Krieg Tag 33 – Mo 28.03.2022 ++ Offenbar 510.000 Ukrainer zurückgekehrt ++
28. März 2022Lawrow: Beziehungen zu China so gut wie nie
Der russische Außenminister Sergej Lawrow sieht die Beziehungen zu China trotz der westlichen Bemühungen um eine Isolation seines Landes als deutlich gestärkt an. Die Beziehungen Russlands zu China seien so gut wie nie zuvor, sagte er. Die Führung in Peking hatte sich wiederholt gegen die Sanktionen ausgesprochen und darauf beharrt, den normalen Wirtschafts- und Handelsaustausch mit Russland aufrechtzuerhalten. Sie weigert sich auch, das russische Vorgehen in der Ukraine zu verurteilen. Die Regierung befürchtet allerdings, dass chinesische Unternehmen mit den Sanktionen in Konflikt geraten könnten und hat wiederholt betont, das der Russland-Ukraine-Konflikt diplomatisch gelöst werden müsse.
Verhandlungen möglicherweise erst am Dienstag
Neue persönliche Friedensverhandlungen zwischen zwei Delegationen aus der Ukraine und aus Russland könnten Angaben des Kreml zufolge am Dienstag in Istanbul beginnen. „Heute werden sie wahrscheinlich nicht dort fortgesetzt“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. „Wir erwarten, dass das theoretisch morgen passieren könnte.“ Zuvor hatte bereits der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski mitgeteilt, dass nach rund zweiwöchigen Online-Verhandlungen ein persönliches Aufeinandertreffen ab Dienstag geplant sei.
Die ukrainische Seite und auch türkische Angaben sprachen zunächst von einem Verhandlungsbeginn bereits am Montag. Später schrieb die Zeitung „Ukrajinska Prawda“ unter Berufung auf eigene Quellen, dass die Delegationen zwar am Montag nach Istanbul anreisen, aber erst am Dienstag mit den Gesprächen beginnen würden.
Verwirrung um Verhandlungsbeginn – Gespräche erst am Dienstag?
Neue persönliche Friedensverhandlungen zwischen zwei Delegationen aus der Ukraine und aus Russland könnten Angaben des Kreml zufolge am Dienstag in Istanbul beginnen. „Heute werden sie wahrscheinlich nicht dort fortgesetzt“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. „Wir erwarten, dass das theoretisch morgen passieren könnte.“
Zuvor hatte bereits der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski mitgeteilt, dass nach rund zweiwöchigen Online-Verhandlungen ein persönliches Aufeinandertreffen ab Dienstag geplant sei.
Die ukrainische Seite und auch türkische Angaben sprachen zunächst von einem Verhandlungsbeginn bereits am Montag. Später schrieb die Zeitung „Ukrajinska Prawda“ unter Berufung auf eigene Quellen, dass die Delegationen zwar am Montag nach Istanbul anreisen, aber erst am Dienstag mit den Gesprächen beginnen würden.
Ukraine: Bislang Kriegsschäden in Höhe von rund 565 Milliarden Dollar
Der Krieg in der Ukraine hat nach Angaben des ukrainischen Wirtschaftsministeriums bislang Schäden im Volumen von 564,9 Milliarden Dollar verursacht. Mit eingerechnet seien darin unter anderem Schäden an der Infrastruktur, Verluste bei der Wirtschaftsleistung und andere Faktoren, sagt Wirtschaftsministerin Julia Svyrydenko. 8000 Kilometer Straßen und 10 Millionen Quadratmeter Wohnfläche seien beschädigt oder zerstört.
Brände um Tschernobyl gelöscht
In der ukrainischen Sperrzone um das 1986 havarierte Atomkraftwerk Tschernobyl sind ukrainischen Angaben zufolge keine größeren Brände mehr festgestellt worden. Aufnahmen von Satelliten würden derzeit keine derartigen Wärmequellen feststellen, teilte der ukrainische Zivilschutzdienst mit.
Anderslautende Informationen seien falsch. Vergangene Woche hatte das Parlament unter Berufung auf europäische Satellitendaten über mehrere große Feuer in dem weitgehend von russischen Truppen kontrollierten Sperrgebiet informiert. Auslöser der Feuer sei Beschuss gewesen.
Internationales Ermittlerteam zu Verbrechen in Ukraine
Polen, Litauen und die Ukraine haben gemeinsam mit der europäischen Justizbehörde Eurojust ein internationales Ermittlerteam zu mutmaßlichen internationalen Verbrechen in der Ukraine errichtet. Die Staaten hätten vereinbart, beim Austausch von Informationen und Beweisen zusammenzuarbeiten, wie Eurojust in Den Haag mitteilte. Ermittelt werde unter anderem zu möglichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Andere EU-Mitgliedsstaaten können sich Eurojust zufolge an dem Team beteiligen. Auch eine Teilnahme von Drittstaaten solle ermöglicht werden. Ziel der Initiative ist es, das Sammeln von Beweisen und den Informationsaustausch zu erleichtern.
Kasachstan deutet Abrücken von Russland an
Der langjährige Verbündete Kasachstan deutet ein Abrücken von Russland an. „Wenn es einen neuen Eisernen Vorhang gibt, wollen wir nicht dahinter sein“, sagt Vize-Außenminister Roman Vassilenko auch mit Blick auf westliche Sanktionen zu „Welt“. Er ruft westliche Investoren auf, das Geschäft in das an fossilen Energiestoffen reiche Land in Zentralasien zu verlagern. Zwar wolle man nicht, dass Unternehmen kommen, „nur um die Sanktionen gegen Russland zu umgehen“, wird der Minister weiter zitiert. „Aber alle Unternehmen mit gutem Ruf, die ihre Produktion hierher verlagern wollen, sind willkommen.“ Bei der Verurteilung des russischen Einmarschs in die Ukraine durch die UN-Generalversammlung Anfang März hatte sich Kasachstan enthalten.
Kommunen fordern Registrierung an Ankunftsbahnhöfen
Der Städte- und Gemeindebund hat sich für eine Registrierung aller Geflüchteten aus der Ukraine ausgesprochen. „Um die bestmögliche Versorgung, den Zugang zu Gesundheitsversorgung und die Integration in Schule und Arbeit sicherzustellen, ist eine möglichst rasche Registrierung der Kriegsvertriebenen kurz nach ihrer Einreise nach Deutschland notwendig“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem „Handelsblatt“. Zugleich räumte Landsberg ein, dass die Umsetzung der Registrierung angesichts der großen Flüchtlingszahlen und der Dauer des Registrierungsvorgangs nicht einfach sei. „Es erscheint daher sinnvoll, an den Ankunftsbahnhöfen in Deutschland vom Bund Registrierstraßen einzurichten und so den Registrierungsgrad schnell zu erhöhen“, sagte Landsberg.
Treibende Seemine im Schwarzen Meer entdeckt
Die Türkei hat erneut eine Seemine in ihren Gewässern entdeckt. Die Mine treibe im Schwarzen Meer vor der Küste des Ortes Igneada, nahe der bulgarischen Grenze, teilte das Verteidigungsministerium auf Twitter mit. Spezialeinheiten seien vor Ort, um das Objekt zu entschärfen.
Bereits am Samstag war an der Meerenge Bosporus, die das Schwarze Meer mit dem Mittelmeer verbindet, eine Seemine entdeckt und unschädlich gemacht worden. Der Schiffsverkehr durch den Bosporus war zwischenzeitlich ausgesetzt worden. Die Behörden untersagten zudem bis auf weiteres die nächtliche Fischerei vor der nordwestlichen türkischen Küste des Schwarzen Meeres.
Ob die Minen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine stehen, ist noch unklar. Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig vor, das Schwarze Meer vermint zu haben. Moskau hatte erst kürzlich vor treibenden Seeminen im Schwarzen Meer gewarnt.
Russland liefert weiter Gas über Ukraine nach Westen
Auch viereinhalb Wochen nach Kriegsbeginn setzt Russland die Gaslieferungen durch die Ukraine in unvermindertem Umfang fort. Heute würden 109,5 Millionen Kubikmeter Gas durch das Leitungssystem des Nachbarlandes gepumpt, sagte der Sprecher des Energieriesen Gazprom, Sergej Kuprijanow, der Agentur Interfax zufolge. Das entspricht der vertraglich möglichen maximalen Auslastung pro Tag.
Gespräche im späteren Tagesverlauf
Die neue Gesprächsrunde der Unterhändler der Ukraine und Russlands in Istanbul soll im späteren Tagesverlauf beginnen. Dies teilt ein türkischer Regierungsvertreter mit, ohne Einzelheiten zu nennen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und der russische Staatschef Wladimir Putin hatten sich in einem Telefonat gestern darauf verständigt, dass die neue Runde der Verhandlungen, die zuletzt per Videokonferenz geführt wurden, in Istanbul stattfinden soll. Die Regierung in Ankara hatte bereits ein Treffen der Außenminister Russlands und der Ukraine in Antalya ausgerichtet und sich wiederholt als Vermittler für eine Waffenruhe angeboten.
Polen: Mehr als 2,3 Millionen Menschen aus Ukraine
In Polen sind nach Angaben des Grenzschutzes seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mehr als 2,3 Millionen Geflüchtete aus dem Nachbarland eingetroffen. Das teilte die Behörde bei Twitter mit. Allein gestern waren es demnach rund 27.000 Menschen.
Kiew: Einrichtung von Fluchtkorridoren unmöglich
Aufgrund der Bedrohung durch russische Truppen können nach Angaben aus Kiew heute keine Fluchtkorridore zur Evakuierung von Zivilisten eingerichtet werden. Es gebe Geheimdienstinformationen über mögliche „Provokationen“ auf den Routen, sagte die stellvertretende Regierungschefin Iryna Wereschtschuk. Die Ukraine und Russland werfen sich seit Wochen gegenseitig vor, die Evakuierung von Zivilisten aus besonders umkämpften Gebieten zu sabotieren.
Die ukrainische Zeitung „Prawda“ berichtete unterdessen unter Berufung auf verschiedene Regionalverwaltungen von andauerndem russischem Beschuss in verschiedenen Landesteilen. In der Region um Kiew habe es Raketeneinschläge gegeben sowie Kämpfe entlang einer Autobahn. In Tschernihiw im Norden wehrten ukrainische Soldaten demnach in der vergangenen Nacht russische Angriffe ab. Auch die Gebiete Schytomyr und Charkiw seien mit Raketen und Bomben beschossen worden.
Mehr als 140 Kinder seit Kriegsbeginn in Ukraine getötet
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges sind in der Ukraine nach Angaben aus Kiew mindestens 143 Kinder getötet und 216 verletzt worden. Das teilte die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denissowa, auf Telegram mit. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Die genaue Zahl der getöteten und verletzten Kinder könne wegen der andauernden Angriffe des russischen Militärs auf ukrainische Städte nicht ermittelt werden, sagte Denissowa.
Insgesamt wurden nach UN-Angaben in dem seit mehr als vier Wochen andauernden Krieg 1119 Zivilisten getötet und 1790 verletzt. Die tatsächliche Opferzahl dürfte nach Einschätzung des UN-Menschenrechtskommissariats aber höher liegen, da aus besonders heftig umkämpften Städten und Gebieten wie Mariupol, Charkiw oder Sumy keine zuverlässigen Angaben vorliegen.
CDU-Außenexperte gegen Kauf von Raketenschutzschild
Aus der CDU kommt Kritik an Überlegungen der Bundesregierung zur Anschaffung eines Schutzschirms gegen Raketenangriffe. „Die Ressourcen wären falsch eingesetzt, wenn Deutschland jetzt Milliarden in ein rein nationales, neues Raketenabwehrsystem investiert“, sagte der CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Gegen Russlands Hyperschallwaffen sei das Abwehrsystem machtlos, und ohnehin sei die Bundesrepublik derzeit keiner akuten Bedrohung ausgesetzt. „Bei einem Raketenschutzschirm über Deutschland würde man annehmen, dass über Polen hinweg auf uns geschossen wird“, sagte Kiesewetter. „Das ist gegenwärtig nahezu ausgeschlossen.“
Bürgermeister fordert komplette Evakuierung von Mariupol
Der Bürgermeister von Mariupol ruft zur vollständigen Evakuierung der ukrainischen Hafenstadt auf. Es drohe eine humanitäre Katastrophe, sagt Wadym Boitschenko. Unter anderem seien 160.000 Einwohner ohne Strom. Es seien zwar Busse für eine Evakuierung bereitgestellt. Russland habe aber keine freie Passage zugesagt.
Zahl der registrierten Geflüchteten aus Ukraine steigt weiter
Die Zahl der registrierten Menschen, die aus der Ukraine geflüchtete sind, in Deutschland steigt weiter: Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums bezifferte sie auf 272.338 – das waren über 5000 mehr als am Vortag. Das Ministerium verband die Angaben wie üblich mit dem Hinweis, dass die Zahl der eingereisten Schutzsuchenden aus der Ukraine „tatsächlich bereits wesentlich höher“ sein dürfte, da längst nicht alle Einreisen an den Grenzen registriert würden.
London unterstützt Kiew mit Experten für Kriegsverbrechenanklage
Angesichts möglicher russischer Kriegsverbrechen in der Ukraine soll ein britischer Experte die Justiz in Kiew beraten. Die britische Regierung hat dafür den ehemaligen Richter des Internationalen Strafgerichtshofs, Howard Morrison, ernannt. „Großbritannien setzt sich dafür ein, dass die Gräueltaten, die wir täglich in der Ukraine erleben, nicht vergessen werden und dass diejenigen, die illegale Befehle geben oder diesen folgen, aufgespürt und zur Verantwortung gezogen werden“, sagte Generalstaatsanwältin Suella Braverman einer Mitteilung zufolge.
Morrison arbeitete auch am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, unter anderem im Prozess gegen den bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic.
Auch Berlin geht gegen russisches „Z“-Symbol vor
Auch Berlin geht gegen das „Z“-Symbol vor, das Zeichen der russischen Armee im Ukraine-Krieg. „Wird der Kontext zum Krieg hergestellt mit der Verwendung des weißen Zs, wie es auf den russischen Militärfahrzeugen zu sehen ist, dann bedeutet das natürlich die Befürwortung des Angriffskriegs“, sagte Innensenatorin Iris Spranger dem „Tagesspiegel“. „Das wäre strafbar, da schreiten wir auch sofort ein.“
Zuvor hatten bereits Bayern und Niedersachsen angekündigt, das öffentliche Tragen des Symbols zu ahnden. Nordrhein-Westfalen kündigte eine Prüfung an.
Grundlage für das Vorgehen der Länder ist Paragraf 140 des Strafgesetzbuches, der das Billigen bestimmter Delikte unter Strafe stellt. Möglich sind bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe.
Vereinigte Arabische Emirate: Russisches Öl nicht zu ersetzen
Russisches Öl ist nach Einschätzung der Vereinten Arabischen Emirate für den Energiemarkt unverzichtbar. Kein Ölförderland könne es ersetzen, es werde gebraucht, sagt Energieminister Suhail al-Masruei. Sein Land werde zusammen mit den anderen Öl-Staaten im Opec+-Verbund daran arbeiten, den Markt stabil zu halten.
Russland sei ein wichtiges Mitglied der Gruppe. Politische Fragen müssten außen vor gelassen werden. Die Ukraine-Krise müsse so schnell wie möglich auf diplomatischem Weg gelost werden und nicht durch den Zufluss von immer mehr Waffen. Die geopolitische Lage sei aber angespannt. Man müsse ehrlich sein und den Verbrauchern sagen, dass sich die Rechnungen in Zukunft verdoppeln oder sogar verdreifachen werden, wenn nichts getan werde.
09:15 Uhr
Russen wollen Verteidigung bei Kiew durchbrechen
Ukrainischen Angaben zufolge wollen russische Truppen Verteidigungsanlagen im Umkreis von Kiew durchbrechen und weiter in Richtung der Hauptstadt vorstoßen. Im Nordwesten und im Osten wehre die ukrainische Armee Versuche russischer Soldaten ab, die Kontrolle über wichtige Straßen und Siedlungen zu übernehmen, teilte der ukrainische Generalstab am Vormittag mit.
Das russische Verteidigungsministerium veröffentlichte unterdessen Aufnahmen von gepanzerten Fahrzeugen, die rund 40 Kilometer von Kiew entfernt den Ort Salissja verlassen haben und auf der Fernstraße E95 unterwegs sein sollen. Die Angaben beider Seiten lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Der ukrainische Generalstab berichtete am Morgen zudem von andauernden Kämpfen auch in anderen Landesteilen – darunter in den Regionen Mykolajiw und Saporischschja im Süden.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Verhandlungen: Die Ukraine erwartet keinen großen Durchbruch
Die Ukraine dämpft Erwartungen an die neue Verhandlungsrunde mit Russland in der Türkei. „Ich glaube nicht, dass es einen Durchbruch in den wichtigsten Fragen geben wird“, sagte der Berater des ukrainischen Innenministeriums, Vadym Denysenko.
DRK: „Das ganze Land hat einen unheimlich großen Bedarf“
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat eine Versorgungslinie für Hilfsgüter von Polen in die Ukraine aufgebaut. „Das ganze Land hat einen unheimlich großen Bedarf“, sagte Oana Bara im ARD-Morgenmagazin, die für die Koordination vor Ort zuständig ist. Bislang habe man etwa 300.000 Menschen erreichen können.
Die Menschen, die nach Polen flüchten, bräuchten neben Essen, Unterkünften und Hygieneartikel auch psychologische Betreuung. „Die Menschen kommen hier im Schockzustand an. Da wurden Familien auseinander gerissen. Frauen haben ihre Väter, Brüder und Ehemänner zurückgelassen, haben ihre Kinder geschnappt und diese in Sicherheit gebracht. Das braucht einen Moment, damit das menschliche Gehirn das verarbeiten kann.“
Journalistin Owsjannikowa sieht Russland vor einem Abgrund
Marina Owsjannikowa, russische TV-Journalistin, zeigt sich besorgt um die Auswirkungen westlicher Sanktionen. Sie träfen nicht die Führung, „sondern die einfachen Menschen“, sagte Owsjannikowa im Interview der „Welt“. Preise seien gestiegen, und viele Dinge stünden gar nicht mehr zur Verfügung: „Man kann für Kinder zum Beispiel keine fiebersenkenden Mittel mehr bekommen. Wir treiben auf einen Abgrund zu.“
Im Westen zeige sich eine „starke Russophobie“, kritisierte die Journalistin. Zugleich betonte sie, der „blutige Krieg“ in der Ukraine müsse beendet werden. „Jeder Tag fordert Menschenleben.“
Die TV-Journalistin war international bekannt geworden, als sie während einer Nachrichtensendung im russischen Staatsfernsehen ein selbst geschriebenes Antikriegsplakat in die Studiokamera gehalten hatte. Sie forderte ein Ende des Krieges und appellierte an die Zuschauer, der russischen Propaganda nicht zu glauben.
Selenskyj will Neutralität „gründlich“ prüfen
In den Verhandlungen über ein Ende des Kriegs in der Ukraine will die Regierung in Kiew die Frage der von Russland geforderten Neutralität des Landes „gründlich“ prüfen. Dies sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gestern in einem Interview mit mehreren unabhängigen russischen Medien. Die Konfliktparteien wollen heute oder morgen eine neue Verhandlungsrunde in Istanbul starten.
„Dieser Punkt der Verhandlungen ist für mich verständlich und er wird diskutiert, er wird gründlich geprüft“, sagte Selenskyj in dem Interview mit mehreren russischen Medien. Eine Neutralität der Ukraine ist eine der russischen Hauptforderungen in den Verhandlungen über einen Waffenstillstand.
Erneut Brände auf dem Gelände von Atomruine Tschernobyl
In der von russischen Streitkräften besetzten Zone um die Atomruine Tschernobyl sind nach Angaben der ukrainischen Behörden neue Brände ausgebrochen. „In der Sperrzone haben große Brände begonnen, die sehr ernste Folgen haben können“, schrieb die stellvertretende ukrainische Regierungschefin Iryna Wereschtschuk gestern Abend auf Telegram. Allerdings sei es wegen der russischen Truppen im Moment „unmöglich, die Brände vollständig zu kontrollieren und zu löschen“. Wereschtschuk forderte vom UN-Sicherheitsrat „sofortige Maßnahmen“ zur „Entmilitarisierung“ des Gebiets rund um die Atomruine.
Russland verlegt weitere Militäreinheiten
Russland verlegt weiterhin zusätzliche Militäreinheiten an die ukrainische Grenze. Dies teilt das ukrainische Militär in der Nacht mit. Russland setze seine Raketen- und Luftangriffe auf ukrainische Truppen und militärische Infrastrukturen unter anderem in der Stadt Charkiw fort.
Weiter Angriffe in der Ukraine
Das russische Militär hat seine Luftangriffe gegen ukrainische Städte auch in der Nacht fortgesetzt. Nach ukrainischen Medienberichten wurden unter anderem die Hauptstadt Kiew sowie Luzk, Riwne und Charkiw von mehreren schweren Explosionen erschüttert. In Luzk im Nordwesten der Ukraine wurde ein Treibstoffdepot getroffen. Zuvor war in allen Regionen des Landes Luftalarm ausgelöst worden. Die ukrainische Führung warf dem russischen Militär eine „unmenschliche Taktik“ vor. Dazu gehörten etwa die „partielle oder totale Blockade von humanitären Korridoren, Blockade der belagerten Städte“, schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyjs Berater Mychajlo Podoljak auf Twitter.
Zudem setze Russland „totale Raketenangriffe“ gegen ukrainische Städte fort. Dazu werde die Hafenstadt Mariupol mit Bombenteppichen eingedeckt. Ukrainische Armee berichtet von Erfolgen Ukrainische Truppen sind nach eigener Darstellung zu erfolgreichen Gegenangriffen in der Umgebung der Stadt Charkiw im Osten des Landes angetreten. Dabei seien russische Truppen gestern aus mehreren Ortschaften verdrängt worden, sagte der regionale Militärchef Oleg Synegubow auf Telegram. „Wir treiben die Besatzer in Richtung (russischer) Grenze zurück“, sagte er. Auch bei Kiew gab es nach ukrainischen Militärangaben Landgewinne. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
EU droht Streit über Verteilung Geflüchteter
Der Europäischen Union droht angesichts der riesigen Fluchtbewegung aus der Ukraine neuer Streit über die Verteilung der Schutzsuchenden. Die Innenminister der 27 EU-Staaten beraten heute in Brüssel über das gemeinsame Vorgehen. Deutschland und Polen hatten sich zuvor mit einem dringenden Hilfsappell an die EU-Kommission gewandt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser dringt auf Quoten für die Verteilung von Geflüchteten innerhalb Europas. Derlei Forderungen hatte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson jedoch bereits eine Absage erteilt.
Von den mehr als 44 Millionen Ukrainern haben seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine nach UN-Angaben bereits mehr als 3,8 Millionen Menschen das Land verlassen. Mehr als zwei Millionen sind allein in Polen angekommen, in Deutschland wurden dem Innenministerium zufolge rund 267.000 Menschen registriert.
Rechtsextremisten halten Kontakt zu russischer Imperialbewegung
Nach Erkenntnissen der Bundesregierung halten Rechtsextremisten in Deutschland auch nach Beginn des Angriffs auf die Ukraine Kontakt zu der für rassistische Hetze berüchtigten russischen Imperialbewegung. Diese Bewegung „unterhält Kontakte in die rechtsextremistische Szene in Deutschland, in den Vereinigten Staaten von Amerika sowie auch in andere europäische Länder“, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Martina Renner.
BKA: 200 Straftaten pro Woche gegen Russisch- und Ukrainischstämmige
Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs hat das Bundeskriminalamt (BKA) in Deutschland zuletzt Hunderte antirussische oder antiukrainische Straftaten erfasst. «Es gibt Straftaten sowohl gegen russischstämmige als auch gegen ukrainischstämmige Mitglieder unserer Gesellschaft», sagte BKA-Präsident Holger Münch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Wir zählen momentan gut 200 solcher Straftaten in der Woche – davon ist die Mehrzahl anti-russisch motiviert.“ Diese Straftaten reichten von Beleidigungen, Bedrohungen bis hin zu körperlichen Übergriffen. „Es kommt auch zu Sachbeschädigungen, etwa zu Farbschmierereien mit entsprechendem Inhalt.“
Selenskyj: Zerstörung in Mariupol schlimmer als in Tschetschenien
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnet die Situation in Mariupol als eindeutige humanitäre Katastrophe. Die östliche Hafenstadt wird seit Wochen von Russland bombardiert. „Alle Ein- und Ausgänge der Stadt Mariupol sind blockiert“, sagte Selenskyj in einer Videoansprache. „Der Hafen ist vermint.“ Es sei unmöglich, Lebensmittel, Medikamente und Wasser dorthin zu bringen. Selbst die Zerstörungen durch die russische Armee in Tschetschenien seien mit der Situation in Mariupol nicht vergleichbar. Russland bestreitet Angriffe auf Zivilisten in der Ukraine. Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld dafür, dass die humanitären Korridore aus Mariupol nicht geöffnet wurden.
Kiew: Russland bringt neue Raketen nach Belarus
Zur Vorbereitung neuer Raketenangriffe auf die Ukraine versorgen die russischen Militärs ihre Abschussrampen in Belarus mit neuen Projektilen. Das berichtete der ukrainische Generalstab in der Nacht zum Montag, basierend auf Erkenntnissen der militärischen Aufklärung. Die Raketen seien für die bei Kalinkawitschy aufgestellten Einheiten mit dem «Iskander»-Waffensystem gedacht, hieß es. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. Ukrainische Städte sind am Wochenende wiederholt von russischen Raketen getroffen worden. Das «Iskander»-System (Nato-Code SS-26 Stone) ist eine mobile Abschussbasis, das sowohl ballistische Kurzstreckenraketen als auch Marschflugkörper abfeuern kann. Zuletzt stellten Experten fest, dass die Projektile auf ihrem Flug auch sogenannte Täuschkörper freisetzen, um Radar oder Abfangraketen zu verwirren.
Ukraine fordert Entmilitarisierung der Sperrzone um Tschernobyl
Die Ukraine wirft Russland unverantwortliches Handeln im Umfeld der von russischen Truppen besetzten Atomruine in Tschernobyl vor. „Die unverantwortlichen und unprofessionellen Handlungen der russischen Soldaten sind eine ernsthafte Bedrohung der nuklearen Sicherheit nicht nur in der Ukraine, sondern für Hunderte von Millionen Europäern“, schreibt die stellvertretende ukrainische Regierungschefin Iryna Wereschtschuk auf Telegram. Sie fordere den UN-Sicherheitsrat daher auf, sofortige Maßnahmen zur Entmilitarisierung der Sperrzone um das Kernkraftwerk von Tschernobyl zu ergreifen. Eine Beschädigung des Sicherheitsbehälters um den Unglücks-Reaktor würde unweigerlich zur Freisetzung radioaktiven Staubs und einer Kontamination der Atmosphäre führen – nicht nur in der Ukraine, sondern auch in anderen europäischen Ländern.
Biden: Habe keinen Machtwechsel in Moskau gefordert
US-Präsident Joe Biden hat dementiert, dass er bei seiner Rede zum Ukraine-Krieg in Warschau den Sturz des russischen Präsidenten Wladimir Putin gefordert habe. Eine Reporterin fragte Biden am Sonntagabend (Ortszeit) im Anschluss an dessen Kirchenbesuch: „Herr Präsident, wollen Sie, dass Putin (von seinem Amt) entfernt wird? Herr Präsident, haben Sie einen Regimewechsel gefordert?“ Biden antwortete darauf: „Nein.“ Biden hatte Putin am Samstagabend bei seiner Ansprache in Warschau einen „Diktator“ genannt und mit den Worten geschlossen: „Um Gottes willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben.“ Das Weiße Haus betonte danach umgehend, das sei kein Aufruf zum Sturz Putins. Am Sonntag betonte auch US-Außenminister Antony Blinken, die Vereinigten Staaten strebten keinen Machtwechsel in Russland an. Bidens Aussage löste in Russland Empörung aus.
London: Russland blockiert weiterhin ukrainische Schwarzmeerküste
Russland hält aus Sicht der britischen Regierung weiterhin seine Blockade der ukrainischen Schwarzmeerküste aufrecht und isoliert die Ukraine damit effektiv vom internationalen Seehandel. Zudem gebe es weiter sporadische Raketenangriffe der russischen Seestreitkräfte auf Ziele in der Ukraine, heißt es in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums unter Berufung auf Geheimdienstinformationen, das in der Nacht zum Montag veröffentlicht wurde. Die Zerstörung des russischen Landungsschiffs „Saratow“ im Hafen von Berdjansk dürfte die russische Marine indes wohl zögern lassen, künftig Einsätze in nächster Nähe der ukrainischen Küste durchzuführen, heißt es in dem Update weiter. Schon vor Beginn des Krieges begann London damit, in ungewöhnlich offener Art und Weise Geheimdienstinformationen mit der Öffentlichkeit zu teilen. Seit Wochen veröffentlicht die Regierung nun tägliche Einschätzungen zum Verlauf des Angriffskrieges.
Selenskyj warnt vor Kollaboration mit Russen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Landsleute vor den Gefahren einer Kollaboration mit den russischen Besatzern gewarnt. In einer Videoansprache wandte er sich in der Nacht zum Montag „an diese phänomenalen Dummköpfe“, die mit den russischen Militärs zusammenarbeiten wollten. „Ich möchte darauf hinweisen, dass sie (die Russen) selbst die eigenen Leute abstoßen. Was machen sie dann mit fremden Verrätern?“ Er forderte die möglichen Verräter auf, nachzudenken. „Aber ich weiß, dass solche Leute über nichts nachdenken“, sagte Selenskyj. „Sonst wären sie nicht zu Verrätern geworden.“
Sorgen wegen gesundheitlicher Versorgung der Flüchtlinge
Die gesundheitliche Versorgung und der Impfstatus der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine bereiten Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nach eigenem Bekunden erhebliche Sorgen. Lauterbach kündigt in Bild TV an, dass sich die Gesundheitsministerkonferenz am Montag mit dem Thema befassen werde: „Wir werden darüber reden, wie wir die gesundheitliche Versorgung der Menschen, die aus der Ukraine zu uns geflohen sind, darstellen können. Dazu zählen auch die Impfungen. Wir werden prüfen, welche Rolle die Impfzentren dabei spielen können.“ Nach Darstellung des Ministers bestehen „riesige Impflücken“ bei den Flüchtlingen nicht nur bei Corona, sondern auch bei Masern.
Ukraine besteht auf territorialer Integrität bei Gesprächen
Die Ukraine will bei der nächsten Runde der Friedensverhandlungen mit Russland auf ihrer territorialen Integrität und Souveränität bestehen. Das sagt Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videobotschaft. Die Gespräche sind für die kommende Woche in der Türkei geplant. Wirksame Sicherheitsgarantien seien ein Muss. Das Ziel der Ukraine sei Frieden und die Rückkehr zu einem normalen Leben im eigenen Land so schnell wie möglich.