Krieg Tag 458 So 28.05.2023 ++ Selenskyj bringt Iran-Sanktionen auf den Weg ++
28. Mai 2023Der ukrainische Präsident Selenskyj bringt auf 50 Jahre angelegte Sanktionen gegen den Iran auf den Weg. Russlands Außenminister Lawrow warnt den Westen davor, F-16-Kampfjets an die Ukraine zu liefern.
- Selenskyj leitet Sanktionen gegen den Iran ein
- Lawrow warnt Westen: „Ein Spiel mit dem Feuer“
- Ukrainische Luftwaffe: Schwerster russischer Luftangriff bisher
- Russland: Drohnenangriff auf Ölraffinerie in Krasnodar abgewehrt
- Selenskyj dankt Deutschland und kündigt weitere Sanktionen an
18:12 Uhr
Selenskyj bringt Sanktionen gegen den Iran auf den Weg
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Sanktionen mit einer Dauer von 50 Jahren gegen den Iran eingeleitet. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Unian unter Verweis auf eine im ukrainischen Parlament eingegangene Gesetzesinitiative des Präsidenten. Verboten werden sollen etwa der Handel mit militärischer Ausrüstung und sogenannten Dual-Use-Gütern, die zivil und militärisch genutzt werden können.
Zudem will die Ukraine auch ihre wirtschaftlichen und finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Iran einstellen und die Ausfuhr von Kapital in die Islamische Republik unterbinden. Vorgeschlagen wird auch ein Verbot für Technologietransfer und Investitionen im Iran. Es wird erwartet, dass das ukrainische Parlament der schon vom nationalen Sicherheitsrat abgesegneten Entscheidung zustimmt.
Hintergrund der Spannungen zwischen Kiew und Teheran sind die anhaltenden russischen Drohnenangriffe auf die Ukraine. Moskau nutzt dabei nach ukrainischen Angaben vorwiegend Drohnen des iranischen Typs Schahed. Zuvor war bekannt geworden, dass der Iran seine Exporte nach Russland im vergangenen persischen Kalenderjahr um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesteigert hat.
Zahl der Toten in Dnipro steigt auf vier
Nach dem russischen Raketenangriff auf die ukrainische Stadt Dnipro ist die Zahl der Toten nach Behördenangaben auf vier gestiegen. Inzwischen sei der Tod dreier Personen bestätigt, die bisher als vermisst gegolten hätten, erklärte Serhj Lysak, Gouverneur der Region Dnipropetrowsk, deren Hauptstadt Dnipro ist. Zudem seien 32 Menschen, darunter zwei Kinder, bei dem Angriff vom Freitag verletzt worden. Bei der Attacke wurde ukrainischen Angaben zufolge ein Klinikgebäude betroffen, in dem Einrichtungen für Psychotherapie und Tiermedizin untergebracht sind.
16:37 Uhr
Iran weitet Exporte nach Russland aus
Der Iran hat inmitten politischer Isolation vom Westen seine Exporte nach Russland ausgebaut. Wie die iranische Nachrichtenagentur ISNA berichtet, stiegen die Exporte im vergangenen persischen Kalenderjahr (bis Ende März) um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Laut ISNA betrug das Handelsvolumen rund 744 Millionen US-Dollar (rund 693 Millionen Euro). Russland sei damit zehntgrößter Abnehmer iranischer Produkte.
Angesichts internationaler Sanktionen haben der Iran und Russland ihre Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem und militärischem Gebiet ausgebaut. Die Islamische Republik unterstützt Moskau nach westlichen Erkenntnissen auch mit sogenannten Kamikaze-Drohnen im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Auch im Energie- und Finanzsektor besteht Kooperation.
12:27 Uhr
Gouverneur: Westrussische Region Belgorod unter Beschuss
Die westrussische Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine ist nach Angaben der Behörden erneut unter Beschuss geraten. Schwerpunkt der gestrigen Angriffe seien die Landkreise Schebekino und Graiworon gewesen, teilte der Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, auf seinem Telegram-Kanal mit. In Graiworon, wo es Anfang der Woche zu schweren Kämpfen kam, seien 115 Granaten eingeschlagen, im Kreis Schebekino habe es 103 Einschläge gegeben.
Bei den Angriffen auf Schebekino ist Gladkow zufolge ein Wachmann ums Leben gekommen, drei Personen wurden verletzt, darunter zwei Minderjährige. Sie würden im Krankenhaus behandelt. Sowohl in Schebekino als auch im Kreis Graiworon sind nach seinen Angaben Wohnhäuser durch den Beschuss beschädigt worden.
Lawrow warnt Westen: „Ein Spiel mit dem Feuer“
Angesichts der Debatte um die Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine hat Russland den Westen davor gewarnt, „mit dem Feuer“ zu spielen. „Das ist ein Spiel mit dem Feuer. Da gibt es gar keinen Zweifel“, sagte der Außenminister Sergej Lawrow in einem Gespräch mit dem russischen Fernsehen.
„Das ist eine inakzeptable Eskalation“, kritisierte Lawrow demnach. Sie werde betrieben von „Washington, London und ihren Satelliten innerhalb der EU“ und verfolge das Ziel, „Russland zu schwächen“. Der Westen wolle mit der militärischen Unterstützung der Ukraine Russland „eine strategische Niederlage zufügen“ und sein Land „zerstückeln“, so der Außenminister.
Aus Furcht vor einer Eskalation des Konflikts hatten westliche Staaten die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine mehr als ein Jahr lang verweigert. Vor anderthalb Wochen gab die US-Regierung jedoch grünes Licht für die Lieferung mit F-16-Flugzeugen aus US-Produktion.
London: Russen werden zu Opfern für Krieg aufgerufen
Bürger in Russland werden laut britischen Geheimdienstexperten vermehrt dazu aufgerufen, aktiv Opfer für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu bringen. „Staatlich unterstützte russische Medien und Unternehmensgruppen haben das Wirtschaftsministerium ersucht, angesichts der wirtschaftlichen Anforderungen des Krieges eine Sechstagewoche für die Arbeiter zu genehmigen – anscheinend ohne zusätzliche Bezahlung“, hieß es im täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London.
Am 21. Mai habe die führende russische Propagandistin Margarita Simonjan dafür plädiert, dass Bürger nach ihren regulären Jobs jeden Tage zwei Stunden extra in Munitionsfabriken arbeiten sollten, berichteten die Geheimdienstexperten. Der sich entwickelnde Ton in der Öffentlichkeit spiegele deutlich ein sowjetisches Gefühl des gesellschaftlichen Zwangs wider. „Er unterstreicht auch, dass die Führung sehr wahrscheinlich die wirtschaftliche Leistung als einen entscheidenden Faktor für den Sieg im Krieg ansieht“, hieß es.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Ukrainische Luftwaffe: Schwerster russischer Luftangriff bisher
Der Pressedienst der ukrainischen Luftwaffe hat den russsischen Drohnenangriff der letzten Nacht als einen der schwersten seit Kriegsbeginn bezeichnet. „Insgesamt wurde der Start von einer Rekordzahl an Kamikaze-Drohnen registriert: 54!“, teilte die ukrainische Luftwaffe auf Telegram mit. Nach Angaben der Behörden konnten 52 der unbemannten Fluggeräte abgeschossen werden.
Die Attacke galt demnach hauptsächlich der Hauptstadt Kiew. Nach Angaben der dortigen Militärverwaltung wurden über Kiew 40 Drohnen abgeschossen. Es sei bereits der 14. Angriff seit Anfang Mai, teilte Militärgouverneur Serhij Popko auf Telegram mit. Es gab einen Toten, mehrere wurden verletzt.
Schäden wurden auch aus der Gebietshauptstadt Schytomyr, rund 120 Kilometer westlich von Kiew, gemeldet. Dort habe es aber keine Todesopfer gegeben, teilte Bürgermeister Serhij Suchomlyn auf seiner Facebook-Seite mit. Neben den Drohnenangriffen meldeten die ukrainischen Behörden zudem den Artilleriebeschuss der Region Sumy an der Grenze zu Russland und der Stadt Nikopol im Gebiet Dnipropetrowsk.
Russland: Drohnenangriff auf Ölraffinerie in Krasnodar abgewehrt
Die russische Luftabwehr hat nach offiziellen Angaben mehrere Drohnen abgefangen, die in Richtung der Ölraffinerie Ilski in der russischen Region Krasnodar geflogen sind. „Alle wurden neutralisiert, die Infrastruktur der Anlage wurde nicht beschädigt“, teilen Angehörige des Notfalldienstes der Region auf Telegram mit. Wer die Drohnen gestartet hat, wird nicht genannt. Reuters konnte die Angaben nicht unabhängig überprüfen.
Die Raffinerie liegt in der Nähe des Schwarzmeerhafens Noworossijsk und wurde in diesem Monat bereits mehrfach angegriffen. Die Region Krasnodar grenzt im Südwesten an das Schwarze Meer und im Nordosten an das Asowsche Meer, das mit dem Schwarzen Meer über die Straße von Kertsch verbunden ist.
Kiew meldet nächtliche russische Angriffe
In den frühen Morgenstunden haben Detonationen die ukrainische Hauptstadt erschüttert. „Explosionen in Kiew“, teilt der Bürgermeister der Stadt, Vitali Klitschko, über Telegram mit. Die Flugabwehr arbeite. Bislang seien mehr als 20 russische Drohnen abgeschossen worden. Eine weitere Drohnenwelle sei im Anflug auf Kiew.
Nach Angaben der Stadtverwaltung wurde mindestens ein Mensch getötet. Drei weitere Personen seien verletzt worden.
Auch die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf Zeugen von mehreren Explosionen, nachdem für Kiew und weite Teile der Ukraine Luftalarm ausgelöst worden war.
Putin ordnet verstärkte Grenzsicherung an
Russlands Präsident Wladimir Putin ordnet eine verstärkte Grenzsicherung an, um eine „schnelle“ Bewegung in die ukrainischen Regionen zu gewährleisten, die unter Moskauer Kontrolle stehen. „Es ist notwendig, den schnellen Transport von militärischen und zivilen Fahrzeugen und Gütern, einschließlich Lebensmitteln, humanitärer Hilfe und Baumaterialien, die an die neuen Gebiete der (russischen) Föderation geschickt werden, zu gewährleisten“, sagt Putin im Telegramm-Kanal des Kremls.
Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk sind die vier Regionen in der Ukraine, die Putin im vergangenen September für annektiert erklärte. Die russischen Streitkräfte kontrollieren diese vier Gebiete nur teilweise.
Selenskyj dankt Deutschland und kündigt weitere Sanktionen an
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Deutschland für die weitere Lieferung verschiedener Verteidigungsausrüstung und Waffen gedankt. Gestärkt würden dadurch die Flugabwehr und insgesamt die Verteidigungskraft gegen den russischen Terror, sagte Selenskyj in seiner Videobotschaft am Samstagabend. Er dankte auch Finnland für ein neues Verteidigungspaket sowie Kanada und Island.
Zugleich kündigte Selenskyj weitere Sanktionen gegen Russland an, um den Krieg des Landes gegen die Ukraine zu beenden. Er habe 220 Firmen und 51 Personen auf die Liste derer gesetzt, die „für den Terror arbeiten“. Die meisten seien Rüstungsbetriebe, die in Verbindung mit russischen Unternehmen stünden. „Unternehmen, die dem Krieg dienen.“ Nicht alle von ihnen seien auf russischem Boden tätig. „Aber alle werden den globalen Druck abbekommen“, sagte er.