Schwarzbuch: Sechs Fälle von Steuergeld-Verschwendung in MV
19. Oktober 2022Schwarzbuch: Sechs Fälle von Steuergeld-Verschwendung in MV
Der Bund der Steuerzahler hat sein neues Schwarzbuch vorgestellt, in dem er bundesweit Fälle von Steuerverschwendung kritisiert. Mecklenburg-Vorpommern ist mit sechs Fällen vertreten – genauso vielen wie 2021.
Ein unsicherer Darlehens-Vertrag für den ehemaligen MV Werften-Eigner Genting Hong Kong, fast eine Million Euro für das New York Philharmonic Orchestra auf Usedom und der Kauf der MS Dömitz in Anklam: Das sind einige Beispiele, denen der Bund der Steuerzahler eine schlechte Kosten-Nutzen-Bilanz zurechnet. Jedes Jahr prangert er im Schwarzbuch Fälle von Steuerverschwendung durch Bund, Länder und Kommunen an.
Mögliche Kostenfalle durch Wechselkurs
Der potenziell teuerste Schwarzbuch-Fall in Mecklenburg-Vorpommern betrifft die MV Werften. Das Land hatte dem ehemaligen Mutterkonzern Genting Hong Kong vergangenes Jahr ein Darlehen von 88 Millionen US-Dollar in Aussicht gestellt. Bisher hat das Land nicht gezahlt und ob Genting darauf überhaupt noch einen Anspruch hat, ist auch noch nicht abschließend geklärt. Fest steht aber: Aufgrund von Kursschwankungen entspräche das Darlehen mittlerweile nicht mehr 72 Millionen, sondern 86 Millionen Euro. Der Bund der Steuerzahler sagt, dieses Risiko hätte das Land im Darlehensvertrag mit einer Absicherung des Währungsrisikos vermeiden können.
Fast eine Million Euro für New Yorker auf Usedom
Eine „teure Imagepflege“ nennt der Bund der Steuerzahler das Gastspiel des weltberühmten New York Philharmonic Orchestras auf Usedom, das knapp eine Million Euro gekostet hat. „Das gab zwar schöne Bilder, bringt aber wenig Nachhaltiges für Tourismus sowie Kunst und Kultur“, so die Kritik. „Zum Vergleich: Für alle Musikfestivals zusammen gibt das Land Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2022 rund 400.000 Euro aus“, heißt es weiter. Der Bund der Steuerzahler merkt an, dass das Land für dieselbe Geldsumme auch 455 Nachwuchskünstlerinnen und Künstler aus der Region mit Stipendien von jeweils 2.000 Euro hätte fördern können.
„Wirtschaftsflop“ durch Lockdown-Plattform
Im Schwarzbuch tauchen außerdem Online-Handelsplattformen auf, die das Land während der Lockdowns, als die Läden geschlossen waren, unter den Namen „Digitales MV“ und „Marktplatz MV“ etablieren wollte. Dafür seien rund 1,6 Millionen Euro Steuergeld geflossen, obwohl das Angebot kaum genutzt werde. Nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler gehören derartige Angebote nicht in die öffentliche Hand, sondern müssten von der Wirtschaft selbst organisiert werden.
„Schrottfrachter“ „MS Dömitz“ für Anklam
Als vierten Fall benennt das Schwarzbuch den Kauf der „MS Dömitz“: „Anklam kauft einen Schrottfrachter und will daraus ein ‚Event-Schiff‘ machen“, heißt es. Obwohl die Stadt bereits „tief in den roten Zahlen stecke“, halte Anklam an dem unsicheren Vorhaben fest. Der Bund der Steuerzahler fordert: „Der Kauf des Schrottfrachters muss gestoppt werden!“ Für die 50.000 Euro solle die Stadt lieber Geräte für einen Spielplatz kaufen, heißt es.
Bürgermeister rechtfertigt Kauf des Schiffes
Anklams Bürgermeister Michael Galander (Initiative für Anklam) rechtfertigte den Kauf des Schiffes. Laut einer Machbarkeitsstudie, die 100.000 Euro gekostet habe, kann es aus dem Wasser gehoben und zu einem Kultur- und Eventschiff ausgebaut werden, sagte Galander bei NDR MV Live. Die veranschlagten rund fünf Millionen Euro für den Umbau würde die Stadt nicht aus der eigenen Tasche nehmen, sondern Fördergelder beantragen. Falls das Projekt scheitere, habe das Schiff immer noch einen Schrottwert von 70.000 Euro.
Schlechte Bilanz für Ortsumgehung Schwerin und Förderung von „Balkon-Kraftwerken“
Zwei weitere Fallbeispiele haben es laut Bund der Steuerzahler aus Zeitgründen nicht mehr ins Buch, dafür aber auf die Internetseite des Schwarzbuchs geschafft. Zum einen geht es um die Nordumgehung Schwerin, zum anderen um das 10-Millionen-Euro-Förderprogramm des Landes für Photovoltaikanlagen auf Balkons. Auch diese Fälle haben nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler eine schlechte Kosten-Nutzen-Bilanz.
Online gibt es auch erneute Kritik für Fälle, die bereits in den vergangenen Jahren im Schwarzbuch standen: darunter die umstrittene Stiftung für Klima- und Umweltschutz und der geplante Neubau des Ikareums in Anklam.