“Osterpaket”: Mehr Wind- und Solarausbau – “Bedenken” in MV

“Osterpaket”: Mehr Wind- und Solarausbau – “Bedenken” in MV

6. April 2022 Aus Von mvp-web
Stand: 06.04.2022 17:46 Uhr

Die Bundesregierung will die Energiewende deutlich beschleunigen. Das “Osterpaket” soll die gesetzlichen Grundlagen für den verstärkten Ausbau von Wind- und Solarkraft schaffen. Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Meyer begrüßt das Paket grundsätzlich, sieht aber noch viel Gesprächsbedarf.

“Wir begrüßen das ausdrücklich”, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) am Mittwoch dem NDR. Gerade die aktuelle Situation zeige, dass es Alternativen brauche. “Das heißt, wir müssen die Energiewende voranbringen. Und die gesetzlichen Grundlagen, die jetzt vorgelegt werden, sind ein ganz wichtiger Baustein”, so Meyer. Landesagrar- und Klimaschutzminister Till Backhaus (SPD) sagte dem NDR, das Paket gehe in die richtige Richtung. “Die aktuelle Situation in der Welt und der schreckliche Krieg in der Ukraine machen deutlich, dass wir das Zeitalter der erneuerbaren Energien massiv vorantreiben müssen.” Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stellte das “Osterpaket” am Mittag in Berlin vor. Es handelt sich dabei um ein ganzes Bündel von Maßnahmen, um die Energiewende zu beschleunigen. Die Vorhaben waren zuvor vom Kabinett gebilligt worden. Das “Osterpaket” war auch Thema bei NDR MV Live.

Anteil der erneuerbaren Energien soll verdoppelt werden

Habeck sprach von der größten energiepolitischen Gesetzesnovelle seit Jahrzehnten. Es berücksichtige die Erfordernisse der deutschen Klimaschutzziele und führe Weg von Abhängigkeiten bei der Energieversorgung. In weniger als einem Jahrzehnt müsse der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch nahezu verdoppelt werden. Im Jahr 2030 soll der Anteil der erneuerbaren Energien in Deutschland bei 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs liegen – bislang gilt hier ein 65-Prozent-Ziel. Um das zu erreichen, sollen mehr Projekte für Wind- und Solarenergie ausgeschrieben und die Verfahren beschleunigt werden.

Kernpunkte des “Osterpakets”

  • Der Ökostrom-Anteil am Strommix soll sich bis 2030 fast verdoppeln auf 80 Prozent
  • Ausbaumengen für Windkraft und Solarenergie werden deutlich angehoben. 2030 sollen Windräder an Land mit einer Gesamtleistung von 115 Gigawatt Strom liefern. 2020 betrug die installierte Leistung an Land gut 54 Gigawatt.
  • höhere Ausbaugeschwindigkeit bei Windkraft: Ab 2025 sollen jährlich Windräder an Land mit einer Leistung von zehn Gigawatt gebaut werden, 2030 sollen es auf See 30 Gigawatt sein
  • verbesserte Förderung für Solardächer
  • zusätzliche Flächen für Windparks auf See
  • schnellere Genehmigungsverfahren für neue und höhere Windräder an Land
  • Abschaffung der EEG-Umlage zur Jahresmitte
  • beschleunigter Bau neuer Stromleitungen
  • verstärkte fianzielle Beteiligung von Kommunen an Windparks

Meyer: “Müssten die Flächen mehr als verdoppeln”

Landeswirtschaftsminister Meyer geht davon aus, dass der zuletzt stockende Ausbau erneuerbarer Energien – vor allem Windkraft an Land und auf See – nun beschleunigt werden kann. “Wir werden Möglichkeiten bekommen – auch der Energieeffizienz, auch der Förderung von Photovoltaikanlagen auf Dächern, also ein ganzes Programm um das Stichwort Energiewende wirklich voranbringen”, so Meyer. Doch Meyer hat auch “Bedenken” und sieht noch Gesprächsbedarf – insbesondere mit Blick auf das Zwei-Prozent-Ziel bei der Landesfläche für Windenergie. “Wir müssten die Flächen mehr als verdoppeln.” Ein weiterer Punkt sei ganz entscheidend: “Und der heißt Akzeptanz. Wir bekommen das nie hin mit der Energiewende, wenn es nicht die Akzeptanz der Mehrheit der Bevölkerung gibt.”

“Kann nicht sein, dass wir in MV mit die höchsten Strompreise haben”

Für Meyer ist deshalb klar: Kommunen müssen verpflichtend beteiligt werden an Gewinnen. Auch mehr Bürgerbeteiligung an Windkraftanlagen wäre wünschenswert “Und genauso entscheidend ist, dass wir die regionalen Netzverteiler-Kosten, die entstehen, wenn man Windkraft zum Beispiel ins Stromnetz einspeist, dass die bundesweit verteilt werden. Denn es kann nicht sein, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern mit die höchsten Strompreise in ganz Deutschland haben. Das versteht keine Bürgerin, kein Bürger. Und damit steht und fällt die Energiewende in Akzeptanz.” Backhaus könnte sich vorstellen, dass etwa besondere Anlegemodelle oder Strom-Sondertarife dazu beitragen könnten, die Akzeptanz gerade in ländlichen Gebieten zu erhöhen.

Handlungsbedarf bei Stromspeicherung

Auch bei der Achillesferse der Energiewende – der Speicherung von Strom – sieht Meyer noch Handlungsbedarf. Es müsse mehr Möglichkeiten beim Thema Wasserstoff geben, um dessen Erzeugung zu erproben und Speichermöglichkeiten zu schaffen. Auch das Thema Sektorenkopplung insbesondere mit dem Wärme- und mit dem Verkehrsbereich müsse angegangen werden, so Meyer. “Das sind noch Themen, die müssen wir in den nächsten Jahren ausformen.”

Energie-Unternehmer: Mehr Klarheit

Mehr Klarheit für den Ausbau der erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren auch im Nordosten erwartet Marcus Heinicke, Geschäftsführer des Rostocker Energie-Projektentwicklers Voss Energy GmbH. Deutschland werde unabhängiger von Energieimporten. “Das bedeutet auch für die Kommunen und für die Bürger, dass sie aus dem Ausbau der erneuerbaren Energien auf Einnahmen hoffen können durch die Beteiligungsgesetze”, sagte Heinicke dem NDR. Er geht zudem davon aus, dass verlorene Arbeitsplätze in dem Bereich wie etwa jüngst bei Nordex in Rostock bald wieder durch neue Arbeitsplätze ersetzt werden dürften. Auch die Strompreise werden sich laut Heinicke stabilisieren.

Ökostrom-Verband fordert von Schwesig mehr Einsatz

Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) Mecklenburg-Vorpommern forderte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) nach dem Beschluss des Bundeskabinetts dazu auf, den Ausbau der erneuerbaren Energien zur Chefinnensache zu machen. “Damit kann sie einen wichtigen Beitrag für eine klimafreundliche Energieversorgung in Deutschland leisten und auch die schnellere Unabhängigkeit von russischen Energieimporten erreichen. Dies wäre eine glaubwürdige Richtungsänderung”, sagte Johann-Georg Jaeger, Vorsitzender des LEE.