Krieg Tag 45 – Sa 09.04.2022 ++ Johnson verspricht gepanzerte Fahrzeuge ++
9. April 2022Der britische Premier Johnson hat der Ukraine bei seinem Besuch in Kiew weitere Waffenlieferungen in Aussicht gestellt. In der Ostukraine ist offenbar ein Lager mit Salpetersäure beschädigt worden.
- Selenskyi: Nachrichten russischer Truppen belegen Kriegsverbrechen
- Russland steht laut Pentagon hinter Kramatorsk-Angriff
- Ukraine will schnell Fragen zu EU-Beitritt beantworten
- Selenskyj fordert totales Energie-Embargo für Russland
- YouTube sperrt russischen Parlamentskanal
- Geldgeber sagen zehn Milliarden Euro zu
Von der Leyen: „Wir werden die Ukraine aufbauen müssen“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der Ukraine ein schnelles Verfahren zur Prüfung eines EU-Beitritts in Aussicht ausgestellt. „Wir unterstützen die Ukraine mit aller Kraft auf ihrem Weg in die Europäische Union“, sagte sie im tagesthemen-Interview.
Dritter Gefangenenaustausch mit Russland
Die Ukraine und Russland haben nach Kiewer Angaben zum dritten Mal seit Kriegsbeginn Gefangene ausgetauscht. Insgesamt seien 26 Ukrainerinnen und Ukrainer aus russischer Gefangenschaft zurückgekehrt, teilte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk auf Facebook mit. Zwölf der Befreiten seien ukrainische Militärangehörige, darunter eine Frau im Offiziersrang. Außerdem seien 14 Zivilisten befreit worden: neun Frauen und fünf Männer.
Wereschtschuk schrieb, der Austausch sei auf Befehl von Präsident Wolodymyr Selenskyj erfolgt. Es gab keine Angaben über den Ort des Austauschs und die Zahl der überstellten russischen Soldaten. In Moskau teilte die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa mit, beide Seiten hätten auch Fernfahrer ausgetauscht, die im anderen Land festsaßen. 32 russische und 20 Fernfahrer seien in ihre Heimat zurückgekehrt, meldete die Agentur Tass.
Ukrainische Generalstaatsanwaltschaft: 176 Kinder getötet
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges sind nach Angaben der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft mindestens 176 Kinder in der Ukraine getötet worden. 324 weitere seien verletzt worden, hieß es in einer Mitteilung. Unabhängig können diese Zahlen nicht überprüft werden.
Ukraine will deutsche Panzerhaubitzen per Ringtausch
Der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW) bietet der Ukraine einem Zeitungsbericht zufolge 100 Panzerhaubitzen an. Die Lieferung solle nach den Vorstellungen der Ukraine in einem Ringtausch unter Beteiligung der Bundeswehr erfolgen, berichtet die „Welt am Sonntag“ und beruft sich auf Kreise der Regierung in Kiew.
Demnach solle die Bundeswehr 100 ihrer Haubitzen der Ukraine kurzfristig zur Verfügung stellen. KMW könne die ersten neuen Haubitzen 30 Monate nach Vertragsunterzeichnung liefern. Die 100 Haubitzen hätten einschließlich Ausbildungspaket und Ersatzteilen einen Wert von 1,7 Milliarden Euro. Von KMW und der ukrainischen Regierung waren zunächst keine Stellungnahmen zu dem Bericht zu erhalten. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums äußerte sich nicht zu dem Bericht und verwies auf Montag.
Johnson verspricht Ukraine Raketen und gepanzerte Fahrzeuge
Der britische Premierminister Boris Johnson hat der Ukraine zur Abwehr des russischen Angriffs 120 gepanzerte Fahrzeuge und Anti-Schiffsraketensysteme zugesagt.
Die neuen Waffenlieferungen gingen über die Zusage vom Vortag hinaus, Rüstungsgüter im Wert von 100 Millionen Pfund (120 Millionen Euro) zu schicken, teilte die britische Regierung mit. Zu diesem Paket zählen moderne Luftabwehr-Raketen vom Typ Starstreak, 800 Panzerabwehrwaffen sowie lenkbare Präzisionsmunition.
„Wir steigern unsere militärische und wirtschaftliche Unterstützung und bringen eine weltweite Allianz zusammen, um diese Tragödie zu beenden“, sagte Johnson nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Es müsse sichergestellt werden, dass „die Ukraine als freie und souveräne Nation überlebt und gedeiht“.
Johnson sagte, dass Länder, die die Ukraine nach ihrer Invasion durch Russland unterstützen, die Wirtschaftssanktionen gegen Moskau weiter verschärfen würden. „Gemeinsam mit unseren Partnern werden wir den wirtschaftlichen Druck erhöhen und die Sanktionen gegen Russland Woche für Woche weiter verschärfen.“ Die Maßnahmen würden auch die Abkehr von der Verwendung russischer Kohlenwasserstoffe beinhalten. Außerdem werde London für einen weiteren Weltbank-Kredit von 500 Millionen US-Dollar (361 Millionen Euro) an die Ukraine bürgen.
Ukrainische Zentralbank hat Wechselkurs zum US-Dollar eingefroren
Die ukrainische Zentralbank hat nach dem russischen Überfall vor über sechs Wochen den Wechselkurs der Landeswährung Hrywnja zum US-Dollar eingefroren. „Nach unserem Sieg werden wir schrittweise zum gewohnten Regime des freien Wechselkurses zurückkehren und schrittweise die Einschränkungen aufheben“, sagte der Vizechef der Zentralbank, Serhij Nikolajtschuk, im Fernsehen.
Am ersten Kriegstag am 24. Februar lag der offizielle Wechselkurs bei 29,25 Hrywnja für einen US-Dollar und ist seitdem auf diesem Stand geblieben. Bei anderen ukrainischen Banken weicht der Kurs nicht mehr als zehn Prozent davon ab. Im März lag die Inflation in der Ukraine um 13,7 Prozent über dem Vorjahresmonat. Insbesondere Lebensmittel verteuerten sich beinahe um 20 Prozent.
Salpetersäure-Lager bei Kämpfen in der Ostukraine beschädigt
Unweit der umkämpften ostukrainischen Stadt Rubischne ist offenbar ein Lager mit Salpetersäure durch Beschuss beschädigt worden. „Wenn Sie in einem Gebäude sind, schließen Sie Türen und Fenster!“, warnte der Gouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj. Menschen in Bombenschutzkellern sollten diese nicht verlassen. Gleichzeitig veröffentlichte er ein Video mit einer dicken rötlichen Wolke, die von Salpetersäure stammen soll.
Hajdaj sprach von russischem Beschuss. Die prorussischen Separatisten von Luhansk machten dagegen ukrainische Kräfte für den Chemieunfall verantwortlich. Die Berichte sind nicht unabhängig überprüfbar. Salpetersäure kann unter anderem gesundheitsschädigende Dämpfe freisetzen.
Im benachbarten Lyssytschansk forderte der Chef der militärischen Stadtverwaltung die verbliebenen Bürger zu Flucht auf. „Leider lässt der Beschuss nicht nach“, sagte Olexander Sajika in einer Videobotschaft. Es sei überall gefährlich. Das Gebiet Luhansk werde jedoch nicht aufgegeben. Seit über sechs Wochen führt Russland einen Angriffskrieg gegen den Nachbarn Ukraine. Ein Ziel ist die Eroberung der dicht besiedelten Industrieregion Donbass in den Gebieten Donezk und Luhansk. Nach UN-Angaben sind seit Kriegsbeginn mindestens 1700 Zivilisten getötet worden.
17:46 Uhr
ARD-Korrespondent: „Trügerische Stille“ in Kiew
Nach dem Abzug der russischen Truppen aus der Region um Kiew kehrt so langsam etwas Normalität in die ukrainische Hauptstadt zurück, wie ARD-Korrespondent Georg Restle berichtet. Die ersten Rückkehrer seien bereits wieder eingetroffen, neue Cafés eröffneten, auch die Metro fahre teilweise wieder. Angesichts der Eskalation des Krieges in anderen Regionen des Landes sei es aber „eine trügerische Stille“. Im Osten wird eine russische Großoffensive erwartet.
Österreich hilft mit Rettungsfahrzeugen
Österreich will die Ukraine im Kampf gegen Russland mit Rettungs- und Löschfahrzeugen unterstützen. Das kündigte Kanzler Nehammer nach einem Gespräch mit Selenskyj in Kiew an. Nehammer unterstrich, dass der von Russland ausgelöste Krieg für Österreich völlig inakzeptabel sei. „Wir sind militärisch neutral, aber nicht, wenn es darum geht, Verbrechen zu benennen und wenn es darum geht, dort hinzugehen, wo tatsächlich Unrecht passiert.“ Österreich gehört nicht der NATO an.
Die bekannt gewordenen Kriegsverbrechen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine müssten von unabhängigen und internationalen Experten lückenlos aufgeklärt werden, hatte Nehammer bereits bei der Anreise gefordert. Außerdem werde Österreich seine Botschaft in Kiew wieder eröffnen.
Prorussischer Autokorso in Stuttgart
In Stuttgart hat es einen prorussischen Autokorso gegeben. Eine lange Autokolonne mit vielen russischen Fahnen auf den Motorhauben rollte durch die baden-württembergische Landeshauptstadt. Die Demonstrierenden forderten „Stopp Russophobia“ und wandten sich „Gegen die Diskriminierung russischsprachiger Kinder in den Schulen“.
Bevor sich die Kolonne in Bewegung setzte, wurden unter anderem die russische und die deutsche Nationalhymne abgespielt und zu den Klängen des russischen Volkslieds „Kalinka“ getanzt und gesungen. Zwischenfälle oder größere Verkehrsbehinderungen notierte die Polizei zunächst nicht. Das Ordnungsamt hatte zuvor strenge Auflagen erlassen: Es durfte bei dem Korso keine Verbindung zum Krieg in der Ukraine erkennbar sein. Etwa 20 Leute hatten sich in einem Abstand zu einer Pro-Ukraine-Gegendemo versammelt.
An diesem Wochenende sind in mehreren Städten prorussische Demonstrationen geplant, darunter in Hannover und Frankfurt. Teils ist das Tragen bestimmter Symbole im Voraus untersagt worden. Innenpolitiker fordern ein striktes Vorgehen bei pro-russischen Demos. „Das Zeigen des ‚Z‘ verherrlicht Kriegsverbrechen und kann deshalb unserer Ansicht nach strafrechtlich verfolgt werden. Hier brauchen wir ein konsequentes Einschreiten der Polizei“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser der „Welt am Sonntag“.
US-Regierung verschärft Exportkontrollen wegen Russland-Sanktionen
Angesichts der jüngsten Gräueltaten im Ukraine-Krieg hat die US-Regierung bestehende Beschränkungen für Exporte nach Russland und Belarus verschärft. Das teilte das US-Handelsministerium in Washington mit. Die bereits „äußerst restriktiven Kontrollen“ für die Ausfuhr etwa von Software und Technologien nach Russland und Belarus würden ausgeweitet. Das solle zusätzlich den Zugang erschweren zu Produkten, die beide Länder zur Aufrechterhaltung ihrer militärischen Fähigkeiten brauchten.
US-Handelsministerin Gina Raimondo sagte: „Die schrecklichen Enthüllungen des vergangenen Wochenendes sind ein weiterer Beweis dafür, dass Russlands Brutalität von der internationalen Gemeinschaft mit Nachdruck bekämpft werden muss.“
Die USA haben seit Beginn des Kriegs in der Ukraine in Abstimmung mit anderen westlichen Partnern harte Sanktionen gegen Russland verhängt. Zu den Strafmaßnahmen gehören strikte Exportkontrollen unter anderem für Hightech-Produkte wie Halbleiter, Software und für Teile der Luftfahrtindustrie. Diese ergingen auch gegen Belarus. Die US-Regierung argumentierte, dies solle verhindern, dass Moskau die Partner in Minsk nutze, um Exportkontrollen zu umgehen.
US-Geheimdienste rechnen mit neuer russischer Einmischung in Wahlen
Die US-Geheimdienste rechnen bei den nächsten Wahlen in den Vereinigten Staaten mit neuen Einmischungsversuchen Russlands. Präsident Wladimir Putin könnte die Unterstützung der US-Regierung für die Ukraine als direkten Affront gegen sich ansehen und sich bestärkt fühlen, neue Aktionen zur Beeinflussung der Wahlen in den Vereinigten Staaten anzuordnen, verlautete aus US-Geheimdienstkreisen. Es gebe aber noch keine Hinweise, dass er das bereits getan haben könnte.
EU-Botschafter wieder in EU-Vertretung in Kiew eingetroffen
Gut sechs Wochen nach Beginn des Krieges in der Ukraine ist der Botschafter der Europäischen Union wieder in der EU-Vertretung in Kiew. Das verkündete er mit einem Foto auf Twitter, auf dem eine EU-Flagge vor dem Gebäude zu sehen ist.
Botschafter Matti Maasikos wird seine Arbeit in der ukrainischen Hauptstadt mit einem kleinen Team wiederaufnehmen, nachdem er am Freitag mit der Delegation von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Kiew angereist war. Die EU-Vertretung war einen Tag nach Kriegsbeginn komplett evakuiert worden, ein Kernteam arbeitete fortan von Rzeszow in Südpolen aus.
Mehr als zehn Milliarden Euro für Ukraine bei globaler Spendenaktion gesammelt
Bei einer weltweiten Spendenaktion für Geflüchtete aus der Ukraine sind Zusagen in Höhe von insgesamt 10,1 Milliarden Euro zusammengekommen. Bei der „Stand Up For Ukraine“-Kampagne seien 9,1 Milliarden Euro zugesagt worden, eine weitere Milliarde stelle die EU-Kommission gemeinsam mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) bereit, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Von den Hilfen der EU-Kommission gingen 600 Millionen Euro „an die Ukraine, die ukrainischen Behörden und zum Teil an die Vereinten Nationen“, sagte von der Leyen auf der Geberkonferenz in Warschau. „Und 400 Millionen Euro gehen an die Frontstaaten, die so hervorragende Arbeit leisten und den Flüchtlingen helfen, die kommen.“ Man wolle „die ganze Welt versammeln, um den Flüchtlingen innerhalb und außerhalb der Ukraine helfen zu können“.
Bundeskanzler Olaf Scholz sagte per Videobotschaft, Deutschland stelle zusätzliche 425 Millionen Euro an humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe für die Ukraine und ihre Nachbarstaaten zur Verfügung. Hinzu kämen 70 Millionen Euro an medizinischer Unterstützung. „Deutschland steht der Ukraine zur Seite.“
Von der Leyen bezeichnete das Ergebnis der Spendenaktion als „fantastisch“. „Die Solidarität von Ländern, Unternehmen und Menschen auf der ganzen Welt bietet etwas Licht in dieser dunklen Stunde“, erklärte sie. Bei Veranstaltung meldete sich auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu Wort. „Der ukrainische Mut hat bereits die ganze demokratische Welt geeint“, sagte er in einer Videobotschaft. Er forderte den Westen auf, weitere Sanktionen gegen russische Banken zu verhängen und kein Öl aus Russland mehr zu kaufen.
Einberufen wurde die Geberkonferenz von der Nichtregierungsorganisation Global Citizen, der EU-Kommission und der kanadischen Regierung. Die Gelder sollen etwa an Projekte der Vereinten Nationen und örtlicher Hilfsorganisationen gehen. Der Konferenz war eine Social-Media-Kampagne vorausgegangen, an der sich Musiker, Schauspieler und Sportler beteiligten. Das Motto lautete „Stand Up for Ukraine“. Popgrößen von Elton John bis Céline Dion riefen dabei zu Spenden auf. Wegen des russischen Angriffskriegs sind nach UN-Angaben bislang mehr als 4,4 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen, 7,1 Millionen Menschen sind zudem innerhalb des Landes auf der Flucht.
Hohe Energiepreise: Mitsotakis fordert koordiniertes Handeln der EU
Der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis hat die EU aufgefordert, angesichts der hohen Energiepreise koordiniert zu handeln. Wir können uns diese überhöhten Energiepreise nicht lange leisten“, sagte Mitsotakis auf dem Delphi Economic Forum.
Für das Thema Energie seien europäische Maßnahmen erforderlich, der Gaspreis müsse von den Strompreisen entkoppelt werden. Wenn dass nicht geschehe, müssten die Staaten in Eigenregie Mittel aufwenden, um die Preise niedrig zu halten. „Wir dürfen die Unterstützung unseres Volkes nicht aus finanziellen Gründen verlieren“, sagte Mitsotakis und warnte davor, dass die hohen Energiepreise sonst in die Hände von Populisten spielten.
Griechenland sei aus der Pandemie herausgekommen und habe gehofft, dass das Wachstum nun anhalte. „Mit einem Krieg in Europa hat niemand gerechnet.“ Es sei klar, dass es dadurch große Komplikationen in der Weltwirtschaft geben werde, ergänzte Mitsotakis mit Blick auf die russische Invasion in die Ukraine.
Selenskyj trifft Johnson in Kiew
Der britische Premierminister Boris Johnson ist unangekündigt nach Kiew gereist und hat dort den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj getroffen. Das teilten sowohl die britische als auch die ukrainische Seite mit. Mit dem Besuch wolle die britische Regierung ihre Solidarität mit der Ukraine unterstreichen, teilte Johnsons Büro mit. Die beiden wollten die langfristige Unterstützung Großbritanniens für die Ukraine besprechen. Johnson wolle ein neues Paket finanzieller und militärischer Hilfe darlegen.
Selenskyj rechnet mit „harter Schlacht“ im Osten der Ukraine
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bekräftigt, dass sich russische Truppen im Osten der Ukraine versammelten. „Das wird eine harte Schlacht“, sagt er auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Österreichs Kanzler Karl Nehammer in Kiew. „Wir glauben an diesen Kampf und unseren Sieg. Wir sind bereit, gleichzeitig zu kämpfen und nach diplomatischen Wegen Ausschau zu halten, um diesen Krieg zu beenden.“
Finnischer Zoll gibt russische Kunstwerke wieder frei
Nach mehreren Tagen an der finnischen Grenze sind wertvolle Kunstwerke russischer Museen nach Russland zurückgekehrt. Drei Lastwagen mit Bildern seien wieder auf russischem Gebiet und unterwegs nach St. Petersburg und Moskau, teilte das russische Kulturministerium mit.
Die meisten Kunstwerke waren als Leihgaben in zwei Ausstellungen in Mailand und Udine in Italien gezeigt worden, weitere Bilder kehrten von einer Ausstellung in Japan zurück. Sie stammen den Angaben nach aus der Eremitage in St. Petersburg, der Tretjakow-Galerie und dem Puschkin-Museum in Moskau und anderen Museen.
Beim Rücktransport hatte der finnische Zoll die Bilder am vergangenen Wochenende am Grenzübergang Vaalimaa östlich von Helsinki festgehalten. Es sollte überprüft werden, ob sie unter Sanktionen der EU fallen. Die EU-Kommission habe aber mitgeteilt, dass die Bilder zurückgegeben werden können, schrieb Kulturministerin Olga Ljubimowa am Freitag auf Telegram.
EU-Außenbeauftragter: Waffenlieferungen wichtiger als Sanktionen
Angesichts der erwarteten russischen Offensive in der Ostukraine drängt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell die Mitgliedstaaten der Europäischen Union dazu, ihre Waffenlieferungen zu verstärken. „Legt den Schwerpunkt auf Waffenlieferungen“, forderte er nach seinem Besuch in Kiew auf seiner Rückreise nach Polen. „Sanktionen sind wichtig, aber Sanktionen werden das Problem der Schlacht im Donbass nicht lösen.“ Es sei klar: „Der Krieg wird in der Schlacht um den Donbass entschieden.“
Borrell war am Freitag zusammen mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Kiew, um mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und anderen Regierungsvertretern zu sprechen. Die beiden besuchten außerdem den Vorort Butscha, in dem derzeit Ermittlungen zu massiven Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung laufen, für die die russischen Streitkräfte verantwortlich gemacht werden.
Am Montag beraten die EU-Außenminister über die Unterstützung für die Ukraine. Dabei wird es auch um eine weitere Einschränkung der Energie-Importe aus Russland gehen. „Alle fragen mich, wann stoppst du das Gas. Was den Krieg angeht, ist das nicht die Schlüsselfrage“, betonte Borrell. „Auch wenn man morgen aufhört, Gas zu kaufen, wird Russland weiter kämpfen.“ Russland werde wohl noch genug Geldreserven haben, um den Krieg noch eine Weile fortzusetzen. Die absolute Schlüsselfrage sei daher die der Waffenlieferungen: „Wann und wie und was wird geliefert.“
Russisches Ministerium: Ukraine plant Täuschung über Tote in Irpin
Die russische Regierung hat der Ukraine einmal mehr vorgeworfen, die Weltöffentlichkeit über Gräueltaten im eigenen Land zu täuschen. Die ukrainischen Sicherheitsdienste bereiteten derzeit eine „zynisch inszenierte“ Medienoperation in Irpin bei Kiew vor, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministerium, Igor Konaschenkow,. Dort sollten – fälschlich, wie er sagte – weitere zivile Opfer der russischen Invasion zur Schau gestellt werden. Außerdem solle die Tötung einer Gruppe russischer Geheimagenten inszeniert werden, die angeblich dort Zeugen umbringen wollte, sagte Konaschenkow weiter. Unabhängig können seine Angaben nicht überprüft worden. Nach dem Abzug russischer Truppen aus Butscha, einem weiteren Vorort von Kiew, waren dort Hunderte Leichen entdeckt worden. Auch aus anderen Orten um Kiew wurden viele zivile Opfer gemeldet.
Regierung kritisiert Schließung internationaler Organisationen in Russland
Die Bundesregierung hat das Vorgehen der russischen Führung gegen ausländische Nichtregierungsorganisationen scharf kritisiert. „Mit der Schließung der politischen Stiftungen und anderer ausländischer Organisationen zeigt die russische Regierung der Welt einmal mehr ihr wahres Gesicht“, erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts. „Die rücksichtslose Unterdrückung abweichender Meinungen innerhalb Russlands ist das Spiegelbild der Aggression des russischen Regimes nach außen.“
„Mit gezielten Verboten und Zensur werden konsequent alle Stimmen zum Schweigen gebracht, die sich für Transparenz und Wahrheit, Gerechtigkeit, Menschenrechte und Demokratie einsetzen – zu Lasten des russischen Volkes“, kritisierte die Sprecherin. Sie wies darauf hin, dass sich die Stiftungen und Organisationen, denen jetzt die Tätigkeit in Russland untersagt wurde, seit Jahrzehnten für einen Dialog der Zivilgesellschaften eingesetzt hätten. „Auch diese wichtigen Verbindungen zwischen Russland und der Welt reißt die Regierung in Moskau nun ein.“
Borrell trifft Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs
Die EU wird in den nächsten Tagen mit dem Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) über Ermittlungen wegen möglicher Kriegsverbrechen in der Ukraine beraten. Am Sonntag werde der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell Chefankläger Karim Khan zu Gesprächen in Luxemburg empfangen, teilte die EU-Kommission mit. Tags darauf nehme Khan an einem Treffen der EU-Außenminister teil.
Der IStGH in Den Haag hat bereits entsprechende Ermittlungen aufgenommen. Mit dem Schritt macht die EU ihre Unterstützung für die Untersuchung mutmaßlicher Gräueltaten in der Ukraine, insbesondere in Butscha, deutlich. In dem Kiewer Vorort waren nach ukrainischen Angaben nach dem Rückzug der russischen Armee zahlreiche Leichen von Zivilisten gefunden worden. Für die Ermittlungen sollen ukrainische Staatsanwälte ausgebildet werden, wofür die EU 7,5 Millionen Euro zur Verfügung stellt.
Tschernobyl-Mitarbeiter in Sorge über verschwundene Kollegen
Mitarbeiter des ehemaligen ukrainischen Kernkraftwerks Tschernobyl sorgen sich um ihre mutmaßlich nach Russland verschleppten Kollegen. „Es bekümmert uns“, sagte Ingenieur Walerij Semjonow dem russischsprachigen Ableger des britischen Senders BBC. Die ukrainische Führung wirft Russland vor, die Belegschaft von Tschernobyl fast einen Monat lang als Geiseln im Bombenschutzkeller des Gebäudes festgehalten und dann gewaltsam nach Russland gebracht zu haben. Die Angaben lassen sich nicht überprüfen.
Kurz nach ihrem Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar hatten russische Truppen Tschernobyl besetzt. Um die Wartungsarbeiten an dem 1986 havarierten Atomkraftwerk kümmerte sich aber weiter ukrainisches Personal. „Wir mussten ständig mit ihnen verhandeln und unser Bestes geben, um sie nicht zu beleidigen, damit sie unserem Personal die Verwaltung des Objekts erlaubten“, sagte Ingenieur Semjonow in dem Interview.
Während der russischen Besatzung fiel zwischenzeitlich auch der Strom aus. Er habe damals heimlich Treibstoff von den russischen Soldaten gestohlen, um die Notstromgeneratoren am Laufen zu halten, erzählte der ukrainische Experte nun. „Ich hatte keine Angst um mein Leben. Ich hatte Angst vor dem, was passiert, wenn ich mich nicht um die Anlage kümmere. Ich hatte Angst, dass es eine Tragödie für die Menschheit gibt.“ Noch heute lagern in Tschernobyl radioaktive Abfälle. In den vergangenen Tagen gab es mehrere Berichte, dass russische Soldaten in dem Wald Gräben ausgehoben haben und sich dabei angeblich selbst verstrahlt haben sollen. „Wir haben ihnen gesagt, dass sie das nicht tun sollten, dass es zu gefährlich ist – aber sie haben uns ignoriert“, sagte Semjonow der US-Zeitung „New York Times“.
Selenskyj setzt weiter auf Gespräche mit Moskau
Ungeachtet mutmaßlich von Russland begangener Kriegsverbrechen setzt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eigenen Aussagen zufolge derzeit weiter auf Friedensverhandlungen mit Moskau. „Leider sehen wir parallel die Vorbereitungen für einen wichtigen – einige sagen: den entscheidenden – Kampf im Osten unseres Staates“, sagte Selenskyj nach einem Treffen mit Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer in Kiew.
Im Osten und Süden des Landes werden russische Truppenkonzentrationen beobachtet. „Eine große Zahl an Truppen, Technik und Waffen. Bewaffnete Menschen, die noch einen weiteren Teil unseres Landes besetzen wollen“, sagte Selenskyj. Das werde eine schwere Schlacht.
Trotzdem sei Kiew „vorerst“ zu Verhandlungen mit Russland bereit. Selenskyj dankte Nehammer für seine Reise in die vom Krieg erschütterte Ukraine. „Das ist ein wunderbares Signal, dass die Führer europäischer Staaten damit anfangen, hierher zu kommen und uns nicht nur mit Worten unterstützen.“
Russisches Militärmanöver in Kaliningrad
Russland hat ein Militärmanöver in seiner westlichen Exklave Kaliningrad abgehalten. Das meldet die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das Baltische Flottenkommando der russischen Marine. Beteiligt gewesen seien bis zu 1000 Militärangehörige. Außerdem hätten Kampfjets vom Typ Su-27 und Bomber vom Typ Su-24 übernacht Angriffe auf Boden- und Luftziele geübt. Ein Grund für die Manöver wurde nicht genannt.
Kaliningrad liegt an der Ostsee zwischen den NATO-Ländern Polen und Litauen. Am Mittwoch hatte der stellvertretende russische Außenminister Alexander Gruschko die europäischen Staaten davor gewarnt, sollten sie gegen die Exklave vorgehen, wäre dies ein Spiel mit dem Feuer.
Zwei Gemälde aus russischer Morosow-Sammlung bleiben in Frankreich
Wegen Russlands Angriffskriegs gegen die Ukraine bleiben zwei Gemälde der berühmten russischen Morosow-Sammlung vorerst in Frankreich. Ein Kunstwerk werde einbehalten, da es einem sanktionierten russischen Oligarchen gehöre, dessen Vermögenswerte eingefroren seien, teilte das französische Kulturministerium mit.
Den Namen des Oligarchen nannte das Ministerium nicht. Es soll sich jedoch um Petr Awen, einen engen Vertrauten des russischen Staatschefs Wladimir Putin, handeln, wie aus mit dem Fall vertrauten Kreisen verlautete.
Ein weiteres Bild, das dem Museum der Schönen Künste im ukrainischen Dnipropetrowsk gehöre, bleibe auf Wunsch der ukrainischen Behörden in Frankreich, „bis die Lage im Land seine sichere Rückkehr ermöglicht“. Der Fall eines dritten Gemäldes, das einer privaten Stiftung mit Verbindungen zu einem weiteren sanktionierten russischen Oligarchen gehört, werde derzeit geprüft.
Die restlichen rund 200 Kunstwerke der Sammlung der Mäzene Iwan und Michail Morosow sollen in russische Museen zurückkehren. Viele von ihnen stammen aus dem Moskauer Puschkin-Museum und der Eremitage in St. Petersburg. Die Sammlung umfasst neben Werken russischer Künstler Meisterwerke von Picasso, van Gogh, Cézanne, Matisse, Gauguin und Rodin. Sie war bis Anfang April in der Fondation Vuitton in Paris ausgestellt.
Ukraine: Mehr als 20 Krankenhäuser komplett zerstört
Durch den russischen Angriffskrieg sind offiziellen Angaben zufolge mehr als 300 ukrainische Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen beschädigt worden. „21 Krankenhäuser wurden komplett zerstört“, sagte Gesundheitsminister Viktor Ljaschko im ukrainischen Fernsehen. Diese müssten nun komplett neu aufgebaut werden. Patienten aus den umkämpften Gebieten im Osten seien in zentrale und westliche Regionen evakuiert worden.
In den nach dem Abzug russischer Truppen wieder unter ukrainischer Kontrolle stehenden Gebieten bei Kiew hingegen würden medizinische Einrichtungen wieder genutzt. „In Butscha und Irpin sind die Krankenhäuser wieder in Betrieb genommen worden“, sagte Ljaschko. Es müssten vor allem oberflächliche Reparaturen vorgenommen werden. In Borodjanka würde die Situation gerade bewertet. Die Notaufnahme funktioniere jedoch wieder.
Evakuierungen nach Angriff auf Kramatorsk fortgesetzt
Einen Tag nach dem tödlichen Angriff auf Flüchtlinge im Bahnhof von Kramatorsk sind die Evakuierungen aus der ostukrainischen Stadt fortgesetzt worden. Mit Bussen und Kleintransportern wurden viele Überlebende des Bombenangriffs aus der Stadt gebracht. Knapp 80 überwiegend ältere Menschen hatten die Nacht in einer Kirche nahe dem Bahnhof verbracht.
Der Bahnhof ist derzeit noch geschlossen, die Zugänge sind mit Absperrband abgeriegelt. Mehrere Züge sollten nach Angaben der ukrainischen Bahngesellschaft jedoch von der Nachbarstadt Slowjansk aus abfahren.
YouTube sperrt russischen Parlamentskanal
Die Videostreaming-Platform YouTube hat den Kanal des russischen Abgeordnetenhauses blockiert. Duma TV sei wegen eines Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen von YouTube gestrichen worden, heißt es in einer Mitteilung auf YouTube.
Der Duma-Vorsitzende Wjatscheslaw Wolodin und die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, kündigten Vergeltungsmaßnahmen an. YouTube und möglicherweise auch seinem Mutterkonzern Google droht damit ein Verbot in Russland. Wolodin erklärte im Messengerdienst Telegram, die Sperrung von Duma-TV verletze die „Rechte der Russen“. Er warf Washington vor, „ein Monopol auf die Verbreitung von Informationen“ anzustreben. „Das können wir nicht zulassen“, fügte der Duma-Vorsitzende hinzu. Sacharowa erklärte ebenfalls auf Telegram, YouTube habe mit der Blockade „sein eigenes Schicksal besiegelt“. Sie rief dazu auf, YouTube-Inhalte „rasch“ auf russische Videoplattformen zu übertragen.
Duma-TV hat nach Angaben Moskaus mehr als 145.000 Abonnenten. Der Kanal sendet Ausschnitte aus Parlamentsdebatten und Interviews mit russischen Abgeordneten. Die russische Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor forderte YouTubes Mutterkonzern Google auf, die Sperrung von Duma-TV „sofort“ wieder rückgängig zu machen. Die russischen Behörden hatten YouTube seit Beginn der Invastion in der Ukraine bereits mehrfach beschuldigt, Kanäle russischer Medien und Funktionäre gesperrt zu haben. Am Donnerstag warf Roskomnadsor YouTube vor, Falschnachrichten über den russischen Militäreinsatz in der Ukraine zu verbreiten und kündigte an, Google jegliche Werbung für seine Dienste im Land zu verbieten.
Die Medienaufsichtsbehörde hatte Google und YouTube bereits im März „terroristische Aktivitäten“ vorgeworfen und damit den ersten Schritt für ein Verbot eingeleitet. Russland hatte zuvor bereits den Zugang zu den im Land populären Online-Netzwerken Instagram, Facebook und Twitter blockiert. Auch die meisten der letzten unabhängigen Medien in Russland sind inzwischen blockiert.
EU verurteilt Russlands Verbot von internationalen Organisationen
Die EU hat Russlands Verbot mehrerer parteinaher deutscher Stiftungen und internationaler Menschenrechtsorganisationen verurteilt. Die Europäische Union bedauere zutiefst die Entscheidung des russischen Justizministeriums, die Registrierung von 15 weit anerkannten Organisationen zu widerrufen, teilte der außenpolitische Sprecher der EU mit. Nichts in den Aktivitäten der Organisationen, die sich auf den Schutz der Rechte und Freiheiten der Bürger konzentrierten, rechtfertige einen solchen Schritt. Mit dem Verbot verweigere die politische Führung Russlands der Bevölkerung weiterhin das Recht auf freie Meinungsäußerung und Gedankenfreiheit.
EU macht Russland für Angriff in Kramatorsk verantwortlich
Die Europäische Union hat Russland für den Raketenangriff mit vielen Toten auf einen Bahnhof im ukrainischen Kramatorsk verantwortlich gemacht und ihn als Kriegsverbrechen bezeichnet. Die EU sei zutiefst schockiert von Russlands Angriff, sagte der außenpolitische Sprecher der EU in einer Mitteilung . „Das war ein brutaler, wahlloser Bombenangriff auf unschuldige Zivilisten, darunter viele Kinder, die auf der Flucht waren aus Angst vor einem weiteren russischen Angriff auf ihre Heimat und ihr Land.“ Die Verantwortlichen für dieses Kriegsverbrechen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.
„Die von den russischen Streitkräften begangenen Gräueltaten in Butscha, Borodjanka und anderen Städten und Dörfern, die jüngst durch die ukrainische Armee von der russischen Besatzung befreit wurden, sowie der brutale Angriff auf den Bahnhof von Kramatorsk sind Teil der verwerflichen Zerstörungstaktiken des Kremls“, hieß es weiter. „Die eklatanten Versuche, die Verantwortung Russlands für diese und andere Verbrechen durch Desinformation und Medienmanipulationen zu verschleiern, sind inakzeptabel.“
Viele deutsch-russische Städtepartnerschaften auf Eis
Als Reaktion auf Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine liegen immer mehr deutsch-russische Städtepartnerschaften auf Eis. 25 Kommunen haben ihre Kooperation offiziell eingefroren, wie eine Umfrage der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) unter den 98 deutschen Städten, Stadtbezirken und Kreisen ergab, die laut dem Deutsch-Russischem Forum eine offizielle Partnerschaft pflegen. Zu den Städten, die die Partnerschaft ausgesetzt haben, zählen demnach Köln, Düsseldorf, Kassel, Baden-Baden, Heilbronn und Ingolstadt.
52 Städte und Kreise haben sich laut NZZ dagegen entschieden, die Partnerschaft formal einzufrieren, darunter Berlin, Hamburg, Essen, Stuttgart und Dresden. Die Beziehungen beenden wolle keiner der 77 Umfrage-Teilnehmer. Städte und Kreise in Süd- und Westdeutschland reagierten nach einer Analyse der Zeitung entschlossener als jene im Osten. In Sachsen, Thüringen, Brandenburg, Berlin, Bremen und Hamburg blieben demzufolge alle Partnerschaften aktiv. Die meisten deutsch-russischen Städtepartnerschaften entstanden in späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren.
Faeser will prorussische Demonstrationen genau beobachten
Mit Blick auf erwartete, neue prorussische Autokorsos hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser ein hartes Vorgehen gegen eine mögliche Verherrlichung von Kriegsverbrechen sowie das Verbreiten von Falschinformationen angekündigt.
Bei den für Sonntag in mehreren deutschen Städten angekündigten Protestkundgebungen werde „sehr genau nach verbotenen Symbolen“ geschaut werden, sagte Faeser der „Welt am Sonntag“. Zudem müssten ukrainische Geflüchtete in Deutschland vor möglichen Übergriffen geschützt werden. „Das Zeigen des ‚Z‘ verherrlicht Kriegsverbrechen und kann deshalb unserer Ansicht nach strafrechtlich verfolgt werden“, warnte Faeser.
Mit dem „Z“-Symbol sind russische Militärfahrzeuge markiert, die am russischen Angriffskrieg in der Ukraine beteiligt sind. „Hier brauchen wir ein konsequentes Einschreiten der Polizei“, stellte die Innenministerin klar. „Dieser verbrecherische russische Angriffskrieg ist auch ein Informationskrieg“, sagte Faeser weiter. Es gebe von russischer Seite „dreiste Lügen, Propaganda und Desinformation“. Dies werde sie auf Kundgebungen in Deutschland nicht zulassen.
Österreichs Kanzler zu Solidaritätsbesuch in Ukraine eingetroffen
Österreichs Kanzler Karl Nehammer ist zu einem Solidaritätsbesuch in Kiew eingetroffen. In der ukrainischen Hauptstadt wird er mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und Bürgermeister Vitali Klitschko zusammenkommen. Außerdem will er die Stadt Butscha besuchen, wo mehrere Hundert Zivilisten bei einem Massaker getötet wurden.
Erst am Vortag hatte eine Delegation um EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell Kiew und Butscha besucht. Die bekannt gewordenen Kriegsverbrechen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine müssten von unabhängigen und internationalen Experten lückenlos aufgeklärt werden, forderte Nehammer bei der Anreise vor Journalisten. Ziel des Besuchs sei es, die Ukraine bestmöglich humanitär und politisch zu unterstützen.
Österreich, das nicht der NATO angehört, hat bisher unter anderem 10.000 Helme und 9000 Schutzwesten für den zivilen Einsatz geliefert. Zugleich gehört es ähnlich wie Deutschland zu den EU-Staaten, die einen Lieferstopp für russisches Gas aktuell ablehnen. Österreich bezieht 80 Prozent seines Gases aus Russland. Nach einigem Zögern hatte Wien jüngst vier russische Diplomaten des Landes verwiesen. Etwa 51.000 Geflüchtete sind bisher in Österreich registriert, vor allem Frauen mit Kindern.
Roth: „Lupenreine Diktatur“ in Moskau bedroht Kultur in Ukraine
Kulturstaatsministerin Claudia Roth sieht durch den russischen Angriffskrieg die Kultur in der Ukraine bedroht. „Offenkundig soll die ukrainische Kultur wie Identität vernichtet werden, deren Existenz, Traditionen und Geschichte Putin ja auch komplett leugnet“, sagte Roth der „Heilbronner Stimme“. Mit Blick auf eine umstrittene Äußerung von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder fügte die Grünen-Politikerin hinzu: „Das Putin-Regime hat Russland mittlerweile in eine lupenreine Diktatur verwandelt und unterdrückt die Kultur- und Meinungsfreiheit massiv.“
Roth rief Museen in Deutschland zu Patenschaften mit Museen in der Ukraine auf und forderte, mehr ukrainische Kunst und Kultur zu zeigen. „Wir sollten auch deutlich machen, dass wir die russische Kultur nicht der Instrumentalisierung durch die Kreml-Herren und ihrer Schergen überlassen. Das ist ein Putin-Krieg, kein Puschkin-Krieg.“ In der Ukraine gibt es nach Angaben der Kulturstaatsministerin mehr als 600 Museen und 3.000 Kulturstätten, darunter sieben Welterbestätten. „Alle diese Kulturorte sind durch diese Invasion der Kreml-Herrscher extrem bedroht“, sagte Roth.
Italien will Botschaft in Kiew nach Ostern wieder öffnen
Italien will seine Botschaft in Kiew gleich nach Ostern wieder öffnen. „Wir waren die letzten, die Kiew verlassen haben, und wir werden unter den ersten sein, die zurückkehren“, sagt Außenminister Luigi Di Maio. Wie viele andere Staaten hatte auch Italien wegen des Vormarsches der russischen Truppen auf Kiew seine Vertretung dort geschlossen. Di Maio fügt hinzu, dass zugleich der diplomatische Druck erhöht werden müsse, um den russischen Präsidenten Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zu bringen und einen Waffenstillstand zu erreichen.
Ukraine ruft Bürger zur Anzeige russischer Kriegsverbrechen auf
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die Menschen im Land aufgerufen, mutmaßliche Kriegsverbrechen russischer Soldaten zu melden. Dafür sei nun eine eigene Homepage eingerichtet worden, schrieb Kuleba auf Twitter. „Die gesammelten Beweise für die von Russlands Armee in der Ukraine begangenen Gräueltaten werden sicherstellen, dass diese Kriegsverbrecher der Justiz nicht entkommen können“, erklärte er.
Auf der Seite wurden bislang neben Fotos auch Berichte von Augenzeugen veröffentlicht, die die Ermordung, Folter und Vergewaltigung von Zivilisten schildern. Die Ukraine und auch viele westliche Experten machen russische Truppen unter anderem für Verbrechen im Kiewer Vorort Butscha verantwortlich, wo am vergangenen Wochenende die Leichen Hunderter Bewohner gefunden worden waren. Kiew gibt Moskau zudem die Schuld an dem Angriff auf den Bahnhof in Kramatorsk mit mehr als 50 Toten. Russland bestreitet beides.
Scholz wirft Putin Imperialismus früherer Jahrhunderte vor
Bundeskanzler Olaf Scholz hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ein imperialistisches Denken vorgeworfen, „wie wir es aus dem 19., dem 18., dem 17. und anderen Jahrhunderten kennengelernt haben“. Er forderte von Putin erneut einen sofortigen Waffenstillstand und den Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine. „Du zerstörst die Zukunft Deines eigenen Landes“, sagte Scholz auf einer SPD-Wahlveranstaltung in Lübeck.
Die westlichen Sanktionen zeigten „jetzt schon dramatische Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung Russlands“. Man werde der Ukraine zudem helfen, sich selbst zu verteidigen. „Es ist richtig, dass wir sie mit Verteidigungswaffen ausstatten. Wir haben es getan und werden es weiter tun.“
Von der Leyen empfindet Vorgehen in Butscha als Kriegsverbrechen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich nach ihrem Besuch in dem Kiewer Vorort Butscha erschüttert über das Vorgehen der russischen Armee dort gezeigt. „Mein Instinkt sagt: Wenn das kein Kriegsverbrechen ist, was ist dann ein Kriegsverbrechen? Aber ich bin eine gelernte Ärztin und das müssen nun Juristen sorgfältig ermitteln“, sagte sie am Morgen auf der Rückreise von Kiew nach Polen vor Journalisten. Von der Leyen kehrte nach ihrem eintägigen Besuch im ukrainischen Kriegsgebiet heute sicher nach Polen zurück. Am Nachmittag wollte sie in Warschau an einer Geberkonferenz für die Ukraine teilnehmen.
Nuntiatur in Kiew: Vatikan nicht gegen Waffen für Ukraine
Der Vatikan lehnt nach Angaben seiner Botschaft in Kiew Waffenlieferungen an die Ukraine nicht grundsätzlich ab. Die Apostolische Nuntiatur in der Ukraine bezeichnete auf ihrer Internetseite am Wochenende Darstellungen als „falsch“, wonach der Heilige Stuhl gegen das Liefern von Waffen ist.
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin habe in einem Interview stattdessen betont, dass die katholische Theologie jedem Land das Recht zur Selbstverteidigung zugestehe. Parolin habe festgestellt, dass die internationale Gemeinschaft sich nicht direkt in den Krieg einmischen wolle, aber einige Länder Waffen schickten. Laut der Botschaft fügte er hinzu: „Es besteht die Gefahr, dass die Entwicklung der Situation zu einer noch ernsteren Eskalation mit unvorstellbaren Folgen führt.“
Russland bestätigt neue Angriffe auf Dnipro und Poltawa
Russlands Armee hat neue Angriffe in den ukrainischen Gebieten Dnipro und Poltawa bestätigt. Unweit der südostukrainischen Stadt Dnipro sei in der Nacht ein Waffenlager mit Raketen beschossen worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministerium, Igor Konaschenkow. In Myrhorod im zentralukrainischen Poltawa richtete sich ein Angriff demnach gegen einen Flugplatz.
Von ukrainischer Seite hieß es, dabei seien zwei Menschen verletzt worden. Bei einer ähnlichen Attacke bei Tschornomorsk im südukrainischen Gebiet Odessa gab es laut dem Sprecher des Gebietsgouverneurs, Serhij Brattschuk, hingegen keine Opfer.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Regierungsvertreter: Russland stellt Kommando in der Ukraine um
Russland soll seine Kriegsführung in der Ukraine umorganisiert und einen neuen Kommandeur mit Syrien-Erfahrungen an deren Spitze gesetzt haben. Einem westlichen Regierungsvertreter zufolge wird die Militäroperation nun von dem General Alexander Dwornikow geleitet, der umfassende Kriegserfahrung aus Syrien hat. Er ist zuletzt Befehlshaber im südlichen Wehrbezirk Russlands gewesen.
Für seinen Einsatz im Syrien-Krieg wurde er 2016 von Präsident Wladimir Putin mit dem Heldenstatus ausgezeichnet. Offiziell wurde der Kommandowechsel von russischer Seite zunächst nicht bestätigt.
Munitionsdepot in Poltawa zerstört
Die russischen Truppen haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau ein Munitionsdepot in der Region Poltawa zerstört. Es handele sich um ein Lager auf dem Luftwaffenstützpunkt Myrhorod im Zentrum der Ukraine, zitiert die russische Nachrichtenagentur Interfax den Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Auch ein Kampfflugzeug vom Typ MiG-29 und ein Mi-8-Hubschrauber seien bei dem Angriff zerstört worden.
Briten erwarten mehr russische Luftangriffe in Süd- und Ostukraine
Die britische Regierung rechnet mit zunehmenden russischen Luftschlägen im Süden und Osten der Ukraine. Damit solle die russischen Angriffe in der ostukrainischen Donbass-Region sowie rund um die südlichen Städte Mariupol und Mykolajiw unterstützt werden, auf die sich Russland derzeit fokussiere, teilte das britische Verteidigungsministerium in seinem regelmäßigen Geheimdienst-Update mit. Das russische Vorhaben, einen Landkorridor zwischen der Schwarzmeer-Halbinsel Krim und dem Donbass zu errichten, werde jedoch weiter vom ukrainischen Widerstand verhindert.
Dürr fordert mehr Waffenlieferungen für Ukraine
Zur militärischen Stärkung der Ukraine gegen die russischen Angriffe hat FDP-Fraktionschef Christian Dürr mehr Waffenlieferungen auch aus Deutschland gefordert. Er könne sich vorstellen, noch mehr Waffen und Kriegsgerät an die Ukraine zu liefern als bisher vereinbart, sagte Dürr dem BR. Auch der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer forderte zusätzliche Waffenlieferungen. Dürr sprach sich auch dafür aus, die wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu Russland mittelfristig abzubrechen. Ein sofortiges Öl- und Gasembargo lehnte der FDP-Politiker jedoch wegen damit verbundener wirtschaftlicher Risiken für Deutschland erneut ab.
Keine neuen Ukraine-Flüchtlinge nach Hannover
Das Land Niedersachsen schickt in den kommenden Wochen keine weiteren Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mehr nach Hannover. Einem Bericht der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ zufolge gilt dies auch für die Städte Braunschweig und Göttingen, sowie für den Landkreis Harburg bei Hamburg. Grund sei die angespannte Wohnraumsituation. Derzeit hielten sich rund 6000 bis 7000 Geflüchtete in der Landeshauptstadt auf, zitierte das Blatt den hannoverschen Stadtsprecher Udo Möller.
Zehn Fluchtkorridore geplant
Die Ukraine und Russland haben sich nach Angaben der ukrainischen Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk auf zehn Fluchtkorridore für heute in den belagerten Gebieten verständigt. Darunter sei einer für die eingekesselte und unter Beschuss liegende Hafenstadt Mariupol, sagt Wereschtschuk. Durch ihn sollten Menschen mit privaten Verkehrsmitteln in Sicherheit gebracht werden.
Geheimdienst: Russland greift weiter Zivilisten an
Die russischen Truppen in der Ukraine greifen nach Erkenntnissen des britischen Militärgeheimdienstes weiterhin die Zivilbevölkerung an. Ein Beispiel sei der Raketenangriff auf den Bahnhof von Kramatorsk. Die Einsätze des russischen Militärs konzentrierten sich weiterhin auf den Donbass im Osten sowie auf die Städte Mariupol und Mykolajiw, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Unterstützt würden die Bodentruppen durch die Marine, die fortgesetzt Marschflugkörper auf die Ukraine abfeuere.
Luhansk: Gouverneur berichtet von verstärktem Beschuss
Der Gouverneur von Luhansk, Serhij Gaidai, berichtet von einem verstärkten russischen Beschuss der ostukrainischen Region. „Sie bündeln Kräfte für eine Offensive, und wir sehen, dass die Zahl der Granateneinschläge zugenommen hat.“ Es müssten mehr Siedlungen evakuiert und die Zivilbevölkerung in Sicherheit gebracht werden, sagt Gaidai im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Noch immer hielten sich 30 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner in den Orten der Region auf. Sie seien aufgerufen, das Gebiet zu verlassen.
Selenskyj: Nachrichten russischer Truppen belegen Kriegsverbrechen
Der ukrainische Geheimdienst verfügt nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj über Beweise für russische Kriegsverbrechen. So seien Nachrichten zwischen russischen Soldaten abgefangen worden, sagte Selenskyj in einem am Freitag ausgestrahlten Interview des US-Senders CBS. „Da gibt es Soldaten, die mit ihren Eltern darüber sprechen, was sie gestohlen und wen sie entführt haben“, sagte er. „Es gibt Piloten im Gefängnis, die Landkarten mit zivilen Zielen hatten, um sie zu bombardieren.“ Russische Kriegsgefangene hätten auch Tötungen zugegeben. Selenskyj betonte, jeder, der eine entsprechende Entscheidung getroffen, einen Befehl gegeben oder befolgt habe, sei eines Kriegsverbrechens schuldig. Auf die Frage, ob er den russischen Präsidenten Wladimir Putin für verantwortlich halte, sagte Selenskyj: „Ich glaube, er ist einer von ihnen.“
Angriffe im Donbass im Osten des Landes dauern an
Die Angriffe russischer Einheiten im Donbass im Osten der Ukraine gehen ukrainischen Angaben zufolge weiter. Die russischen Truppen konzentrierten sich darauf, die Orte Rubischne, Nischne, Popasna und Nowobachmutiwka zu übernehmen und die volle Kontrolle über die Stadt Mariupol zu erlangen, berichtete die Agentur Unian unter Berufung auf den Bericht zur militärischen Lage des ukrainischen Generalstabs am Morgen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Selenskyj fordert „starke weltweite Antwort“
Nach dem tödlichen Angriff auf Flüchtlinge im Bahnhof von Kramatorsk hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine „starke weltweite Antwort“ gefordert. Selenskyj sagte am Freitagabend in einer Videobotschaft, für dieses neuerliche „Kriegsverbrechen Russlands“ würden alle Beteiligten zur Rechenschaft gezogen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen machte sich unterdessen ein Bild von den Gräueltaten im Kiewer Vorort Butscha und prophezeite der Ukraine eine „europäische Zukunft“. Der Bahnhof der ostukrainischen Stadt Kramatorsk war voller Flüchtlinge, als er am Freitag von einer Rakete getroffen wurde.
Mindestens 52 Menschen wurden nach Angaben der örtlichen Behörden bei dem Angriff getötet, unter ihnen fünf Kinder. Reporter der Nachrichtenagentur AFP vor Ort sahen mindestens 30 Tote unter Plastikplanen und in Leichensäcken. An dem Bahnhof hatten zuvor Hunderte Menschen auf einen Zug zur Flucht Richtung Westen gewartet.
Experten warnen vor Gas-Embargo gegen Russland
Energie-Experten haben vor schweren wirtschaftlichen Folgen eines Lieferstopps für russisches Gas in Reaktion auf den Krieg in der Ukraine gewarnt. „Ein volles Embargo würde eine sofortige Rezession in Europe auslösen, die Inflation würde weiter steigen, und die Innenpolitik noch schwieriger werden“, sagte der Ökonom Simone Tagliapietra von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel der Nachrichtenagentur dpa. Er schlägt stattdessen vor, Zölle auf russische Energie einzuführen, um weiter Druck auf Russland auszuüben. Raphael Hanoteaux von der Organisation E3G sagte mit Blick auf ein Gasembargo: „Die deutsche Industrie zum Beispiel würde ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren.“ Grund dafür seien Schließungen in der Industrie und noch höhere Preise.
Lambrecht: Kaum noch Waffenlieferungen aus Bundeswehr-Bestand möglich
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht sieht kaum noch Möglichkeiten, die Ukraine direkt aus Bundeswehr-Beständen mit Waffen und Material zu versorgen. Um die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr aufrecht zu erhalten, müssten künftige Lieferungen zunehmend direkt über die Rüstungsindustrie erfolgen, sagte Lambrecht der „Augsburger Allgemeinen“. „Hierzu stimmen wir uns fortwährend mit der Ukraine ab“, erklärte die Ministerium. „Bei Lieferungen aus den Beständen der Bundeswehr, das muss ich ehrlich sagen, sind wir aber inzwischen an eine Grenze gekommen.“
Pentagon macht Russland für Kramatorsk verantwortlich
Nach Ansicht des US-Verteidigungsministeriums sind die russischen Streitkräfte für den tödlichen Raketenangriff auf einen Bahnhof in der ostukrainischen Stadt Kramatorsk verantwortlich. Russlands offizielle Dementis in dieser Sache seien nicht überzeugend, sagte ein Pentagon-Sprecher. „Unsere Einschätzung ist es, dass das ein russischer Angriff war und dass sie eine ballistische Kurzstreckenrakete genutzt haben, um ihn auszuführen“.
Pentagon-Vertreters setzte Russland bei dem Angriff wohl den Raketentyp SS-21 ein, der in Russland unter dem Namen Totschka bekannt ist. Bislang sei noch unklar, ob dabei auch Streumunition zum Einsatz gekommen sei, sagte der leitende Beamte. Die Ukraine und Russland gaben sich am Freitag gegenseitig die Schuld für die Attacke. Westliche Politiker und Analysten zeigten sich aber überzeugt, dass es sich um einen russischen Angriff handelte. Bei dem Angriff auf den Bahnhof waren 50 Menschen getötet worden, darunter fünf Kinder.
Deutsche Bahn von Kriegsauswirkungen betroffen
Der Ukraine-Krieg und daraus resultierende Lieferprobleme treffen uch die Deutsche Bahn. Der Konzern müsse zwei Aufträge für die Beschaffung von Rädern für Züge kurzfristig neu vergeben und könne aus Zeitmangel kein geregeltes Ausschreibungsverfahren vornehmen, berichtete die „Welt am Sonntag“. „Die Dringlichkeit besteht hier wegen der Kontinuität des Schienenverkehrs“, zitierte die Zeitung aus einer Bekanntmachung in der europäischen Ausschreibungsdatenbank TED.
Ende Februar sei mit der Lieferung der Räder der Typen BA 220 und ET442 gerechnet worden; diese sei nun „vorerst auf unbestimmte Zeit nicht zu erwarten“. In der Ausschreibung wird dem Bericht zufolge keine konkrete Stückzahl genannt. Die genannten Radtypen werden unter anderem bei Regionalzügen von Bombardier eingesetzt.
Ukraine will schnell Fragen zu EU-Beitritt beantworten
Die Ukraine will binnen einer Woche einen Fragebogen der Europäischen Union beantworten, der als Grundlage für Beitrittsgespräche dient. „Unsere Regierung wird die Antworten qualitativ und sehr schnell vorbereiten. Ich denke, binnen einer Woche“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache.
Am Freitag hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew einen Fragebogen überreicht, der die Grundlage für die Gespräche über den Beitritt sein soll. Kiew hatte kurz nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine die Mitgliedschaft in der EU beantragt. Derzeit prüft die EU-Kommission auf Bitten des Rats der EU-Staaten den Antrag.
Viele Seeleute sitzen durch Krieg fest
Die UNO fordert „dringende“ Hilfsmaßnahmen für rund Tausend Seeleute, die auf Handelsschiffen in ukrainischen Häfen und Gewässern festsitzen. Wie die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und die Internationale Schifffahrtsorganisation (IMO) mitteilten, dürfen die mehr als hundert Schiffe die ukrainischen Häfen und Gewässer seit Beginn des Ukraine-Kriegs nicht verlassen.
Sie baten daher das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, „dringend Maßnahmen zu ergreifen“, um bei der Versorgung der Schiffe zu helfen. „Zusätzlich zu den Gefahren, die durch Angriffe entstehen, fehlt es vielen der betroffenen Schiffe an Nahrung, Treibstoff, Trinkwasser und anderen lebenswichtigen Vorräten“, heißt es in dem Hilfsaufruf. „Die Situation der Seeleute aus vielen Ländern wird dadurch immer unhaltbarer“, erklärten ILO und IMO.
Selenskyj fordert totales Energie-Embargo
Angesichts des andauernden Krieges in der Ukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein vollständiges Embargo auf russische Energieträger gefordert. „Es muss ein komplettes Energieembargo verhängt werden: auf Erdöl, auf Erdgas“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videobotschaft.
Es seien die Energieexporte, die den Löwenanteil der Profite Russlands ausmachten. Sie ließen zudem die russische Führung glauben, dass die Welt die „Kriegsverbrechen“ der russischen Armee ignorieren werde. Auch die russischen Banken müssten vollständig vom globalen Finanzsystem abgekoppelt werden. „Nicht einige von ihnen, sondern alle, das gesamte Bankensystem Russlands.“