Infektionen nehmen deutlich zu: Jetzt trifft Corona wieder immer mehr Ältere
15. Oktober 2020Alle wichtigen Zahlen, Daten und Fakten zur Covid-19-Pandemie: In den Monaten der Krise hat sich die Corona-Pandemie auch zu einem Informationsdschungel entwickelt. FOCUS Online will Ihnen Orientierung geben – und zeigt Ihnen jeden Tag die wichtigsten, aktuellen Trends zu Covid-19.
15. Oktober, 13:33 Uhr: Corona-Trends für Deutschland
- Neuinfektionen: 6638; Gesamt: 341.223
- Neue Todesfälle: 33; Gesamt: 9710
Laut Robert-Koch-Institut (RKI) meldeten die Gesundheitsministerien der Bundesländer bis zum Donnerstagmorgen insgesamt 6638 Neuinfektionen mit Sars-CoV-2, 33 Personen sind im Zusammenhang mit Covid-19 verstorben. Damit haben die aktuellen Zahlen die nächste Tausendermarke überschritten. Gestern noch meldete das RKI mehr als 5000 Neuinfektionen in 24 Stunden. Nun sind es gut 1500 mehr (Stand: 15.10.2020, 00:00 Uhr, online aktualisiert um 08:15 Uhr).
Bislang waren Ende März mit knapp 6300 Neuinfizierten an einem Tag die meisten registriert worden. Allerdings sind die jetzigen Werte nicht mit denen aus dem Frühjahr vergleichbar, weil mittlerweile wesentlich mehr getestet wird – und damit auch mehr Infektionen entdeckt werden.
Die Zahl der Corona-Tests schwankt seit Mitte August zwischen rund 1,1 Millionen und 1,2 Millionen pro Woche. Die Rate der positiven Tests ist jedoch deutlich gestiegen – nach RKI-Angaben vom Mittwochabend: von 0,74 Prozent Ende August auf 2,48 Prozent in der Woche vom 5. bis 11. Oktober.
Eine Erklärung für den zuletzt sprunghaften Anstieg der Neuinfektionen könnte sein: Es infizieren sich mehr Menschen, durch vermehrte Tests werden sie auch entdeckt und darüberhinaus arbeiteten einige Testlabore am Limit. In mehreren Labors gebe es einen Rückstau, einige gaben laut RKI Lieferschwierigkeiten für Reagenzien an. „Das RKI erreichen in den letzten Wochen zunehmend Berichte von Laboren, die sich stark an den Grenzen ihrer Auslastung befinden“, schreibt das Institut im Lagebericht vom Mittwoch. Der zusätzliche Testbedarf durch Urlauber nach Einführung des Beherbergungsverbots mit der Option zu einer „Freitestung“ habe die Situation weiter verschärft.
Der R-Wert ist gestern im Vergleich zum Vortag (1,18) erneut gesunken und lag laut RKI-Lagebericht vom Mittwochabend bei 1,04. Auch das weniger Schwankungen ausgesetzte 7-Tage-R ist im Vergleich zum Dienstag (1,20) gesunken und liegt bei 1,16. Besorgniserregend bleiben die Werte dennoch: Ziel ist stets, den R-Wert unter 1 zu halten, um eine Zunahme der Neuinfektionen zu vermeiden und die Pandemie kontrollieren zu können.
Brisant: Lage bei Älteren verschärft sich zusehends
Was die Lage nun brisant macht, ist unter anderem: Die Neuinfektionen nehmen auch in der Altersgruppe der über 60-Jährigen zu – und zwar seit Mitte September.
Das ist problematisch, da das Alter allein – ganz unabhängig von Vorerkrankungen – ein Risikofaktor für eine schlechte Covid-19-Prognose ist. Dieser lässt sich nicht beeinflussen, da hilft nur guter Schutz. Dass dieser in Deutschland nicht gelingt, zeigen die Zahlen der vergangenen Wochen.
Zu Beginn der Pandemie in Deutschland wiesen die Altersgruppen der 15- bis 34-Jährigen und 35- bis 59-Jährigen als erstes erhöhte Inzidenzen auf, schreiben die Experten des RKI. Darauf folgte die Gruppe der über 80-Jährigen.
Anschließend sanken die Inzidenzen für alle Altersgruppen. Seit die Fallzahlen wieder steigen, infizieren sich vor allem die 15- bis 34-Jährigen, gefolgt von der Altersgruppe der 35-59-Jährigen und der 5- bis 14-Jährigen.
Bemerkenswert ist: Seit der Meldewoche 36 stieg die Inzidenz in den Altersgruppen der über 60-Jährigen ebenfalls erstmalig seit dem Frühjahr wieder an. Und der gefährliche Trend hält an. In der Meldewoche 41 stiegen die Zahlen stark: auf 3817. In den vorherigen Wochen waren es noch 2340 Covid-19-Infizierte (Meldewoche 40) beziehungsweise 1749 (Meldewoche 39).
Ein möglicher Grund dafür ist, dass laut RKI-Informationen zum Anstieg der Inzidenz nach wie vor auch viele kleinere Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen beitragen.
Warum das problematisch ist
Als kritisch ist die Zahl der älteren Infizierten dann zu betrachten, wenn dadurch das Gesundheitssystem überlastet wird. Christian Karagiannidis ist wissenschaftlicher Leiter des DIVI-Intensivregisters und spricht sich dafür aus, das Infektionsgeschehen besonders in diesen Altersgruppen intensiv zu beobachten. Denn: „Die Hauptlast der Covid-Erkrankungen auf den Intensivstationen entfällt auf die Altersgruppe der über 50- bis 60-Jährigen.“
Gemeinsam mit Kollegen analysierte der Intensivmediziner 10.000 Covid-19-Fälle der ersten Welle. Das Ergebnis der in „Lancet Respiratory Medicine“ erschienenen Arbeit: Es komme „hinsichtlich der Versorgungskapazitäten entscheidend darauf an, wie viele ältere Patienten sich infizieren“, erklärte Karagiannidis.
Neue Teststrategie soll ältere Menschen besser schützen
Seit dem 15. Oktober gibt es in Deutschland eine neue Teststrategie, die unter anderem mehr auf schnelle Antigentests setzt. Überschreitet die 7-Tage-Inzidenz etwa die 50 pro 100.000 Einwohner empfiehlt das RKI für asymptomatische Besucher „in Abstimmung mit der lokalen Gesundheitsbehörde einen Antigen-Schnelltest unmittelbar vor Besuch der Einrichtung“. Dazu zählen:
- Krankenhäuser
- Rehabilitationseinrichtungen
- stationären Pflegeeinrichtungen
- Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen
- Einrichtungen für ambulante Operationen
- Dialysezentren
Weiter heißt es: „Eine Testung mit Antigen-Test kann bis zu einmal wöchentlich durchgeführt werden. Ein negatives Testergebnis gilt nur für den Besuchstag.“
Im Nachbarland Schweiz explodieren die Zahlen
Bis Ende September ist es relativ ruhig an der Corona-Front der Schweiz gewesen. Doch seither verzeichnet das Nachbarland einen rasanten Anstieg der Neuinfektionen:
- 29. September: 225
- 30. September: 411
- 1. Oktober: 550
So stiegen die Zahlen relativ kontinuierlich weiter. Am gestrigen Mittwoch schließlich schoss die Kurve nach oben mit 2823 Neuinfizierten. Das sind beinahe doppelt so viele wie am Vortag (1445).
In der Schweiz ist der Wert unter Berücksichtigung der Zahl der Einwohner damit fünf Mal so hoch wie in Deutschland. In der Schweiz waren es auf dem Höhepunkt der Pandemie am 23. März knapp 1500 Fälle pro Tag gewesen.
Ein zu Deutschland ähnliches Bild zeigt sich auch hinsichtlich der Altersverteilung: Im Nachbarland steigt die Zahl der Infizierten, die 60 Jahre und älter sind ebenfalls stark an.