Sondersitzung des Landtags: Debatte über Russland-Politik
1. März 2022Der Landtag Mecklenburg-Vorpommerns hat den Angriff auf die Ukraine einhellig verurteilt und den sofortigen Rückzug der russischen Truppen gefordert. Die Invasion sei ein klarer Bruch des Völkerrechts, erklärten alle Fraktionen.
In einer Sondersitzung des Landtags Mecklenburg-Vorpommerns haben drei der vier Oppositionsfraktionen vor allem Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) vorgeworfen, in der Vergangenheit einen zu freundlichen Kurs gegenüber Russland gesteuert zu haben. Niemand habe die Landesregierung gezwungen, Russland-Tage abzuhalten, so CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow. Wenn Schwesig jetzt behaupte, sie habe mit Putin nie etwas zu tun gehabt, mache ihn das ratlos. Bis vor zwei Wochen sei Schwesig eine „russische Werbe-Ikone“ gewesen.
SPD verteidigt Schwesig
Der FDP-Fraktionsvorsitzende René Domke meinte, nach dem Sündenfall der Krim-Annexion im Jahr 2014 hätten bei der Landesregierung die Alarmglocken läuten müssen. Für die Grünen sagte Anne Shepley, die Landesregierung habe mit ihren Fehlern dem Krieg in der Ukraine ein Stück weit die Tür geöffnet. Für die SPD wies der Abgeordnete Thomas Krüger die Vorwürfe zurück. Der Weg des Dialogs, den Schwesig gegangen sei, sei richtig gewesen. Jetzt allerdings habe sich die Lage geändert. Wie Abgeordnete aller anderen Fraktionen auch, verurteilte Krüger den russischen Angriff als völkerrechtswidrig. Die AfD warnte allerdings davor, die Verbindungen zu Russland abzubrechen, es dürfe kein zurück in ein Klima des Kalten Krieges geben. Die AfD lehne die Sanktionen ab, so der Abgeordnete Horst Förster.
Russlandtage vorerst gestrichen
Für die rot-rote Landesregierung sprach statt der erkrankt abwesenden Ministerpräsidentin ihre Stellvertreterin Simone Oldenburg. Sie sagte, der russische Angriff könne nicht tatenlos hingenommen werden. Für Mecklenburg-Vorpommern heiße das auch zu prüfen, wie die umstrittene Klima- und Umweltstiftung Mecklenburg-Vorpommerns, in der 20 Millionen Euro des russisch-dominierten Pipeline-Unternehmens Nord Stream 2 stecken, aufgelöst werden kann. Stiftungschef Erwin Sellering (SPD) hatte in den vergangenen Tagen die Auflösung der Stiftung aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Die Landesregierung will zudem vorerst keine „Russlandtage“ mehr veranstalten und begrüßt den Schritt der Bundesregierung, die Ostsee-Pipeline vorerst nicht zu genehmigen.
Der Landtag berät heute über Konsequenzen aus dem russischen Angriff auf die Ukraine für Mecklenburg-Vorpommern. Einziger Punkt auf der Tagesordnung: „Klare Haltung einnehmen zum militärischen Vorgehen Russlands gegen die Ukraine und dessen Konsequenzen für die Landespolitik“.
Mit fast zwei Stunden Verspätung ist die Sondersitzung des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern gestartet. Vor allem die größte Fraktion, die SPD, hatte offenbar noch massiven Beratungsbedarf. Statt wie üblich einen eigenen Antrag auf den Weg zu bringen, hatten sich die Regierungsparteien dem Antrag der Oppositionsparteien CDU, Grüne und FDP angeschlossen. Mit einer Schweigeminute hatte der Landtag zu Beginn der Opfer des Krieges in der Ukraine gedacht. Wie Parlamentspräsidentin Birgit Hesse (SPD) sagte, werde damit auch ein Zeichen für Demokratie, Diplomatie, Menschlichkeit und Frieden gesetzt.
Wirtschaftsforum für Ostsee-Anrainer statt Russlandtage
In dem Antrag nimmt das Parlament Stellung zu dem Angriff Russlands auf die Ukraine: Das Handeln der russischen Staatsführung und des Präsidenten Putin wird aufs Schärfste verurteilt. Der Landtag warnt davor, dass die Landesregierung den Kurs der Bundesregierung und der EU nicht durchkreuzen dürfe. Das Parlament fordert die Landesregierung außerdem auf, die sogenannten Russlandtage grundsätzlich zu überdenken und daraus künftig ein Wirtschaftsforum für alle Ostsee-Anrainer zu machen. Außerdem dürfe die Klimaschutz-Stiftung des Landes (finanziert vom russischen Staatskonzern Gazprom) nicht weiter fortbestehen. Darüber hinaus gibt es die Forderung, dass die Arbeit des Russland-Beauftragten in Moskau eingestellt wird, ebenso die Zusammenarbeit mit der Region St. Petersburg.
Die drei Oppositionsfraktionen werfen vor allem der SPD und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) einen zu russlandfreundlichen Kurs in der Vergangenheit vor. Schwesigs am Montag angekündigte Abkehr von Russland sei überfällig, erklärte CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow. Was bei ihr fehle, sei das Eingeständnis eigener Fehler.
Stiftung wegen Nord-Stream-2-Unterstützung in der Kritik
Im Mittelpunkt der Debatte dürfte das von Schwesig angekündigte Aus der umstrittenen „Klimaschutzstiftung“ stehen, die vom russischen Staatskonzern Gazprom finanziert wurde. Die Ministerpräsidentin hatte sich für den CDU-Vorschlag ausgesprochen, die 20 Millionen Euro Stiftungskapital für humanitäre Hilfe bereitzustellen. Stiftungschef Erwin Sellering (SPD), ihr Vorgänger im Amt, lehnt das aus rechtlichen Gründen ab. Er räumte aber ein, dass die Stiftung öffentlich abgelehnt werde und niemand mir ihr zusammenarbeiten wolle. Seit ihrer Gründung steht die Stiftung für Klima- und Umweltschutz in der Kritik, weil sie durch verdeckte Geschäftstätigkeiten die Fertigstellung der Ostseepipeline Nord Stream 2 unterstützte.