Krieg Tag 520 Sa 29.07.2023 ++ Selenskyj besucht Front bei Bachmut ++
29. Juli 2023Der ukrainische Präsident Selenskyj hat eigenen Angaben zufolge die Front bei Bachmut besucht. Laut britischen Militärexperten haben Kämpfe in der Südukraine zuletzt zugenommen.
- Selenskyj besucht Front bei Bachmut
- Forderungen nach Lieferung deutscher Marschflugkörper
- Ukraine meldet neun Verletzte in Dnipro
16:04 Uhr
Russische Ermittler rufen Kinder als Zeugen auf
Ein 9-jähriges Mädchen und ihr 10-jähriger Bruder sind als Zeugen in einem Strafverfahren gegen ihre Mutter geladen worden. Dieser war vorgeworfen worden, die russische Armee wiederholt „diskreditiert“ zu haben.
Lidia Prudovskaya und ihre beiden Kinder wurden am Freitag von Ermittlern in der nordrussischen Region Archangelsk vorgeladen, um in dem Fall auszusagen, berichtete die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf die russische Nachrichtenagentur Sota. Gegen Prudowskaja wurde bereits wegen ähnlicher Vorwürfe Klagen erhoben. Sie hatte im September 2022 Antikriegsbeiträge auf der russischen Social-Media-Plattform „VKontakte“ geteilt.
Die Diskreditierung des russischen Militärs ist nach einem Gesetz, das nach der Entsendung russischer Truppen in die Ukraine im Februar 2022 verabschiedet wurde, eine Straftat. Das Gesetz wird regelmäßig gegen Kremlkritiker eingesetzt.
Morawiecki besorgt über Wagner-Truppen in Belarus
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat sich besorgt über Truppenbewegungen russischer Wagner-Söldner im benachbarten Belarus gezeigt. „Wir haben Informationen, dass mehr als hundert Söldner der Wagner-Gruppe in Richtung der Suwalki-Lücke vorgerückt sind, unweit von Grudno in Belarus“, sagte der nationalkonservative Politiker. Das berichtete die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf die Agentur PAP. Damit werde die Situation an der Grenze „noch bedrohlicher“, warnte Morawiecki beim Besuch einer Rüstungsfabrik im südpolnischen Gliwice.
Grudno liegt im Westen von Belarus, rund 15 Kilometer von der Grenze mit dem NATO-Mitgliedstaat Polen entfernt. Bei der Suwalki-Lücke handelt es sich um einen Korridor auf polnischem und litauischem Gebiet zwischen Belarus und der russischen Ostsee-Exklave Kaliningrad. Im Ernstfall könnte Russland die Baltenstaaten durch dessen Einnahme vom restlichen NATO-Gebiet abschneiden.
Ukrainerin darf doch an Fecht-WM teilnehmen
Die Ukrainerin Olha Charlan darf nach ihrer Disqualifikation bei der Fecht-WM wegen eines verweigerten Handschlags mit einer russischen Gegnerin im Teamwettbewerb doch wieder an den Start gehen.
Der Fecht-Weltverband FIE verteidigte die Strafe zwar in einer Mitteilung, setzte sie aber außer Kraft. Die Entscheidung sei im Einklang mit dem olympischen Geist getroffen worden, sagte Interimspräsident Emmanuel Katsiadakis nach Beratungen mit dem Internationalen Olympischen Komitee IOC. Charlan steht für den Teamwettbewerb im Säbel, der am Samstag beginnt, auf der Meldeliste.
Selenskyj besucht Front bei Bachmut
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eigenen Angaben zufolge die Front bei Bachmut im Osten seines Landes besucht. Anlässlich des Tages der Spezialeinheiten der ukrainischen Armee habe er den Soldaten dort für ihren Einsatz gedankt, teilte Selenskyj auf Telegram mit. Dazu veröffentlichte er auch ein Video, in dem zu sehen ist, wie er mehreren Kämpfern die Hände schüttelt und Auszeichnungen überreicht. Er habe sich außerdem von Kommandeuren über die Lage in dem schwer umkämpften Frontabschnitt in Kenntnis setzen lassen, schrieb Selenskyj. Einzelheiten könne er aber derzeit noch keine nennen.
Russische Truppen hatten Bachmut nach äußerst verlustreichen Kämpfen vor wenigen Monaten erobert. Sie halten die Stadt, die vor Beginn des russischen Angriffskriegs rund 70.000 Einwohner zählte, seitdem besetzt. Im Zuge ihrer Gegenoffensive will die ukrainische Armee nun okkupierte Gebiete befreien. Zuletzt meldete sie kleinere Erfolge insbesondere aus dem Südosten ihres Landes.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Großbritannien: Kämpfe in der Südukraine nehmen zu
Die Kämpfe in der Südukraine haben nach Angaben britischer Militärexperten in den vergangenen 48 Stunden in zwei Sektoren zugenommen. Das geht aus dem Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London hervor.
„Im Süden von Orichiw fokussieren sich die Kämpfe nahe des Dorfs Robotyne, im Gebiet, das in der Verantwortung von Russlands 58. Armee liegt“, hieß es in der Mitteilung. 80 Kilometer weiter östlich sei es ukrainischen Streitkräften gelungen, die russische Luftlandetruppen zu besiegen und das Dorf Staromajorske zurückzuerobern. Ebenfalls offensive Einsätze der Ukrainer gebe es weiter im Norden, im Wald von Serebrjansk, westlich von Kremina. Dort habe es aber nur wenig Fortschritte gegeben, so die Mitteilung weiter.
09:36 Uhr
USA: Schoigu möchte Waffen aus Nordkorea
Die USA gehen nach Angaben von US-Außenminister Antony Blinken davon aus, dass Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu in Nordkorea Waffen für sein Land beschaffen möchte. Er bezweifle stark, dass Schoigu in Nordkorea „Urlaub macht“, sagte Blinken bei einem Besuch in Australien. „Wir sehen, dass Russland verzweifelt nach Unterstützung, nach Waffen sucht, wo immer es sie finden kann, um seine Aggression gegen die Ukraine fortzusetzen.“ Schoigu war in dieser Woche anlässlich des 70. Jahrestags des Endes des Koreakriegs nach Nordkorea gereist.
Die „Financial Times“ berichtete derweil, dass die Ukraine im Kampf gegen russische Truppen von einem befreundeten Land beschlagnahmte nordkoreanische Waffen einsetze. Es handele sich um Raketenwerfer aus der Sowjetzeit, die bei den Kämpfen um Bachmut eingesetzt wurden. Von ukrainischer Seite hieß es, die Raketenwerfer stammen von russischen Truppen, sie seien erbeutet worden.
Forderungen nach Lieferung deutscher Marschflugkörper
Aus den Reihen von Opposition und Regierungsmehrheit werden Forderungen laut, der Ukraine auch deutsche Marschflugkörper zu liefern. Die Bundesregierung solle Kiew „sofort“ Marschflugkörper vom Typ „Taurus“ liefern, sagte CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter der „Welt am Sonntag“, dafür sprach sich auch FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber aus.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, drängte Berlin ebenfalls zur Lieferung von „Taurus“-Marschflugkörpern. Das Bundesverteidigungsministerium bekräftigte unterdessen sein Nein zu deren Lieferung. „Wir zählen sehr auf deutsche ‚Taurus‘-Raketen“, sagte Botschafter Makeiev der „Welt am Sonntag“. In Anspielung auf frühere Diskussionen in Deutschland über die Lieferung anderer Waffengattungen wie Kampfpanzer sagte Makeiev, er hoffe, dass wir „diesmal den Debattenteil verkürzen und damit mehr Menschenleben retten“.
Ukraine meldet neun Verletzte in Dnipro
Beim Einschlag einer russischen Rakete in der ukrainischen Stadt Dnipro im Zentrum des Landes sind nach ukrainischen Angaben mindestens neun Menschen verletzt worden. Wie der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko im Onlinedienst Telegram mitteilte, schlug die Rakete am Freitag in einem mehrstöckigen Wohnhaus im Stadtzentrum ein. Rettungskräfte seien vor Ort, fügte er hinzu.
„Derzeit wissen wir von neun Verletzten, darunter zwei Kinder“, erklärte Serhij Kruk, der Chef des staatlichen ukrainischen Notfalldienstes, auf Telegram. In Onlinenetzwerken und ukrainischen Medien verbreiteten Videos war zu sehen, wie Rauch aus den oberen Stockwerken eines schwer beschädigten Wohnhauses aufstieg und Trümmerteile auf dessen Hof herumlagen.
Konfliktparteien als QuelleAngaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Extremisten aus Deutschland in Ukraine eingereist
Dutzende Extremisten aus Deutschland sind seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine in das Kriegsgebiet gereist. Das teilte das Bundesinnenministerium auf Anfrage der „Welt am Sonntag“ mit, wie die Zeitung berichtete.
Insgesamt hätten Sicherheitsbehörden Ausreisen von 61 Personen registriert, „die einen Extremismus-Bezug oder eine Verbindung zur politisch motivierten Kriminalität aufweisen“, zitiert die Zeitung das Ministerium.
Bei 39 Personen gebe es tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass diese „mit der Absicht zur Teilnahme an Kampfhandlungen“ das Land verlassen hätten. Davon seien 27 pro-russisch und zwölf pro-ukrainisch orientiert.