Corona: RKI registriert erstmals mehr als 260.000 Neuinfektionen — Experte sieht neue Welle
10. März 2022Erstmals in der Corona-Pandemie sind binnen eines Tages mehr als 260.000 neue Corona-Infektionen an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt worden. Die Gesundheitsämter meldeten laut RKI-Angaben von Donnerstagmorgen 262.752 Fälle in 24 Stunden. Vor einer Woche waren es 210.673 Ansteckungen. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg ebenfalls deutlich auf 1388,5. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 5 Uhr am Donnerstagmorgen wiedergeben. Zum Vergleich: Am Mittwoch hatte der Wert bei 1319,0 gelegen. Vor einer Woche lag die bundesweite Inzidenz bei 1174,1 (Vormonat: 1465,4).
Experten gehen von einer hohen Zahl an Fällen aus, die in den RKI-Daten nicht erfasst sind. Ein Grund sind die begrenzten Kapazitäten etwa von Gesundheitsämtern, oft werden Kontakte nur noch eingeschränkt nachverfolgt.
Deutschlandweit wurden den neuen Angaben zufolge binnen 24 Stunden 259 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 267 Todesfälle. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 16.504.822 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.
Die Zahl der in Kliniken gekommenen Corona-infizierten Patienten je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen lag laut RKI am Mittwoch bei 6,62. Darunter sind auch viele Menschen mit positivem Corona-Test, die eine andere Haupterkrankung haben.
Die Zahl der Genesenen gab das RKI am Donnerstag mit 12.963.800 an. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 125.023.
Neue Corona-Welle
Der Bioinformatiker Lars Kaderali aus Greifswald sieht Deutschland angesichts der steigenden Zahlen in einer neuen Corona-Welle. „Das liegt vor allem daran, dass der Omikron-Subtyp BA.2 noch infektiöser ist als die ursprüngliche Variante“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Hinzu kämen die Lockerungen der Corona-Maßnahmen. „In Kombination führt das beides zu den steigenden Fallzahlen.“
Die von der Bundesregierung angekündigten Lockerungen hält Kaderali, Mitglied des Corona-Expertenrats der Bundesregierung, dennoch für vertretbar. „Bundesweit steigen die Corona-Zahlen zwar, die Situation in den Krankenhäusern ist aber noch undramatisch“, sagte er. „Man sollte aber nur vorsichtig lockern und nur mit der Option, wieder zurückzugehen, wenn man merkt, dass das zu viel wird.“
Zum 20. März sollen nach einem Bund-Länder-Beschluss die meisten Corona-Auflagen wegfallen, ein „Basisschutz“ soll aber bleiben. Am Mittwoch hatten Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) einen Entwurf für eine neue Rechtsgrundlage vorgestellt, die etwa eine Maskenpflicht in Kliniken und Pflegeheimen sowie Pflicht-Tests in Schulen weiter ermöglicht. Die Landesparlamente sollen zudem weitergehende Auflagen für Regionen beschließen dürfen, wenn sie die „konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage“ feststellen.
In Hinblick auf das weithin erwartete Abflachen der Infektionskurve im Sommer sagte Kaderali: „Wahrscheinlich wird der saisonale Effekt nicht ausreichen, um die Inzidenz auf 0 runterzubringen.“ Die Annahme von Gesundheitsminister Lauterbach (SPD), dass es auch in den Sommermonaten eine Corona-Welle geben könnte, halte er für plausibel. Bereits die bisherigen Öffnungen könnten dazu führen, dass „wir nochmal einen sehr, sehr starken Anstieg sehen und dann auch mit hohen Inzidenzen in den Sommer reingehen werden.“
Der Expertenrat der Bundesregierung hatte Mitte Dezember seine Arbeit aufgenommen. Die Zusammensetzung des Gremiums ist breitgefächert und deckt zum Beispiel die Bereiche Virologie, Kinder- und Jugendmedizin, Medizinethik, Intensivmedizin und Bildungsforschung ab.
Auch in China explodieren die Zahlen
Auch China hat die höchsten Infektionszahlen seit dem ersten Corona-Ausbruch in der zentralchinesischen Metropole Wuhan gemeldet. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Donnerstag berichtete, wurden am Mittwoch landesweit 402 lokale Infektionen mit Symptomen entdeckt – fast doppelt so viele wie am Vortag. Hinzu kamen 435 asymptomatische Infektionen sowie 277 aus dem Ausland importierte Fälle.
Nach der ersten großen Corona-Welle, die vor über zwei Jahren in Wuhan ihren Ursprung hatte, konnte China das Virus mit strengen Maßnahmen schnell unter Kontrolle bringen. Seitdem erlebte die zweitgrößte Volkswirtschaft lediglich auf einzelne Regionen begrenzte Ausbrüche. Doch seit Omikron Anfang Januar erstmals in der ostchinesischen Hafenmetropole Tianjin entdeckt wurde, fürchten Gesundheitsexperten, dass die ansteckendere Corona-Variante die chinesischen Schutzmaßnahmen an ihre Grenzen bringen könnte.
Mit Peking und Shanghai wurden zuletzt auch in den zwei wichtigsten Städten des Landes wieder einzelne Fälle entdeckt. Allein am Mittwoch wurden neue Infektionen aus sieben Provinzen und Regionen gemeldet. Besonders schwer war die nordostchinesische Provinz Jilin betroffen, wo es 165 symptomatische Infektionen gab.