Sachsens Ministerpräsident Kretschmer will nach Kriegsende wieder russisches Gas
23. Oktober 2022Nach einem Kriegsende in der Ukraine soll wieder russisches Gas nach Deutschland fließen – zumindest, wenn es nach dem Willen von Sachsens Ministerpräsident Kretschmer geht. Die EU-Sanktionen gegen Russland sieht der CDU-Politiker skeptisch.
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich für eine Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen nach dem Ukraine-Krieg ausgesprochen. „Wir brauchen langfristige Verträge für Flüssiggaslieferungen aus den USA, Katar und anderen arabischen Ländern. Außerdem müssen wir endlich eigenes Erdgas in der Nordsee erschließen. Und wenn der Krieg vorbei ist, sollten wir auch wieder Gas aus Russland nutzen“, sagte der CDU-Politiker der „Bild am Sonntag“.
Auf die Frage, ob er davon ausgeht, dass die beschädigte Gas-Pipeline Nord Stream 1 wieder repariert werde, sagte er: „Wir werden Pipeline-Gas brauchen, und das geht nur mit funktionierenden Pipelines.“
Um den Krieg zu beenden, sollte Deutschland gemeinsam mit anderen Ländern auf eine Verhandlungslösung drängen. „Es braucht jetzt eine gemeinsame diplomatische Anstrengung von der EU, den USA, China, Indien und Japan. Dieser Krieg muss angehalten werden.“
„Fragen nicht länger auf dem Schlachtfeld klären“
Diese Verhandlungen würden nicht automatisch dazu führen, dass die Ukraine Teile ihres Staatsgebietes abtreten müsse, so Kretschmer. „Es gibt keinen einzigen Grund, warum die Ukraine auch nur auf einen Quadratmeter ihres Territoriums verzichten sollte. Kriegsschäden müssen von Russland ausgeglichen, Kriegsverbrecher zur Verantwortung gezogen werden. Mit dieser Haltung muss man in Friedensgespräche gehen“, sagte Sachsens Regierungschef. „Wir dürfen diese Fragen nicht länger auf dem Schlachtfeld klären. Europa muss mehr Druck für Friedensgespräche machen.“
Kretschmer äußerte sich außerdem skeptisch über die Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen Russland. „Sanktionen sind immer besser als der Einsatz von Waffen. Aber sie müssen bei dem Aggressor auch die nötige Wirkung entfalten“, sagte er. „Uns muss klar sein, welche Auswirkungen die Sanktionen für die deutsche Wirtschaft haben. Da baut sich gerade ein Tsunami auf.“
Kretschmer hatte bereits zuvor mit umstrittenen Äußerungen über den Ukraine-Krieg für Aufsehen gesorgt. In der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ hatte er sich für ein „Einfrieren des Krieges“ und einen Waffenstillstand ausgesprochen. Der damalige ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hatte daraufhin eine Einladung des CDU-Politikers in seine Heimat zurückgezogen.