Krieg Tag 469 Do 08.06.2023 ++ Ukraine dementiert Beginn der Gegenoffensive ++
8. Juni 2023Kiew hat Medienberichte zurückgewiesen, denen zufolge die ukrainische Gegenoffensive im Süden des Landes begonnen haben soll. Der überflutete Fluss Dnipro ist teils nicht mehr passierbar.
- Dnipro teils nicht mehr passierbar
- Moskau verkündet Abwehr ukrainischer Offensive
- Stausee-Wasserstand vor gefährlichem Tiefpunkt
- Selenskyj besucht Überschwemmungsgebiet bei Cherson
- NATO-Generalsekretär leitet Ukraine-Krisensitzung zu Kachowka-Staudamm
19:29 Uhr
Kremlbeamter reist in Flutgebiete
Sergej Kirijenko, Vizechef der Kremlverwaltung, ist in die besetzte südukrainische Region Cherson gereist, um sich ein Bild von den Überflutungen in der Region zu machen. Das teilte der von der russischen Regierung eingesetzte Statthalter von Cherson, Andrej Alexejenko, auf seinem Telegram-Kanal mit.
Kirijenko, der 1998 auf dem Höhepunkt der russischen Finanzkrise kurzzeitig Regierungschef in Moskau war, gilt als Verantwortlicher für die Innenpolitik in der Präsidialverwaltung – und als Kurator für die besetzten Gebiete der Ukraine.
Klitschko kritisiert Bezirksleiter im Konflikt um Kiewer Schutzbunker
Im Streit um Probleme mit Kiewer Luftschutzbunkern will Bürgermeister Vitali Klitschko an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj appellieren, ihm mehr Handlungsspielraum zu überlassen. Die einzelnen Stadtbezirke seien mittlerweile zu „separaten Fürstentümern“ geworden, während dem Bürgermeisterbüro immer weniger Handlungsraum bleibe, kritisierte Klitschko am Donnerstag im Messenger-Dienst Telegram. Zugleich aber trage er die volle Verantwortung für die Lage in der Metropole.
Am 4. Juni waren in Kiew zwei Erwachsene und ein Kind durch russischen Raketenbeschuss getötet worden. Später stellte sich heraus, dass einige Luftschutzbunker entgegen Vorgaben geschlossen waren.
Rumänien verlangt Verringerung des russischen Botschaftspersonals
Rumänien hat Russland aufgefordert, sein Botschaftspersonal in Bukarest um mehr als die Hälfte zu reduzieren. Damit solle der Umfang der diplomatischen Vertretung Russlands in Rumänien demjenigen angeglichen werden, den Bukarest in Moskau habe, heißt es in einer Mitteilung des rumänischen Außenministeriums.
Dies spiegele „das aktuelle Niveau der bilateralen Beziehungen, die Rumänien nach Ausbruch des Angriffskriegs auf die Ukraine drastisch reduziert hat“ wider, schrieb das Ministerium weiter. Moskau habe 30 Tage Zeit, diese Anweisung umzusetzen, bei Zuwiderhandeln werde man einigen russischen Diplomaten die Akkreditierung entziehen.
Ukrainischer Energieminister bittet um größere Stromlieferungen aus Europa
Nach der Teilzerstörung des Kachowka-Staudamms in der Ukraine hat der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko europäische Partner gebeten, größere Mengen Strom an sein Land zu liefern. „Wir bitten Europa, die Obergrenze für Stromimporte von derzeit einem Gigawatt auf zwei Gigawatt zu erhöhen“, so Haluschtschenko in einem Interview.
Die derzeitige Obergrenze für den Import von europäischem Strom in die Ukraine liege bei „1050 Megawatt“, sagte Haluschtschenko am Rande einer Tagung der Internationalen Energieagentur (IEA) in Versailles zum Thema Energiepolitik. Die Leitungen „ermöglichen es uns, bis zu zwei Gigawatt Strom zu importieren“ fügte er hinzu.
17:39 Uhr
Ukrainisches Militär weist Bericht über Beginn der Gegenoffensive zurück
Das ukrainische Militär hat einen US-Medienbericht zurückgewiesen, wonach die Regierung in Kiew mit der lange erwarteten Gegenoffensive begonnen habe. „Uns liegen keine derartigen Informationen vor“, sagt ein Sprecher des ukrainischen Generalstabs. Zu Angaben auf der Basis von anonymen Quellen nehme man keine Stellung. Zuvor berichtete der Sender NBC News unter Berufung auf nicht namentlich genannte Militärvertreter, die Offensive habe begonnen.
Rotes Kreuz weist Kritik an mangelnder Präsenz zurück
Der Generalsekretär des Deutschen Roten Kreuz (DRK), Christian Reuter, hat Vorwürfe des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wegen einer mangelnden Präsenz der Hilfsorganisation in der Region Cherson zurückgewiesen. „Natürlich sind wir schon da, waren schon da“, sagte Reuter mit Blick auf derzeit von der Organisation geleistete Hilfe für die Menschen in dem überfluteten Gebiet. Nach der Teilzerstörung des Kachowka-Staudamms am Dnipro oberhalb der Stadt Cherson stehen weite Teile der Region unter Wasser.
UN bisher nicht in Überschwemmungsgebieten unter russischer Besatzung
Die Vereinten Nationen bemühen sich nach dem Dammbruch in der Ukraine um Zugang zu den Überschwemmungsgebieten unter russischer Besatzung. Bislang sei das UN-Nothilfebüro OCHA nicht in der Lage, einen UN-Einsatz in der Region zu bestätigen, sagte OCHA-Sprecher Jens Laerke. „Wir setzen unsere prinzipiellen Bemühungen fort, die von Russland kontrollierten Gebiete der Ukraine zu erreichen.“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf russischen Truppen vor, die Menschen dort im Stich zu lassen und ukrainische Rettungsversuche zu torpedieren. Internationalen Hilfsorganisationen warf er Passivität vor.
Scholz hofft auch auf NATO-Beitritt Schwedens
Bundeskanzler Olaf Scholz hofft, dass zum NATO-Gipfel in Vilnius im Juli auch Schweden dem westlichen Verteidigungsbündnis beitreten kann. Von dem Gipfel solle ein Signal der Geschlossenheit ausgehen, sagte er bei einem Treffen mit der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Hintergrund ist der anhaltende Widerstand der Türkei gegen einen schwedischen Beitritt.
Dnipro teils nicht mehr passierbar
Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Ukraine ist der als wichtige Exportroute für Agrarprodukte genutzte Fluss Dnipro streckenweise unpassierbar. „Er ist die Hauptverkehrsader der Flussschifffahrt in der Ukraine. Und die Kachowka-Schleuse war die letzte Dnipro-Schleuse, die alle Schiffe auf das offene Meer hinausließ“, erklärte die staatliche Schifffahrtsverwaltung der Ukraine. Nun sei das Tor für ukrainische Exporte blockiert.
Rund 50 Schiffe sind im Kachowka-Stausee gestrandet, wo der Wasserspiegel sinkt. Es würden Anstrengungen unternommen, sie flussaufwärts der Stadt Saporischschja zu verlegen, wie die Schifffahrtsverwaltung mitteilte. Oberhalb von Saporischschja werde der Fluss schiffbar bleiben. Stromabwärts noch lange nicht, hieß es weiter.
Lettlands Parlamentschef dankt Deutschland für militärischen Beistand
Lettlands Parlamentspräsident Edvards Smiltens hat sich für den militärischen und sicherheitspolitischen Beistand Deutschlands für sein Land und die baltischen Nachbarstaaten Estland und Litauen bedankt. Bei einem Treffen mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas würdigte er die Führungsrolle der Bundeswehr beim NATO-Gefechtsverband in Litauen und den deutschen Beitrag zur Luftraumüberwachung über dem Baltikum. Unterstützung wünschte sich der zweithöchste Mann in dem an Russland grenzenden EU- und NATO-Staat bei der Beschaffung des deutschen Mittelstrecken-Luftabwehrsystems Iris-T-SLM, das Lettland gemeinsam mit Estland erwerben will.
Großbritannien verbietet bestimmte Importe aus Belarus
Mit neuen Maßnahmen gegen Belarus will Großbritannien Machthaber Alexander Lukaschenko den Geldhahn abdrehen und eine Umgehung von Sanktionen gegen Russland verhindern. Künftig sei die Einfuhr von Holz, Gold, Zement und Gummi aus Belarus als „Einnahmequellen des Lukaschenko-Regimes“ verboten, teilte das Außenministerium in London mit.
Untersagt wird zudem der Export von Banknoten und Maschinen sowie von Gütern, Technologien und Materialien, die zur Herstellung chemischer und biologischer Waffen verwendet werden könnten. Der britische Außenminister James Cleverly sagte dazu:
Dieses neue Paket verschärft den wirtschaftlichen Druck auf Lukaschenko und sein Regime, das die russischen Kriegsanstrengungen aktiv unterstützt und die territoriale Integrität der Ukraine ignoriert.
Moskau verkündet Abwehr ukrainischer Offensive
Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu eine Offensive der ukrainischen Armee im Süden der Ukraine abgewehrt. Am frühen Morgen hätten die ukrainischen Truppen mit 1500 Soldaten und 150 gepanzerten Fahrzeugen in der Region von Saporischschja versucht, „unsere Verteidigungslinien zu durchstoßen“, erklärte Schoigu. Vier verschiedene Angriffsversuche seien jedoch abgewehrt worden.
Im Verlauf zweistündiger Gefechte sei der „Feind“ gestoppt worden und habe sich nach schweren Verlusten zurückgezogen. In der Region befindet sich das gleichnamige Atomkraftwerk, das größte in Europa. Dieses hatten die russischen Truppe zu Beginn ihrer Offensive im Frühjahr 2022 unter ihre Kontrolle gebracht.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Kreml: Putin reist nicht in besetztes ukrainisches Flutgebiet
Anders als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will Kremlchef Wladimir Putin zumindest vorerst nicht in das nach der Staudamm-Zerstörung überflutete südukrainische Gebiet Cherson reisen. „Nein, derzeit gibt es keine solchen Pläne“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge auf eine entsprechende Frage von Journalisten.
In Cherson ist die von russischen Truppen besetzte linke Seite des Flusses Dnipro besonders schlimm von den Hochwassern betroffen, die der Bruch des wichtigen Kachowka-Staudamms ausgelöst hat.
Zerstörter Staudamm: Bas ruft Europa zu mehr Hilfe für Ukraine auf
Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms im ukrainischen Kriegsgebiet hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zu gemeinsamen europäischen Hilfsanstrengungen aufgerufen. Mit dem lettischen Parlamentspräsidenten Edvards Smiltens sei sie sich einig darin, „dass jetzt Europa sehr stark mithelfen muss. Also, die Gemeinschaft jetzt auch in der humanitären Katastrophe die Menschen unterstützen muss vor Ort“, sagte die SPD-Politikerin nach einem Treffen mit Smiltens in Lettlands Hauptstadt Riga.
Bei dem Gespräch sei es darum gegangen, wie die Ukraine nach dem Dammbruch und der folgenden Hochwasserkatastrophe unterstützt werden könne. Deutschland leiste bereits akute Nothilfe durch das Technische Hilfswerk, das Hilfsgüter in die ukrainische Flutregion bringe. „Aber ich denke, es wird im Nachgang sicherlich auch noch mehr Unterstützung brauchen“, betonte Bas. Smiltens sagte, die lettische Regierung und die Stadt Riga hätten bereits Hilfe im Wert von einer halben Million Euro bereitgestellt.
Russland besteht auf Aufklärung von Nord-Stream-Explosionen
Russland besteht nach Medienberichten über eine mögliche ukrainische Spur bei den Explosionen an den Ostseepipelines Nord Stream 1 und 2 auf einer Aufklärung des Anschlags. Es müsse eine „transparente, internationale und dringliche Untersuchung dessen erfolgen, was jetzt vor sich geht“, sagte der stellvertretende Leiter der Russischen Präsidialverwaltung, Dimitri Peskow.
Russland beklagt seit langem, mit einer Forderung nach Aufklärung der Sprengungen an ihren nach Deutschland verlegten Gasleitungen nicht beteiligt zu werden. Moskau hatte stets Vorwürfe aus dem Westen zurückgewiesen, selbst die Pipelines gesprengt zu haben.
Russische Armee wegen Staudamm-Bruch zu Rückzug gezwungen
Die durch den Bruch des Kachowka-Staudamms in der Südukraine verursachten Überschwemmungen haben die russischen Truppen laut ukrainischen Angaben zu einem größeren Rückzug gezwungen. Die russischen Streitkräfte hätten sich wegen der Wassermassen in der Region Cherson um fünf bis 15 Kilometer zurückziehen müssen, sagte eine ukrainische Militärsprecherin im Fernsehen. Dies habe den russischen Beschuss in der Region „praktisch halbiert“.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Ukraine droht nach Staudamm-Bruch erheblicher Ernteausfall
Der Ukraine droht durch die Flutkatastrophe im Süden des Landes nach Angaben der Regierung ein mehrere Milliarden Tonnen schwerer Ernteausfall. Nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms in dieser Woche seien Zehntausende Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche in der Südukraine überschwemmt worden, teilte das Agrarministerium mit. Zudem würden mindestens 500.000 Hektar Land ohne Bewässerung veröden.
Auf den betroffenen Flächen würden hauptsächlich Gemüse, Melonen, Getreide und Ölsamen angebaut. Bei den überschwemmten Gebieten sei eine umfassende agrarökologische Bewertung des Bodenzustands erforderlich. In den meisten Fällen seien Spezialarbeiten zur Wiedernutzung nötig. Die Ukraine ist ein weltweit führender Erzeuger und Exporteur von Getreide und Ölsamen.
Stausee-Wasserstand vor gefährlichem Tiefpunkt
Der Wasserstand des Kachowkaer Stausees im Süden der Ukraine nähert sich den Behörden zufolge nach der Zerstörung des Damms einem gefährlichen Tiefpunkt. Ein weiteres Absinken drohe die Wasserversorgung der Kühlbecken für das nahe gelegene Kernkraftwerk Saporischschja und anderer Regionen zu beeinträchtigen, sagte der Leiter des staatlichen Betreibers des am gebrochenen Damm gelegenen Wasserkraftwerks, Ihor Syrota, im Fernsehen.
Sein Unternehmen stehe für Reparaturarbeiten am Damm und dem Wasserkraftwerk bereit, sobald die russischen Truppen die östliche Seite des Dnipro verlassen hätten. Die UN-Atomaufsichtsbehörde IAEA hatte zuletzt mitgeteilt, dass Europas größtes Kernkraftwerk über genügend Wasser verfügt, um die Reaktoren für „mehrere Monate“ aus einem Becken oberhalb des Stausees zu kühlen.
12:43 Uhr
Russland wirft Ukraine Beschuss von Rettungskräften vor
Die Führung in Moskau bezichtigt die Ukraine des Beschusses russischer Rettungskräfte in dem südukrainischen Überschwemmungsgebiet nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms. Das Präsidialamt legte allerdings keine unmittelbaren Beweise für seine Aussage vor. Sprecher Dmitri Peskow sagte zudem, dass Präsident Wladimir Putin derzeit keine Pläne für einen Besuch in dem Katastrophengebiet habe.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
11:30 Uhr
Tote und Verletzte nach russischem Angriff
Bei einem russischen Angriff auf den ostukrainischen Ort Ukrajinsk sind nach Angaben der Regionalregierung von Donezk drei Menschen getötet worden, darunter ein vierjähriger Junge. Fünf Menschen, darunter drei Kinder, seien zudem verletzt worden, als der Ort in der Nacht unter Beschuss genommen worden sei, teilt Gouverneur Pawlo Kirilenko auf Telegram mit. Zudem seien auch noch andere Teile der Region angegriffen worden. Dabei seien zwei Menschen verletzt worden.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Kiew: Staudamm-Zerstörung schädigt russische Truppen
Die russischen Truppen haben durch die Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Südukraine aus Sicht des Militärs in Kiew und von US-Experten Verluste hinnehmen müssen. Die Besatzer seien nicht vorbereitet gewesen auf die Folgen der Sprengung des Staudamms und hätten deshalb Soldaten, Ausrüstung und Militärtechnik verloren, teilte der Generalstab heute laut der Nachrichtenagentur dpa in Kiew mit. Es gebe tote, verletzte und vermisste russische Soldaten.
Auch Experten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) stellten fest, dass durch die Fluten aus dem Stausee russische Verteidigungsstellungen in der Frontlinie vernichtet worden seien. Russland hält den Großteil des Gebiets Cherson besetzt.
Entgegen der Einschätzung vieler internationaler Beobachter hat Moskau behauptet, Kiew habe den Staudamm gezielt zerstört. Russische Militärblogger meinen, die ukrainischen Truppen könnten nun in dem besetzten Gebiet leichter vordringen, um die Region und dann auch die annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim zurückzuerobern. Die Ukraine weist das als russische Propaganda zurück und betont, dass russische Truppen den Staudamm und das Wasserkraftwerk vermint und dann gesprengt hätten.
Atomenergiebehörde: Kühlwasserreserven von AKW Saporischschja werden gefüllt
Am ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja wird mit Hochdruck am Auffüllen der Kühlwasserreserven gearbeitet. Das sei nötig, falls infolge der Zerstörung des Kachowka-Staudamms und des Ablaufens riesiger Wassermengen bald kein Wasser mehr aus dem dahinter liegenden Reservoir gepumpt werden könne, teilte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, mit.
Das von Russland besetzte Kraftwerk liegt am nördlichen Ende des Stausees. Das Absenken des Pegelstands hatte sich nach seinen Angaben am Mittwoch leicht verlangsamt. Wenn der Pegel unter 12,7 Meter sinke, könne kein Wasser mehr auf das Gelände des Kraftwerks gepumpt werden. Grossi schloss nicht aus, das der Pegel innerhalb von wenigen Tagen unter diese Marke sinken könnte. Deshalb werde, so lange es noch möglich sei, kontinuierlich Wasser aus dem Stausee in Auffangbecken auf den Gelände gepumpt. Wenn diese Becken voll seien, reiche das Wasser zur Kühlung der sechs Reaktoren für mehrere Monate.
Selenskyj besucht Überschwemmungsgebiet bei Cherson
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die von Überschwemmungen betroffene Oblast Cherson im Süden des Landes besucht. Er habe dort über die Situation nach der Zerstörung des Kachowka-Staudammes beraten, teilt Selenskyj auf Telegram mit. „Viele wichtige Fragen wurden besprochen: die operative Lage in der Region infolge der Katastrophe, die Evakuierung der Bevölkerung aus potenziellen Überschwemmungsgebieten, die Beseitigung der durch die Dammexplosion verursachten Notlage, die Organisation der Lebenserhaltung in den überschwemmten Gebieten“, zählt er auf. Außerdem sei es um die Wiederherstellung des Ökosystems der Region und die operative militärische Lage gegangen.
Russland: Fünf Tote nach Bruch des Kachowka-Staudamms
Nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms in der Südukraine sind in der nahe gelegenen Stadt Nowa Kachowka Behördenangaben zufolge fünf Menschen ums Leben gekommen. Das berichtet die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf den Bürgermeister der Stadt, die von Russland kontrolliert wird.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Kiew: Mehr als 600 Quadratkilometer unter Wasser
Nach der Zerstörung des Kachowka-Damms im Kriegsgebiet Cherson im Süden der Ukraine fließen weiter Wassermassen aus dem Stausee ab. Der Wasserstand in dem See sei binnen 24 Stunden um einen Meter gesunken und liege mit Stand heute Morgen (7.00 Uhr MESZ) bei 13,05 Meter, teilte der staatliche Wasserkraftwerksbetreiber Ukrhydroenergo in Kiew mit.
Das Mauerwerk nehme derweil immer größeren Schaden. Durch den zertrümmerten Staudamm fließt das Wasser im Moment ungehindert ab. Gemeinsam mit dem staatlichen Energieversorger Ukrenerho würden nun Maßnahmen ausgelotet, um die negativen Folgen durch die Schäden am Kachowka-Wasserkraftwerk zu mindern, teilte der Konzern weiter mit. So solle etwa die Arbeitsweise anderer Wasserkraftwerke und Staudämme oberhalb der zerstörten Anlage auf dem Fluss Dnipro geändert werden, um mehr Wasser vor der Station Kachowka zu stauen und den Druck und die Überschwemmungen im Süden des Landes zu reduzieren.
In der Gebietshauptstadt Cherson zeigte der Hochwasserpegel heute Morgen 5,61 Meter an, wie der ukrainische Militärgouverneur Olexander Prokudin mitteilte. Laut Behörden laufen die Evakuierungen aus überschwemmten Wohnungen und Häusern. Aber viele Menschen wollten das Gebiet nicht verlassen, sagte Produkin. Die Gebietshauptstadt ist unter ukrainischer Kontrolle – anders als der Großteil der Region auf der linken Uferseite, die von russischen Truppen besetzt ist. Wegen der Kriegshandlungen ist die Arbeit von Helfern erschwert und gefährlich. Nach ukrainischen Angaben sind derzeit 600 Quadratkilometer unter Wasser, darunter 32 Prozent auf von Kiew kontrolliertem Gebiet, 68 Prozent auf von Moskau besetztem Territorium.
Südafrika: Putin begrüßt afrikanische Friedensinitiative
Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa hat Russlands Staatschef Wladimir Putin in einem Telefonat über einen geplanten Friedensvorstoß afrikanischer Staats- und Regierungschefs informiert. Putin habe die Initiative begrüßt und seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, die Delegation aus Afrika zu empfangen, teilt das südafrikanische Präsidialamt mit.
Ein Sprecher Ramaphosas hatte gestern mitgeteilt, dass für den Besuch noch kein Datum festgesetzt worden sei. Im Mai hatte er der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, es werde damit gerechnet, dass die Delegation noch im Juni in die Ukraine und nach Russland reisen werde, um zu versuchen, beide Seiten zur Einstellung der Feindseligkeiten zu bewegen. Ende Juli ist zudem ein Russland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg geplant. Auch darüber sprachen Ramaphosa und Putin in ihrem Telefonat, wie es es in der Erklärung des südafrikanischen Präsidialamts heißt.
London: Heftige Kämpfe an mehreren Frontabschnitten
In der Ukraine wird nach Angaben des britischen Geheimdienstes weiterhin an mehreren Frontabschnitten heftig gekämpft. Die Ukrainer behielten dabei in den meisten Gebieten die Initiative, hieß es heute im täglichen Geheimdienstbericht zum Krieg in der Ukraine des Verteidigungsministeriums in London.
Die russischen Truppen seien wahrscheinlich angewiesen, so bald wie möglich zum Angriff überzugehen. So hätten tschetschenische Einheiten einen erfolglosen Versuch gemacht, den Ort Marjiwka nahe der Stadt Donezk einzunehmen. Die Wasserstände seien nach dem Bruch des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine gestern weiter gestiegen, dürften aber im Laufe des heutigen Tages zurückgehen, so die Mitteilung der Briten weiter. Beschuss habe die Evakuierung von Zivilisten in den Überschwemmungsgebieten erschwert.
Rotes Kreuz warnt vor Minengefahr nach Zerstörung des Kachowka-Staudamms
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Ukraine auf die katastrophalen Folgen für die Lokalisierung von Landminen hingewiesen. „Wir wussten, wo die Gefahren waren“, sagte Erik Tollefsen, Leiter der Abteilung für Waffen-Belastung beim IKRK. „Nun wissen wir es nicht mehr. Alles, was wir wissen, ist, dass sie irgendwo flussabwärts sind.“ Dies sei sehr beunruhigend sowohl für die betroffene Bevölkerung als auch „für all diejenigen, die kommen, um zu helfen“.
Tollefsen äußerte sich anlässlich der Präsentation einer mithilfe von künstlicher Intelligenz entwickelten Drohne. Diese kann Minen und Sprengstoffreste wegen der davon ausgehenden Wärme lokalisieren. Eines Tages könnte sie in der Ukraine eingesetzt werden. Das IKRK habe mehrere Monate bei Minenräumarbeiten in der Ukraine geholfen, Minenfelder kartiert und markiert sowie Training und Ausrüstung bereitgestellt. „Nun wurde all das hinweggespült“, sagte er.
EU-Agentur fordert langfristige Perspektiven für Ukraine-Flüchtlinge
EU-Staaten sollten sich laut der EU-Agentur für Grundrechte (FRA) auf eine dauerhafte Integration von Geflüchteten aus der Ukraine einstellen. Bestehende Hilfsmaßnahmen sollten besser auf Frauen und Kinder ausgerichtet werden, die den überwiegenden Teil der Flüchtlinge ausmachen, forderte die Agentur am Donnerstag in Wien in ihrem Jahresbericht. Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sind seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 rund 8,3 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Davon genießen etwa 5,1 Millionen in der EU, in der Schweiz und in Norwegen unter Sonderregelungen vorübergehenden Schutz, ohne dass sie Asyl beantragen müssen.
Die FRA hob positiv hervor, dass die Unterbringung von Menschen aus der Ukraine in einigen EU-Ländern wie Deutschland zentral vom Staat geregelt oder innerstaatlich ausgeglichen verteilt werde. Die Grundrechteagentur forderte Nachbesserungen bei der Sprachausbildung und bei der Anerkennung von Diplomen. Außerdem sei es wichtig, ukrainische Kinder in Schulen und Kindergärten zu integrieren – nicht nur für ihre Entwicklung, sondern auch für die Berufschancen ihrer Mütter. Zusätzlich sei maßgeschneiderte Hilfe für Ukrainerinnen nötig, die sexuelle Gewalt oder Ausbeutung erlebten.
Pence: Ukraine braucht Unterstützung gegen Russland
Der frühere US-Vizepräsident Mike Pence würde die Ukraine als Präsident der Vereinigten Staaten eigenen Worten zufolge weiterhin militärisch gegen Russland unterstützen. „Wir müssen den Menschen in der Ukraine die Fähigkeit geben zu kämpfen“, sagte Pence bei einer Fragestunde mit Bürgern im TV-Sender CNN.
Dabei teilte er auch gegen seinen ehemaligen Chef, Ex-Präsident Donald Trump, aus. Dieser habe Kremlchef Wladimir Putin bei dessen Einmarsch ein „Genie“ genannt. „Ich kenne den Unterschied zwischen einem Genie und einem Kriegsverbrecher und ich weiß, wer im Krieg in der Ukraine gewinnen muss – und es sind die Menschen, die für ihre Freiheit und für die Wiederherstellung ihrer nationalen Souveränität in der Ukraine kämpfen“, sagte Pence.
Pence hatte zuvor mit einem Video seine Bewerbung für die republikanische Präsidentschaftskandidatur öffentlich gemacht.
Selenskyj bestreitet Sabotage der Nord-Stream-Pipelines
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine Beteiligung seiner Regierung an den Sabotage-Aktionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 bestritten. „Ich bin Präsident und ich gebe entsprechende Befehle. Nichts dergleichen hat die Ukraine getan. Ich würde nie so handeln“, sagte Selenskyj in einem Interview von „Bild“, „Welt“ und „Politico“. Angesprochen auf einen entsprechenden Artikel der „Washington Post“ forderte er Beweise für eine ukrainische Beteiligung.
NATO-Generalsekretär leitet Ukraine-Krisensitzung zu Kachowka-Staudamm
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat für heute eine Dringlichkeitssitzung mit der Ukraine wegen der teilweisen Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Südukraine angesetzt. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba soll per Videoschalte an dem Treffen der NATO-Ukraine-Kommission teilnehmen. Kuleba zufolge findet die Sitzung auf seine Bitte hin statt.
Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig für die Explosion verantwortlich, die den am Dnipro-Fluss gelegenen Staudamm in der Nacht zum Dienstag teilweise zerstört hatte. Riesige Mengen Wasser traten aus und überfluteten weite Gebiete der Südukraine. Tausende Menschen wurden bereits evakuiert, die Sorgen auch hinsichtlich einer drohenden Umweltkatastrophe wachsen.