr hinaus vor Ort tätig sind, gekümmert.“ Zudem befinde er sich im ständigen Austausch mit den internationalen Partnern.
Trump fordert Biden zum Rücktritt auf
Nach dem Einmarsch der Taliban in Kabul hat Ex-US-Präsident Donald Trump seinen Nachfolger Joe Biden zum Rücktritt aufgefordert. Es sei an der Zeit, dass Biden „in Schande“ zurücktrete „für das, was er in Afghanistan zugelassen hat“, erklärte Trump. Er kritisierte zudem Biden Einwanderungs-, Wirtschafts- und Energiepolitik. Unter Trump hatten 2018 in Doha in Katar die ersten direkten Gespräche zwischen der US-Regierung und den Taliban begonnen. Die Gespräche mündeten am 29. Februar 2020 in eine Vereinbarung, in der ein Zeitplan für den Abzug der US-Truppen abgesteckt wurde. Der Abzug verzögerte sich zwar zwischenzeitlich, begann dann aber unter Trumps Nachfolger Biden im Mai. Parallel zu den USA zogen auch die anderen NATO-Truppen aus Afghanistan ab, darunter die Bundeswehr. Trump hat Bidens Abzugspläne schon mehrfach kritisiert und behauptet, er hätte den Truppenabzug „ganz anders und viel erfolgreicher“ bewerkstelligt. In einer weiteren Erklärung schrieb Trump am Sonntag: „Was Joe Biden mit Afghanistan gemacht hat, ist legendär. Es wird als eine der größten Niederlagen in die amerikanische Geschichte eingehen.“
Große Airlines meiden afghanischen Luftraum
Große Fluggesellschaften wie United Airlines, British Airways und Virgin Atlantic erklären, sie würden den Luftraum Afghanistans nicht mehr überfliegen. Grund sei die aktuelle Entwicklung im Land. Die Airlines sind nach dem Abschuss eines Verkehrsflugzeugs über der Ukraine im Jahr 2014 und dem Abschuss einer Maschine im Iran im Jahr 2020 bei Flügen über Konfliktzonen vorsichtiger geworden.
Taliban: Ausländische Militärs müssen Afghanistan verlassen
Alle ausländischen Streitkräfte müssen Afghanistan verlassen, bevor mit dem Umbau der Regierung begonnen werde, sagt ein Taliban-Führer, der namentlich nicht genannt werden will, der Nachrichtenagentur Reuters am Telefon. Es sei aber noch zu früh, um zu sagen, wie man die Regierung übernehmen werde. Er fügte hinzu, die Taliban-Kämpfer in Kabul seien gewarnt worden, Zivilisten nicht zu verängstigen. Zudem solle den Bürgern erlaubt werden, ihre normalen Tagesaktivitäten wieder aufzunehmen.
Erste deutsche Diplomaten ausgeflogen
Die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus der afghanischen Hauptstadt Kabul hat begonnen. In der Nach landeten nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa 40 Mitarbeiter der deutschen Botschaft mit einem US-Flugzeug in Doha im Golfemirat Katar. An Bord der Maschine waren auch vier Angehörige der Schweizer Vertretung in Afghanistan. Die militant-islamistischen Taliban hatten in den vergangenen Tagen in einem rasanten Tempo eine Stadt nach der anderen teilweise kampflos eingenommen, waren gestern auch in die Hauptstadt Kabul eingedrungen und haben bereits den Präsidentenpalast in ihrer Kontrolle.
Die Bundesregierung hatte angesichts der dramatischen Lage entschieden, das Botschaftspersonal auf ein Minimum zu reduzieren. Gestern wurden alle Mitarbeiter zum Flughafen gebracht, der von tausenden US-Soldaten abgesichert wird. Der erste Evakuierungsflug wurde mit einer US-Maschine absolviert, da die Bundeswehr erst in der Nacht zwei Transportmaschinen vom Typ A400M vom niedersächsischen Wunstorf aus nach Kabul losschicken wollte. Sie sollen in den nächsten Tagen zentraler Bestandteil einer „Luftbrücke“ sein, über die neben den Botschaftsmitarbeitern auch andere deutsche Staatsbürger sowie Ortskräfte, die für die Bundeswehr oder Bundesministerien in Afghanistan gearbeitet haben oder noch arbeiten, nach Deutschland gebracht werden sollen.
Washington: US-Militär hat Kabuler Flughafen gesichert
Nach dem Einmarsch der Taliban in Kabul haben US-Soldaten nach Angaben der Regierung in Washington den Flughafen der afghanischen Hauptstadt und seine Umgebung gesichert. Die Evakuierung der US-Botschaft in Kabul sei nun abgeschlossen, erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price. Das gesamte Botschaftspersonal befinde sich nun auf dem Gelände des internationalen Hamid-Karsai-Flughafens, „dessen Umgebung vom US-Militär gesichert ist“.
Internationale Gemeinschaft: Ausreise muss möglich sein
Mehr als 60 Staaten haben die Möglichkeit zur sicheren und geordneten Ausreise aus Afghanistan gefordert. Afghanen und andere Staatsbürger, die das Land verlassen wollten, müssten dies tun dürfen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die das US-Außenministerium veröffentlichte. Dazu müssten Straßen, Flughäfen und Grenzübergänge offen bleiben. Dem Außenministerium zufolge zählen etwa auch Deutschland, Kanada, Großbritannien, Österreich, Spanien oder der EU-Außenbeauftragte zu den Unterzeichnern. „Diejenigen, die in ganz Afghanistan Macht- und Autoritätspositionen innehaben, tragen die Verantwortung – und sind rechenschaftspflichtig – für den Schutz von Menschenleben und Eigentum sowie für die sofortige Wiederherstellung der Sicherheit und der zivilen Ordnung“, hieß es weiter. Das afghanische Volk habe ein Recht auf ein Leben in Sicherheit und Würde. „Wir in der internationalen Gemeinschaft sind bereit, sie dabei zu unterstützen.“