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10. Februar 202311:28 Uhr
Russland senkt wegen Preisdeckel „freiwillig“ Ölförderung
Moskau hat wegen der vom Westen beschlossenen Preisobergrenze für russisches Rohöl angekündigt, ab März die Ölförderung zu kürzen. „Wie vorher erklärt, werden wir denjenigen, die direkt oder indirekt das Prinzip des Preisdeckels nutzen, kein Öl verkaufen. Darum wird Russland ab März freiwillig seine Förderung um 500.000 Barrel pro Tag senken“, sagte Vizeregierungschef Alexander Nowak der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Eine weitere Kürzung sei nicht ausgeschlossen.
Die EU hatte, unterstützt von den Ländern der größten Industrienationen (G7), im Dezember die Obergrenze für russisches Rohöl bei 60 Dollar je Barrel (159 Liter) festgelegt. Das bedeutet, dass Lieferungen zu einem höheren Preis auch in Drittländer nicht von westlichen Versicherungen und Reedereien abgefertigt werden dürfen. Die Maßnahme dient dazu, dem Kreml Einnahmen für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu entziehen.
Selenskyj-Berater pocht nach neuen Angriffen auf Kampfjets
Nach der erneuten russischen Luftangriffswelle fordert der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak die westlichen Verbündeten mit Nachdruck dazu auf, seinem Land Kampfjets und Langstreckenraketen zur Verfügung zu stellen. „Russland hat die ganze Nacht und den ganzen Morgen über ukrainische Städte angegriffen“, schrieb er auf Twitter. „Genug geredet und politisch gezögert. Nur schnelle Schlüsselentscheidungen: Langstreckenraketen, Kampfjets, Einsatzlogistik für die Ukraine.“
Selenskyj trifft Polens Präsidenten Duda
Auf der Rückreise vom EU-Gipfel in Brüssel hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Polen seinen Amtskollegen Andrzej Duda getroffen. Das Treffen in der südpolnischen Stadt Rzeszow habe am späten Donnerstagabend stattgefunden, sagte Dudas außenpolitischer Berater Marcin Przydacz der Nachrichtenagentur PAP. Selenskyj habe Duda von den Ergebnissen seiner Treffen in Brüssel, Paris und London berichtet. Weitere Themen seien die aktuelle Lage an der Front, die Sicherheit in der Region sowie die gemeinsamen westlichen Anstrengungen zur militärischen Unterstützung der Ukraine gewesen.
Der ukrainische Präsident hatte am Donnerstag in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder auf einen gemeinsamen Kampf gegen Russland eingeschworen und zugleich weitere Waffenlieferungen von den Mitgliedstaaten gefordert. Am Mittwoch hatte er London und Paris besucht.
IAEA-Chef berät in Moskau mit russischem Vize-Außenminister
Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, hat bei seinem Besuch in Moskau den russischen Vize-Außenminister Sergej Rjabkow getroffen. Im Zentrum der Gespräche habe die Situation um das Kernkraftwerk Saporischschja in der Südukraine gestanden, meldete die russische Nachrichtenagentur Tass. Das AKW ist von russischen Truppen besetzt. Es ist bereits mehrfach unter Beschuss geraten. Russland und die Ukraine machen sich gegenseitig dafür verantwortlich. Die IAEA fordert seit längerem eine Sicherheitszone um das Atomkraftwerk.
Kiew: Massive russische Luftangriffe – auch auf Großstadt Krywyj Rih
Russland hat nach Angaben des ukrainischen Militärs am Freitagmorgen „massive“ Raketen- und Drohnenangriffe auf die Regionen Charkiw und Saporischschja gestartet. Ziel der Angriffe seien Städte und kritische Infrastruktur der Ukraine gewesen, erklärte die ukrainische Luftwaffe.
Dabei hat es offenbar auch Einschläge in der südostukrainischen Großstadt Krywyj Rih gegeben. Weitere Raketen würden erwartet, teilte der Chef der Stadtverwaltung, Olexandr Wilkul, in seinem Telegram-Kanal mit.
In mehreren Gebieten, darunter in der Hauptstadt Kiew, wurde von Explosionen berichtet, die von Raketen der Flugabwehr ausgelöst wurden. Über Schäden und mögliche Opfer wurde vorerst nichts bekannt. Schon in der Nacht hatte es russische Angriffe gegeben.
Der staatliche Energieversorger Ukrenerho teilte mit, dass es Einschläge „in einige Objekte der Hochspannungsinfrastruktur“ im Osten, Westen und Süden des Landes gegeben habe. Deswegen gebe es Störungen bei der Stromversorgung. Laut Ukrenerho sei es die 14. derartige russische Angriffswelle auf das Energiesystem der Ukraine seit vergangenem Oktober.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
London: Russische Truppen rücken auf Bachmut und Wuhledar vor – hohe Verluste
Wagner-Söldner und reguläre russische Truppen sind nach Einschätzung britischer Militärexperten in den vergangenen Tagen auf die ostukrainischen Städte Bachmut und Wuhledar vorgerückt – erlitten dabei aber teils hohe Verluste. Das ging aus dem täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London hervor.
„Russische Kräfte dominieren zunehmend die nördlichen Zufahrtswege nach Bachmut. Im Süden sind russische Einheiten auf den westlichen Rand des Ortes Wuhledar vorgerückt (…)“, hieß es darin. Russische Truppen hätten wohl besonders hohe Verluste um Wuhledar erlitten, weil unerfahrene Einheiten zum Einsatz gekommen seien, hieß es. Bei einem einzigen Vorfall seien 30 weitgehend intakte gepanzerte Fahrzeuge nach einem missglückten Angriff zurückgelassen worden.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Updates zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.
Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete. Bild: ISW/09.02.2023
Wagenknecht und Schwarzer warnen vor „Rutschbahn“ in Atomkrieg
Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, im Ukraine-Krieg auf Verhandlungen statt Waffenlieferungen zu setzen. In einem gemeinsamen „Manifest für den Frieden“ warnten die beiden Frauen vor einer „Rutschbahn Richtung Weltkrieg und Atomkrieg“. Spätestens wenn die ukrainischen Streitkräfte die Krim angreifen sollten, werde der russische Präsident Wladimir Putin „zu einem maximalen Gegenschlag“ ausholen. Die Schwarzmeerhalbinsel Krim ist von Russland widerrechtlich annektiert worden.
Das Manifest wird von 69 Unterzeichnern unterstützt, so von der Theologin Margot Käßmann, dem Sänger Reinhard Mey und dem ehemaligen EU-Kommissar Günter Verheugen.
Portugal will drei „Leopard“-Kampfpanzer liefern
Der portugiesische Regierungschef António Costa hat der Ukraine drei moderne Kampfpanzer des Typs Leopard 2A6 zugesagt. Das habe der sozialistische Politiker beim EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel erklärt, meldete die staatliche portugiesische Nachrichtenagentur Lusa. Als möglichen Zeitpunkt der Entsendung hatte Costa schon zuvor im staatlichen TV-Sender RTP einen auf europäischer Ebene avisierten Zeitraum „bis Ende März“ genannt. Sein Land werde der Ukraine „alle Unterstützung für den Kampf“ zukommen lassen, zu der Portugal in der Lage sei, betonte Costa in Brüssel kurz vor einem Treffen mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj. Portugal verfügt über insgesamt 37 Kampfpanzer vom Typ „Leopard 2A6“, die vor Jahren gebraucht den Niederlanden abgekauft wurden.
Verteidigungsministerium: Keine Anfrage aus Niederlanden bekannt
Das Verteidigungsministerium in Berlin ist dem Eindruck entgegengetreten, Deutschland blockiere eine Beteiligung der Niederlande an Panzerlieferungen für die Ukraine. „Mir ist nicht bekannt, dass es eine offizielle Anfrage gegeben hat, die dann durch die Bundesregierung abschlägig beschieden worden wäre“, sagte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur dpa in Berlin.
Gestern hatte die niederländische Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren dem Parlament mitgeteilt, die 18 „Leopard 2“-Panzer, die die Niederlande von Deutschland leasen, würden nicht der Ukraine zur Verfügung gestellt, wie die Nachrichtenagentur ANP berichtete. Das habe die deutsche Bundesregierung entschieden.
Die Niederlande hatten zuvor erwogen, die „Leopard 2“-Panzer von Deutschland zu kaufen und der Ukraine zu schenken. Nach Informationen der dpa gab es aus dem niederländischen Militär große Ablehnung gegen diesen Schritt und dann einen Kurswechsel. Die Niederlande beteiligen sich aber gemeinsam mit Deutschland und Dänemark finanziell und personell an der Lieferung von rund 100 „Leopard“-Panzern des Modells „Leopard 1A5“.
Scholz: EU-Partner sollen Zusagen einhalten
Bundeskanzler Olaf Scholz hat nach eigenen Angaben EU-Partner am Rande des EU-Sondergipfels gebeten, Zusagen für Panzerlieferungen an die Ukraine einzuhalten. „Ich hoffe, dass dies am Ende gelingt“, sagte er. Deutschland bemühe sich, die Strukturen für den Einsatz der Kampfpanzer zu schaffen und kümmere sich um Training, Ersatzteile und Munition. „Mein Eindruck ist: Das läuft“, fügte er auf die Frage hinzu, ob Deutschland die eigene Zusage einhalte, 14 „Leopard“-Kampfpanzer bis Ende März zu liefern.
Landesweiter Luftalarm in der Ukraine
Die Ukraine hat einen landesweiten Luftalarm ausgerufen. Die Behörden riefen die Bevölkerung auf, Schutzräume aufzusuchen und warnten vor der Gefahr neuer Angriffe. „Es besteht eine große Gefahr eines Raketenangriffs“, sagte der Chef der Militärverwaltung der Hauptstadt Kiew, Serhij Popko.
In der Hauptstadt Kiew und der umliegenden Region waren Explosionen zu hören. Landesweit wurde eine Notabschaltung der Stromversorgung angeordnet.
Angriffe auf ukrainische Energieinfrastruktur
Russische Truppen haben erneut wichtige Infrastruktur in den ukrainischen Großstädten Charkiw und Saporischschja angegriffen. Im ganzen Land heulten am Morgen die Sirenen. Saporischschja sei binnen einer Stunde 17 mal getroffen worden, sagte der Sekretär des Stadtrates, Anatolij Kurtiew. Es handle sich um die heftigsten russischen Angriffe seit Beginn der Invasion vor knapp einem Jahr.
Auch in Chmelnyzkyj in der Westukraine, in Charkiw im Nordosten und in der Region Dnipropetrowsk im Zentrum des Landes sind laut Behörden Infrastrukturanlagen beschossen worden. „Zehn Einschläge wurden registriert“, schrieb der Militärgouverneur von Charkiw, Oleh Synehubow, auf seinem Telegram-Kanal. Es gebe Stromausfälle, teilte er mit.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Macron schließt schnelle Jet-Lieferungen aus
Der französische Präsident Emmanuel Macron rechnet nicht mit schnellen Kampfjet-Lieferungen an die Ukraine. Diese werden „auf keinen Fall in den kommenden Wochen“ erfolgen, sagte Macron nach Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel. Grund seien unter anderem notwendige Vorlaufzeiten und Ausbildungserfordernisse.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz wurde nach Kampfjet-Lieferungen an die Ukraine gefragt. Er entgegnete knapp: „Das war hier kein Gesprächsthema.“
Gouverneur: Russische Offensive hat begonnen
Die erwartete russische Offensive im Osten der Ukraine hat nach Angaben des Gouverneurs der Region Donezk, Pawlo Krylenko, bereits begonnen. Vor allem in Städten wie Bachmut, Awdijwka und Wuhledar „eskalieren die Kräfte und Mittel des Feindes mit täglicher Intensität“, sagte er im ukrainischen Fernsehen: „Sie versuchen, diese Gebiete und wichtigen Städte einzunehmen, um neue Erfolge zu erzielen.“
Der Jahrestag des Beginns der russischen Invasion am 24. Februar rückt näher. Die Ukraine hatte schon mehrfach gewarnt, dass rund um dieses Datum damit zu rechnen sei, dass Russland seine Angriffe vor allem im Osten der Ukraine wieder verstärken werde.
Münchner Sicherheitskonferenz spricht über Kriegsverbrechen
Die Strafverfolgung von möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine soll Thema der Münchner Sicherheitskonferenz in der kommenden Woche werden. Das teilte Konferenzchef Christoph Heusgen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland mit. An der Veranstaltung werde deshalb unter anderem der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, teilnehmen.
Heusgen verwies auf den Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 im Juli 2014 über der Ostukraine. Damals waren alle 298 Menschen an Bord ums Leben gekommen. Internationale Ermittler sprachen von „starken Anzeichen“ dafür, dass der russische Präsident Wladimir Putin die Lieferung der dabei verwendeten Rakete persönlich genehmigt hatte. Es gebe aber keine Beweise.
Zeitung: USA helfen Ukraine bei Koordination von Angriffen
Die USA sollen die Ukraine einem Bericht zufolge bei der Koordination von Angriffen gegen das russische Militär unterstützen. Bei einer Mehrheit der Angriffe, bei denen fortschrittliche US-Raketensysteme zum Einsatz kommen, sollen die USA oder Verbündete Koordinaten bereitstellen oder bestätigen, wie die „Washington Post“ unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen aus der Ukraine und den USA berichtete. Die Informationen würden vom US-Militär in Europa bereitgestellt.
Die Zeitung nannte als Ziele etwa russische Munitionsdepots oder Kasernen auf ukrainischem Boden. Ein hochrangiger US-Vertreter habe die „Schlüsselrolle der USA“ bestätigt. Die Unterstützung bei der Zielerfassung diene demnach dazu, Genauigkeit zu gewährleisten und mit begrenzten Munitionsvorräten maximale Wirksamkeit zu erreichen. Die USA würden dabei keine Angriffe genehmigen.