Nachspiel für Amthor
13. Mai 2023Der Insolvenzverwalter der Augustus Intelligence klagt laut NDR, WDR und SZ gegen ehemals Verantwortliche des mysteriösen US-Start-ups, das im Zentrum einer Berliner Lobbyismus-Affäre stand. Einer von ihnen: CDU-Politiker Amthor.
Handelte es sich bei dem schillernden Start-up „Augustus Intelligence“ nur um ein Luftschloss? Nach Informationen von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ (SZ) klagt der Insolvenzverwalter der mittlerweile insolventen Firma in den USA gegen ehemals Verantwortliche des New Yorker Start-ups, das nach eigenen Angaben in Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz und Kryptowährungen investieren wollte.
Er vermutet, dass die Investoren von Augustus Intelligence betrogen wurden, dass die Firma nicht das war, was sie vorgab zu sein und dass ehemalige Führungskräfte ihre Pflichten verletzt haben könnten. Die Klage wurde am 23. April bei einem Zivilgericht in Delaware eingereicht. Sie erhebt schwere Vorwürfe. Es ist die Rede von Betrug, von Vertragsbruch und der Verletzung der Sorgfaltspflichten. Über das Verfahren berichtet auch das Wirtschaftsmagazin „Capital“.
Massive Schadensersatzforderungen
Der amerikanische Liquidator fordert deshalb nun Schadenersatz in Millionenhöhe – unter anderem von einem deutschen Bundestagsabgeordneten: Philipp Amthor von der CDU, der etwa ein Jahr lang als einer der Aufsichtsräte der Firma gearbeitet hatte und so 2020 im Mittelpunkt einer Lobbyismusaffäre stand. Er soll sich etwa beim damaligen Wirtschaftsminister Peter Altmaier für die Firma eingesetzt haben. Die Staatsanwaltschaft Berlin sah damals keinen Anfangsverdacht für ein strafbares Verhalten.
Amthor und anderen Direktoren wirft der Insolvenzverwalter nun vor, über Missstände bei Augustus informiert gewesen zu sein und auch darüber, dass den Investoren weit mehr versprochen worden sei soll als tatsächlich vorhanden gewesen sein soll. Effektive interne Kontrollen seien nicht aufgebaut worden, die Verantwortlichen hätten ihre Aufsicht verletzt und sich nicht an die entsprechenden US-Gesetze gehalten. Sie sollen außerdem versäumt haben, darauf zu achten, dass das Marketing von Augustus für die Investoren faktisch korrekt war und die wahren Sachverhalte abbildete.
Philipp Amthor ließ mitteilen, dass er sich aufgrund des laufenden Verfahrens nicht umfassend inhaltlich äußern werde. Die Klage sei ihm bisher nicht zugestellt worden. Amthor sei davon ausgegangen, dass die Investitionszusagen Rechtsgültigkeit besaßen und dass es keinerlei Nebenabreden gegeben hätte. Er sei zudem lediglich von Mai 2019 bis Juni 2020 Mitglied im Aufsichtsrat des US-Unternehmens gewesen, was er bis heute als Fehler betrachte.
Guttenberg-Familie investierte ebenfalls
Zu den Investoren, die wohl viel Geld verloren haben, zählen bekannte Namen aus Kreisen der Union und Millionärsfamilien – darunter die Firma Spitzberg Partners des ehemaligen CSU-Bundesministers und heutigen Unternehmensberaters Karl-Theodor zu Guttenberg. Seine Firma hatte nicht nur etwa 1,5 Millionen Dollar in das Unternehmen gesteckt. Guttenberg hatte sich Medienberichten zufolge auch für das Start-up eingesetzt, unter anderem in einem Brief an die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Sein Anwalt teilte auf Anfrage mit, dass Guttenberg „bereits im Untersuchungsausschuss vor dem Deutschen Bundestag klargestellt hat, dass er zu keinem Zeitpunkt für Augustus Intelligence lobbyierend tätig geworden ist“. Alle erhobenen Vorwürfe hätten sich als haltlos erwiesen. Zur Investorengruppe gehören auch Stefan Prinz von Liechtenstein, einer der Erben der Finck-Dynastie, August Francois von Finck, Angehörige der österreichischen Kristallfamilie Swarovski sowie Millionäre aus den USA. Sie alle wollten sich auf Anfrage zur Klage nicht äußern.
Ex-Verfassungsschutzpräsident Maaßen beriet Augustus Intelligence, will aber nicht davon profitiert haben.
Das Start-up an der edlen Adresse im neuen New Yorker World Trade Center hatte in Deutschland vor allem deshalb für Aufsehen gesorgt, weil es einige deutsche Lobbyisten gab, die sich für es einsetzten: Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen beriet die Firma ein Jahr lang, erhielt damals nach eigenen Aussagen aber nur uneingelöste Aktienoptionen, keine Bezahlung. Auch Ex-BND-Chef August Hanning räumte damals gegenüber Medien eine ähnliche Beratungstätigkeit ein. Sie rückten das kleine Start-up, das etwa 30 Mitarbeiter hatte, in ein geheimnisvolles Licht.
Schwere Vorwürfe vom Insolvenzberater
Insolvenzverwalter Brian Ryniker geht davon aus, dass es sich trotz dieses prominenten Umfelds bei Augustus Intelligence von Anfang an um eine Betrugsmasche gehandelt habe. Demnach soll die Firma nie über das behauptete Startkapital von etwa 50 Millionen Dollar und auch nicht über den versprochenen Zugang zu wichtigen Krypto-Technologien verfügt haben.
Dennoch soll der mittlerweile verstorbene deutsche Gründer Wolfgang Haupt dies gemeinsam mit dem amerikanischen Milliardärssohn Kevin Washington möglichen Investoren so vorgespielt haben. Man habe behauptet, dass Washington nicht nur viel Geld, sondern auch Rechenzentren einbringe, die Bitcoins herstellen und der Firma so den Eintritt ins Kryptogeschäft ermöglichen sollten. Doch das soll nie erfolgt sein. Mit falschen Versprechungen seien 35 Millionen Euro bei Investoren eingesammelt worden.
Familie des Investors dementiert
Der Anwalt der Familie des verstorbenen Wolfgang Haupt teilte mit, die Familie wolle das juristische Nachspiel von Augustus Intelligence nicht kommentieren und sei auch nicht involviert. Der interne Untersuchungsbericht sei nach dem Tod von Wolfgang Haupt verfasst worden und beschuldige ihn unrechtmäßigerweise für den Niedergang von Augustus Intelligence. Falls Wolfgang Haupt sich noch verteidigen könne, so der Anwalt, wären die Schlussfolgerungen des Berichts sehr viel anders ausgefallen.
Mit der Klage des Insolvenzverwalters wollen zahlreiche Investoren offenbar nichts zu tun haben – und auch gegen Philipp Amthor hegt man keinen Groll: Nachdem WDR, NDR und SZ sich an einige Investoren sowie an Amthor mit Fragen gewandt hatten, meldete sich der Berliner Anwalt Christian-Oliver Moser. Er vertrete presserechtlich „die Gruppe von Mehrheitsinvestoren der Augustus Intelligence“, darunter auch Guttenberg.
Die Entscheidung über Inhalt und Fokus von Klagen liege nicht bei den Investoren, sondern allein beim Litigation Trust, dem amerikanischen Pendant zum Insolvenzverwaltung. Die Klage richte sich zwar auch gegen Philipp Amthor und einen weiteren Manager der Firma. Die Investoren aber hätten keinen Zweifel an deren Integrität und pflichtgemäßen Verhalten von Amthor.