Rostock: “Trauerschwindler” zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt
16. Mai 2023Ein 49 Jahre alter Bestatter ist am Amtsgericht Rostock wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Der Mann hatte laut Gericht Liebesbeziehungen zu mehreren Frauen unterhalten und dabei deren emotionale Notlagen nach Trauerfällen ausgenutzt.
Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem am Dienstagnachmittag gehaltenen Plädoyer fünf Jahre ohne Bewährung gefordert, die Verteidigung hatte dagegen auf Freispruch plädiert. Der Verteidiger kündigte an, in Revision gehen zu wollen. Insgesamt hatte der Angeklagte von mehreren Frauen mehr als 230.000 Euro erschlichen und nicht zurückerstattet. Das Gericht verurteilte den einschlägig vorbestraften Mann wegen gewerbsmäßigen Betrugs dreier Frauen in mehreren Fällen. Zur Begründung sagte die Richterin, die Frauen hätten helfen wollen. Sie hätten ihm das Geld geliehen, seien aber davon ausgegangen, das Geld zeitnah zurückzuerhalten.
Richterin: “Mit der gleichen Masche” vorgegangen
Der Mann habe ihnen eine nicht vorhandene Zahlungsfähigkeit vorgegaukelt, so die Richterin. Man könne fast sagen, der 49-Jährige sei bei den Frauen “mit der gleichen Masche” vorgegangen. Weil neun der nun verhandelten Taten in den Zeitraum fielen, für die es bereits eine Verurteilung wegen Betrugs gibt, wurde dieses Urteil aufgehoben. Stattdessen verhängte das Gericht eine Strafe von drei Jahren. Für zwei weitere nun verhandelte Taten außerhalb des fraglichen Zeitraums sprach das Gericht zusätzlich eine Haftstrafe von zehn Monaten aus. Außerdem ordnete es den Einzug von etwa 195.000 Euro als Wertersatz an.
Zeugin: In “Euphorie der Gefühle” dem Angeklagten Geld geliehen
Zuvor hatte am Dienstag die Bankangestellte Christine W. als letzte Zeugin in dem Prozess ausgesagt. Sie hatte dem Mann 48.000 Euro geliehen und nur 8.000 Euro zurückbekommen. Kennengelernt hatte sie den Unternehmer, als dieser mit seiner Tochter und seinem Sohn zu ihr in die Bank gekommen war. “Er wollte einen Firmenwagen anschaffen. Er sagte, er habe ein supergutes Angebot”, erinnerte sich W.. Es sei um seine Tochter gegangen, die sich gerade in der Gründungsphase eines Unternehmens befunden habe. “Ich war der Meinung, es handelt sich um ein traditionelles Familienunternehmen und das wird alles gut laufen und ich bekomme das Geld zurück.” Auf die Frage der Richterin, warum die 63-Jährige dem Angeklagten das Geld geliehen habe, antwortete diese, sie habe sich in einer “Euphorie der Gefühle” befunden. Anfangs habe der Unternehmer auch Geld zurückgezahlt, aber dann habe das aufgehört.
Bundesweit verfolgter Prozess
W. war die dritte Zeugin in dem Prozess, der bundesweit große mediale Aufmerksamkeit bekam – ausgelöst auch durch die True-Crime-Serie “Der Trauerschwindler” in der ARD-Mediathek. In der Serie kommen mehrere Opfer des Betrügers zu Wort. An den ersten beiden Verhandlungstagen waren weitere Frauen verhört worden, die der 49-Jährige betrogen haben soll – zuletzt unter Ausschluss der Öffentlichkeit, weil es auch um intime Details und den Tod eines Babys einer der Frauen ging.
Opfer lernten sich online kennen
Die mutmaßlichen Betrügereien waren zum Fall für die Justiz geworden, nachdem mehrere betroffene Frauen über das Internet voneinander erfahren hatten, dass es sich bei ihrer Beziehung zu dem Bestatter nicht um einen Einzelfall handelte. Drei Frauen zeigten ihn an. Sie wollten auch andere warnen. Sie vermuten, dass es eine hohe Dunkelziffer an Frauen gebe, denen es ähnlich ergangen ist, die sich aber nicht trauten, darüber zu sprechen.
Angeklagter soll Frauen manipuliert haben
Nach Aussage der betroffenen Frauen hatte sich der Bestatter sehr einfühlsam und liebevoll um sie gekümmert, als sie emotional die schlimmste Zeit ihres Lebens durchmachten. Daraus sei dann mehr geworden. Irgendwann habe er sich Geld von ihnen geliehen. Dann habe er die Kontakte abgebrochen und sich nicht an vereinbarte Rückzahlungen gehalten.