Entlastungen in der Energiekrise Darauf haben sich Bund und Länder geeinigt
3. November 2022Gas- und Strompreisbremse, 49-Euro-Ticket und mehr Geld für die Flüchtlingsunterbringung: Darauf haben sich Bund und Länder nach wochenlangem Ringen geeinigt. Die wichtigsten Punkte im Überblick.
Wie wird die Gaspreisbremse aussehen?
Die Gaspreisbremse für Gas und Wärme tritt wie geplant im März 2023 in Kraft. Für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs soll das Gas 12 Cent pro Kilowattstunde kosten. Bei der Wärme auf 9,5 Cent pro Kilowattstunde. Als Vorjahresverbrauch gilt die Jahresverbrauchsprognose, die der Abschlagszahlung für den September 2022 zugrunde gelegt wurde.
Die Bundesregierung hat auf die Kritik der Länder, dass der Beginn im März viel zu spät sei, offenbar reagiert. In dem Beschluss der Bund-Länder-Runde heißt es: „Eine Rückwirkung zum 1. Februar 2023 wird angestrebt.“ Um die Zeit bis zur Gaspreisbremse im kommenden Jahr zu überbrücken, übernimmt der Bund im Rahmen einer „Soforthilfe“ die im Dezember fälligen Abschlagszahlungen für Gas und Fernwärme.
Bund-Länder-Treffen einigt sich im zweiten Anlauf auf weitreichende Entlastungen für Verbraucher
Für große Industriebetriebe soll ab Januar eine eigene Gaspreisbremse greifen. Für bis zu 25.000 große industrielle Gasverbraucher soll ein Verbrauch von 70 Prozent des Jahres 2021 mit Staatsgeld subventioniert werden.
Am 18.11. soll die Maßnahmen im Kabinett gebilligt werden. Die Einmalzahlung im Dezember hat die Bundesregierung bereits beschlossen.
Was ist mit der Strompreisbremse?
Auch bei der Strompreisbremse drängten die Länder auf mehr Tempo. Der Beginn ist nun für Januar geplant. Für Haushalte und kleinere Unternehmen soll ein Grundkontingent von 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs für einen Brutto-Preis von 40 Cent je Kilowattstunden bereitgestellt werden. „Die Differenz zwischen dem zu zahlenden Marktpreis und der Deckelung wird als Entlastung monatlich von den Versorgern direkt mit dem Abschlag verrechnet“, so der Beschluss.
Auch für Industriebetriebe plant die Bundesregierung eine Strompreisbremse. Sie sollen einen garantierten Nettopreis von 13 Cent pro Kilowattstunde für ein Strom-Grundkontingent von 70 Prozent des historischen Verbrauchs bekommen, der sich am Jahresverbrauch für das Jahr 2021 bemisst. Eine Förderung der Industrie soll unter Beachtung des europäischen Beihilferechts erfolgen.
Woher kommt das Geld für Gas- und Strompreisbremse?
Grundsätzlich werden die Soforthilfe im Dezember sowie Gas- und Strompreisbremse aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) finanziert. Insgesamt stehen für den „Abwehrschirm“ 200 Milliarden Euro zur Verfügung. Ein Teil der Strompreisbremse wird über die Abschöpfung von sogenannten Zufallsgewinnen bezahlt. Geplant ist das für März 2023, allerdings rückwirkend zum 01.09.2022. Erwartet wird ein zweistelliger Milliardenbetrag.
Die Kosten für die Abschlagszahlung im Dezember belaufen sich laut Bundesregierung auf ca. neun Milliarden Euro für Gas und Wärme. Die Gaspreisbremse für Bürger sowie kleinere Unternehmen soll etwa 33 Milliarden Euro kosten, für die Industrie sind rund 21 Milliarden Euro veranschlagt.
Die Strompreisbremse für Bürger und kleinere Unternehmen wird den Angaben nach etwa 23-33 Milliarden Euro stark sein, die analoge Maßnahme für Industriebetriebe 30-36 Milliarden. Die tatsächlichen Kosten hängen aber von der Entwicklung der Preise ab. Der Zuschuss zur Strompreisbremse aus dem WSF ist begrenzt.
Wie soll der Härtefallfonds aussehen?
Ein Härtefallfonds soll ferner ein Volumen von zwölf Milliarden Euro umfassen. Geplant sind Regelungen für Verbraucher sowie kleine und mittlere Firmen, die von den Preisbremsen nicht genug entlastet werden – gelten soll dies auch für Wohnungsunternehmen sowie Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen oder Kultureinrichtungen. Die Härtefallregelung soll auch für selbstgenutztes Wohnungseigentum gelten, wo die Bevorratung anderer Heizmittel wie Öl und Holzpellets zu „unzumutbaren Belastungen“ führen.
Die von der Bundesregierung geplante hälftige Beteiligung der Länder an den Kosten hatte im Vorfeld zu Irritationen geführt. Im Beschlusspapier heißt es nun: „Um größtmögliches Einvernehmen zu erreichen, werden die zuständigen Bundesministerinnen und Bundesminister die vom Bund vorgesehenen Härtefallhilfen mit den jeweiligen Fachministerinnen und Fachministern der Länder erörtern.“
Die Härtefallregelung für kleine und mittlere Unternehmen soll darüber hinaus gesondert vereinbart werden. Der Bund ist aber bereit dafür eine Milliarde Euro zur Verfügung zu stellen. Bis zur Konferenz der Wirtschaftsministerinnen und -minister am 1. Dezember soll ein Vorschlag für eine Regelung vorliegen.
Wie soll das 49-Euro-Ticket aussehen?
Das 9-Euro-Ticket bekommt einen Nachfolger. Bund und Länder haben sich auf die Einführung eines digitalen 49-Euro-Tickets geeinigt, das unter dem Namen „Deutschlandticket“ laut Beschluss „schnellstmöglich“ bundesweit vertrieben werden und gelten soll. Der Start ist für den 1. Januar 2023 geplant.
Dass es eine Nachfolgeregelung für das bundesweit gültige 9-Euro-Ticket im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) aus dem Sommer geben soll, war schon länger unstrittig. Nun ist aber auch klar, wie die Kostenaufteilung aussieht.
Der Bund übernimmt 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Die Länder zahlen den gleichen Betrag. Außerdem gibt es vom Bund zusätzliche Regionalisierungsmittel in Höhe von einer Milliarde Euro, sie sollen künftig jährlich um drei Prozent steigen.
Wer zahlt für die Ausweitung des Wohngelds?
Die Bundesregierung will die Zahl der Empfänger zum 1. Januar auf zwei Millionen Haushalte mehr als verdreifachen. Da auch die durchschnittlichen Zahlungen steigen, erhöhen sich die Kosten laut Bauministerium auf rund 5,1 Milliarden Euro, bisher lagen sie bei 1,4 Milliarden Euro für rund 640.000 anspruchsberechtigte Haushalte. Das Wohngeld können Menschen beantragen, die keine Sozialleistungen erhalten, aber nur wenig Geld zum Leben zur Verfügung haben.
Die Länder hatten gefordert, dass der Bund bei den Mehrkosten, die durch die Erhöhung entstehen, einen größeren Anteil übernimmt. Im Beschluss heißt es aber nun: „Bund und Länder finanzieren das Wohngeld auch weiterhin gemeinsam jeweils zu Hälfte.“
Darüber hinaus will der Bund für alle Wohngeldbezieher erneut einen Heizkostenzuschuss finanzieren.
Wer sorgt für die Unterbringung Geflüchteter?
Durch den Ukraine-Krieg sind rund eine Million Menschen nach Deutschland geflüchtet, auch die Zahl der Asylbewerber aus anderen Ländern steigt. Die Kommunen sehen sich am Rande ihrer Leistungsfähigkeit. Sie verlangten von Bund und Ländern die vollständige Übernahme der Kosten für Unterbringung, Betreuung und Integration. Die Länder wiederum stellten Forderungen an den Bund.
Der Bund beteiligt sich nun mit zusätzlichen Mitteln in Milliardenhöhe bei der Unterbringung von Flüchtlingen beteiligen. Für das laufende Jahr will der Bund zusätzliche 1,5 Milliarden Euro für die Versorgung von Geflüchteten unter anderem aus der Ukraine zur Verfügung stellen. Für das kommende Jahr wolle der Bund noch einmal 1,5 Milliarden Euro für die Aufnahme von Flüchtlingen bereitstellen. Für Menschen aus anderen Ländern als der Ukraine, die in Deutschland Schutz suchten, wolle der Bund 1,25 Milliarden Euro geben.