Exklusiv: Korruptionsverdacht Razzia bei Immobilienkonzern Vonovia
7. März 2023Die Staatsanwaltschaft Bochum durchsucht nach Informationen von WDR und SZ zur Stunde Büros in der Zentrale des DAX-Konzerns Vonovia. Der Verdacht: Korruption bei der Auftragsvergabe an Bau- und Handwerksfirmen.
Die Fahnder rückten am Hauptsitz des größten deutschen Immobilienkonzerns Vonovia in den Morgenstunden an. Nach Informationen von WDR und „Süddeutscher Zeitung“ suchten die Ermittler nach Beweismitteln eines möglichen Korruptionsskandals. Vonovia-Mitarbeiter, so der Verdacht, sollen sich bei der Vergabe von Handwerksaufträgen haben bestechen lassen. Vonovia besitzt allein in Deutschland 549.000 Wohnungen. Entsprechend umfangreiche Aufträge an Handwerker hat der Konzern zu vergeben, um die Gebäude instand zu halten.
Laufende Ermittlungen
Die Staatsanwaltschaft Bochum bestätigte auf Anfrage, dass es am heutigen Morgen eine größere Durchsuchungsmaßnahme im Bereich Wirtschaftsstrafrecht gebe, wollte sich aufgrund der noch laufenden Ermittlungen zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht zum Inhalt äußern.
Vonovia erklärte gegenüber WDR und SZ, dass Ermittlungsbehörden Unterlagen eingesehen hätten, da zum Schaden von Vonovia der Verdacht von mutmaßlich problematischen Vergaben von Aufträgen an Nachunternehmer bestehe.
„Die Staatsanwaltschaft erhebt offenbar Korruptionsvorwürfe gegen einzelne Mitarbeiter:innen und Nachunternehmer auf der operativen Ebene im technischen Bereich.“ Vonovia kooperiere als Geschädigte vollumfänglich mit den Behörden und gewähre ihnen Zugang zu den notwendigen Unterlagen. „Wir sind an einer schnellen und umfassenden Klärung der Vorwürfe interessiert“, so eine Sprecherin des Unternehmens.
Kritik von Mieterinitiativen
Die Durchsuchungen erschüttern Europas größten Vermieter in einer unruhigen Zeit. Nicht nur wegen seiner Marktmacht ist der Konzern umstritten. Mieterinitiativen werfen dem Unternehmen zu hohe Mieten vor, manche fordern, das Unternehmen zu enteignen. In die Kritik geriet das Unternehmen zudem, als die Geschäftsführung trotz des Wohnungsmangels in Deutschland unlängst ankündigte, im laufenden Jahr keine Neubauprojekte mehr zu beginnen.
Vonovia wolle seine Ausgaben fürs Bauen und Sanieren senken und nur noch angefangene Vorhaben beenden. Die Begründung: Inflation und höhere Zinsen hätten das Bauen derartig verteuert, dass Vonovia die Kaltmieten für die neuen Wohnungen „Richtung 20 Euro“ pro Quadratmeter heraufsetzen müsse, um die Kosten einzuspielen, sagte der zuständige Vorstand Daniel Riedl. Das sei aber in weiten Teilen Deutschlands „völlig unrealistisch“ – daher der Baustopp.
Mögliche Korruption bei der Auftragsvergabe auf dem Bau ist kein neues Phänomen. Schon bei einer der Vorgängerfirmen von Vonovia gab es vor einigen Jahren einen Skandal, der an die aktuellen Ermittlungen erinnert. Konkret ging es damals um die Veba Immobilien, die nach einer Reihe von Übernahmen und Umbenennungen später im Vonovia-Konzern aufging. Auch damals, Ende der 1990er-Jahre, rückte die Polizei an. Auch damals ging es um den Verdacht der Korruption.