Europa am Rand eines Krieges – Was in der Russland-Krise passiert ist, während Sie geschlafen haben
22. Februar 2022Wladimir Putin hat die Russland-Krise am Montagabend eskalieren lassen. Erst erkannte Putin die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk an. Dann schickte er Truppen in die Ukraine. Die Reaktionen folgten prompt, sind aber unklar.
- Putin erkennt Separatistenregionen Donezk und Luhansk offiziell an
- Russland schickt Truppen in die Ostukraine
- Neuer Vertrag: Russland darf im Donbass Militärbasen errichten
- EU und Großbritannien planen große Sanktionen für Dienstag
- Biden kündigt „rasche und entschlossene“ Antwort an
- USA sehen Putins neusten Schritt noch nicht als Invasion
Am Abend schockte Wladimir Putin die Welt. Gegen 19.15 Uhr deutscher Zeit verkündete er, dass er die Separatistenregionen Donezk und Luhansk offiziell anerkennt. Dazu hielt er eine Drohrede gegen den Westen und für eine Wiederkehr alter Sowjet-Territorien. Er sprach der Ukraine die Staatlichkeit ab. Die Donbass-Region gehöre zu Russland, so Putin.
Russland-Krise: Was passierte, während Sie schliefen
Gegen 22.30 Uhr ging Putin noch einen Schritt weiter und schickte Truppen in die beiden Gebiete. Laut russischer Nachrichtenagentur wies er das Verteidigungsministerium an, Einheiten auszusenden.
In den Vororten von Donezk wurden laut Nachrichtenagentur Reuters auch bereits (nicht gekennzeichnete) Panzer und bewaffnete Militärfahrzeuge gesichtet. Einen Beleg, dass die russischen Truppen tatsächlich schon unterwegs sind, gibt es aber bislang nicht.
Direkt nach dieser Ankündigung telefonierten US-Präsident Joe Biden, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz miteinander. Sie sind sich einig: Putin bricht damit das Minsker Abkommen. Sie verurteilten die Entscheidung scharf und sagten: „Dieser Schritt wird nicht unbeantwortet bleiben.“ Biden kündigte an „rasch und entschlossen“ handeln zu wollen.
Großbritannien und EU wollen heute Sanktionen verhängen, Putin schafft weitere Fakten
Passiert ist vonseiten des Westens aber vorerst nichts. Großbritannien will am Dienstag neue Sanktionen gegen Russland verkünden. Auch die EU will schon am heutigen Vormittag Sanktionen beschließen. Die Strafmaßnahmen sollen gegen jene verhängt werden, „die an dieser rechtswidrigen Handlung beteiligt sind“. Vermutlich werden die Vermögen von Einzelpersonen, Organisationen und Unternehmen eingefroren. Die große Frage ist: Wird Putin auch auf dieser Liste stehen?
Während der Westen diskutierte, schuf Putin weitere Fakten. Russland hat neue Freundschaftsverträge mit Luhansk und Donezk geschlossen. Darin enthalten: Russland darf Militärstützpunkte in der Ostukraine errichten und betreiben. Zehn Jahre ist die Vereinbarung gültig.
Biden zeigt Entschlossenheit, seine Mitarbeiter halten sich noch zurück
Aus den USA kamen insgesamt widersprüchliche Reaktionen. Zwar signalisierte Biden Entschlossenheit. Allerdings sagte sein stellvertretender nationaler Sicherheitsberater Joe Finer, Maßnahmen würden nach Russlands Taten folgen, nicht nach Russlands Ankündigungen. Man gehe zwar „fest davon aus, dass Russland die Militäraktion im Donbass durchführen werde“. Bis dahin werden die USA aber weiterhin die russischen Schritte bewerten.
Ein Top-US-Beamter sagte zudem, eigentlich sei Putins Schritt „kein neuer“. Die russische Präsenz in der Ukraine habe es auch vorher gegeben, nun sei sie nur offensichtlicher geworden. Deshalb sei auch unklar, ob es sich um eine Invasion handle, die „massive“ Sanktionen der Gegenseite auslösen würden.
Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in der Nacht
Gegen 3 Uhr deutscher Zeit traf sich der UN-Sicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung. Was dort unter Beteiligung von Russland, Ukraine, China, USA und Deutschland gesagt wurde, können Sie hier nachlesen.