Kanzler zu Russlands Angriffskrieg – Scholz: „Wir befinden uns in einer gefährlichen, ja dramatischen Situation“ Teilen

Kanzler zu Russlands Angriffskrieg – Scholz: „Wir befinden uns in einer gefährlichen, ja dramatischen Situation“ Teilen

3. Mai 2022 Aus Von mvp-web
Dienstag, 03.05.2022, 12:28

Olaf Scholz hat in einem Interview über die Lage in der Ukraine gesprochen. Europa lebe „in einem Ausnahmezustand“, es gehe „buchstäblich um Leben und Tod“. Im Kreml hätten es „viele noch nicht begriffen“, dass die Lage für Russland „verheerende Folgen“ habe.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat eindringlich vor der Gefahr einer nuklearen Ausweitung des Ukraine-Kriegs gewarnt. Mit Blick auf das russische Atomwaffenpotenzial und die Drohungen des russischen Präsidenten sagte er in einem Interview des Hamburger Magazins stern: „Angesichts dieses Krieges sollte man alles ernst nehmen. In der Tat sollten wir uns über Putin keinen Illusionen hingeben.“ Die Aufgabe der Bundesregierung sei es nun, „zu verhindern, dass solche Waffen eingesetzt werden“.

Bundeskanzler Olaf Scholz vor Beginn der Klausur.

Deshalb brauche es bei allen Entscheidungen „einen wachen Verstand“, so Scholz weiter. Man dürfe „nicht überstürzt handeln in der Hoffnung: Das wird schon nicht so schlimm werden. Es geht buchstäblich um Leben und Tod.“ Scholz weiter: „Wir befinden uns international gerade in einer gefährlichen, ja dramatischen Situation.“ Der gesamte Kontinent lebe gerade „in einer Ausnahmesituation“. Deshalb sei nun „Transparenz ganz wichtig. Viele haben Angst, dass der Krieg auch auf die Länder der EU übergreift. Da darf man nicht über die Köpfe hinweg und an den Herzen vorbeireden.“

Olaf Scholz: „Ich glaube, im Kreml haben das viele noch nicht begriffen“

Zugleich sagte Scholz der Ukraine die Unterstützung des Westens bis zum vollständigen Rückzug der russischen Armee zu. Der Bundeskanzler machte dabei erstmals klar, dass die Ukraine über die Dauer der westlichen Sanktionen entscheiden könne. „Wir werden unsere Sanktionen doch nur im Einvernehmen mit der Ukraine zurücknehmen können und wollen“, so Scholz im stern.

„Ich glaube, im Kreml haben das viele noch nicht begriffen. Für Russland hat das verheerende Folgen.“ Scholz betonte, dass alleine die Ukraine mit Russland über einen Frieden und dessen Bedingungen verhandeln werde, „niemand sonst. Es darf nicht sein, dass andere für die Ukraine oder über die Ukraine entscheiden.“ Scholz machte allerdings deutlich, dass er noch von einem langen Krieg ausgeht: „Das eigentliche Problem ist doch, dass wir davon noch viel zu weit entfernt sind.“

Olaf Scholz: „Die Ukrainer wehrt sich mit viel Tapferkeit und Klugheit“

Scholz lobte im stern ausdrücklich den Widerstand der Ukraine: „Sie verteidigt sich mit großer Tapferkeit und sehr viel Klugheit. Die Leistung der ukrainischen Militärführung ist beeindruckend und großartig.“ Dass sich das ukrainische Volk geschlossen gegen die Invasion stemme, sei eine „große staatsmännische Leistung“ von Präsident Wolodomyr Selenskyj: „Er macht es sehr gut.“

US-Präsident Joe Biden lobte Scholz als „klugen und besonnenen Mann. Wir denken und ticken übrigens auch ähnlich, wo es um den Zusammenhalt geht.“ Von seinem Vorgänger Gerhard Schröder dagegen distanzierte sich der Bundeskanzler noch einmal ausdrücklich. Er habe zu ihm „weder Kontakt noch einen Draht. Er führt ein eigenes Leben und dieses Leben ist eigenwillig.“

Olaf Scholz: „Heute würde ich den Kriegsdienst nicht mehr verweigern“

Gegenüber dem stern bekannte der Bundeskanzler auch, dass er heute nicht mehr den Kriegsdienst verweigern würde: „Ganz eindeutig, nein.“ Olaf Scholz hatte den Dienst mit der Waffe verweigert und nach dem Jura-Studium Mitte der 80er Jahre 16 Monate Zivildienst in einem Altenheim absolviert. „Heute betrachte ich die Dinge anders.“

Er habe als Bundestagsabgeordneter vielen Auslandseinsätzen der Bundeswehr aus Überzeugung zugestimmt. „Das hätte ich nicht machen können, wenn ich noch die gleichen Vorstellungen gehabt hätte wie 20 Jahre davor.“