EuGH senkt Hürden für Schadenersatz-Klagen von Diesel-Käufern

EuGH senkt Hürden für Schadenersatz-Klagen von Diesel-Käufern

21. März 2023 Aus Von mvp-web

Abgase kommen aus dem Auspuff eines Autos. Foto: Marijan Murat/dpa


Der Europäische Gerichtshof (EuGH) senkt die Hürden für Schadenersatz-Klagen von Diesel-Käufern bei unzulässiger Abgastechnik. Die Autobauer könnten auch dann haften, wenn sie ohne Betrugsabsicht einfach nur fahrlässig gehandelt hätten, urteilten die Luxemburger Richter am Dienstag in einem Mercedes-Fall. Was das im Einzelnen für die deutsche Rechtsprechung bedeutet, ist noch unklar.

BGH: Klage nur bei einem Dieselauto zulässig

Eigentlich waren viele Fragen zu den Ansprüchen betroffener Autofahrer längst höchstrichterlich geklärt. Dem Grundsatz-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Mai 2020 folgten zahlreiche Entscheidungen aus Karlsruhe zu allen möglichen Einzelaspekten.

Dreh- und Angelpunkt ist immer die Annahme, dass Diesel-Kläger dann Anspruch auf Schadenersatz haben, wenn sie vom Hersteller der Autos bewusst und gewollt auf sittenwidrige Weise getäuscht wurden.

Diese Voraussetzungen sieht der BGH bisher allein beim VW-Skandalmotor EA189 erfüllt. Denn hier wurde eine Betrugssoftware so programmiert, dass die Autos in Behördentests weniger giftige Abgase ausstießen als tatsächlich im Straßenverkehr. Betroffene konnten ihr Auto zurückgeben, mussten sich aber auf den Kaufpreis die Nutzung anrechnen lassen. Wer zu viel gefahren ist, geht leer aus.

Warum erneut geklagt wurde

In vielen weiteren Diesel-Autos auch anderer Hersteller funktioniert die Abgasreinigung ebenfalls nicht durchgängig gleich gut. Auf Diesel-Klagen spezialisierte Anwaltskanzleien waren der Ansicht, dass auch diese Funktionalitäten unzulässige Abschalteinrichtungen sind.

Ein Beispiel ist das sogenannte Thermofenster: Ein Teil der Abgase wird eigentlich direkt wieder im Motor verbrannt. Je nach Außentemperatur wird dieser Mechanismus allerdings automatisch gedrosselt – um den Motor zu schützen, wie die Hersteller sagen. Kritiker werfen ihnen vor, auch hier darauf geschaut zu haben, dass die Autos die Grenzwerte vor allem unter Test-Bedingungen einhalten.

Nach den BGH-Kriterien gibt es deshalb keinen Schadenersatz. Denn hier wird auf dem Prüfstand kein Schummel-Modus aktiviert, die Technik funktioniert immer gleich. Die Karlsruher Richter haben deshalb schon mehrere Thermofenster-Klagen gegen Daimler abgewiesen.

Ein Richter am Landgericht Ravensburg hielt das für falsch und hat am BGH vorbei den EuGH eingeschaltet. Die Luxemburger Richter sehen das Thermofenster sehr kritisch. Im Juli 2022 haben sie geurteilt, dass es unzulässig wäre, unter normalen Bedingungen die meiste Zeit des Jahres die Abgasreinigung zu drosseln. Jetzt ging es um die Haftung. dpa/chi