Trockenheit und Wassermangel – Frankreichs Landwirte zur Umstellung gezwungen

Trockenheit und Wassermangel – Frankreichs Landwirte zur Umstellung gezwungen

10. Juli 2022 Aus Von mvp-web
Stand: 10.07.2022 13:30 Uhr

Kein anderes EU-Land exportiert mehr Getreide als Frankreich. Doch Hitze und Trockenheit bedrohen die Ernte -ausgerechnet jetzt, wo die Ukraine ausfällt. Die Bauern müssen sich langfristig umstellen.

Von Julia Borutta, ARD-Studio Paris

In die aufgebrochenen trockenen Bodenspalten passt locker eine große Männerhand. Im Westen von Paris will Landwirt David Lavernant bald Gerste ernten. Doch die Erde zerfällt zwischen den Fingern wie Staub. Die Pflanzen sehen mickrig aus. Normalerweise müsste die Gerste um diese Zeit ungefähr 80 Zentimeter hoch stehen, sagt er, jetzt aber liegt sie 20, 25 Zentimeter darunter. Er werde wohl bald etwas anderes anbauen müssen. Pflanzen, die weniger Wasser brauchen. Hirse zum Beispiel. Oder Soja. Sowas habe es hier früher gar nicht gegeben.

Julia Borutta
Julia Borutta ARD-Studio Paris
Weizenproduktion wird zurückgehen

Die Klage der französischen Bauern wird in den vergangenen Wochen immer lauter. Trockenheit und Wassermangel machen ihnen und ihren Feldern zu schaffen. Die Vorsitzende der größten Bauerngewerkschaft FNSEA, Christiane Lambert, schlägt Alarm: „Wir wissen, dass die Weizenproduktion um vier Prozent zurückgehen wird. Wir werden in manchen Regionen stärker bewässern müssen. Denn wenn die Produktion niedriger ausfällt, steigen die Preise.“

Bewässern können aber längst nicht alle. Hervé Lingard baut rote Beete in der Nähe von Lille an. Er ist völlig vom Wetter abhängig.

Die, die Bewässerungssysteme haben, können sich selber ihr Wetter machen. Das trifft auf mich nicht zu. Jetzt ist es zu spät, so etwas Aufwändiges zu installieren. Das kann man für 2022 vergessen.
Eine automatische Bewässerungsanlage ist auf einem Feld in Ostfrankreich im Einsatz. Bild: Sebastien Bozon/AFP/dpa

Die Wasserexpertin Emma Haziza warnt angesichts der Trockenheit vor Spannungen zwischen Landwirten, Endverbrauchern, Industrie und Tourismus.

Man erlebe gerade etwas, das man in Frankreich nicht kannte. Wasserkonflikte wie diese habe es immer nur woanders gegeben, sagt Haziza. „Aber angesichts der steigenden Temperaturen und der Trockenheit, die schon früh im Jahr beginnt – wir hatten ja in den ersten vier Monaten des Jahres quasi keinen Tropfen Regen hierzulande -, müssen wir mit einer völlig neuen Situation in Frankreich umgehen“, sagt sie.

Landwirtschaft muss sich an Klimawandel anpassen

Wasser sparen, wo man eigentlich mehr wässern müsste, um die Getreideproduktion zu steigern. Denn wegen des Kriegs in der Ukraine kommt es umso mehr auf Frankreich an. Das Land ist mit Abstand der größte Produzent und Exporteur in der EU. Während Deutschland als Zweitplatzierter bis zu neun Millionen Tonnen Getreide pro Jahr exportiert, verkauft Frankreich jährlich bis zu 18 Millionen Tonnen ins Ausland. Und diese Produktion lässt sich nicht einfach hochfahren. Frankreich hat seine Flächen ausgereizt. Auch die Brachen werden schon bepflanzt. Da ist keine Luft mehr nach oben, sagt Sebastien Abis.

Wir müssen uns in den kommenden Jahren an ein sich wandelndes Klima anpassen und vorausschauender planen. Um damit umzugehen, müssen wir alles ausschöpfen: Technik, Wissenschaft, Landwirtschaft.

Gen-modifizierte Pflanzen, um Ertrag zu halten

Abis bringt die Genom-Modifikation, eine neue Art der Pflanzenzüchtung, ins Spiel. Ihre Zulassung wird innerhalb der EU Kommission schon lange diskutiert. Doch selbst wenn sie zugelassen wird, könne das Ziel vielleicht gar nicht mehr sein, die Erträge zu steigern. Vielmehr müsse alles dafür getan werden, die heutigen Erträge zu erhalten. „Auch wenn wir mehr wollen – das Klima wird uns daran hindern, die Produktion zu steigern“, sagt er.

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