Heizungsgesetz: Klimaforscher empfiehlt Regierung Aufgabe
21. Mai 2023Der Klimaforscher Ottmar Edenhofer plädiert dafür, dass die Bundesregierung ihr umstrittenes Heizungsgesetz aufgibt und das Vorhaben neu startet. «Die Ampel hat sich beim Klimaschutz verheddert», sagte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) der «Neuen Osnabrücker Zeitung». «Meine Empfehlung wäre es, kurz durchzuatmen, einen Schritt zurückzutreten und einen neuen Anlauf für die Heizungswende zu nehmen.»
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Experte rät zu Neustart
Edenhofer sprach sich für eine Steuerung über den Preis für den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) aus. «Den nationalen Emissionshandel mit Emissionsobergrenzen sofort arbeiten zu lassen, ist klüger als die Verbots- und Gebotspolitik.» Im Brennstoffemissionshandel-Gesetz (BEHG) könne eine Obergrenze für Emissionen festgelegt werden, die das Heizen mit Gas schrittweise, aber deutlich verteuere. Damit könne der Preisanstieg gedeckelt werden. «Die Regierung hat mit dem BEHG wirklich alle rechtlichen Möglichkeiten schon in der Hand.» Dann würden die Menschen von sich aus auf weniger CO2-intensive Heizungen umstellen.
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Klimaforscher fordert klare Kommunikation der Regierung
Der Klimaforscher sagte, er höre sehr oft, dass höhere CO2-Preise politisch nicht durchzusetzen seien. «Aber auch detaillierte Vorschriften wie beim Heizungstauschgesetz verärgern die Menschen und sind schwer durchzusetzen. Eine klare Kommunikation der Regierung, die den Leuten erklärt, warum das Heizen mit Gas teurer werden muss, mit welchen Preisanstiegen zu rechnen ist und wer mit welchen Rückerstattungen vor den Preisanstiegen geschützt wird, würde von der Bevölkerung akzeptiert.»
Experte: Wärmepumpen-Einbau auf absehbare Zeit kaum wirtschaftlich
Wer in seine Immobilie eine Wärmepumpe als Heizung einbaut, kann sich nach Experteneinschätzung kaum Hoffnung machen, dass sich die Investition schon bald rechnet. Die Geräte werden mit Strom betrieben – und derzeit sei bei den Strompreisen von aktuell durchschnittlich etwa 35 Cent pro Kilowattstunde für Endverbraucher kein starker Rückgang in Sicht, sagte Mirko Schlossarczyk von der Beratungsunternehmen Enervis der Deutschen Presse-Agentur. Auch für das kommende Jahr erwartet Enervis Strompreise zwischen etwa 30 und 40 Cent je Kilowattstunde.
Die langfristige Entwicklung des Marktumfeld lasse sich schwer abschätzen, sagte Schlossarczyk. Die Wirtschaftlichkeit stehe allerdings auch nicht im Vordergrund – es handele sich um ein «politisch getriebenes Thema», mit dem Einbau der Wärmepumpen solle die Dekarbonisierung vorangetrieben werden.
Was geplant ist
Nach dem vom Bundeskabinett bereits beschlossenen Gesetzentwurf soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden. Das soll für alle Eigentümer bis zum Alter von 80 Jahren gelten. Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben, kaputte repariert werden. Der Umstieg soll laut Wirtschaftsministerium durch Förderung sozial abgefedert werden.
Die Grünen wollen das Gesetz möglichst schnell im Bundestag beschließen. Die FDP bremst. Die SPD wiederum will schnell mit den Parlamentsberatungen beginnen, dann aber noch Änderungen vornehmen.
Was die FDP sagt
FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler drängt auf ein anderes Fördersystem. «Zum Beispiel muss sich die Fördersystematik für Gebäude an der CO2-Effizienz orientieren, und der konkreten Sanierungs-Fahrplan muss den Eigentümern überlassen bleiben», sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» (Abo). Darüber hinaus verlangte er spätere Austauschpflichten.
Was die Grünen wollen
Die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt pochte auf ein Inkrafttreten am 1. Januar, sprach sich aber für Korrekturen aus. So müsse es eine nach Einkommen gestaffelte Förderung geben, sagte sie der Funke-Mediengruppe (Abo). «Auch für Mieter darf es keine großen Belastungen geben.» Deswegen wolle ihre Partei die neue Heizung bis zu 80 Prozent fördern – und nicht wie im Entwurf vorgesehen mit maximal 50. Weitere Ausnahmen lehnte sie ab.
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Was sagt der Kanzler?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält Änderungen am umstrittenen Gesetz zum Tausch von Öl- und Gasheizungen für denkbar, die den Kern des Vorhabens aber nicht berühren sollen. Es werde nun im Bundestag geschaut, ob das Gesetz an der einen oder anderen Stelle noch präzisiert werden könne, sagte Scholz in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit ntv und RTL. Das Interview wurde am Rande des G7-Gipfels in Hiroshima geführt.
«Allerdings gehe ich davon aus, dass es in seiner Grundstruktur nicht verändert wird. Sondern es muss so sein, dass niemand wirtschaftlich und sozial überfordert wird.» Dazu seien bereits viele Vorkehrungen getroffen worden.
Scholz sagte, die meisten der Bedenken, die gegenwärtig diskutiert würden, seien nicht mehr gerechtfertigt mit Blick auf den vorliegenden Gesetzentwurf. «Sondern die beziehen sich ja auf einen gar nicht zur Veröffentlichung gedachten Rohentwurf». Es sei jetzt ein «ganz normales parlamentarisches Verfahren», sagte er mit Blick auf mögliche Änderungen. Der Kanzler verwies auf eine Aussage des früheren SPD-Fraktionschefs Peter Struck, wonach kein Gesetz den Bundestag so verlässt wie die Bundesregierung es eingebracht hat. «Und das gehört sich in einer Demokratie auch so», sagte Scholz. dpa/gut