Todesfälle haben sich verzehnfacht: Die düstere Bilanz des „Lockdown light“
16. Dezember 2020
Mit dem Ziel, die bundesweite Inzidenz wieder unter den kritischen Wert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner zu bekommen, ging Deutschland am 2. November in den „Lockdown light“. Gastronomie und Hotellerie wurden geschlossen, die Kontakte auf ein Minimum reduziert und die Vorsichtsmaßnahmen generell verschärft.
Innerhalb der 6,5 Wochen, die der Lockdown light dauerte, entwickelten sich die Zahlen allerdings überhaupt nicht so, wie es sich die Bundesregierung erhofft hatte:
1. Todesfälle haben sich fast verzehnfacht
Ab dem Dienstag lagen die Zahlen bei über 100 neuen Todesfällen täglich. Sechseinhalb Wochen später, am 16. Dezember 2020 und einen Tag nach dem Ende des Lockdown light, meldet das RKI allerdings den neuen, traurigen Rekord von 952 Sterbefällen im Zusammenhang mit Covid-19 binnen 24 Stunden. Vor fünf Tagen, am 11. Dezember, waren es 598. Die Zahl der täglichen Corona-Todesfälle hat sich demnach während des Lockdown light zum heutigen Tag fast verzehnfacht.
2. Zahl der täglichen Neuinfektionen hat sich mehr als verdoppelt
3. Aktive Fälle haben sich verdoppelt
4. Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz ist um 50 Prozent gestiegen
5. Die R-Werte pendeln auf einem konstanten Niveau
Einzig und allein die R-Werte haben sich in den vergangenen 6,5 Wochen kaum verändert, aber eben auch nicht verbessert. Sie pendeln konstant zwischen knapp unter 1 und etwas über 1. In der vergangenen Woche lagen erstmals seit dem Lockdown light beide Werte an allen Werktagen über 1. Laut RKI-Lagebericht vom 15. Dezember sind sie inzwischen wieder auf 0,95 (4-Tage-R) und 0,97 (7-Tage-R) gesunken.
Die R-Werte geben an, wie viele weitere Menschen ein Infizierter in der Regel ansteckt. Liegt ein R-Wert bei 1, stecken 100 Infizierte im Schnitt 10 weitere Menschen an. Das RKI unterscheidet dabei zwischen dem 4-Tage-R und dem 7-Tage-R. Das 4-Tage-R umfasst einen kürzeren Zeitraum und ist somit anfälliger für tagesaktuelle Schwankungen als das 7-Tage-R.
Die Corona-Trends für Deutschland: 16. Dezember 2020
- Neuinfektionen: 27.728; Gesamt: 1.379.238
- Neue Todesfälle: 952; Gesamt: 23.427
Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet am Mittwochmorgen 27.728 Neuinfektionen mit Sars-CoV-2. Insgesamt haben sich laut RKI seit Beginn der Pandemie 1.379.238 Menschen in der Bundesrepublik mit dem neuen Coronavirus infiziert.
Es meldet am Mittwochmorgen zudem 952 neue Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 innerhalb von 24 Stunden. Das ist ein neuer Negativrekord. Der bisherige Höchstwert war am vergangenen Freitag mit 598 Todesfällen erreicht worden. Insgesamt sind in Deutschland bislang 23.427 Menschen im Zusammenhang mit der durch das neue Coronavirus ausgelösten Krankheit verstorben.
Der R-Wert liegt in Deutschland laut RKI-Lagebericht vom Dienstag bei 0,95 und ist damit im Vergleich zum Vortag (1,12) deutlich gesunken. Das bedeutet, dass 100 Infizierte nun im Schnitt 95 weitere Menschen anstecken. Ab einem Wert von 0,7 oder niedriger geht man davon aus, dass das Infektionsgeschehen kontrollierbarer wird.
Das 7-Tage-R, das weniger Schwankungen ausgesetzt ist, lag am Dienstagabend bei 0,98. Im Vergleich zum Vortag sank dieser Wert (1,06).
Das Divi-Intensivregister meldet am Mittwochmorgen 4738 Covid-19-Patienten in Intensivbetten. Von den 4738 Patienten sind 2694 an Beatmungsgeräte angeschlossen. Insgesamt sind aktuell laut Intensivregister 20.693 von 24.452 betreibbaren Intensivbetten belegt – das entspricht einer Auslastung von mehr als 84 Prozent. Außerdem stehen 10.985 Betten als Notfallreserve bereit, die innerhalb von sieben Tagen zusätzlich aufstellbar wären.
Hinweis: Zahlen können aufgrund von Meldeverzug von den tatsächlichen Zahlen abweichen.
Dienstag, 15. Dezember 2020: Lockdown wirkt – Grafiken zeigen, wie Frankreich, Italien und Israel Corona in Schach halten
In Deutschland gab es in den vergangenen sieben Tagen laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) insgesamt 144.485 Neuinfektionen mit Sars-CoV-2. 14.432 kamen allein von Montag auf Dienstag hinzu. Da montags die Zahlen aufgrund des Wochenendverzugs allerdings generell etwas niedriger sind als an anderen Wochentagen, dürfte die Zahl der Neuinfektionen im Laufe der Woche noch einmal deutlich steigen.
Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz liegt inzwischen bei 173,7 Fällen pro 100.000 Einwohner. Weil das Infektionsgeschehen sich immer rasanter entwickelt und die Zahlen sich trotz des Lockdown lights weiter nach oben entwickeln, anstatt zu sinken, geht Deutschland ab Mittwoch in einen zweiten harten Lockdown. Gerade das Timing kurz vor Weihnachten sorgt bei vielen Bürgern nun für Unmut. Aber die Politik hält den Lockdown für unumgänglich, um zu verhindern, dass die Situation außer Kontrolle gerät.
An ähnlichen Punkten waren während der zweiten Welle schon verschiedene andere Länder, die ihre harten Lockdowns bereits teilweise hinter sich haben. Das Infektionsgeschehen ist dort stark zurückgegangen – und steigt teilweise wieder leicht, wo es erste Lockerungen gab. Drei Länder waren besonders stark von der zweiten Welle getroffen – und brachten ihr Infektionsgeschehen mithilfe eines Lockdwons unter Kontrolle: Frankreich, Italien und Israel.
Frankreich – von 54.000 auf 22.000 Neuinfektionen in vier Wochen
Frankreich wurde von der ersten und auch der zweiten Corona-Welle hart getroffen. Nach drastischen Gegenmaßnahmen sind die Infektionszahlen in den vergangenen Wochen aber wieder stark gesunken. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte den harten Lockdown in Frankreich kürzlich ausdrücklich gelobt: „Dieses Mal hat Frankreich alles richtig gemacht und eindrucksvolle Erfolge erzielt, während in Deutschland die Dynamik der zweiten Welle leider immer noch nicht gebrochen ist“, sagte er dem „Handelsblatt“ sowie der französischen Zeitung „Les Échos“.
Frankreich meldete Anfang November knapp 54.000 Neuinfektionen mit Sars-CoV-2 an nur einem Tag. Seit Anfang Dezember liegen die Zahlen stabil bei um oder unter 20.000. Nach der Statistik der europäischen Gesundheitsagentur ECDC waren die Infektionszahlen in den vergangenen 14 Tagen nur in sechs der 26 anderen EU-Länder niedriger als in Frankreich: nämlich in Spanien, Island, Norwegen, Irland, Finnland und Griechenland.
Virus ist noch nicht besiegt – Sterbezahlen weiterhin hoch
Nun warnen Frankreichs Gesundheitsbehörden aber bereits vor einem Wiederaufflammen der Covid-19-Epidemie im Land. Die Entwicklung im Dezember erfordere äußerste Wachsamkeit – gerade mit Blick auf die Feiertage, hieß es in einer Mitteilung der französischen Gesundheitsbehörde Santé Publique. Nach vier aufeinanderfolgenden Wochen mit starkem Rückgang verharrten die Indikatoren wie etwa die Zahl der Corona-Neuinfektionen nun auf einem hohen Niveau.
In der 49. Kalenderwoche (30. November bis 6. Dezember) zählten die Behörden 107 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Bei den Neuinfektionen habe es im Vergleich zur Vorwoche nur einen Rückgang um sechs Prozent gegeben. Im Schnitt wurden 10.000 neue Corona-Fälle pro Tag gemeldet. Auch die Sterblichkeit sei weiterhin sehr hoch. Laut ECDC liegt ihre 14-Tage-Inzidenz in Frankreich derzeit bei 8,3 pro 100.000 – etwas höher als in Deutschland (6,9). Der Anteil positiver Tests geht allerdings weiter zurück.