Nord-Stream-Anschlag: Verdächtige Jacht steuerte Wiek auf Rügen an

Nord-Stream-Anschlag: Verdächtige Jacht steuerte Wiek auf Rügen an

9. März 2023 Aus Von mvp-web
Stand: 09.03.2023 15:22 Uhr

Wiek ohne “c”: Die Jacht, die laut deutschen Ermittlern an der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines beteiligt gewesen sein soll, hat nach neuesten Informationen eine andere Route genommen als ursprünglich angegeben. Auf dem Weg von Rostock zu den späteren Tatorten soll die Crew einen Zwischenstopp nicht in Wieck auf dem Darß, sondern in Wiek auf Rügen eingelegt haben.

Wie der Hafenmeister des Yachthafens Hafendorf Wiek auf Rügen, René Redmann, dem NDR in MV bestätigte, waren im Januar Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) vor Ort und haben ihn zu ein- und auslaufenden Schiffen befragt. Er erfasse lediglich Angaben zu Bootsnamen, Bootslänge und Crewanzahl, so Redmann weiter. Auch der ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt, der an der gemeinsamen Recherche von ARD-Hauptstadtstudio, SWR und der “Zeit” beteiligt ist, geht davon aus, dass es sich um einen Zwischenstopp in Wiek auf Rügen handeln müsse.

 

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Mehrere Quellen sprachen von Wieck auf dem Darß

Das Recherche-Team habe schon immer die beiden Orte Wieck auf dem Darß und Wiek auf Rügen auf dem Schirm gehabt, sagte Schmidt NDR Info. “Es war aber aus unserer Quellenlage – mehrere Quellen – naheliegend, dass es das mit ‘ck’ ist.” Dass unter anderem der geringe Tiefgang des dortigen Hafens dagegen spreche, sei ihnen klar gewesen. “Das haben auch wir gesehen. Jetzt ist für uns nach Quellenüberprüfung eigentlich sehr deutlich, es ist Wiek auf Rügen – mit einfachem ‘k’.” Dass das BKA beim dortigen Hafenmeister gewesen ist, habe dieser dem Recherche-Team ebenfalls bestätigt.

BKA äußert sich nicht

Ein Sprecher des Bundeskriminalamts sagte auf Anfrage, das BKA äußere sich grundsätzlich nicht zu Ermittlungsverfahren und verwies an den Generalbundesanwalt. Ende September war es zu Explosionen unter Wasser an der Ostsee-Pipeline gekommen, die von Russland nach Deutschland führt. Beide Stränge der Pipeline Nord Stream 1 und ein Strang von Nord Stream 2 schlugen leck. Ermittlern zufolge ist ein Sabotageakt für die Explosion verantwortlich.

Zweifel an ursprünglich angegebener Route

Zuvor waren bereits Zweifel an der ursprünglich von den Ermittlern angegebenen Route des unter Verdacht stehenden mutmaßlichen Sabotage-Teams laut geworden. So sei das angebliche Zwischenziel Wieck auf dem Darß mit einem großen Boot nur sehr umständlich über flaches Boddengewässer zu erreichen. Dem ehemaligen Hafenkapitän der Hansestadt Rostock, Gisbert Ruhnke, zufolge bräuchten die Täter für die mehrtägige Aktion ein größeres Boot. Das sei “durch Tiefgang begrenzt, man kommt nicht überall hin, wie zum Beispiel Wieck – nicht machbar”, sagte Ruhnke zu NDR Info. Auch das Recherche-Team sei über die Ortsmarke Wieck auf dem Darß “sehr irritiert” gewesen, so Teammitglied und Terrorismusexperte Michael Götschenberg. Dieser Punkt auf der Route ergebe “aus verschiedenen Gründen wenig Sinn”, die Problematik des geringen Tiefgangs sei nur einer davon. Der Tiefgang des Hafens in Wieck auf dem Darß wird mit 1,4 Metern angegeben, der des Hafens von Wiek auf Rügen mit etwa 3 Metern.

Nord-Stream-Sabotage: Sechs Personen auf Jacht unter Verdacht

Nach der gemeinsamen Recherche von ARD-Hauptstadtstudio, SWR und der “Zeit” führen in der Frage nach der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines Spuren in Richtung Ukraine. Ein Team aus sechs Personen soll den Anschlag durchgeführt haben. Fünf Männer und eine Frau sollen Anfang September mit gefälschten Pässen von Rostock aus mit einer gecharterten Jacht in See gestochen sein. Danach sollen sie in Wiek auf Rügen und anschließend auf der dänischen Ostsee-Insel Christiansø, nordöstlich von Bornholm, Zwischenstopps eingelegt haben, ehe sie die Anschläge an den Pipeline-Röhren im Seegebiet um Bornholm durchgeführt haben sollen. Wer den Auftrag dazu gegeben hat, konnten die Ermittler allerdings noch nicht aufklären. Auch die Frage nach der tatsächlichen Identität der mutmaßlichen Saboteure sei weiter offen, so Schmidt.