Getötet von einem 11-Jährigen? Was über den Fall des toten Mädchens aus Wunsiedel bekannt ist

Getötet von einem 11-Jährigen? Was über den Fall des toten Mädchens aus Wunsiedel bekannt ist

8. April 2023 Aus Von mvp-web

Bayern, Wunsiedel: Einsatzkräfte der Polizei gehen in Richtung des Kinder- und Jugendhilfezentrums. Foto: Daniel Vogl/dpa


Ein zehn Jahre altes Mädchen ist in einer Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung im oberfränkischen Wunsiedel getötet worden. Der Verdacht: Ein fast gleichaltriges Kind – ein elfjähriger Junge – soll damit zu tun haben. Was bisher bekannt ist:

Was ist passiert?

Am 4. April hatten Angestellte des Kinder- und Jugendhilfeheims das Mädchen, das in der Einrichtung betreut wurde, leblos in einem Zimmer gefunden. Notärzte konnte nur noch den Tod der Zehnjährigen feststellen. Einen Tag später gingen Polizei und Staatsanwaltschaft an die Öffentlichkeit. Sie teilten mit, es gebe erste Erkenntnisse für ein Fremdverschulden.

Schnell machte die Information die Runde, zwei Elfjährige und ein 16-Jähriger stünden «im Fokus der Ermittler». Am Karfreitag teilten Polizei und Staatsanwaltschaft schließlich mit, dass ein Junge (11) beteiligt sein könnte.

Hat der 11-Jährige das Mädchen umgebracht?

Bislang gibt es auf diese Frage keine ganz eindeutige Antwort. Die Polizei teilt mit: Aufgrund der Spurenlage gehe man davon aus, dass der Elfjährige «tatbeteiligt» ist. Zudem ist offiziell bestätigt: Der Junge lebt ebenfalls in der Einrichtung und ist nun anderswo untergebracht. So steht es in der Mitteilung der Polizei:

“ Da der elfjährige Junge nicht strafmündig ist, wurde er in einer gesicherten Einrichtung präventiv untergebracht. ”

Was ist mit den anderen beiden Jungen?

Anfangs kam der Verdacht auf Jungen (beide 11 Jahre alt) und ein Jugendlicher (16) hätten mit dem Tod des Mädchens zu tun. Nach den aktuellen Mitteilungen konzentrieren sich die Ermittler nun jedoch auf einen Elfjährigen.

Was ist das für eine Jugendeinrichtung?

Im Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Josef in Wunsiedel sind nach eigenen Angaben in der Regel normalerweise rund 90 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene untergebracht. Die Facheinrichtung sei für junge Menschen und ihre Familien da, die Hilfe zur Erziehung benötigten, hieß es auf der Website des Hauses.

Die Stadt Wunsiedel im Fichtelgebirge hat rund 9200 Einwohner. Sie liegt etwa 90 Kilometer nordöstlich von Nürnberg und nur wenige Kilometer von der Grenze zu Tschechien entfernt.

Erst der Fall Luise, jetzt Wunsiedel: Häufen sich solche Taten?

Vor allem wegen des jungen Alters der Beteiligten erweckt der Fall Erinnerungen an die Tötung von Luise (12) aus Freudenberg. Diese wurde nach Überzeugung der Ermittler von zwei gleichaltrigen Mädchen getötet. Erst vor wenigen Wochen erschütterte dieser Fall das Land.

Deswegen fragen viele: Passiert es häufiger, dass Kinder andere Kinder töten? In der Kriminalstatistik für das vergangene Jahr stieg der Anteil von Kindern an der Zahl der Tatverdächtigen über alle Verbrechensbereiche hinweg. Zwar lebten 2022 – unter anderem wegen der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine – mehr Minderjährige im Deutschland als im Jahr zuvor. Doch das allein erklärt den Trend nicht.

Mit dem Anstieg um 35,5 Prozent auf 93.095 tatverdächtige Kinder (0 bis unter 14 Jahre) wurde das Niveau des noch stark von Corona geprägten Vorjahres deutlich überschritten. Die Zahl lag auch um fast 28 Prozent höher als im Jahr 2019 (72.890).

Allerdings, und darauf wies auch BKA-Präsident Holger Münch bei der Vorstellung hin: Bei den von Kindern verübten Taten ganz überwiegend um Ladendiebstahl, Sachbeschädigung, Beleidigung oder leichte Körperverletzung handelte.

Was passiert mit Kindern, die schwere Verbrechen begehen?

In Wunsiedel wie in Freudenberg sind die Tatverdächtigen jünger als 14 und damit nicht strafmündig. Sie werden weder vor Gericht gestellt noch verurteilt. Extreme Fälle wie diese lösen meist eine Diskussion über die Absenkung der Strafmündigkeit aus.

Justizminister Marco Buschmann (FDP) mahnte jedoch kürzlich in der «Bild am Sonntag»: «Jede Debatte über Anpassungen im Strafrecht sollte man mit kühlem Kopf führen.» Die deutsche Rechtsordnung halte jenseits des Strafrechts Mittel bereit, um auch auf schwere Gewalttaten von Kindern unter 14 Jahren zu reagieren. «Das reicht bis hin zu einer geschlossenen Heimunterbringung und auch einer Unterbringung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie», sagte Buschmann. dpa/hev