Hausärzte in MV empört über Kürzungen bei Impfstoff BioNTech
19. November 2021Eigentlich sollte für den bevorstehenden „Turbo“ in der Impfkampagne genügend Impfstoff zur Verfügung stehen. Ein Schreiben des Bundesgesundheitsministeriums an die Länder löst bei Ärzten Zweifel aus. Sie schlagen Alarm.
Der Bund will die Menge des Impfstoffs BioNTech offenbar kontingentieren. Hausärzte sollen pro Woche vorerst nur 30 Dosen zur Verfügung gestellt bekommen, das reicht für 30 Impfungen, sechs pro Tag. Für Impfzentren soll die Wochenration auf 1.020 Dosen festgelegt werden. Darüber hat der Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Thomas Steffen, heute die Länder informiert. Das Schreiben liegt dem NDR vor. Gleichzeitig soll für die Auffrischungsimpfungen verstärkt der Impfstoff Moderna eingesetzt werden – andernfalls drohe ab Mitte kommenden Februar der Verfall der bereits eingelagerten Moderna-Impfstoffe. „Es muss unser gemeinsames Anliegen sein, dies mit allen Mitteln zu vermeiden“, schreibt Steffen.
„Katastrophe für die Impfkampagne“
Der Chef des Hausärzte-Verbandes in Mecklenburg-Vorpommern, Stefan Zutz, reagierte im Gespräch mit dem NDR schockiert. „Es wäre eine Katastrophe für die Impfkampagne“, sagte er. 30 Dosen pro Praxis pro Woche würden überhaupt nicht ausreichen, um dem Andrang Herr zu werden. Eine Beschränkung schaffe nur neue Verunsicherung. Viele bereits vereinbarte Termine mit Impfwilligen könnten so nicht eingehalten werden. „Wenn das wirklich so kommt, dann brechen unsere Mitarbeiter zusammen“, so Zutz.
Enormer Aufwand
Er erinnerte daran, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) die Booster-Impfungen auch für Menschen über 18 Jahren empfohlen habe. Der Andrang in den Praxen werde weiter wachsen. Deshalb müssten die Hausärzte bestellen können und der Impfstoff – BioNTech – müsse geliefert werden. Eine Kontingentierung dieser Art dürfe es nicht geben. Zutz kritisierte, dass zusätzlich plötzlich Moderna eingesetzt werden soll. Der Impfstoff sei zwar gut und wirksam, sagte er. Aber die Praxen in Mecklenburg-Vorpommern seien auf BioNTech eingestellt, der Umgang mit Moderna sei anders. „Das kann man nicht einfach von heute auf morgen umstellen“, so Zutz. Der Aufwand sei enorm. Der Bundesverband der Hausärzte will dem geschäftsführenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einen entsprechenden Brief schreiben.
Drese mahnt „einheitliches Vorgehen an
Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) sagte, sie könne die Forderung, Moderna einzusetzen, überhaupt nicht nachvollziehen. „Das ist das völlig falsche Signal“, so Drese. Die Menschen würden auf BioNTech setzen, dass sei auch der Impfstoff, der in Mecklenburg-Vorpommern nahezu ausschließlich verwendet wurde. Moderna könne höchstens zusätzlich eingesetzt werden. Sie sei überrascht von dem Schreiben des Bundes, das sei vorher nicht abgestimmt gewesen. Drese sagte, sie werde das Thema in der Gesundheitsminister-Konferenz ansprechen und versuchen, ein „einheitliches Vorgehen“ zu erreichen. Eine Stellung des Bundesgesundheitsministeriums liegt nicht vor.