Gastarife der Energieversorger Welle von Preissenkungen im Frühjahr?

Gastarife der Energieversorger Welle von Preissenkungen im Frühjahr?

27. Januar 2023 Aus Von mvp-web
Stand: 27.01.2023 14:44 Uhr

Die Großhandelspreise für Erdgas sinken seit Wochen, die Lage auf dem Energiemarkt hat sich unerwartet deutlich entspannt. Die Rufe werden lauter, dass die Versorger auch die Tarife ihrer Kunden bald verbilligen.

Angesichts deutlich gesunkener Großhandelspreise beim Erdgas werden zunehmend Forderungen nach einer Weitergabe dieser Entlastung an die Energiekunden laut. „Wenn wir den Winter mit ausreichend gefüllten Gasspeichern überstehen, dann stehen die Signale auf Preissenkungen“, sagte der Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Udo Sieverding.

Er erwarte, dass es nach dem Frühjahr eine große Preissenkungswelle gebe, in der die Energieversorger zumindest die Spitzenpreise von mehr als 15 Cent pro Kilowattstunde Erdgas zurücknehmen müssten. „Da muss man dann auch Preissenkungen sehen.“

Terminkontrakt bei unter 60 Euro

Energieversorger begründeten ihre Preiserhöhungen während des Ukraine-Kriegs mit „gestiegenen Beschaffungskosten“. Da die Beschaffungskosten jetzt erkennbar sinken, müssten die Verbraucher davon eigentlich profitieren. In den vergangenen Wochen haben die Gaspreise auf den Energiemärkten kräftig nachgegeben. So notiert etwa der europäische Gas-Future TTF aktuell bei weniger als 60 Euro je Megawattstunde. Derzeit koste eine Megawattstunde so wenig wie zuletzt im Herbst 2021, also vor Beginn des Ukraine-Kriegs, schreiben die Rohstoffexperten der Commerzbank.

Im vergangenen Sommer hatte der Höchststand bei 345 Euro gelegen. Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) betrugen die Großhandelspreise 2022 am Terminmarkt, an dem die Gasversorger den Großteil des künftig benötigten Gases beschaffen, im Schnitt 117 Euro je Megawattstunde.

Gas immer noch relativ teuer

Der aktuelle Großhandelspreis liegt aber noch deutlich über den historischen Notierungen vor den Krisenjahren: „Im Mittel der Jahre 2015 bis 2019 lag der durchschnittliche Gaspreis im Großhandel bei rund 18,50 Euro je Megawattstunde“, so der BDEW.

Laut BDEW lag der durchschnittliche Erdgaspreis für Haushalte in Mehrfamilienhäusern im vierten Quartal 2022 bei 19,8 Cent je Kilowattstunde, für Einfamilienhäuser bei 20,0 Cent. Zum Vergleich: Die privaten Haushalte in Deutschland haben laut Statistischem Bundesamt im 2. Halbjahr 2021 im Durchschnitt 6,83 Cent je Kilowattstunde Erdgas gezahlt. Das Vergleichsportal Verivox teilt mit, dass eine Kilowattstunde Gas für Neukunden jetzt im Schnitt 11,8 Cent kostet.

Versorger dämpfen Erwartungen

Für die Branche der Energieversorger und Stadtwerke ist es nach eigenen Angaben hingegen noch zu früh, um ernsthaft Preissenkungen in Erwägung zu ziehen. Er warne vor falschen Hoffnungen, sagte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der kommunalen Unternehmen (VKU), der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Es wird nach unserer Einschätzung absehbar auf eine Verdoppelung der Gas- und Stromtarife hinauslaufen.“ Die Krise sei nicht mehr ganz so dramatisch, aber nicht vorüber. Einen Zeitraum für die erwartete Preisverdoppelung nannte Liebing nicht.

Den Vorwurf von Verbraucherschützern, Stadtwerke verlangten „Mondpreise“, wies Liebing zurück. „Die aktuellen Spotmarkt- und Terminpreise sind noch nicht so günstig, dass sich das bereits nachhaltig preissenkend auswirkt. Dafür müssten sie noch weiter und vor allem dauerhaft sinken“, sagte er.

Der BDEW bezeichnete die aktuell gesunkenen Preise im Gas-Großhandel als gutes Zeichen, sie seien jedoch noch kein Grund zur Entwarnung. Die Entspannung am Gasmarkt werde vollends erst mit Verzögerung bei den Verbrauchern ankommen, heißt es auch vom Verbraucherportal Check24.

 26.01.2023
Gasspeicher in Deutschland Verbrauch steigt – Versorgung gesichert

Die Gasspeicher in Deutschland sind mit 83 Prozent gefüllt. Der Verbrauch ist niedriger als in Vorjahren.

 

 

 

Langfristige Beschaffungsstrategien

Die meisten Energieversorger verfolgten langfristige Beschaffungsstrategien, hieß es beim BDEW. Daher könnten sich die Marktpreise nicht eins zu eins und nicht unmittelbar auf die Endkundenpreise auswirken. Ein großer Teil der Energie, die im vergangenen Jahr an Endkunden geliefert worden sei, sei noch vor der Krise zu günstigeren Preisen gekauft worden. Der nun temporär gesunkene Einkaufspreis werde sich erst später auf die Endkundenpreise auswirken, sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.

Die Strategie der Versorger glätte die Entwicklungen an den Energiebörsen und schütze Kunden vor starken Preissprüngen. „Dies bedeutet aber auch, dass sich nun der temporär gesunkene Einkaufspreis erst später auf die Endkundenpreise auswirkt.“

 13.01.2023
Energiekrise Wann Kunden vom sinkenden Gaspreis profitieren

Die Gasspeicher sind voll und das Wetter in diesem Winter mild – das lässt den Gaspreis sinken.

 

 

 

Verbraucherschützer raten zum Preisvergleich

Verbraucherschützer wie Sieverding raten deshalb Haushaltskunden, denen in diesen Wochen noch Erhöhungen angekündigt werden, Tarif- oder Anbieterwechsel in Erwägung zu ziehen.  Er verweist auf die Vergleichsportale, in denen jetzt auch wieder Preise zu finden seien, die unterhalb der zeitweise günstigeren Grundversorgungstarife lägen. „Der Blick in die Portale kann sich lohnen“, sagt er.

Allerdings sei zu beobachten, dass viele Kunden nach plötzlichen Kündigungen durch Energie-Discounter zunächst bei ihren Stadtwerken oder anderen Grundversorgern bleiben wollten, die sie damals aufgenommen hätten. Dies sei „sehr nachvollziehbar“: zumal die Gaspreisbremse in diesem Jahr 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs auf 12 Cent deckele.