Krieg Tag 71 – Do 05.05.2022 ++ Putin entschuldigt sich für Lawrows Hitler-Äußerung bei Israel ++
5. Mai 202209:37 Uhr
Macron plant Besuch bei Scholz
Der wiedergewählte französische Präsident Emmanuel Macron hat angekündigt kommenden Montag nach Deutschland zu reisen, um Kanzler Olaf Scholz zu treffen. Auf der Agenda der Gespräche mit dem Kanzler stünden vor allem Verteidigungs- und Energiethemen, teilt der Elysee-Palast mit.
Offenbar Tote und Verletzte in der Donbass-Region
Nach dem massiven Beschuss mehrerer ukrainischer Städte im Donbass melden die örtlichen Behörden viele Tote und Verletzte unter der Zivilbevölkerung. Nach einem Raketeneinschlag in Kramatorsk gebe es 25 Verletzte, beschädigt worden seien neun Wohnhäuser, die Schule und Objekte der zivilen Infrastruktur, teilte der Leiter der Militärverwaltung des Gebiets Donezk, Pawlo Kyrylenko, auf seinem Telegram-Kanal mit. Nach Kyrylenkos Angaben wurden auch Tschasiw Jar, Marjinka und Awdijiwka beschossen. Dabei habe es in Tschasiw Jar mindestens einen Toten gegeben.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Frankreich erwartet Einigung bei EU-Öl-Embargo bis Ende der Woche
Die französische Umwelt- und Energieministerin Barbara Pompili rechnet bis Ende der Woche mit einer Einigung der EU-Staaten auf ein Einfuhrverbot für russisches Öl. Einige Länder seien mehr von russischem Öl abhängig als andere, sagt Pompili dem Radiosender France Info. Deshalb müsse man versuchen, Lösungen zu finden, um dieses bei diesen Sanktionen an Bord zu holen, so Pompili.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am Mittwoch angekündigt, dass mit einer Übergangsfrist von sechs Monaten Importe von russischem Rohöl gestoppt werden sollen. Die 27 Mitgliedstaaten müssen dem Vorschlag noch zustimmen. EU-Kreisen zufolge sollen Ungarn und die Slowakei durch eine Ausnahmeregelung Öl bis Ende 2023 beziehen können.
Ukraine meldet erneute russische Angriffe auf Asow-Stahlwerk
Nach Angaben des ukrainischen Militärs haben die russischen Truppen erneut versucht, das Stahlwerk Azowstal in der Hafenstadt Mariupol zu erstürmen. „Mit Unterstützung der Luftwaffe hat der Gegner seinen Angriff mit dem Ziel erneuert, das Fabrikgelände unter seine Kontrolle zu bringen“, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht mit.
Flugverbot für südrussische Airports verlängert
Wegen des Kriegs in der Ukraine sind die Flugverbote im Süden Russlands zum zwölften Mal verlängert worden. Insgesamt elf Flughäfen bleiben bis zum 13. Mai gesperrt, wie die russische Luftfahrtbehörde Rosawijazija mitteilte. Betroffen sind unter anderem die Millionenstädte Rostow-am-Don, Woronesch und Krasnodar sowie die Schwarzmeer-Kurorte Anapa und Gelendschik.
Verbote gelten auch für die westrussischen Städte Belgorod und Brjansk, aus denen in den vergangenen Wochen ukrainische Angriffe auf Infrastrukturobjekte gemeldet wurden. Auch die seit 2014 von Russland annektierte Krim ist von den Einschränkungen betroffen. Der Flughafen in Simferopol darf nicht angeflogen werden.
Roth: Russland kann EU-Öleinkäufe nicht schnell ersetzen
Das geplante EU-Ölembargo wird Russland nach Ansicht des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth, hart treffen. Es könne zwar nicht angehen, dass Russland durch den Ölimportstopp mehr einnehme, wenn die Preise stiegen. Aber so schnell könne das Land keine neuen Abnehmer für russisches Öl finden, weil dafür neue Pipelines und Schiffe nötig wären, sagt der SPD-Politiker im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Die EU müsse sich bemühen, es für Länder weltweit möglichst attraktiv zu machen, auf russische Energielieferungen zu verzichten.
Politiker von SPD und CDU halten Sieg der Ukraine für möglich
Politiker von SPD und CDU halten einen militärischen Sieg der Ukraine gegen Russland für möglich. „Es geht nicht darum, dass die Ukraine möglicherweise nicht verliert, sondern sie kann sogar diesen Krieg gewinnen“, sagt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), im ZDF. Russlands brutale Angriffe seien ein „Akt der Verzweiflung“. Ähnlich äußert sich der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter. Die Ukraine dürfe den Krieg nicht verlieren. Wenn alles gutgehe, könne sie diesen Krieg sogar gewinnen, sagt er im Deutschlandfunk.
Unerwartet starker Auftragsrückgang in deutscher Industrie
Die deutsche Industrie hat im ersten Monat nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine einen unerwartet starken Auftragsrückgang erlitten. Die Unternehmen sammelten im März 4,7 Prozent weniger Bestellungen ein als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das ist der stärkste Einbruch seit Oktober 2021. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Experten hatten lediglich mit einem Minus von 1,1 Prozent gerechnet.
Bereits im Februar waren die Bestellungen geschrumpft, mit minus 0,8 Prozent allerdings weit weniger stark. Damit zeige sich im ersten Monat des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine bereits ein deutlicher Effekt der gestiegenen Unsicherheit auf die Nachfrage, kommentierte des Bundeswirtschaftsministerium die Entwicklung im März. Eine rasche Besserung wird nicht erwartet.
Luhansk: Ukraine meldet fünf getötete Zivilisten
In der ostukrainischen Region Luhansk sind nach Angaben des dortigen Gouverneurs in den vergangenen 24 Stunden fünf Zivilisten durch russischen Beschuss getötet worden. Der Beschuss habe sich auf vier Ortschaften konzentriert, teilt Serhij Gaidai weiter mit.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
UN: Mehr als 300 Menschen aus Mariupol und anderen Städten evakuiert
Aus dem von Russland belagerten Mariupol und vier weiteren Städten in der Region sind nach UN-Angaben mehr als 300 Zivilisten in Sicherheit gebracht worden. Die Menschen seien ins von ukrainischen Truppen gehaltene Saporischschja gebracht worden, sagte Osnat Lubrani, die UN-Nothilfekoordinatorin für die Ukraine. Es war die zweite erfolgreiche Evakuierungsaktion. Lubrani ergänzte, viele der Zivilisten aus Mariupol, Manhusch, Berdjansk, Tokmak und Wasyliwka seien mit nichts außer der Kleidung an ihren Leibern herausgekommen und bekämen nun humanitäre Unterstützung. Auch dringend benötigte psychologische Hilfe erhielten die Menschen.
Welthungerhilfe fordert Friedensinitiativen
Die Welthungerhilfe hat angesichts der wachsenden Zahl Hungernder im Zuge von Versorgungsengpässen durch den Ukraine-Krieg internationale Friedensbemühungen gefordert. Besonders afrikanische Länder wie Somalia, Äthiopien, Südsudan und Kenia, aber auch Jemen und Pakistan seien akut vom Getreidemangel bedroht, sagte der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Mathias Rogge, im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF.
Konflikte seien der größte Treiber von Unterernährung, deshalb müssten der UN-Sicherheitsrat und die G7-Nationen neue Friedensinitiativen einleiten. Deutschland, das derzeit die Ratspräsidentschaft der G7-Staaten innehat, müsse da vorangehen, so Rogge. Die eingeschränkte Versorgung mit Getreide aus der Ukraine droht die Lage massiv zu verschlimmern.
SPD-Politiker Dieren sieht militärische Aufrüstung kritisch
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jan Dieren sieht die militärische Aufrüstung in Deutschland und anderen Ländern kritisch. Aufgabe der sozialdemokratischen Partei sei es, zur Friedensordnung beizutragen und militärische Gewalt zurückzufahren, sagte er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur epd in Berlin. „In vielen Teilen der Welt wird aber hochgerüstet und ich habe die Befürchtung, dass diese Waffen dann auch eingesetzt werden.“ Diese Dynamik müsse gestoppt werden, je früher, desto besser. Dieren hatte sich im März an einer Initiative mit hunderten Prominenten gegen „Hochrüstungspläne der Bundesregierung“ beteiligt.
Russland sagt neuen Fluchtkorridor zu
Russland hat eine Feuerpause und einen vorübergehenden Rückzug der eigenen Truppen für weitere Evakuierungen von Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol angekündigt. Am Donnerstag, Freitag und Samstag sollten jeweils von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr Ortszeit (7.00 Uhr bis 17.00 Uhr MESZ) so genannte Fluchtkorridore eingerichtet werden, teilte der vom russischen Verteidigungsministerium eingerichtete Koordinierungsstab für humanitäre Maßnahmen mit.
Russische Raketenangriffe stören ukrainischen Zugverkehr
Die wiederholten russischen Raketenangriffe auf Eisenbahnanlagen in der Ukraine haben den Zugverkehr empfindlich gestört. Nach einem Überblick der staatlichen Bahngesellschaft Ukrsalisnyzja vom späten Abend waren etwa 20 Fernzüge mit Verspätungen von bis zu zwölf Stunden unterwegs. „Russland versucht, unsere Logistik zu ruinieren, weil sie uns im Felde nicht besiegen können“, schrieb der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, auf Telegram. Er bestätigte den Angriff auf ein Objekt der Eisenbahn mitten in der Stadt Dnipro. Russland versucht mit den Angriffen auf die Bahn, den Nachschub an westlichen Waffen für die Ukraine zu unterbrechen.
Bericht: US-Geheimdienst unterstützt Ukraine bei Angriffen auf russische Generäle
Die USA haben einem Zeitungsbericht zufolge mit nachrichtendienstlichen Erkenntnissen die Ukraine bei gezielten Anschlägen auf russische Generäle unterstützt. Die Regierung in Washington habe Einzelheiten über die erwarteten Truppenbewegungen sowie den Standort und Einzelheiten über Russlands mobile militärische Kommandoposten zur Verfügung gestellt, schreibt die „New York Times“. Die Ukraine habe die Informationen mit ihren eigenen kombiniert, um Angriffe durchzuführen, bei denen nach Angaben des Blattes etwa zwölf russische Offiziere getötet wurden.
Ukraine erwägt gelockertes Ausreiseverbot für Männer
Das Ausreiseverbot für Männer im wehrfähigen Alter aus der Ukraine könnte nach Überlegungen der Kiewer Führung gelockert werden. „Es wird jetzt diskutiert, dass bestimmte Kategorien von Männern zumindest für kurze Zeit ins Ausland gehen dürfen“, sagte Präsidentenberater Olexij Arestowytsch im ukrainischen Fernsehen. Dabei nannte er unter anderem Wissenschaftler oder Geschäftsleute. Die dafür notwendige Gesetzesänderung werde allerdings Zeit brauchen, sagte Arestowytsch. Es sei in Kriegszeiten eine schwierige moralische, organisatorische und rechtliche Frage.
An der Grenze der Ukraine werden immer wieder Männer aufgegriffen, die das Land trotz Verbotes verlassen wollen. Manche legen gefälschte Bescheinigungen vor. Andere versuchen, sich den Weg mit Bestechung freizukaufen. Verboten ist die Ausreise für Männer zwischen 18 und 60 Jahren. Ausnahmen gelten für Familienväter, die drei oder mehr minderjährige Kinder zu versorgen haben. Auch alleinstehende Väter minderjähriger oder behinderter Kinder dürfen die Ukraine verlassen.
Bericht: Bundesregierung will bis Ende Juni sieben Panzerhaubitzen an Kiew liefern
Die Bundesregierung plant, sieben Panzerhaubitzen an die Ukraine zu liefern. Die Haubitzen befinden sich nach Angaben aus Regierungskreisen derzeit in der Instandsetzung und sollen bis Ende Juni intakt sein, berichtete die „Bild“. Unterdessen verzögert sich „Bild“ zufolge der Ringtausch mit Slowenien. Die Slowenen sollten T-72-Kampfpanzer an Kiew liefern, dafür deutsche Marder-Schützenpanzer sowie Fuchs-Transportpanzer bekommen. Aber Sloweniens Regierung besteht offenbar auf die Lieferung modernerer Panzer. Die Bundeswehr hat auf dem Papier zwar rund 100 Waffensysteme vom Typ Panzerhaubitze 2000 – davon sind allerdings nur 40 einsatzfähig. Mit der Lieferung der sieben Haubitzen aus der Instandsetzung würde die Abgabe an die Ukraine die Lücke bei der Bundeswehr zumindest nicht vergrößern.
Mehr als 600.000 Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland
Nach einer aktuellen Auswertung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sind seit Kriegsbeginn mehr als 600.000 Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflohen. Von Ende Februar bis Ende April sind bislang 610.103 Personen aus der Ukraine neu erfasst worden, berichtet die Funke Mediengruppe aus der Statistik des Bamf, die auf Daten des Ausländerzentralregisters (AZR) basiert. Demnach sind rund 69 Prozent Mädchen und Frauen und 31 Prozent Jungen und Männer. Unter den Erwachsenen beträgt laut Bericht der Anteil der Frauen sogar gut 80 Prozent. Viele sind zudem noch Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre: insgesamt 241.769. Das entspricht fast 40 Prozent. Unklar ist allerdings, wie viele nach der Erfassung in Deutschland in ein anderes europäisches Land weitergereist sind oder trotz der Kampfhandlungen bereits wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sind.
Ranghoher Kremlbeamter besucht Mariupol
Der Vizechef des russischen Präsidialamtes, Sergej Kirijenko, hat die fast vollständig eroberte ukrainische Hafenstadt Mariupol besucht. Das berichtete das Oberhaupt der Separatistenrepublik Donezk, Denis Puschilin, auf Telegram. Der frühere russische Regierungschef Kirijenko organisiert im Kreml für Präsident Wladimir Putin die russische Innenpolitik. Den Angaben zufolge besuchte er in Mariupol das Ilitsch-Stahlwerk und den Hafen. Im anderen Stahlwerk Azovstal leisten immer noch ukrainische Verteidiger Widerstand gegen russische Angriffe. Kirijenko und der Generalsekretär der Kremlpartei Geeintes Russland, Andrej Turtschak, besuchten auch die Stadt Wolnowacha. Die Menschen in der Volksrepublik Donezk verstünden den Besuch des ranghohen Kremlbeamten als Symbol, „dass Russland für immer hierher zurückgekehrt ist“, schrieb Puschilin. Kurz vor dem Angriff auf die Ukraine hatte Russland die 2014 abgespaltenen selbsternannten „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk in der Ostukraine als unabhängig anerkannt.
Schweden: USA sichert Schutz während NATO-Beitrittsprozess zu
Schweden hat Regierungsangaben zufolge von den USA gewisse Sicherheitszusagen im Falle eines Beitrittsverfahrens zur NATO erhalten. „Sie würden bedeuten, dass Russland sich darüber im Klaren sein kann, bei irgendeiner Art von negativen Aktivitäten gegen Schweden, womit es gedroht hat, die USA dies nicht einfach so zulassen würden … ohne eine Reaktion“, sagte Außenministerin Ann Linde dem schwedischen Fernsehen nach einem Treffen mit ihrem US-Amtskollegen Antony Blinken. Es seien „allerdings keine konkreten Sicherheitsgarantien, die kann man nur als Vollmitglied der NATO erhalten.“ Sie lehnte es ab, weitere Details zu nennen.
Schweden und das benachbarte Finnland haben bislang großen Wert darauf gelegt, militärisch neutral zu bleiben. Die Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 und der Einmarsch in die Ukraine haben die Länder dazu veranlasst, ihre Sicherheitspolitik zu überdenken und einen Beitritt zur NATO in Erwägung zu ziehen. Die Ratifizierung der Erweiterung könnte bis zu einem Jahr dauern, da die Parlamente der gegenwärtig 30 Mitgliedstaaten zustimmen müssen.