Die Regierungsparteien sind sich vergangene Woche einig geworden: Ab dem 1. Januar 2024 muss bis auf wenige Ausnahmen jede in Deutschland neu installierte Heizungsanlage zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Statt der bisher marktbeherrschenden Gas- und Ölheizungen müssen dann etwa Wärmepumpen, Solarthermieanlagen oder Hybridsysteme aus Wärmepumpe und Gasheizung eingebaut werden.
Im Gegensatz zur Gas- und Ölheizung funktioniert die Wärmepumpe ohne Verbrennung. Die Anlagen nutzen Energie aus Luft, Wasser oder der Erde. Aber Technologie ist nicht unumstritten, denn bisherige Modelle können in manchen Altbauten nicht genug Wärme liefern. Dazu gelten bestimmte Kältemittel in den Wärmepumpen als umweltschädlich. Konnten die Kinderkrankheiten der Wärmepumpe inzwischen weitgehend behoben werden? Was können Wärmepumpen der neusten Generation leisten? Die klimafreundliche Heiztechnik im Check.
Energieexperte: «Entwicklung hat einen wahnsinnigen Fortschritt gemacht»
Widerstand gegen Verbot von Gas- und Ölheizungen
«Grundsätzlich kann man sagen, dass es aus der technischen Sicht für die Endkunden momentan sehr gut aussieht», sagt der Energieexperte und Fachjournalist Tim Geßler. «Wer sich jetzt eine aktuelle Wärmepumpe zulegt, der kann zuversichtlich sein, dass er ein gutes Gerät bekommt. Die technische Entwicklung hat in den letzten Jahren einen wahnsinnigen Fortschritt gemacht.»
Neueste Modelle auch in vielen Altbauten wirtschaftlich
Während im Neubau die Wärmepumpe seit Jahren Marktführer unter den eingebauten Heizungsanlagen ist, sah es im Bestand schlechter aus. Denn Wärmepumpen arbeiteten lange nur effizient in Systemen mit einer niedrigen Vorlauftemperatur – das ist die Temperatur, die das Heizungswasser braucht, wenn es in die Rohre und Heizkörper strömt.
Gut einsetzbar ist die Wärmepumpe immer schon bei Fußbodenheizungen. Aber Konvektoren und Radiatoren brauchen viel höhere Wassertemperaturen. Diese schafften bisherige Wärmepumpen oft nur mit mehr Strom – und damit höheren Betriebskosten.
Aber das hat sich geändert. Jeder namhafte Hersteller hat Geräte im Programm, die nun effizient 65 bis 75 Grad schaffen. Zwar müssen Heizungsbauer und Hausbesitzer nach wie vor schauen, ob eine Wärmepumpe in einem bestimmten Gebäude letztlich die sinnvollste Heizungsart ist, sagt Tim Geßler, der für die Zeitschrift «SBZ» die technischen Entwicklungen der Branche im Blick hat. «Aber es geht sehr, sehr viel mehr und es geht mehr, als die meisten glauben.» Dabei kann man oft die bestehenden Heizkörper behalten.
Trend zum natürlichen Kältemittel R260
Als besonders energieeffizient gelten so genannte Propan-Wärmepumpen, die mit dem natürlichen Kältemittel R290 arbeiten. «Das ist der große Trend, praktisch alle Hersteller stellen R290-Maschinen auf der Messe vor», sagt Tim Geßler. Auch für Katja Weinhold vom Bundesverband Wärmepumpe ist das Kältemittel mit der Kennung R290 eine der wichtigsten Entwicklungen am Markt: «Alle Hersteller wollen das, wir wollen das.»
Denn dieses Kältemittel ist nicht nur wegen seiner besseren Energieeffizienz gefragt. Es gilt auch als umweltfreundlicher als die lange üblichen synthetischen Kältemittel aus Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS).
Gelangen diese Stoffe in die Umwelt, bleiben sie dort mutmaßlich dauerhaft erhalten. Daher werden PFAS auch als Ewigkeitschemikalien bezeichnet. Einige sind bereits verboten, weil sie als gefährlich gelten. Behörden mehrerer Länder, darunter Deutschland, streben ein weitgehend vollständiges Verbot der Stoffgruppe in der EU an.
Staatliche Förderung für umweltverträgliche Kältemittel
Übrigens: Wer sich eine Wärmepumpe mit umweltverträglichen Kältemitteln kauft, kann finanziell profitieren. Es gibt bei der staatlichen Förderung fünf Prozent Bonus für diese Entscheidung.
Das Angebot auf dem Wärmepumpen-Markt gilt als knapp. Hausbesitzer sollten versuchen, sich eine Wärmepumpe mit R290 zu sichern, rät Experte Tim Geßler. «Man hat gleichzeitig die Sicherheit, dass man dann wirklich ein sehr aktuelles Gerät hat.»
Und auch wenn man statt einer R290-Wärmepumpe «nur» ein Gerät mit synthetischen Kühlmitteln bekommt, kann man sich sicher fühlen, so Katja Weinhold. «Diese Kältemittel in einer Wärmepumpe zirkulieren in einem geschlossenen Kreis. Und wenn eine Wärmepumpe entsorgt wird, dann wird das Kältemittel abgesaugt und wird recycelt.»
Schlankes Design statt klobiger Klötze
Klobig, oft hässlich beige: Die Außeneinheiten der Wärmepumpen sind kein stylisher Hingucker. Je mehr von ihnen mit der Zeit in die Gärten einzogen, desto mehr Nachfragen kamen bei den Herstellern dazu an: Geht das nicht auch schöner?
«Andere Technologien sind versteckt im Heizungskeller. Einmal im Jahr kommt der Schornsteinfeger, sonst bleibt die Tür quasi zu», sagt Clemens Petzold, Marketingleiter von Panasonic Heating & Cooling Solutions. «Wärmepumpen aber sehen Nachbarn und die Besitzer ständig.»
Zwar sind die neuen Modelle nach wie vor eben Kästen im Garten. Aber mehrheitlich nun in Schwarz, Anthrazit oder Grau gehalten. Panasonic zum Beispiel orientiert sich an einem Grauton, der laut Petzold bei Briefkästen derzeit auch stark gefragt sei. Außerdem wirken die neuen Geräte weniger wuchtig, haben oft ein geradliniges, moderner wirkendes Design. Der Ventilator liegt versteckter hinter Lamellen.
Vor allem aber die Geräteteile im Haus haben sich gemacht. Sie sollen raus aus einem Keller und rein in den Wohnraum ziehen können. Denn das spart Bauherren bei den hohen Baukosten entweder Fläche oder sie gewinnen mehr Wohnraum, weil der Heizungsraum wegfällt.
So täuscht Samsungs Wärmepumpen-Einheit in einer Schau-Küche auf der Messe ganz gut vor, ein Kühlschrank zu sein. Bei Nibe sieht man den Kasten schon mal in der Garderobe. Und die Neuheit von Viessmann ist optisch sogar ein Möbelstück. Ihr Name: «Invisible» (unsichtbar).
Diese Heiz-, Kühl- und Lüftungseinheit verschwindet inklusive aller Rohrleitungen in einer Art Wandschrank von nur 28 Zentimeter Tiefe. «Im Vergleich zum normalen Setup der Geräte spart man hiermit fünf Quadratmeter Fläche ein», sagt Thomas Heim, CEO von Viessmann Climate Solutions. Dazu wird die Anlage nach Kundenwunsch zum Beispiel weiß lackiert, verspiegelt oder in Holzoptik gehalten. dpa/kzy