Ist der Minister noch zu halten? Vertrauliches Protokoll legt nahe, dass Scheuer im Maut-Skandal gelogen hat

25. September 2020 Aus Von mvp-web
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat in der Aufarbeitung des Maut-Desasters womöglich gelogen. Das berichtet die ZDF-Nachrichtensendung „heute“ unter Berufung auf ein vertrauliches Protokoll.

Scheuer hatte in einer Befragung im Bundestag am 25. September 2019 gesagt, eine Verschiebung der Unterzeichnung des Vertrags mit dem Betreiberkonsortium um die Firmen Eventim und Kapsch bis nach dem EuGH-Urteil habe nie zur Debatte gestanden. Stattdessen wurde der Vertrag fünf Monate vor dem Verbot durch den EuGH unterzeichnet, was den deutschen Steuerzahler bis zu 560 Millionen Euro kosten könnte.

„Das war nicht Thema in dem Gespräch am 22. November. Das Thema war, dass wir zügig in diesem Jahr noch zum Abschluss kommen, weil ich aufgeklärt habe, dass es darum geht, das Gesetz umzusetzen“, sagt Scheuer in einem Ausschnitt, den das ZDF am Freitagabend zeigte.

Der Sender zitiert jedoch aus einem Gedächtnisprotokoll des Geschäftsführers der Firma, die das Mautsystem betreiben sollte, vom 29. November 2018. Darin hält Volker Schneble fest: „Herr Schulenberg (Chef von Eventim, Anm. d. Red.) berichtet, man werde die Aufklärungsgespräche fortsetzen. Er habe angeboten, mit einer Vertragsunterzeichnung bis zu einer Entscheidung des EuGH zu warten. Dies habe BM Scheuer abgelehnt, da die Maut noch im Jahr 2020 eingeführt werden soll, weshalb die Zeit dränge.“

Scheuer und die Chefs der Betreiberfirmen werden sich in der kommenden Woche im Untersuchungsausschuss zur gescheiterten Maut äußern.

Maut kostete Steuerzahler bereits jetzt 79 Millionen Euro

Die geplatzte Pkw-Maut hat den Bund mittlerweile 79,3 Millionen Euro gekostet. Darunter sind 7 Millionen Euro, die bisher in diesem Jahr bis zum 18. September anfielen, wie das Bundesverkehrsministerium auf eine Grünen-Frage antwortete. Zuerst berichteten die Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft (Freitag) darüber. Allein 5,2 Millionen Euro fielen demnach in diesem Jahr bisher für Sachverständige und Gerichtskosten an. Die seit 2014 insgesamt entstandenen Kosten erhöhen sich damit weiter. Mitte Juni hatte das Ministerium eine Summe von 76,7 Millionen Euro genannt.

Scheuer steht in der Kritik, weil er die Verträge zur Kontrolle und Erhebung der Maut Ende 2018 abschloss, bevor Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof stoppte die Maut im Juni 2019. Die eigentlich vorgesehenen Betreiber fordern 560 Millionen Euro Schadenersatz, der Bund weist das zurück. Zwischen beiden Seiten hat bereits ein Schiedsverfahren begonnen.