LNG-Terminal in Lubmin: Backhaus wird ungeduldig

LNG-Terminal in Lubmin: Backhaus wird ungeduldig

29. Juli 2022 Aus Von mvp-web
Stand: 29.07.2022 14:37 Uhr

Flüssiggas von überall aus der Welt – Hauptsache nicht aus Russland. Das soll, wenn es nach den Planungen der Bundesregierung geht, Deutschland vor dem drohenden Gas-Notstand bewahren. In Lubmin in Vorpommern entsteht dafür deutschlandweit das erste Flüssiggas-Terminal. Trotz des ehrgeizigen Terminplans lässt sich der private Investor Zeit.

von Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV Aktuell

Schon kurz nach dem ersten Advent soll es soweit sein. Die Deutsche ReGas plant die Inbetriebnahme des LNG-Terminals in Lubmin am 1. Dezember. Das Unternehmen setzt auf einen mächtigen Partner – den französischen Energieriesen Total-Energies. Außerdem vertrauen die beiden Geschäftsmänner Ingo Wagner und Stephan Knabe auf Experten aus der LNG-Branche. Wagner hat in seiner Zeit als US-Fondsmanager nach eigenen Angaben am Aufbau von Flüssiggas-Terminals gearbeitet und enge Netzwerke geknüpft – Fachleute aus Norwegen und Großbritannien würden dafür sorgen, das Flüssiggas nach Lubmin zu bringen.

Shuttles sollen zwischen Tankschiff und Festland pendeln

Auf den Schaubildern und den Skizzen des Investors ReGas sieht alles relativ einfach aus. Vor dem Greifswalder Bodden parkt ein großer Flüssiggas-Tanker, den kleinere Schiffe befüllen. Von dort aus pendeln leichte, sogenannte Shuttle-Schiffe durch das flache Wasser Richtung Lubmin – hier wird das kalte Flüssiggas zu normalem Erdgas und in die Pipeline geleitet. In ersten Entwürfen vom Mai waren zwei Shuttles vorgesehen, jetzt sind es drei.

„Wir sind im Zeitplan“

Das sei alles ganz einfach, meint auch der Aufsichtsratschef von ReGas, Mitgesellschafter Knabe, der im Hauptjob in Potsdam eine große Steuerberatungskanzlei leitet. Knabe lobte im Interview mit dem NDR schon in der vergangenen Woche die Unterstützung der Behörden in Mecklenburg-Vorpommern. Und er machte klar: „Wir haben alle notwendigen Anträge gestellt, wir sind im Zeitplan“.

Genehmigungsanträge lassen auf sich warten

Doch Antragspost der Investoren ist bei den Genehmigungsbehörden noch immer nicht eingegangen. Im Bergamt in Stralsund, das die geplante 450 Meter lange Pipeline vom Hafen bis zum Einleitungspunkt genehmigen muss, wartet man noch auf das Vorhaben des Investors, erklärte Behördenchef Thomas Triller. Ebenfalls in der Hansestadt sitzt das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt. Das muss grünes Licht geben für alles, was sich auf dem Wasser abspielt.

Backhaus: „Gehe davon aus, dass das hoffentlich bald kommt“

Aber auch die Behörde teilte auf Anfrage zum Zeitpunkt der Genehmigung mit: „Da die Antragsunterlagen derzeit noch nicht vorliegen, ist eine konkrete Einschätzung zur Dauer derzeit noch nicht möglich.“ Umweltminister Till Backhaus (SPD) gab sich am Freitag ungeduldig: „Es liegen noch keine Unterlagen vor, insofern gehe ich davon aus, dass das hoffentlich bald kommt.“ Die Energiesicherheit habe eine besondere Priorität, aber es gebe keine Sonderregel für ReGas: „Das liegt am Unternehmen und wenn wir vollständige Unterlagen haben, dann werden wir zügig entscheiden.“

Verzögerungen durch Umweltrecht?

Allerdings gilt der Standort Greifswalder Bodden zwischen den Urlaubsinseln Rügen und Usedom als hochsensibel. Experten verweisen darauf, dass es im Umweltrecht auch Anhörungsverfahren gibt. Investor Knabe ist zuversichtlich, man habe ein renommiertes Umweltbüro mit den entsprechenden Gutachten beauftragt. Er verweist darauf, dass private Unternehmen ohnehin schnellere Entscheidungen treffen könnten – die geplante Shuttle-Variante greife nicht in den Greifswalder Bodden ein.

FDP warnt vor „Verhinderungsdiskussion“

Bereits die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte Bedenken zum ReGas-Projekt geäußert und vor einem „Wildwuchs“ gewarnt. FDP-Fraktionschef René Domke hält das für völlig falsch, er warnte vor einer „Verhinderungsdiskussion“. Einige hätten noch immer nicht verstanden, worum es gerade gehe. „Prinzipien darf man jetzt nicht über die Versorgungssicherheit stellen“, forderte der Liberale. In der aktuellen Lage könnten nicht die gleichen langwierigen und komplizierten Regularien gelten wie vor dem Krieg.

Mehr Probleme beim zweiten Terminal?

Vor zusätzliche Probleme dürfte die Genehmigungsbehörden des Landes allerdings das zweite LNG-Projekt in Lubmin stellen. Der Bund will „frühestens Ende 2023“ eine Flüssiggas-Station am Standort aufbauen – mit fester Leitung zwischen dem Terminal auf der Ostsee und dem Hafen Lubmin. Der Eingriff in Umwelt und Natur gilt als vergleichsweise intensiv. Die Prüfungen dürften entsprechend dauern.