Spahn rechnet mit Problemen zum Impftstart: „Es wird am Anfang ruckeln“
20. Dezember 2020
Spahn will zusätzliche Impfstoff-Produktion in Deutschland – „Es wird am Anfang ruckeln“
Sonntag, 20. Dezember, 19.28 Uhr: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat zusätzliche Anstrengungen angekündigt, um die Verfügbarkeit von Impfstoff gegen das Coronavirus zu erhöhen. Es gebe gemeinsame Bemühungen mit dem deutschen Hersteller Biontech, „dass es eine zusätzliche Produktionsstätte hier in Deutschland gibt“, sagte Spahn am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Gleichwohl werde der Impfstoff zunächst knapp sein „und es wird am Anfang ruckeln“, räumte der Minister ein.
Bedenken, es könnten Engpässe durch logistische Probleme beim Impfen entstehen, wies Spahn zurück: „Die elf Millionen Dosen zu verimpfen in den drei Monaten wird aber auch gut miteinander gelingen“, stellte er klar. Das aber der Impfstoff selbst „zu beginn für alle knapp“ sein werde, sei lange bekannt. Behauptungen mit dem Tenor „der Rest der Welt hat ganz viel und wir gar nicht“ seien aber falsch. „Das stimmt so nicht“, betonte Spahn.
Mit der Entscheidung der europäischen Arzneimittelbehörde EMA über die Zulassung des Biontech-Impfstoffs wird an diesem Montag gerechnet, mit der des US-Herstellers Moderna Anfang Januar. Nach der Zulassung soll jeweils zeitnah mit dem Impfen begonnen werden, in Deutschland voraussichtlich ab dem 27. Dezember.
Impfstoff für Deutschland lagert derzeit noch in Belgien
21.29 Uhr: Der für Deutschland vorgesehene Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer befindet sich derzeit noch in Belgien. Erst nach der Zulassung durch die Europäische Kommission könne der Transport der Dosen von dem Pfizer-Werk im belgischen Puurs nach Deutschland an eine zentrale Anlieferstelle beginnen, teilte Biontech-Geschäftsvorstand Sean Marett am Freitag mit. Von dort aus werde der Impfstoff zu den einzelnen Verteilzentren der Bundesländer gebracht.
In Deutschland und der Türkei ist Biontech nach eigenen Angaben für die Auslieferung zuständig, in allen anderen Ländern übernimmt das Pfizer. Genaue Angaben zur Menge der Impfdosen, die in Kürze an die EU-Mitgliedsländer ausgeliefert werden sollen, machte Marett nicht. Die Verteilung erfolge nach einem Schlüssel der EU, sagte er.
Die Herstellung des Botenmoleküls mRNA für die klinische oder kommerzielle Produktion erfolgt den Angaben zufolge in den Biontech-Werken in Mainz und Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz. Anschließend werde die Lösung gereinigt und konzentriert, erläuterte Marett den Produktionsvorgang. Schließlich werde das Ausgangsmaterial zu Pfizer nach Belgien gebracht, wo das Präparat weiterverarbeitet, abgefüllt und etikettiert werde.
Zur Frage, warum bei der weltweiten Studie von Biontech und Pfizer keine allergischen Reaktionen bei Geimpften auftauchten, erklärte Marett, dass Menschen, die schwere Allergien gegen Impfstoffe oder Bestandteile davon hatten, als Probanden ebenso ausgeschlossen gewesen seien wie Schwangere und Kinder. In Großbritannien, wo bereits mehr als 140 000 Menschen den Impfstoff erhielten, hatten zwei Geimpfte stärkere allergische Reaktionen gezeigt.
An diesem Montag will die europäische Arzneimittelagentur EMA ihre Beurteilung über den Impfstoff von Biontech und Pfizer abgeben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erwartet nach eigenen Worten, dass die EU-Kommission das Serum am Dienstag zulässt. Das in Deutschland zuständige Paul-Ehrlich-Institut prüfe dann bei den Lieferchargen, ob die Impfdosen der Zulassung entsprechen. Das Institut erhielt inzwischen erste Prüfmuster und begann mit Untersuchungen, wie am Freitagabend mitgeteilt wurde.
Medien: USA erteilen Moderna-Impfstoff Notfallzulassung
Freitag, 18. Dezember, 06.11 Uhr: Die U.S. Food and Drug Administration (FDA) hat am Donnerstagabend (Ortszeilt) dem Coronavirus-Impfstoff von Moderna die Notfallzulassung erteilt. Das berichtete die „Financial Times“ unter Berufung auf Personen, die dem Prozess nahe stehen.
Zuvor hatte ein Beratergremium der US-Arzneimittelbehörde FDA grünes Licht für eine Notfallzulassung des Corona-Impfstoffs des US-Konzerns Moderna gegeben. Auf Basis der bisher verfügbaren Informationen seien die Vorteile des Präparats im Einsatz bei Menschen ab 18 Jahren größer als die Risiken, erklärten 20 Fachleute bei einem per Video-Schalte abgehaltenen Treffen am Donnerstag. Es gab eine Enthaltung zu dieser Frage.
Vergangene Woche hatte die FDA bereits einen ersten Impfstoff von Pfizer aus den USA und Biontech aus Mainz zugelassen. Bei diesem hatten die Berater am Donnerstag den Einsatz abgenickt, die Behörde entschied am Freitag über die Notzulassung und seit Montag wird der Impfstoff in den USA eingesetzt.
Modernas Mittel hat in Testreihen eine hohe Wirksamkeit von rund 94 Prozent bewiesen. Von 30 350 Studienteilnehmern in der dritten Testphase bekam die eine Hälfte den Impfstoff mRNA-1273, die andere Hälfte ein Placebo. In der Gruppe mit dem Placebo infizierten sich in der Folgezeit 185 Menschen mit dem Coronavirus, in der geimpften Gruppe kam es nur zu 11 Fällen. Von 30 schweren Verläufen trat keiner unter den Geimpften auf.
Um seine Wirkung zu entfalten, muss das Mittel zweimal innerhalb von vier Wochen verabreicht werden. In den Tests gab es nur geringe Nebenwirkungen – allerdings fehlen wegen der nur wenige Monate langen Erprobungszeit noch längerfristige Daten zur Sicherheit des Präparats und Detailinformationen zu anderen Bevölkerungsgruppen.
EU entscheidet schon am 6. Januar über Zulassung von Moderna-Impfstoff
18.37 Uhr: Die Europäische Arzneimittelagentur EMA will bereits am 6. Januar über die Zulassung eines weiteren Corona-Impfstoffes entscheiden. Es geht um das Präparat des US-Herstellers Moderna, wie die Behörde am Donnerstagabend in Amsterdam mitteilte. Das sind sechs Tage früher als zunächst geplant.
Der Impfstoff von Moderna könnte damit aller Voraussicht nach der zweite sein, der in der EU auf den Markt kommt. Bereits am kommenden Montag will die EMA über die Zulassung des Impfstoffes der Hersteller Pfizer und Biontech entscheiden. Sobald dann die EU-Kommission grünes Licht gibt, könnte bereits noch im Dezember in der EU geimpft werden. Die Zustimmung der Kommission gilt als Formsache.
Zuvor hatte die EMA angegeben, dass sie am 12. Januar über den Moderna-Impfstoff entscheiden werde. Das Pharmaunternehmen habe aber bereits am Donnerstag und damit früher als erwartet das letzte Datenpaket übermittelt. „Dieses enthält spezifische Informationen für die Herstellung für den EU-Markt“, teilt die Behörde mit. Bei der wissenschaftlichen Bewertung aller Daten und Studien würden aber keine Abstriche bei der Sicherheit und Wirksamkeit gemacht.
Ein Beraterkreis der US-Arzneimittelbehörde FDA hat unterdessen am Donnerstag den Antrag auf Notfallzulassung für den Moderna-Impfstoff diskutiert. Per Video-Schalte besprachen Wissenschaftler, Ärzte und Mitarbeiter von Behörden und Pharmafirmen verschiedene Aspekte des Präparats, seiner Wirksamkeit und Nebenwirkungen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen.
Zum Abschluss der ganztägigen Sitzung wurde eine Empfehlung an die FDA erwartet, ob der Impfstoff eine Notfallzulassung in den USA bekommen sollte oder nicht. Eine endgültige Entscheidung obliegt dann aber der FDA und wurde bald nach Abschluss des Treffens erwartet. US-Regierungsbeamte hatten bereits erklärt, dass nach einer Notfallzulassung Anfang nächster Woche mit den Impfungen begonnen werden könnte.
Bundesgesundheitsminister Spahn unterzeichnet am Freitag Impfverordnung
18.31 Uhr: Als Rechtsgrundlage für eine Priorisierung bei der Corona-Impfung will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Freitag eine Impfverordnung unterzeichnen. In einer Pressekonferenz um 11.00 Uhr will der CDU-Politiker zudem darüber informieren, welche Personengruppen zuerst geimpft werden sollen. Die Verordnung soll die Grundlage für die voraussichtlich am 27. Dezember beginnenden Impfungen sein und basiert auf einer Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut.
In einer ersten Stufe sollten demnach Alten- und Pflegeheimbewohner und Menschen über 80 Jahre geimpft werden. Ebenfalls in der Reihenfolge weit vorne stehen sollte Personal mit besonders hohem Ansteckungsrisiko etwa in medizinischen Einrichtungen, beispielsweise in Notaufnahmen oder bei der Behandlung von Corona-Patienten, zudem Pflegepersonal in der ambulanten Pflege und Heimen sowie andere dort Beschäftigte mit Kontakt zu Bewohnern. Eine Prioritätensetzung ist nötig, weil zunächst nur begrenzte Mengen an Impfdosen verfügbar sein werden.
Ständige Impfkommission veröffentlicht Empfehlung zur Corona-Impfung
17.04 Uhr: Die Ständige Impfkommission (Stiko) am Robert Koch-Institut (RKI) hat am Donnerstag ihre endgültigen Empfehlungen für die Impfung gegen Covid-19 veröffentlicht. Angesichts einer begrenzten Menge an Impfdosen am Anfang, sollten diese zunächst genutzt werden, um die Zahl der Sterbefälle und schweren Krankheitsverläufe zu senken, erklärte die Stiko in Berlin.
„Es geht bei der Priorisierung keineswegs um eine willkürliche Bevorzugung einer bestimmten Gruppe, sondern um eine wissenschaftlich basierte Einstufung, um möglichst viele Leben zu retten und zugleich unser Medizinsystem vor Überlastung zu schützen“, sagte der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Die Empfehlung priorisiert in sechs Stufen. In der ersten Stufe werden zusammengefasst Bewohner von Senioren- und Altenpflegeheimen, Personen im Alter ab 80 Jahren, Personal mit besonders hohem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen, zum Beispiel der Rettungsdienst und Notärzte, Personal in medizinischen Einrichtungen mit engem Kontakt zu vulnerablen Gruppen, Pflegepersonal in der ambulanten und stationären Altenpflege sowie andere Tätige in Senioren- und Altenpflegeheimen mit Kontakt zu den Bewohnern.
In der zweiten Priorisierungsstufe werden Personen im Alter ab 75 bis 79 Jahren genannt, Personal mit hohem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen, beispielsweise Hausärzte und Kinderärzte, Personen mit einer Demenz oder geistigen Behinderung in Institutionen, Tätige in der ambulanten oder stationären Versorgung von Personen mit Demenz oder geistiger Behinderung und explizit Personen mit Down Syndrom.
In der dritten Stufen befinden sich dann etwa Personen mit Vorerkrankungen mit hohem Risiko, nach Organtransplantationen sowie Personen, die in Gemeinschaftsunterkünften leben und arbeiten. In der vierten Stufe werden dann unter anderem Lehrer und Erzieher genannt.
Innerhalb einer Priorisierungsstufe soll nach Aussage der Stiko durchaus parallel geimpft werden. Die Empfehlung soll zudem ständig neu überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. Für eine vollständige Impfserie sind zwei Impfstoffdosen im Abstand von 21 Tagen notwendig.
Die auf Basis der Empfehlung verfasste Rechtsverordnung wird laut Bundesgesundheitsministerium, sobald sie unterzeichnet und im Bundesanzeiger veröffentlicht wird, voraussichtlich am Freitag, rückwirkend zum 15. Dezember in Kraft treten. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA will am 21. Dezember über eine Zulassung des Impfstoffes der Pharmafirmen Biontech und Pfizer entscheiden. Danach wird der Bund den Impfstoff besorgen und verteilen, die Durchführung der eigentlichen Impfkampagne, die am 27. Dezember starten soll, liegt bei den Ländern.