Hansas Erfolgsformel unter Schwartz – Defensiv stark, offensiv effektiv
25. Mai 2023Durch einen starken Schlussspurt hat sich Hansa Rostock den Verbleib in der 2. Fußball-Bundesliga gesichert. Welchen Anteil daran hat Trainer Alois Schwartz? Wo gibt es noch Verbesserungsbedarf? Die Datenanalyse.
Hansa Rostock kann am Sonntag (15.30 Uhr/im NDR Livecenter) einen entspannten Saisonausklang feiern. Der Zweitliga-Klassenerhalt steht seit dem 0:0 in Nürnberg fest, Abstiegsangst hat nur noch der Gegner aus Braunschweig.
Wer hätte das noch vor fünf Wochen gedacht, nachdem die Mecklenburger ihre ersten drei Partien unter Schwartz verloren hatten und auf Rang 17 standen? Doch dann folgten vier Siege und das Remis beim „Club“, das den Verbleib in der Zweiten Liga sicherte.
„Das waren acht brutale Wochen mit den acht Spielen. Wir haben die Ernte eingefahren – das ist wichtig“, sagte Schwartz anschließend dem NDR.
Hansa noch defensiver als zuvor
Wie hat Schwartz die Wende geschafft? Er hat eine ohnehin schon defensiv eingestellte Mannschaft noch defensiver agieren lassen. Am deutlichsten zeigt sich dies an der Positionierung der Spieler: Unter Schwartz stand die Abwehrreihe 5,5 Meter näher zum eigenen Tor – wie die GSN-Daten zeigen.
Zudem stellte der Coach das System um und agierte in einem 3-4-3, wobei die Abwehr eher aus einer Fünfer- denn aus einer Dreierkette bestand.
Roßbach lobt Teamgeist und Mentalität
Nach Anfangsproblemen fand sich Hansa in diesem System immer besser zurecht, ließ weniger gefährliche Aktionen des Gegners zu und senkte so auch die Anzahl der Gegentreffer. „Wir haben es in den letzten Wochen geschafft, hinten die Null zu halten und mit aller Macht zu verteidigen. Das hat wieder geklappt“, unterstrich Offensivspieler Kai Pröger.
Innenverteidiger Damian Roßbach betonte: „Ohne diesen Teamgeist und ohne die Mentalität hätten wir das nicht geschafft.“
Nur 36 Prozent Ballbesitz
Nicht schön, aber zweckmäßig ist der Fußball unter Schwartz: Schon unter seinen Vorgängern Jens Härtel und Patrick Glöckner waren die Rostocker keine Mannschaft, die durch Offensivfußball begeistert.
Unter dem neuen Trainer sind Angriffsaktionen noch seltener geworden. Das Team spielt im Schnitt fast 100 Pässe pro Partie weniger (285 statt zuvor 384). Die Passquote sank von 77 auf 70,2 Prozent. Durchschnittlich hatte Hansa in den acht Schwartz-Partien lediglich 36 Prozent Ballbesitz.
Effizienz deutlich gesteigert
Trotzdem erzielten die Mecklenburger in den vergangenen Partien mehr Treffer als zuvor. Und das ist der zweite wichtige Faktor neben der defensiven Stabilität: die gesteigerte Effizienz.
Der Wert für die Chancenverwertung hat sich beinahe verdoppelt: von 16,8 auf 28 Prozent. Auch die Anzahl der Schüsse aufs Tor (36 Prozent statt 30 Prozent) wurde erhöht.
Bleibt Schwartz bei Hansa?
Hinten stabil stehen und vorne bei wenigen Aktionen zuschlagen: Diese Taktik hat sich in den vergangenen Wochen bewährt für Hansa. Aber ist das auch der richtige Weg für die kommende Spielzeit?
Schwartz‘ Vertrag hat nur bis zum Saisonende Gültigkeit. Er ließ zuletzt durchblicken, dass er gerne bleiben würde. „Ich fühle mich in Rostock wohl“, sagte der 56-Jährige.
Neuer Sportvorstand wird noch gesucht
Wann eine Entscheidung über die Zukunft des Trainers fallen wird, ist unklar. Nach der Beurlaubung von Martin Pieckenhagen im April hat Hansa derzeit keinen Sportvorstand, der die grundsätzliche Strategie vorgibt. Idealerweise sollte dieser Posten besetzt werden, bevor eine Trainerentscheidung getroffen wird.
Schwartz würde sehr wahrscheinlich an seinem Stil festhalten. Schließlich ließ er auch bei seinen anderen Stationen einen ähnlichen Fußball spielen, der sehr auf Defensive fokussiert ist.
Sollten sich die Clubführung und der neue Sportchef aber eine offensivere Herangehensweise wünschen, wäre ein neuer Coach wohl die bessere Wahl.
Kader muss vor allem im Sturm verstärkt werden
Ergänzungen braucht der Kader in jedem Fall. Dass Mittelfeldspieler Pröger mit zehn Toren und fünf Vorlagen an 50 Prozent der Rostocker Treffer beteiligt war, ist ein Zeichen seiner Klasse, aber auch ein Armutszeugnis für die Angreifer.
Der Sturm ist derzeit die größte Kaderbaustelle. Außerdem benötigt das Team Außenbahnspieler, die ein gutes Gleichgewicht zwischen Offensive und Defensive mitbringen. Es gibt einiges zu tun für den noch unbekannten neuen Sportchef.
Doch zunächst heißt es am Sonntag: Ende gut, alles gut – im Ostseestadion kann der Klassenerhalt gefeiert werden.