Krieg Tag 431 Mo 01.05.2023 ++ Russischer Güterzug bei Explosion entgleist ++
1. Mai 2023Bei einer Explosion in einer russischen Grenzregion zur Ukraine ist nach Angaben des örtlichen Gouverneurs ein Güterzug entgleist. Kiews Menschenrechtsbeauftragter rät bei Zwang zur Annahme russischer Pässe.
- Selenskyj: Gespräche mit Macron über Waffenhilfe
- Explosionen in mehreren Regionen der Ukraine
- Russischer Güterzug bei Explosion entgleist
16:34 Uhr
Ukrainisches Militär berichtet von Gegenangriffen in Bachmut
Bei den seit Monaten andauernden Gefechten um die Stadt Bachmut in der Region Donezk leisten die ukrainischen Truppen den angreifenden Russen weiter erbitterten Widerstand. Russland versuche, die Stadt mit maximalem Druck unter seine Kontrolle zu bringen, sei aber bisher gescheitert, sagte der Befehlshaber der ukrainischen Landstreitkräfte, Olexander Syrskyj. „In einigen Teilen der Stadt gab es Gegenangriffe unserer Einheiten auf den Feind und dieser verließ einige Positionen.“ Die ukrainischen Truppen liefern sich in Bachmut mit Kämpfern der russischen Söldnereinheit Wagner und anderen Einheiten erbitterte Straßenkämpfe.
Stromausfälle in Cherson und Dnipro durch russische Angriffe
Nach russischen Raketenangriffen in der Nacht zum Montag ist in zwei Regionen der Ukraine der Strom ausgefallen. Der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko räumte ein, dass Infrastruktur des Energienetzes beschädigt worden sei. Es werde mehrere Tage dauern, die Schäden zu reparieren. Fast 20.000 Menschen in der Stadt Cherson und der Umgebung hätten keinen Strom. Auch in der Stadt Dnipro und anderen Teilen von Dnipropetrowsk sei der Strom ausgefallen.
Kiewer Führung streitet über russische Pässe in besetzten Gebieten
Die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk hat dem Rat des Menschenrechtsbeauftragten Dmytro Lubinez widersprochen, dass Ukrainer in den besetzten Gebieten notfalls russische Pässe annehmen sollen. „Wer hat gesagt, dass die Russen lange in den temporär besetzten Gebieten sein werden?“, schrieb Wereschtschuk bei Telegram. Es sei ihrer Meinung nach unmöglich, aus Ukrainern Russen zu machen. Abschiebungen von Ukrainern aus den russisch kontrollierten Gebieten seien aufgrund fehlender „humanitärer Korridore“ ebenso unmöglich.
Die 43-Jährige forderte Moskau und das Internationale Rote Kreuz auf, eine geregelte Ausreise in das ukrainisch kontrollierte Gebiet zu ermöglichen. Darüber hinaus blieben die Empfehlungen der Ministerin für die Menschen in den besetzten Gebieten bestehen. „Keine russischen Pässe annehmen, nicht mit den Besatzern kooperieren, wenn möglich ausreisen, auf die ukrainischen Streitkräfte warten“, zählte Wereschtschuk auf.
Wagner-Chef Prigoschin warnt vor Folgen einer ukrainischen Offensive
Wagner-Chef Prigoschin hat Moskau vor möglichen Folgen einer ukrainischen Offensive gewarnt: Er rechne Mitte Mai mit dem Beginn der ukrainischen Truppenbewegungen, sagte er in einem Interview mit einem russischen Militärblogger. „Diese Gegenoffensive könnte zu einer Tragödie für unser Land werden“, fügte er hinzu.
Die Ukraine bereitet sich auf eine geplante Frühjahrsoffensive gegen die russischen Angreifer vor. Kiew hatte in den vergangenen Monaten immer wieder sein Ziel betont, die russischen Truppen aus den besetzten Gebieten im Süden und Osten des Landes zu vertreiben.
12:33 Uhr
Ukrainischer Botschafter lobt Beziehungen zum Vatikan
Der ukrainische Botschafter beim Heiligen Stuhl sieht eine deutliche Verbesserung und Intensivierung der ukrainisch-vatikanischen Beziehungen. Einen Tag nach der Ankündigung von Papst Franziskus, dass eine noch geheime vatikanische Friedensmission zur Beendigung des Ukrainekriegs im Gang sei, twitterte Kiews Botschafter Adrii Yurasch: „Die Beziehungen sind jetzt auf einem viel höheren Niveau mit konstanter Interaktion und vertrauensvollem Austausch“.
Ukraine begrüßt Einigung zu Getreideimporten
Die zwischen der EU-Kommission und mehreren osteuropäischen Ländern erzielte Einigung zu Getreideimporten aus der Ukraine stößt in dem Land auf Zustimmung. Eine Blockade ukrainischer Importe würde nicht nur der Ukraine schaden, sondern auch dem Nahen Osten und Afrika großes Leid zufügen, sagte der Finanzminister Serhiy Marchenko bei einem Treffen der EU-Finanzminister am Samstag in Stockholm.
Die EU-Kommission hatte im Streit über Agrarimporte aus der Ukraine eine Einigung erzielt: Polen, Bulgarien, die Slowakei und Ungarn werden nach Angaben der Brüsseler Behörde ihre Gegenmaßnahmen aufheben. Im Gegenzug werde es für Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumenkerne „außergewöhnliche Schutzmaßnahmen“ geben.
Russischer Güterzug bei Explosion entgleist
Bei einer Explosion in einer russischen Grenzregion zur Ukraine ist nach Angaben des örtlichen Gouverneurs ein Güterzug entgleist. In der Region Brjansk sei entlang der Bahnstrecke Bjransk-Unetscha ein nicht identifizierter Sprengsatz explodiert, erklärte Gouverneur Alexander Bogomas via Telegram. Bilder in sozialen Medien zeigten mehrere auf der Seite liegende Kesselwagen und aufsteigenden dunkelgrauen Rauch. Nach Angaben der Russischen Eisenbahngesellschaft entgleisten die Lokomotive und sieben Güterwaggons. Die Lokomotive habe Feuer gefangen. Nach Darstellung russischer Behörden gab es in der Region in den über 14 Monaten seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine mehrere Anschläge pro-ukrainischer Sabotagetrupps.
Kiew rät bei Zwang zur Annahme russischer Pässe
In den von Russland besetzten Gebieten sollten Ukrainer russische Pässe annehmen, rät der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmytro Lubinez. Da die Einbürgerungen unter Druck stattfinden, würde die Regierung verständnisvoll reagieren, wie Lubinez laut Berichten ukrainischer Medien in der Nacht zum Montag sagte.
Er sei „kategorisch“ gegen die strafrechtliche Verfolgung von Ukrainern, die die russische Staatsbürgerschaft zum „Überleben“ angenommen hätten. Überleben sei „die Hauptsache“. Allerdings sollten die Organisatoren des Einbürgerungsprozesses als „Kollaborateure“ von der Straffreiheit ausgenommen sein.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte zuvor ein Dekret unterzeichnet, nach dem Ukrainer in den von Russland annektierten Gebieten ab Juli 2024 als Ausländer gelten. Ausländern ohne Aufenthaltstitel – also auch Ukrainern – droht dann die Abschiebung.
10:50 Uhr
Gouverneur: Zahl der Verletzten steigt auf 34
Die Zahl der Verletzten im ukrainischen Gebiet Dnipropetrowsk ist weiter gestiegen. „Es gibt schon 34 Verletzte durch den Raketenschlag auf den Kreis Pawlohrad“, teilte der Gouverneur der Region, Serghij Lyssak, auf seinem Telegram-Kanal mit. Zuvor hatte er von 25 Verletzten berichtet. Die meisten Opfer wiesen Brüche und Prellungen, Stich- und Fleischwunden durch Splitter sowie Rauchvergiftungen durch die Brände auf. Zwei Frauen im Alter von 45 und 55 Jahren seien auf der Intensivstation, so Lyssak. Unter den Verletzten seien auch drei Minderjährige, darunter ein achtjähriges Mädchen.
Zerstörte Häuser und Rettungskräfte in Pawlohrad / Quelle: Gouverneur der Region, Lyssak / Reuters
Toter und Verletzte aus Cherson gemeldet
Nach ukrainischen Angaben sind in der Region Cherson nach russischem Beschuss ein Mensch getötet und drei weitere verletzt worden. Die russischen Streitkräfte hätten „im Laufe des vergangenen Tages 39 Beschüsse ausgeführt“, die Stadt Cherson im Süden des Landes sei „achtmal“ getroffen worden, erklärte Oleksandr Prokudin von der Militärverwaltung Cherson. „Infolge der russischen Aggression kam eine Person ums Leben und drei weitere, darunter ein Kind, wurden verletzt.“
London: Russland errichtet Verteidigungsanlagen
Russland hat nach Angaben britischer Geheimdienste starke Verteidigungsanlagen an der Front, aber auch in besetzten ukrainischen Gebieten und teils tief im eigenen Land errichtet. „Bilder zeigen, dass Russland besondere Anstrengungen unternommen hat, um die nördliche Grenze der besetzten (ukrainischen Halbinsel) Krim zu befestigen“, teilte das britische Verteidigungsministerium mit. Zudem seien Hunderte Kilometer Schützengräben auf international anerkanntem russischen Territorium ausgehoben worden, darunter in den Gebieten Belgorod und Kursk, die an die Ukraine grenzen.
Das Verteidigungsministerium in London veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Militärgouverneur: 25 Verletzte in Region Dnipropetrowsk
Bei den Raketenangriffen in der Nacht und am frühen Morgen auf das Gebiet Dnipropetrowsk in der Ukraine sind nach offiziellen Angaben 25 Menschen verletzt worden. „Darunter sind drei Kinder“, schrieb der Militärgouverneur der Region, Serhij Lyssak, auf seinem Telegram-Kanal. In der Stadt Pawlowhrad sei nach einem Treffer ein Feuer in einem Industrieobjekt ausgebrochen. Zudem seien 25 mehrstöckige Gebäude, 19 Einfamilienhäuser, fünf Geschäfte und sechs Schul- und Kindergartengebäude beschädigt worden. Auch im Landkreis habe es weitere Einschläge gegeben. So seien in einem Dorf fast 40 Wohnhäuser beschädigt worden.
Ukraine: 15 Raketen abgefangen
Die Luftabwehr hat nach Angaben des ukrainischen Militärs in der Nacht zum Montag 15 der 18 von russischen Flugzeugen aus gestarteten Raketen abgeschossen. Die Kiewer Stadtverwaltung teilte mit, alle auf die Hauptstadt zielenden Raketen seien abgefangen worden.
Selenskyj bedankt sich bei Macron
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in seiner allabendlichen Videoansprache gesagt, er habe am Sonntag mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron über ein neues Paket mit Waffenhilfe für die Ukraine gesprochen. „Es ist sehr wichtig, dass Russland immer stärkere Signale erhält, dass die Welt Russlands Terror nicht verzeihen wird“, betonte Selenskyj.
Die Ukraine und ihre Partner müssten in größtmöglicher Einigkeit und Integrität handeln, „um unsere gemeinsamen Werte zu schützen“. Er danke „allen Menschen in der Welt, die dazu beitragen, die Isolierung von Terroristen zu verstärken und jegliche Lieferung von Waffen und deren Komponenten an Terroristen zu unterbinden“. Mit „Terroristen“ meint Selenskyj das russische Militär.
Explosionen in den Regionen Kiew, Dnipropetrowsk und Sumy
In den Regionen Kiew, Dnipropetrowsk und Sumy waren am frühen Morgen ukrainischen Medienberichten zufolge Explosionen zu hören. „Die Luftabwehrsysteme sind im Einsatz“, schrieb die Kiewer Regionalverwaltung auf Telegram. „Ruhe bewahren! Bleibt in den Schutzräumen, bis der Luftalarm vorbei ist!“
Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete.
Offenbar Luftalarm in der gesamten Ukraine
In der gesamten Ukraine ist nach Angaben der Rettungsdienste Luftalarm ausgelöst worden. In der Region Kiew droht offiziellen Angaben zufolge ein Raketenangriff. „Drohender Raketenangriff!“, schrieb die Kiewer Regionalverwaltung auf dem Nachrichtendienst Telegram. „Bleiben Sie in den Schutzräumen.“
Stabschef Andrij Yermak warnt davor, die ukrainische Luftabwehr nicht zu kompromittieren. „Achten Sie auf Ihre Sicherheit, machen Sie die Arbeit der Luftabwehr nicht publik.“
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.