Steigende Energiekosten machen Hotels in MV zu schaffen

Steigende Energiekosten machen Hotels in MV zu schaffen

12. September 2022 Aus Von mvp-web
Stand: 12.09.2022 14:36 Uhr

Die Hotelbranche in Mecklenburg-Vorpommern kämpft seit Jahren gegen den Fachkräftemangel, sie hat die Corona-Pandemie überstanden, doch jetzt steht sie vor der nächsten Herausforderung: Denn neben den Lebensmittelpreisen sind auch die Energiekosten durch die Decke gegangen.

Das Hotel „Das Ahlbeck“ auf Usedom ist spezialisiert auf Erholung, Sport und Gesundheit und verfügt über einen großen Wellnessbereich. Für das Hotel mit 170 Betten werden rund um die Uhr 210.000 Liter Wasser beheizt. Die unter dem Schwimmbad befindlichen Pumpen, Filteranlagen sowie die Heizung benötigen dementsprechend viel Energie. Diese wird durch Gasverstromung in einem eigenen Blockheizkraftwerk produziert. Vor kurzem galt das noch als innovative Technik – heute ist es fast unbezahlbar, wie der geschäftsführende Gesellschafter Heijo Bohlen erklärt: „Wir reden hier nicht von ein paar tausend Euro, sondern wir reden von mehreren Hunderttausend, kritische Stimmen meinen sogar, es könnten bis zu einer Million Euro an Mehrkosten werden.“

Kälteres Wasser, verkürzte Sauna-Öffnungszeiten

Für Bohlen ist klar: Auf die Zimmerpreise können die Zusatzkosten nicht einfach umgelegt werden. „Dann wären die Buchungen nicht zu erzielen.“ Um Energie zu sparen, wurden deshalb die Öffnungszeiten der sechs Saunen verkürzt und die Wassertemperatur leicht gesenkt. Das Wasser des Außenpools wird über Nacht in einen Wärmetank geleitet, damit es nicht auskühlt. Der gesamte Wellness-Bereich bleibt aber geöffnet, sonst würden die Urlauber ausbleiben und 80 Arbeitsplätze wären in Gefahr.

Nicht nur Usedom bekommt den Fachkräftemangel in der Hotel- und Gaststättenbranche zu spüren. Auch im Küstenvorland sucht die Branche händeringend nach Mitarbeitenden.

Usedom: Hoteliers fühlen sich von Politik im Stich gelassen

Auch im Hotel „Baltic“ in Zinnowitz auf Usedom mit 800 Betten und der großen Bernsteintherme sind die Kosten explodiert, wie Geschäftsführer Tim Dornbusch erklärt. 150 Arbeitsplätze stehen hier auf dem Spiel. Von der Politik fühlt er sich im Stich gelassen. Das Entlastungspaket sei „lächerlich“: „Wir hatten im Hotelverband vor einigen Tagen Besuch von einem Energieberater der Landesregierung. Der sagte, er habe gerade Urlaub auf Rügen gemacht und hat die vielen Hotels am Strand gesehen und sich dabei gedacht, was wollen die eigentlich mit ihren Pools? Die haben doch die Ostsee! Da fasst man sich an den Kopf“, so Dornbusch. Fast alle Hoteliers auf Usedom und Rügen hätten in saisonverlängernde Maßnahmen investiert. Dazu gehörten natürlich auch Wellness-Anwendungen und Bäder, so Dornbusch. „Damit Urlauber auch im Winter kommen und damit wir etwas Wohlstand in diese Region bringen.“

Höhere Zimmerpreise, wegkommen vom Gas

Laut Dornbusch hat die Hotelleitung beschlossen, die Temperaturen im Bad nicht zu senken. Aber Zimmerpreise sollen steigen und es wird nach weiteren Lösungen gesucht. „Wir haben alle unsere Brenner umgestellt oder sind in der Umstellung, Multifuel zu verwenden, Mehrfachbrenner zu verwenden.“ Diese könnten dann Öl oder Flüssiggas statt Erdgas verbrennen. „Sie machen uns zunächst mal von der Erdgasversorgung unabhängig“, so Dornbusch weiter.

Tourismusverband rechnet mit Buchungsrückgang

Auch der Landestourismusverband sieht die drastisch steigenden Energiepreise mit großer Sorge. Der Verband rechnet mit rund zehn Prozent weniger Buchungen als im Vorjahr für den Zeitraum von September bis Oktober. Lars Schwarz vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga sagt, es gebe noch keine konkreten Zahlen, aber Urlauber buchten zusehends spontaner, kürzer und gönnten sich weniger, um zu sparen. Einige verzichteten etwa auf Halbpension.

Im Familienhotel „Rookhus“ in Wesenberg (Kreis Mecklenburgische Seenplatte) sind die Buchungen für den Herbst allerdings gut, wie Geschäftsführer Alexander Borchard sagt. Seine Gäste, also Familien, würden oft weit im Voraus buchen. Aber er merke auch, dass vermehrt spontane Anfragen kommen. Auch im Flair Seehotel Zielow an der Müritz ist die Buchungslage nach eigenen Angaben konstant. Ein weiterer Hotelier sagte gegenüber dem NDR in MV, dass die Gäste mehr Energie verbrauchen würden als früher. Seine Vermutung: Die Gäste baden oder duschen länger – etwas, das sie sich zuhause eher verkneifen würden.

Kündigungen und Kurzarbeit sollen vermieden werden

Um die Kostensteigerungen aufzufangen, soll es im Flair Seehotel Zielow in den Wintermonaten keine günstigeren Zimmer geben. Das Hotel „Baltic“ auf Usedom plant, die Preise zu erhöhen, dafür solle der Wellnessbereich weiter offen und auch warm bleiben. Auch im „Rookhus“ in Wesenberg soll es nicht kühler werden. Herunterkühlen gehe nicht, denn es kämen viele Familien mit kleinen Kindern, so die Geschäftsleitung. Das Hotel heizt seine Anlage mit Flüssiggas und plant im kommenden Januar, eine Pellet-Heizung einzubauen, um von den Gaspreisen unabhängig zu sein. Kündigungen oder Kurzarbeit wegen hoher Energiepreise sollten unbedingt vermieden werden, so Dehoga-Landeschef Schwarz. Die Branche hatte schon vor der Energiekrise Probleme, Personal zu finden und werde alles tun, um die Mitarbeiter zu halten.