Nebeneinkünfte im Landtag: Gläserner Abgeordneter in weiter Ferne
31. Juli 2023Nur elf der 79 Landtagsabgeordneten tauchen in der jetzt erstmals veröffentlichten Übersicht zu den Nebeneinkünften der Landtagsabgeordneten auf. Nach Ansicht von Transparency International liefert die Liste auch deshalb nicht die versprochene Transparenz.
Es sollte vieles besser werden, vor allem durchsichtiger und klarer: Nach den Wahlen im September 2021 verabschiedete der Landtag ein neues Abgeordnetengesetz. In einem extra eingefügten Paragraphen 47a regelte der Landtag erstmals, dass Abgeordnete die Höhe ihre Nebeneinkünfte angeben müssen – beispielsweise als Firmenchefs oder Berater. Fast zwei Jahre hat es gedauert bis Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD) jetzt in einer sogenannten Amtlichen Mitteilung erste Angaben bekanntgegeben hat.
Das zeigt die Liste der Nebeneinkünfte
Danach haben im Jahr 2022 genau elf Parlamentarier mehr als 1.000 Euro dazu verdient, die Liste führt Vertreter aller sechs Fraktionen auf. Allerdings wird die genaue Höhe der Nebeneinkünfte nicht genannt. Der Landtag hat sich auf Stufen verständigt. Die Stufe 1 gilt für Einkünfte von 1.000 bis 3.500 Euro, Stufe 2 reicht bis 7.000 Euro, Stufe 9 dann gilt für Einnahmen zwischen 150.000 und 250.000 Euro. Zwei SPD-Politikerinnen gehören laut Liste zu Top-Zusatzverdienern.
Die Vize-Fraktionschefin Christine Klingohr hat als Unternehmerin bis zu 37.000 Euro bekommen – auch mit einer Beteiligung am Golchener Hof ihres Mannes, der als Comedian „Bauer Korl“ bekannt ist. SPD-Frau Klingohr geriet nach NDR Recherchen in die Kritik, weil die SPD im Landtag und im Kreistag zu steuergeldfinanzierten Veranstaltungen im Hotel der Klingohrs eingeladen hatte. Ihre Kollegin Sylva Rahm-Präger hat als Chefin einer Molkerei mit Café und Online-Shop in Poseritz auf Rügen bis zu 75.000 Euro extra eingenommen.
Kritik von Transparency International: Liste ist lückenhaft
Ob Rahm-Präger damit zu den Spitzenverdienern gehört, ist unklar. Denn die Liste ist lückenhaft, viele Abgeordnete tauchen nicht auf. Das kritisiert Gerhard Bley von der Regionalgruppe Mecklenburg-Vorpommern bei Transparency International. Die Liste führe beispielsweise nur die Nebeneinkünfte von vier Abgeordneten auf, die auch Mitglied in Kommunalparlamenten sind. Für Bley unverständlich, denn weitaus mehr Landtagspolitiker seien gleichzeitig auch in Kreistagen oder Gemeindevertretungen aktiv, die aber würden nicht genannt.
Darüber hinaus fehlten auf der Liste Abgeordnete, die Firmenchefs oder an Unternehmen beteiligt seien. Bley meint auch deshalb, die Liste „bringe nicht die nötige Transparenz“. Außerdem sei die Übersicht mehr oder weniger versteckt auf der Landtagsseite veröffentlicht. „Das findet nur jemand, der gezielt danach sucht.“ Die Angaben seien viel zu abstrakt, mit der Stufen-Regelung könne der Bürger kaum etwas anfangen. „Es müssen die konkreten Einkünfte genannt werden“, fordert Bley.
Verweigern Abgeordnete die Auskunft?
Offen bleibe auch, wie der Landtag mit Abgeordneten umgehe, die keine Angaben machten. Das Gesetz biete keine Sanktionsmöglichkeiten und sei deshalb „zahnlos“, so Bley. Auf NDR Anfrage erklärte die Landtagsverwaltung, die Angaben der Abgeordneten müssten geprüft werden und sie würden nach und nach aktualisiert. Viele Daten seien in „der verwaltungsinternen Bearbeitung“. Neue Angaben würden dann in einer neuen Übersicht bekanntgegeben. Wann das passiert, ist unklar.
Die Landtagsverwaltung ließ offen, ob es Abgeordnete gibt, die keine Angaben gemacht haben. Offensichtlich ist der Umgang mit der Neuregelung kompliziert. Hesse brachte erst im Dezember 2022 eine Handreichung heraus, was genau unter Nebeneinkünften zu verstehen ist. Darin stellte die Präsidentin auch klar, dass die „Verwaltung des Vermögens keine Berufstätigkeit“ sei und deshalb nicht gemeldet werden müsse. Es sei denn, der Abgeordnete treibe hohen Aufwand damit, sein Vermögen im Rahmen eines „planmäßigen Geschäftsbetriebs“ zu vergrößern. Hesse gab auch diesen Hinweis: Wer Immobilien verpachtet oder vermietet, der muss die Einnahmen daraus grundsätzlich nicht anzeigen.