Die Corona-Trends des Tages – Über 240.000 Impfungen in Deutschland – doch in diesen Bundesländern ist es ein Desaster
4. Januar 202118:00:14
Bis Ende Januar sollen in Deutschland drei bis vier Millionen Dosen Impfstoff zur Verfügung stehen, verspricht die Bundesregierung. Pro Woche könnten dann 670.000 Dosen gespritzt werden, pro Werktag also 114.000. Doch von diesem Tagessatz sind wir noch weit entfernt. Gerade einmal 238.809 Menschen haben sich bislang impfen lassen. Das geht aus dem Lagebericht des Robert-Koch-Instituts vom 3. Januar 2021 hervor. Im Schnitt waren das 26.500 pro Tag.
Somit sind in Deutschland gerade einmal 0,29 Prozent der Bevölkerung gegen Covid-19 geimpft. Im Vergleich zum „Impf-Weltmeister“ Israel wirkt das geradezu lächerlich: Dort sollen bereits 12,6 Prozent der Bevölkerung geimpft sein. Doch woran hapert es in Deutschland? Der Blick auf die einzelnen Bundesländer zeigt große regionale Unterschiede.
Die meisten Impfungen in Bayern, die wenigsten in Thüringen
Spitzenreiter ist bislang Bayern mit 57.833 Impfungen, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 48.691 und Hessen mit 30.085. In acht Bundesländern liegt die Gesamtzahl der bisherigen Impfungen allerdings erst im vierstelligen Bereich:
- Schleswig-Holstein: 8933
- Rheinland-Pfalz: 7248
- Niedersachsen: 4962
- Sachsen: 4343
- Saarland: 4149
- Hamburg: 3704
- Brandenburg: 3219
- Bremen: 1837
Am wenigsten Vakzin wurde in Thüringen gespritzt: Hier sind es nur 810 Dosen.
Eine Tabelle des Robert-Koch-Instituts vom 3. Januar gibt neben der Verteilung auf die einzelnen Bundesländer auch an, wie viele Dosen an alte Menschen, medizinisches Personal oder Bewohner von Pflegeheimen gingen:
Anmerkungen: In einigen Bundesländern werden nicht alle der in der Tabelle aufgeführten Indikationen einzeln ausgewiesen. Es können mehrere Indikationen je geimpfter Person vorliegen. Zahlen für Brandenburg enthalten keine Meldung für 2.1.2021. In Rheinland-Pfalz stehen Nachmeldungen der mobilen Teams aus.
Fünf Gründe für das Impf-Desaster
Warum laufen die Impfungen in vielen Bundesländern so schleppend an? FOCUS Online nennt fünf mögliche Gründe für die regionalen Unterschiede.
1. Terminbuchung teilweise noch nicht möglich
In Sachsen-Anhalt wurde die erste Frau gegen Covid-19 geimpft – bereits einen Tag vor dem offiziellen Impfstart am 27. Dezember. Andere Bundesländer sind nicht ganz so schnell: Vielerorts nehmen die Impfzentren erst im Laufe des Januars ihren Betrieb auf. In einigen Ländern waren im Dezember zunächst nur mobile Teams unterwegs, die sich vor allem um die Impfungen in Pflegeheimen gekümmert haben. Andere Impfberechtigte konnten noch keinen Termin vereinbaren – etwa in Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Hessen und Niedersachsen.
Das Saarland hatte als erstes Bundesland bereits am 24. Dezember eine Hotline zur Terminvergabe freigeschaltet. Die verfügbaren 12.000 Termine bis Ende Januar waren schnell vergeben. Mittlerweile kommen auch Einwohner in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein telefonisch an einen Termin. Die Hotline 116 117 war Berichten zufolge zum Start aber teilweise schwer erreichbar.
In Brandenburg und Thüringen beginnt die telefonische Vergabe heute, am 4. Januar. In Rheinland-Pfalz können Impfberechtigte seit heute sowohl telefonisch als auch online einen Termin buchen.
2. Impfbereitschaft im Osten nur bei 52 Prozent
Laut einer Umfrage der Universität Hamburg im November 2020 sind 57 Prozent der Deutschen bereit, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen, wenn sie an der Reihe sind. Doch die Bereitschaft variiert innerhalb Deutschlands: Im Norden liegt sie mit 63 Prozent höher als im Süden (55 Prozent) und Osten (52 Prozent). Die höchste Bereitschaft zeigen demnach Einwohner aus Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Die geringste Bereitschaft findet sich in Baden-Baden, Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Letzteres ist das Bundesland, in dem bislang am wenigsten geimpft wurde.
3. Unterschiedliche Verteilung des Impfstoffs
150.350 Dosen des Biontech-Vakzins wurden zum Impfstart in Deutschland verteilt. Jedes Bundesland erhielt 9700 Dosen – mit Ausnahme von Bremen, das nur 4850 Dosen bekam. Wie die Bundesländer die weitere Verteilung regeln, ist ihnen überlassen. So ging in Nordrhein-Westfalen der Impfstoff bevorzugt an Orte, an denen besonders viele Menschen über 80 Jahren leben. Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein verteilten die Dosen rein nach Einwohnerzahl, ohne die Altersstruktur zu beachten. In Hessen wurde vor allem an Alten- und Pflegeheime sowie Krankenhäuser verteilt.
4. Ungleiche Verteilung von Impfzentren
Drei Impfzentren stehen im Saarland bereit, 99 in Bayern. Natürlich braucht ein flächenmäßig kleines Bundesland wie das Saarland nicht genauso viele Impfzentren wie Bayern. Doch auch unter Bundesländern mit ähnlicher Fläche gibt es große Unterschiede, was die Anzahl der Impfzentren betrifft.
Ein Beispiel: In Thüringen soll in Zukunft an 29 zentralen Stellen geimpft werden, in Sachsen nur an 13. Dabei sind die beiden Bundesländer flächenmäßig fast gleich groß – Sachsen hat sogar doppelt so viele Einwohner. Das bedeutet: In manchen Ländern ist der Weg zum nächsten Impfzentrum wesentlich weiter als in anderen. Gerade für ältere Menschen, die nicht mehr selbst Auto fahren können, kann das eine entscheidende Hürde darstellen. Die Kosten für die Fahrt zur Impfstelle, etwa mit der Bahn, werden die Krankenkassen voraussichtlich nicht übernehmen.
5. Fehlender Zugang zu Informationen
Im Netz häufen sich die Berichte zum Coronavirus. Dort lässt sich mit wenigen Klicks nachlesen, wer als erstes geimpft werden darf, wo sich das nächstgelegene Impfzentrum befindet und wann ein Termin frei ist. Doch wie kommen Menschen ohne Internetzugang an diese wichtigen Informationen? Dazu zählt gerade die Risikogruppe der Über-80-Jährigen, die als erstes geimpft werden soll.
Die Bundesländer handhaben dies ganz unterschiedlich. Während etwa in Berlin, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern alle Impfberechtigten per Brief dazu eingeladen werden, einen entsprechenden Termin zu vereinbaren, verzichten die meisten Bundesländer auf eine solche Kontaktaufnahme. Wer keinen Computer hat, muss sich aus eigener Initiative etwa beim Hausarzt oder bei der Hotline 116 117 informieren – doch auch diese gilt nicht in allen Bundesländern.
Deutschland im weltweiten Vergleich
Die weltweite Führung hat Israel übernommen. Laut der Webseite „Ourworldindata.org“ sind dort pro 100 Menschen bereits 12,59 geimpft (Stand: 2. Januar). In Bahrain im Persischen Golf sind es 3,57 pro 100 Einwohner, in Deutschland erst 0,29.
Mehrere Zeitungen berichteten jedoch am Wochenende über Schwierigkeiten zum Start. Wie „La Repubblica“ am Samstag schrieb, fehlte es um den Jahreswechsel an Impfärzten und Mitarbeitern in Krankenhäusern. Auffällig ist, dass es große Unterschiede bei den Impf-Quoten zwischen den Regionen gibt: Die reiche Lombardei im Norden des Landes, in der die Corona-Pandemie besonders stark zugeschlagen hat, liegt dabei deutlich unter dem Gesamtdurchschnitt. Dort waren rund 80.000 Dosen eingetroffen. Bis Sonntag gegen 9 Uhr waren nach der Statistik aber nur rund 2400 (3 Prozent) davon gespritzt worden.
Die Niederlande haben als einziges Land der EU noch gar nicht mit den Impfungen begonnen. In einer Lagerhalle in Oss im Osten des Landes liegen seit Tagen ungenutzt rund 175.000 Dosen des Biontech-Impfstoffs. Ursprünglich wollte das Land erst am 8. Januar mit den Impfungen beginnen. Nach starkem Druck von Medizinern und Öffentlichkeit wollen die Niederlande den Impfstart nun doch vorziehen. Zunächst sollen 30.000 Mitarbeiter in Krankenhäusern gegen das Virus geimpft werden, teilte das Gesundheitsministerium am Samstag in Den Haag mit.
Aktuelle Zahlen für Deutschland: Montag, 4. Januar
1. Neuinfektionen
Zum Jahresbeginn liegt die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland auf einem niedrigeren Niveau als in der Woche zuvor. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet am Montagmorgen insgesamt 9847 neue Corona-Fälle innerhalb eines Tages.
Da am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter Daten übermitteln, liegen die Fallzahlen des RKI sonntags und montags in der Regel niedriger als an anderen Wochentagen. Am Montag vergangener Woche hatte das Institut 10.976 neue Ansteckungsfälle bekanntgegeben.
Eine Interpretation der Daten bleibt weiter schwierig, weil um Weihnachten und den Jahreswechsel Corona-Fälle laut RKI verzögert entdeckt, erfasst und übermittelt wurden. Der Höchststand von 1129 neuen Todesfällen war am Mittwoch (30.Dezember) erreicht worden. Bei den binnen 24 Stunden registrierten Neuinfektionen war mit 33.777 am 18. Dezember der höchste Wert gemeldet worden – darin waren jedoch 3500 Nachmeldungen enthalten.
Insgesamt sind in Deutschland laut RKI seit Beginn der Pandemie bislang 1.775.513 Covid-19-Fälle bekannt.
2. Tote, Genesene, aktive Fälle
Die Zahl der in Deutschland mit oder an dem Coronavirus gestorbenen Menschen hat sich auf 34.574 erhöht, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) am Montagmorgen bekannt gab. Die Gesundheitsämter meldeten binnen 24 Stunden 302 weitere Todesfälle.
Auffällig: Der Dezember war nicht nur der tödlichste Monat seit Pandemie-Beginn, der war auch tödlicher als alle anderen Monate zusammen. Von März bis November waren nach RKI-Angaben 16.700 Menschen gestorben, alleine im Dezember jedoch 17.500.
Ferner stieg die Zahl der Genesenen auf 1.401.200, insgesamt gibt es aktuell rund 374.300 aktive Fälle in Deutschland. Das sind knapp 20.000 mehr als am Vortag.
3. 7-Tage-Inzidenz
Die Zahl der binnen sieben Tagen an die Gesundheitsämter gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag am Montagmorgen bei 139,4. Ihr bisheriger Höchststand war am 22. Dezember mit 197,6 erreicht worden. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind jedoch enorm: Die höchsten Inzidenzen hatten am Montag Sachsen mit 323,0 und Thüringen mit 251,4. Den niedrigsten Wert hatte Schleswig-Holstein mit 78,2.
Bei der 7-Tages-Inzidenz handelt es sich um die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in diesem Zeitraum. Der Wert ist ein wesentlicher Maßstab für die Verhängung und Lockerung von Maßnahmen gegen die Ausbreitung des neuartigen Virus. Ziel der Bundesregierung ist es, die Inzidenz auf unter 50 zu drücken.
4. R-Wert
Der R-Wert gibt an, wie viele Menschen ein Infizierter in der Regel ansteckt. Der bundesweite Vier-Tage-R–Wert liegt laut RKI-Lagebericht vom Sonntag bei 0,91. Rechnerisch stecken derzeit also 100 Infizierte 91 weitere Menschen an.
Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. Das RKI betont aber, dass der R-Wert wegen der Verzögerungen gegebenenfalls unterschätzt werde.
Das 7-Tage-R, das weniger Schwankungen ausgesetzt ist, lag am Sonntagabend bei 1,11.
5. Intensivbettenbelegung in Deutschland
Das Divi-Intensivregister meldet 5762 Covid-19-Patienten in Intensivbetten (Stand Sonntag). Von den 5762 Patienten sind 3171 an Beatmungsgeräte angeschlossen, das sind rund 55 Prozent der Covid-Intensivpatienten.
Insgesamt sind laut Intensivregister aktuell 21.894 Intensivbetten belegt und 4657 Betten frei – das entspricht einer Auslastung von rund 82 Prozent.