Notruf: Künstler in MV fordern mehr Corona-Hilfe vom Land
1. Dezember 2020Bund und Länder versuchen, Künstlern mit Förderprogrammen durch die Krise zu helfen. Doch oft sind diese zu bürokratisch. Für Mecklenburg-Vorpommern fordern Künstler und Kulturmacher neue Hilfen – und eine neue Strategie.
Der Shutdown geht weiter, keiner weiß wie lange noch. Nun hat der Verband der Kunstmuseen, Galerien und Kunstvereine Mecklenburg-Vorpommern in einem als Hilferuf bezeichneten offenen Brief an die Landesregierung neue Hilfen gefordert – und längerfristig eine neue Kunst- und Kulturstrategie des Landes. Die Situation sei sehr ernst, sagt Wolfgang Vogt vom Landesverband der Kunstmuseen, Galerien und Kunstvereine. Vielen KünstlerInnen und Kunstvermittlern stehe das Wasser bis zum Hals, es gäbe viele Ängste: „Weil sie nicht wissen, was denn passiert im Januar, Februar, März, April, Mai. Die haben sich bisher durchgehangelt, haben alles, was sie hatten, aufgebraucht.“ Oft seien es prekäre Situationen, in denen die Künstler versuchten, irgendwie bis zum Monatsende zu kommen. Ohne Bildverkäufe, ohne kulturelle Veranstaltungen an Volkshochschulen oder Schulen, könnten viele kaum Einkünfte generieren. „Da ist man als Freischaffender in Mecklenburg-Vorpommern ganz schnell an der Kante“, fasst es Vogt zusammen.
Unmut macht sich breit, weil eine Perspektive fehlt
Dennoch, so Wolfgang Vogt, nur klagen gilt nicht. Für die kurzfristige Situation habe sich mit einmaligen Pauschal-Beiträgen oder der Vergabe von Stipendien und kleineren anderen monatlich wirkenden Überbrückungshilfen eine Menge getan. „Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern soll man hier nicht nur den ‚Jammer-Schuh‘ anhaben“, findt Vogt. Es habe sich jedoch Unmut breit gemacht, weil keine Perspektive geboten wird für die Zeit nach Corona und für Anfang des nächsten Jahres.
Befristetes Grundeinkommen als Lösung?
Der Maler Matthias Bargholz beispielsweise aus Drönnewitz bei Wittenburg (Landkreis Ludwigslust-Parchim) hat Glück gehabt. Er hat vor kurzem ein Bild verkauft, das hat ihm finanziell ein wenig Luft verschafft. Ansonsten aber sieht er eher schwarz für seine Zunft. Die Kunst fände einmal mehr viel zu wenig Beachtung: „Es ist das große Schweigen im Wald. Man fühlt sich schon ein bißchen veräppelt bei dieser ersten Aktion, weil es ja Ende März hieß, es ist eine unbürokratische Soforthilfe, die nicht zurückgezahlt werden muss. Und irgendwann kam dann die Nachricht – nur für Betriebskosten! Und das war dann natürlich eine erhebliche Einschränkung.“
Matthias Bragholz will keinen neuen Antrag auf Unterstützung stellen. Er will versuchen, vom Verkauf seiner Kunst zu leben, wünscht sich von der Politik aber auf jeden Fall eine unbürokratischere Hilfe, vor allem für die Berufskünstler, für die Freiberufler, für die Solo-Selbstständigen. Ob das im Theater, in der Musik, in der Bildenden Kunst sei, ist ihm egal. Manche würden von einem wenigstens befristeten Grundeinkommen reden, wenigstens in der Corona-Zeit. Das wäre für Bargholz eine gute Variante für schnelle Hilfe. „Da müsste man keine Formulare ausfüllen. Da müsste man nichts organisieren, bräuchte nur gucken, wer ist freiberuflich. Und dann könnte man ihm helfen.“
Kultusministerin hofft auf weitere Stipendien
Mecklenburg-Vorpommerns Kultusministerin Bettina Martin (SPD) weiß um die akute Problematik und natürlich auch, dass das vom Land bereitgestellte Überbrückungsstipendium von 2.000 Euro Einmalzahlung nicht ewig reichen konnte. „Wir haben jetzt unseren Kulturfonds, den wir im Land aufgelegt haben, verlängert. Der wird bis zum 30.06.2021 verlängert.“ Martin mache sich gerade stark, dass die Überbrückungsstipendien auch weiter gewährt werden können. Gegebenenfalls müssten sie noch einmal neu aufsetzt werden. Sie hoffe jetzt auf die Unterstützung durch den Bund für die Kultur.
Auf längere Sicht aber fordert Wolfgang Vogt mehr. Das Land müsse endlich eine Strategie entwickeln, um die Kulturszene zu stärken. Mecklenburg-Vorpommern brauche beispielsweise eine Kunsthochschule und eine Kunststiftung – ähnlich der Ehrenamtsstiftung, um in möglichen kommenden Krisen besser gewappnet zu sein. Das sind Vorschläge und ein Gesprächsangebot für die Ministerin: „Ich finde diese Debatte sehr wichtig, ich führe die gerne auch. Wir werden das nicht übers Knie brechen können, aber zum Beispiel die Debatte über eine Kulturstiftung, die möchte ich gerne mitführen“, so die Ministerin.