Bürgergeld statt Hartz IV – was das für Betroffene bedeutet

Bürgergeld statt Hartz IV – was das für Betroffene bedeutet

14. September 2022 Aus Von mvp-web
Stand: 14.09.2022 13:55 Uhr

Das Bundeskabinett hat das Bürgergeld auf den Weg gebracht. Was sich für Empfänger von Sozialleistungen jetzt ändert und welche vorgesehenen Sanktionen strittig sind.

Im Koalitionsvertrag heißt es wörtlich: „Das Bürgergeld soll die Würde des und der Einzelnen achten, zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen sowie digital und unkompliziert zugänglich sein.“ Aber was bedeutet das nun in der Praxis?

Wie wird die Höhe des Bürgergeldes bestimmt?

Bisher war der Betrag abhängig vom Vermögen der Bezieher. Nun soll die Prüfung und Anrechnung des Vermögens erst nach den ersten zwei Jahren des Bezuges stattfinden. Auch soll erst nach diesem Zeitraum kontrolliert werden, ob zum Beispiel die Wohnung des Empfängers zu groß, beziehungsweise „nicht angemessen“ ist.

Sanktionen erst nach „Vertrauenszeit“

Der Fokus des Bürgergeldes liegt laut Regierung auf dem Wiedereinstieg in die Arbeitswelt. Deshalb soll es auch hier gewisse Mitwirkungspflichten geben, und damit auch entsprechende Sanktionen. Wer zum Beispiel Termine beim Jobcenter nicht wahrnimmt, muss mit Kürzungen des Geldes rechnen. Dennoch soll ab Bezug des Bürgergelds eine sechsmonatige Vertrauenszeit gelten, in der verringerte Leistungen ausgeschlossen sind. Nur, wer gar nicht mit dem Jobcenter kooperiert, muss negative Konsequenzen fürchten. Bei Bedarf sollen Menschen mehr Zeit für den Erwerb eines Berufsabschlusses bekommen: drei statt bisher zwei Jahre.

Zuverdienstgrenze soll steigen

Ein befristeter Bonus soll Bezieher des Bürgergeldes ermuntern, sich zum Beispiel weiterzubilden und wieder in eine Beschäftigung zu kommen. Auch die Zuverdienstmöglichkeiten sollen verbessert werden. Hartz-IV-Empfänger durften bisher nur 100 Euro dazu verdienen. Jetzt sollen vor allem Schülerinnen und Schüler, Auszubildende aber auch Erwachsene mehr für sich behalten dürfen.

Wie hoch soll das Bürgergeld ausfallen?

502 Euro soll das Bürgergeld betragen, es liegt damit über dem derzeitigen Hartz-IV-Regelsatz von 449 Euro für Alleinstehende. Eine Erhöhung soll sich an der aktuellen Inflation orientieren und nicht mehr, wie bisher, nachträglich angepasst werden.

Wer ist berechtigt?

 

  • Erwerbsfähige Personen ab 15 Jahren
  • Hilfebedürftige unter 15 und über 65 Jahren
  • Personen, die ihren Lebensunterhalt nicht alleine decken können
  • Personen, deren Leistung nach ALG I auslaufen

 

Wie die Regierung das neue Bürgergeld ab Januar 2023 finanzieren will, ist derzeit noch nicht bekannt.

Unternehmerverbände warnen vor Fehlanreizen

Die Reaktionen aus Mecklenburg-Vorpommern sind derweil verhalten. Sven Müller von der Vereinigung der Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern e.V. (VU) warnt davor, den bewährten Grundsatz „Fordern und Fördern“ aufzuweichen. Mitwirkungspflichten und Sanktionsmöglichkeiten müssen weiterhin im Mittelpunkt stehen. Er begrüßte dagegen die Zahlung einer Weiterbildungsprämie in Zeiten des Fachkräftemangels.