Krieg Tag 35 – Mi 30.03.2022 ++ Biden sagt Selenskyj 500 Mio. Dollar zu ++
30. März 2022Wirtschaftsweise: Wachstumsprognose „drastisch“ verschlechtert
Die Aussichten für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands haben sich durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nach Einschätzung der sogenannten Wirtschaftsweisen „drastisch“ verschlechtert. Wie der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung am Mittwoch mitteilte, wird für das Jahr 2022 nun lediglich noch ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,8 Prozent erwartet. Im Herbst waren die Wirtschaftsweisen noch von 4,6 Prozent Wachstum ausgegangen.
Ukraine: Russland will Truppen im Osten einkesseln
Russland verlegt der Ukraine zufolge Truppen vom Norden des Landes in den Osten, um dort ukrainische Truppen einzukesseln. Einige russische Soldaten blieben in der Nähe der Hauptstadt Kiew, sagte Olexij Arestowytsch, ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, im Fernsehen. Dies solle verhindern, dass die Ukraine ihrerseits Truppen in den Osten verlagere.
Verwaltung: Über 70 Menschen aus Entbindungsstation in Mariupol verschleppt
In der belagerten Stadt Mariupol sind nach ukrainischen Behördenangaben dutzende Menschen aus einer Entbindungsstation nach Russland verschleppt worden. „Mehr als 70 Personen, darunter Frauen und medizinisches Personal, wurden von den Besatzern der Entbindungsstation Nr. 2 gewaltsam abtransportiert“, erklärte die Stadtverwaltung der südukrainischen Hafenstadt im Messengerdienst Telegram.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Insgesamt seien bereits mehr als 20.000 Einwohner von Mariupol „gegen ihren Willen“ nach Russland gebracht worden. Russen hätten ihnen die Papiere abgenommen und sie „in weit entfernte russische Städte“ gebracht, erklärte die Stadtverwaltung. Die Informationen sind von unabhängiger Seite nicht überprüfbar, da Mariupol seit Ende Februar belagert wird und die Kommunikation zusammengebrochen ist. Am 9. März waren eine andere Entbindungsstation und ein Kinderkrankenhaus in Mariupol von russischen Streitkräften bombardiert worden. Mindestens drei Menschen, darunter ein Kind, wurden getötet. Der Angriff sorgte international für Entsetzen.
Mariupol ist seit Wochen von jeglicher Versorgung abgeschnitten und wird von den russischen Streitkräften heftig beschossen. Die Stadt ist mittlerweile weitgehend zerstört, rund 160.000 Bewohner sollen aber weiterhin dort festsitzen. Die Lage vor Ort ist katastrophal. Nach ukrainischen Angaben wurden mindestens 5000 Menschen seit Beginn der russischen Angriffe getötet. Evakuierungen aus der Stadt sind nach Angaben Frankreichs derzeit nicht möglich.
Polen: Ab Mai keine russische Kohle mehr
Polen will bis spätestens Mai keine Kohle mehr aus Russland importieren. Im April oder Mai würden entsprechende Pläne umgesetzt, sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Bis Ende des Jahres wolle Polen auch kein Öl mehr aus Russland nutzen. Das polnische Kabinett hatte sich am Dienstag für ein Verbot von Kohleimporten aus Russland ausgesprochen.
Gouverneur: Weiträumige Angriffe in Donezk
In der ostukrainischen Region Donezk gibt es dem dortigen Gouverneur zufolge weiträumige Angriffe. Fast alle Städte entlang der Demarkationslinie lägen unter Beschuss, sagte Pawlo Kyrylenko im ukrainischen Fernsehen. Die Lage könne sich noch verschärfen, da die russischen Truppen sich auf Angriffe in der Region konzentrierten. Die Demarkationslinie trennt die Gebiete unter ukrainischer Kontrolle von dem Territorium, das in der Hand von prorussischen Separatisten ist.
Gouverneur: Industrieanlagen in Westukraine getroffen
In der Region Chmelnitskji sind dem Gouverneur zufolge drei Industrieanlagen durch russischen Beschuss getroffen worden. Serhii Hamalii gibt nicht bekannt, welche genau. Es seien Feuer entdeckt worden. Ob es Opfer gegeben habe, werde geprüft.
Gouverneur: Russische Angriffe lassen nicht nach
Die Region Tschernihiw steht trotz der Ankündigung Russlands, die militärischen Aktivitäten dort zu reduzieren, ihrem Gouverneur zufolge weiter unter Beschuss der russischen Truppen. „Glauben wir der Ankündigung? Natürlich nicht“, schrieb Wiatscheslaw Tschaus auf dem Messengerdienst Telegram. „Die ‚verminderten Aktivitäten‘ zeigt der Feind in der Region Tschernihiw mit Angriffen auch aus der Luft auf Nischyn und die ganze Nacht über auf die Stadt Tschernihiw.“
Ukraine fürchtet Explosion in Tschernobyl
Die Ukraine befürchtet, dass am stillgelegten Atomkraftwerk in Tschernobyl russische Munition explodieren könnte. Deshalb müssten sich die russischen Truppen von dort zurückziehen, sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk.
„Wir fordern, dass der UN-Sicherheitsrat unverzüglich Maßnahmen ergreift, um die Sperrzone von Tschernobyl zu entmilitarisieren und dort eine spezielle UN-Mission einzusetzen, um das Risiko einer Wiederholung einer nuklearen Katastrophe zu beseitigen“, so Wereschtschuk.
Russland und China wollen Zusammenarbeit intensivieren
Russland und China wollen nach Darstellung des Außenministeriums in Moskau ihre Zusammenarbeit intensivieren. Dies sei von den Außenministern beider Länder mit Blick auf „schwierige internationale Bedingungen“ vereinbart worden, meldete die Nachrichtenagentur Interfax.
Unter Berufung auf das russische Außenministerium berichtet die Agentur weiter, dies betreffe eine Koordination in der Außenpolitik und die Absicht, in globalen Angelegenheiten mit einer Stimme zu sprechen. Die Außenminister beider Länder, Wang Yi und Sergej Lawrow, beraten dazu in der ostchinesischen Provinz Anhui.
Ukraine: Drei Fluchtkorridore geplant
Heute soll es drei Fluchtkorridore in der Ukraine geben. Das sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes, Iryna Wereschtschuk. Insgesamt habe die Ukraine Russland um 97 solcher Korridore für die am stärksten betroffenen Städte und Orte gebeten.
Vize-Bürgermeister: Nacht in Kiew war ruhig
Die Nacht in der ukrainischen Hauptstadt Kiew war nach Angaben ihres stellvertretenden Bürgermeisters relativ ruhig. Außerhalb der Stadt sei Beschuss zu hören gewesen. Die Stadt selber sei jedoch nicht bombardiert worden.
Regierung ruft Frühwarnstufe des Notfallplans Gas aus
Die Bundesregierung bereitet sich vor dem Hintergrund des russischen Kriegs gegen die Ukraine auf eine erhebliche Verschlechterung der Gasversorgung vor. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck rief deswegen die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas aus. Die Versorgungssicherheit sei weiter gewährleistet.
Heil fordert Perspektiven für Flüchtlinge
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil rechnet damit, dass viele der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine länger in Deutschland bleiben werden. „Wir müssen realistisch sein: Die Zerstörung und die Länge des Krieges sind nicht vollständig absehbar“, sagte Heil im ARD-Morgenmagazin. „Viele werden länger hier bleiben.“ Das zeigten auch die Erfahrungen aus vorherigen Fluchtbewegungen – und deshalb müsse diesen Menschen eine längerfristige Perspektive in Deutschland eröffnet werden, konkret auf dem Arbeitsmarkt.
Konkret sprach Heil etwa die Anerkennung von Qualifikationen an. „Es kommen sehr, sehr viele Menschen zu uns, die auch eine gute Ausbildung haben. Die Ausbildungssysteme sind nicht eins zu eins vergleichbar – da müssen wir schneller werden“, so Heil. Entscheidende Fragen seien: „Wie kriegen wir es hin, dass die nicht alle in Hilfstätigkeiten gedrängt werden? Und vor allen Dingen auch: Wie kriegen wir es hin, dass die Menschen, die so ein schweres Schicksal jetzt hinter sich haben, hier auch nicht ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen ausgesetzt sind?“
Heil trifft sich heute mit Arbeitgebern und Gewerkschaften, um über praktische Fragen der Arbeitsmarktintegration ukrainischer Flüchtlinge zu beraten.
Geheimdienst: Russlands Einheiten organisieren sich neu
Russland wird nach Einschätzung des britischen Militärgeheimdienstes mit heftigem Artilleriebeschuss und Raketen auf Bodenverluste in der Ukraine reagieren. Russische Einheiten, die schwere Verluste erlitten hätten, seien nach Belarus und Russland zurückgekehrt, um sich neu zu organisieren und ausstatten zu lassen, teilte das Verteidigungsministerium mit. „Das erhöht den Druck auf Russlands ohnehin angeschlagene Logistik und zeigt die Schwierigkeiten, die Russland bei der Neuorganisation seiner Einheiten in Kampfgebieten in der Ukraine hat.“
Gouverneur meldet Beschuss von Wohngebieten
Der Gouverneur der Region Luhansk im Osten der Ukraine hat von schwerem Artilleriebeschuss von Wohngebieten in der Ortschaft Lysytschansk am Morgen berichtet. „Einige Hochhäuser wurden beschädigt“, schreibt Serhij Gaidai auf Telegram. Man sei dabei, Informationen über Opfer zu bestätigen. „Viele Gebäude sind eingestürzt. Rettungskräfte versuchen, die noch Lebenden zu retten.“
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Selenskyj spricht vor australischem Parlament
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht heute zu den australischen Abgeordneten. Selenskyj werde sich am frühen Abend per Video-Schaltung äußern, hieß es in Unterlagen des Parlamentes.
Australien hat Verteidigungsausrüstung und humanitäre Hilfsgüter an die Ukraine geliefert und den Export von Tonerde und Aluminiumerze, einschließlich Bauxit, nach Russland untersagt. Außerdem wurden Sanktionen unter anderem gegen Geschäftsleute mit Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und den Bankensektor verhängt.
Thierse kritisiert „Pazifismus auf Kosten anderer“
Der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat die Friedensbewegung angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine zum Umdenken aufgefordert. Die Friedensbewegung werde nur glaubwürdig bleiben, wenn sie anerkenne, „dass es die Schwäche und Uneinigkeit des Westens einerseits sowie die Schutz- und Wehrlosigkeit der Ukraine andererseits waren“, die den russischen Präsidenten Wladimir Putin zum Angriff ermuntert hätten, sagte er dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. „Dieser bitteren Tatsache darf man nicht mehr ausweichen. Wir brauchen eine selbstkritische Friedenspolitik“, sagte der SPD-Politiker.
Angesprochen auf Äußerungen unter anderem der früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, die sich kritisch zu Waffenlieferungen an die Ukraine und das geplante 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen zugunsten der Bundeswehr geäußert hatte, sagte der 78-jährige Thierse: „Mir scheint, das ist ein Pazifismus auf Kosten anderer.“ Losungen bei Friedensdemonstrationen wie „Soldaten sind Mörder“ und „Frieden schaffen ohne Waffen“ kämen ihm „wie aus der Zeit gefallen und gedankenlos vor“, sagt er und fügte hinzu: „Auf Ukrainer müssen sie geradezu zynisch wirken.“
Lawrow zu Gesprächen in China gelandet
Zu seinem ersten Besuch in China seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine ist Außenminister Sergej Lawrow in Tunxi in der südostchinesischen Provinz Anhui eingetroffen. Anlass sind zweitägige Gespräche über die Entwicklung in Afghanistan, an denen auch Vertreter der USA, der Nachbarstaaten und der seit August herrschenden Taliban-Regierung teilnehmen. Wie die russische Staatsagentur Tass berichtete, plant Lawrow Beratungen mit seinem chinesischen Kollegen Wang Yi.
China gibt Russland im Ukraine-Konflikt politisch Rückendeckung und weigert sich, die Invasion zu verurteilen. Vielmehr stellt Peking die USA und die Nato als Hauptverursacher der Krise dar. Die Spannungen überschatten das erweiterte Troika-Treffen zu Afghanistan, zu dem Gastgeber China neben Russland auch die USA und zusätzlich Pakistan eingeladen hat. Von US-Seite soll der amerikanische Sondergesandte für Afghanistan, Tom West, teilnehmen, hieß es aus Washington.
USA warnen ihre Bürger vor Russland-Reisen
In einer ungewöhnlich harten Reisewarnung hat das US-Außenministerium alle Amerikaner darauf hingewiesen, dass sie bei Reisen in Russland von den dortigen Sicherheitsbehörden festgesetzt werden könnten. Angesichts der russischen Invasion in die Ukraine sei „das Potenzial für Belästigung von US-Bürgern“ durch russische Sicherheitsdienste gestiegen, ebenso wie das gezielte Heraussondern und Festsetzen von US-Bürgern, teilte das Ministerium in der am späten Abend veröffentlichten Reisewarnung mit. „Alle US-Bürger, die in Russland wohnen oder reisen, sollten das Land umgehend verlassen“, hieß es.
04:22 Uhr
Westen wirft Russland Gefahr weltweiter „Hungersnöte“ vor
Der Westen hat Russland wegen der Auswirkungen seines Angriffskriegs in der Ukraine auf die globale Ernährungssicherheit schwer kritisiert. Der russische Präsident „Wladimir Putin hat diesen Krieg begonnen. Er hat diese weltweite Nahrungsmittelkrise verursacht“, sagte US-Vize-Außenministerin Wendy Sherman im UN-Sicherheitsrat. Der französische UN-Botschafter Nicolas de Rivière erklärte, Putins Krieg „erhöht das Risiko von Hungersnöten“.
Sein russischer Kollege Wassili Nebensia entgegnete: „Die wahren Gründe für die schweren Turbulenzen auf den weltweiten Lebensmittelmärkten sind keinesfalls auf die Handlungen Russlands zurückzuführen, sondern vielmehr auf die unkontrollierte Hysterie der vom Westen gegen Moskau verhängten Sanktionen“.
Ukrainischer UN-Botschafter: Hohe Verluste der Russen
Russland hat nach Angaben des ukrainischen UN-Botschafters Sergij Kyslyzja durch den Krieg gegen die Ukraine hohe militärische Verluste erlitten. Seit dem Beginn seiner Invasion habe Russland mehr als 17.000 Soldaten, mehr als 1700 gepanzerte Fahrzeuge und fast 600 Panzer verloren, sagte Kyslyzja im UN-Sicherheitsrat. Abhanden gekommen seien Russland auch 300 Artilleriesysteme, 127 Flugzeuge und 129 Hubschrauber, fast 100 Raketenwerfersysteme, 54 Luftabwehrsysteme und sieben Schiffe.
Für die russische Regierung seien die Verluste „ein beispielloser Schlag“. Dagegen seien die Verluste der Sowjetunion in Afghanistan nichts.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Russland und Ukraine beschuldigen sich gegenseitig wegen Minen
Russland und die Ukraine haben sich gegenseitig die Schuld für treibende Minen im Schwarzen Meer gegeben. „Die Gefahr durch ukrainische Minen, die an der Küste von Staaten am Schwarzen Meer treiben, bleibt bestehen“, sagte der russische Offizier Michail Misinzew. Das ukrainische Außenministerium warf Russland vor, ukrainische Minen zu verwenden, die es nach der Annexion der Halbinsel Krim 2014 beschlagnahmt habe. Indem Russland dafür sorge, dass die Minen lose im Meer trieben, wolle es „die Ukraine vor internationalen Partnern diskreditieren“.
Das türkische Verteidigungsministerium hatte am Samstag mitgeteilt, dass nahe dem Bosporus eine Seemine entdeckt worden sei. Sie sei unschädlich gemacht worden.
In Deutschland fast 100 Millionen Euro eingefroren
Banken in Deutschland haben im Zusammenhang mit den Sanktionen gegen russische Firmen und Privatpersonen bislang knapp 100 Millionen Euro eingefroren. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung hervor, die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Es ist das erste Mal seit Inkrafttreten der Sanktionen Ende Februar, dass die Bundesregierung Auskunft über eingefrorene Vermögenswerte gibt.
Selenskyj: Russland kann nicht getraut werden
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bezüglich der Verhandlungen mit Russland auf fehlende Vertrauenswürdigkeit der anderen Seite verwiesen. In einer Videoansprache am Abend sagte Selenskyj, bei den Gesprächen zwischen einer ukrainischen und einer russischen Delegation habe es positive Signale gegeben. Die „mutigen und effektiven Maßnahmen“ ukrainischer Soldaten hätten Russland dazu gezwungen, seinen Einsatz in der Gegend von Kiew und Tschernihiw in der Ukraine einzuschränken.
Russland hatte nach Verhandlungen gestern in Istanbul angekündigt, seinen Militäreinsatz nahe Kiew und Tschernihiw erheblich einzuschränken. Die USA und andere äußerten sich darüber skeptisch. Die Ukrainer würden mit dem Verhandlungsprozess weitermachen und dabei selbst über den Umfang entscheiden, sagte Selenskyj. Die ukrainische Delegation werde „bei Souveränität und territorialer Integrität“ keine Kompromisse machen. Selenskyj betonte, dass er misstrauisch gegenüber Vertretern Russlands sei – das Land versuche weiterhin, die Ukraine zu zerstören.
Britischer Geheimdienst: Offensive bei Kiew gescheitert
Die britische Militäraufklärung betrachtet die russische Offensive zur Einkesselung der ukrainischen Hauptstadt Kiew als gescheitert. Das verlautete am Abend aus einem Update des britischen Verteidigungsministeriums unter Berufung auf Geheimdienstinformationen.
Britische Militärexperten hielten es nunmehr für „höchst wahrscheinlich“, dass Russland seine Kampfkraft aus dem Norden der Ukraine in den Südosten des Landes verlege. Dort solle jetzt die Offensive in der Region Luhansk und Donezk verstärkt werden. Schon vor Beginn des Krieges begann die Regierung in London damit, in ungewöhnlich offener Art und Weise Geheimdienstinformationen mit der Öffentlichkeit zu teilen. Seit Wochen veröffentlicht die Regierung nun tägliche Einschätzungen zum Verlauf des Angriffskrieges.
Offenbar EU-Büro von Russland beschossen
Eine Vertretung der EU-Beratermission in der Ukraine ist nach Angaben des EU-Chefdiplomaten Josep Borrell von Russland beschossen worden. Man habe glaubwürdige Informationen darüber erhalten, dass die Räumlichkeiten der Außenstelle Mariupol der EU-Beratungsmission in der Ukraine vor kurzem unter russischen Beschuss geraten sei. Das Büro und die Ausrüstung seien stark beschädigt worden. Missionsmitglieder wurden den Angaben zufolge nicht verletzt.
UN: Humanitäre Krise ist „Katastrophe auf Katastrophe“
Die humanitäre Krise in der Ukraine als Folge des russischen Angriffskriegs ist nach Ansicht des Chefs des UN-Welternährungsprogramms, David Beasley, „eine Katastrophe auf einer Katastrophe“. Bereits vor dem Krieg habe es beispielsweise im Jemen oder an einigen Orten Afrikas schlimme Hunger-Krisen gegeben, wo man nur mit großen Mühen ausreichend helfen habe können, sagte Beasley vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. Nun sei die Krise in der Ukraine noch dazugekommen.
Das Land sei innerhalb weniger Wochen „vom Brotkorb zu Brot-Schlangen“ verändert worden. Die Folgen weltweit könnten in Hinblick auf die Versorgung von Hungerleidenden die schlimmsten seit dem Zweiten Weltkrieg sein, warnte Beasley vor dem Sicherheitsrat, der zum wiederholten Male zu einer Diskussion über die humanitäre Situation in der Ukraine zusammengekommen war.