Corona-Lage: Karl Lauterbach warnt vor schnelleren Lockerungen

Corona-Lage: Karl Lauterbach warnt vor schnelleren Lockerungen

18. Februar 2022 Aus Von ...Susanne Kimmpert

Der Bundesgesundheitsminister fordert die Ministerpräsidenten auf, die beschlossenen Lockerungen „wie ein Uhrwerk“ umzusetzen. Sonst gefährde man die erzielten Erfolge.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten aufgerufen, sich präzise an die von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Lockerungen zu halten. „Wir sind noch nicht in sicheren Gewässern“, sagte der Minister auf der Bundespressekonferenz. Der beschlossene Lockerungsplan sei „das Maximum an Lockerungen, das wir uns leisten können“, sagte der Sozialdemokrat. „Wir müssen das umsetzen wie ein Uhrwerk.“

Wenn sich einzelne Ministerpräsidenten darüber hinwegsetzen würden, „um damit politische Geländegewinne zu machen“, gefährde das die Erfolge der Pandemiepolitik. „Wir haben hier wirklich die Möglichkeit ins Frühjahr hineinzukommen mit einer guten Gesamtbilanz“, sagte Lauterbach. „Das dürfen wir nicht gefährden.“ Wenn Deutschland zu schnell lockere, „dann steigen die Fallzahlen wieder und es gibt dann nicht nur eine Verlängerung der Welle, sondern dann steigt die Welle wieder an“, sagte Lauterbach. „Das ist nicht ausgeschlossen.“

Deutschland sei zwar bisher gut durch die Omikron-Welle gekommen. Die Welle erreiche inzwischen aber auch verstärkt die älteren Bevölkerungsgruppen, weshalb in den kommenden Tagen wieder mit einer höheren Anzahl schwerer Verläufe zu rechnen sei.

BA.2-Subtyp breitet sich in Deutschland aus

Auch sei der Omikron-Subtyp BA.2 in Deutschland noch relativ wenig verbreitet, breite sich aber zunehmend aus. Der sei aber ansteckender und führe wahrscheinlich eher zu schweren Verläufen, auch das könne den positiven Trend der vergangenen Tage gefährden. Dennoch sagte Lauterbach erneut, er glaube, der Höhepunkt der Omikron-Welle sei überschritten.

Mit Blick auf den Herbst rechnet der Minister, wie nach seinen Angaben fast alle Wissenschaftler, mit einer erneuten Welle. Die lasse sich nur durch eine Impfpflicht abmildern, sagte Lauterbach erneut und kündigte an, im Bundestag eine Impfpflicht ab 18 Jahren zu unterstützen. Erneut rief der Minister dazu auf, sich impfen zu lassen. In der kommenden Woche werde der Bund die ersten Dosen des Novovax-Impfstoffes an die Länder ausliefern.

Karl Lauterbach weist Vergleich zu England oder Dänemark zurück

Forderungen nach schnelleren und umfassenderen Lockerungen wie etwa in Dänemark und England wies Lauterbach zurück. „Wir haben drei- bis viermal so viele Ungeimpfte wie diese Länder“, sagte der Minister. Daher könne sich Deutschland derartige Lockerungen nicht erlauben und müsse bei der konservativen Strategie bleiben. Er gehe davon aus, „dass wir noch sehr lange mit der Pandemie zu tun haben“. Auch in einer endemischen Lage werde es immer wieder Ausbrüche geben.

Bund und Länder hatten angesichts der verhältnismäßig entspannten Situation in Krankenhäusern und Intensivstationen beschlossen, die wesentlichen Corona-Regeln nicht über den 19. März hinaus zu verlängern. Die Ampel-Koalition hatte die aktuellen Regeln im Infektionsschutzgesetz zunächst bis zu diesem Datum befristet.

RKI sieht Erfolge – aber drei wesentliche Risiken

Auch der Vizepräsident des Robert Koch-Instituts, Lars Schaade, äußerte sich vorsichtig optimistisch. „Unsere Daten deuten darauf hin, dass der Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten ist“, sagte Schaade, der den erkrankten RKI-Präsidenten Lothar Wieler vertrat. Drei Punkte bürgten aber noch Risiken: Die Kliniken und Intensivstationen seien nach wie vor belastet, Omikron sei noch immer weit verbreitet und die Ansteckungsgefahr somit weiter hoch. Außerdem sei der Subtyp BA.2 in Deutschland auf dem Vormarsch.

„Dennoch kann man sagen: Das Virus und seine Folgen werden durch zunehmende Immunisierung und durch die bisherigen Maßnahmen immer weiter ausgebremst, die Hospitalisierungen im Verhältnis der Fallzahlen moderat.“ Schaade rief dazu auf, weiterhin vorsichtig zu bleiben, vor allem im Kontakt mit besonders schutzbedürftigen Menschen. Außerdem rief auf Schaade erneut auf, sich impfen zu lassen. „Bitte lassen Sie sich impfen, die Pandemie ist noch nicht vorbei.“

Michael Meyer-Hermann sieht „Licht am Ende des Tunnels“

Ähnlich äußerte sich der Immunologe Michael Meyer-Hermann, der Mitglied im Expertenrat der Bundesregierung ist. „Es ist Licht am Ende des Tunnels“, sagte der Wissenschaftler. Deutschland komme verglichen mit den Nachbarländern derzeit gut durch die Pandemie. So verzeichnet die Bundesrepublik derzeit etwa 1.400 Tote pro eine Million Einwohner. Bei anderen europäischen Ländern liege dieser Wert bei 2.200, in Südkorea, das eine null-covid-Strategie verfolgt habe, liege die Zahl allerdings nur bei 140.

„Wir sind in einer Situation, in der wir versuchen, einen Rohrbruch zu kontrollieren, wir halten die Hand drauf“, sagte der Wissenschaftler. Man sollte aber nicht die Hand von der Bruchstelle nehmen „bevor man den Hahn abgedreht hat“. Meyer-Hermann warnte außerdem erneut davor, sich von einer Omikron-Infektion einen Immunisierung zu versprechen. Menschen, die eine Omikron-Infektion überstanden hätten, aber nicht geimpft seien, hätten einen geringen Schutz vor anderen Varianten.