Historisches Aus – Albtraum Südkorea – WM-Turnier für Deutschland vorbei
3. August 2023Historisches WM-Aus für die DFB-Frauen: Nach den deutschen Männern 2018 stolperten auch die Frauen über Südkorea. Es ist das erste Mal, dass sie die K.o.-Runde einer WM verpassen.
Entsetzte Gesichter, leere Blicke, Tränen in den Augen: Die deutschen Fußballerinnen waren nach der WM-Blamage fassunglos. Das 1:1 am Donnertsag (03.08.2023) gegen Südkorea reichte nicht für das Achtelfinale, weil Marokko im Parallelspiel 1:0 gegen Kolumbien gewann.
„Um ehrlich zu sein, ist es noch gar nicht zu begreifen“, sagte die sichtlich geschockte Alexandra Popp im Sportschau-Interview: „Deswegen fällt es mir schwer, dies zu analysieren.“ Von der Galaform der Europameisterschaft im vergangenen Jahr war die Mannschaft mit Ausnahme des Eröffnungsspiels (6:0 gegen Marokko) weit entfernt, das 1:1 war der Tiefpunkt – mit bitteren Konsequenzen: Erstmals in der Geschichte übersteht Deutschland die Vorrunde nicht.
Wir haben gekämpft und alles versucht, am Ende muss man sagen, hat unsere Leistung nicht ausgereicht. Es ist im Endeffekt zu wenig gewesen.
In Brisbane wurde die deutsche Mannschaft vor 39.000 Zuschauern kalt erwischt: So-hyun Cho sorgte mit einem schnellen Tor (6.) für Entsetzen. Erst ein Kopfballtreffer von Popp (42.) brachte neue Hoffnung im Team von Voss-Tecklenburg.
Sicherheit gab das 1:1 aber nicht – dazu fehlte nach der Pause das Glück: Popp traf erst aus Abseitsposition, dann verhinderte die Latte das ersehnte 2:1. Die Kapitänin war die einzige Deutsche, die für Gefahr sorgte – das reichte nicht, um Südkorea zu besiegen.
DFB-Team in der Einzelkritik
Eine Alexandra Popp ist nicht genug
Kalte Dusche gegen starkes Südkorea
Deutschland setzte im Alles-oder-Nichts-Spiel erstmals bei dieser WM auf eine Doppelspitze: Neben Popp stürmte Lea Schüller (für Lina Magull), dazu kehrte Abwehrchefin Marina Hegering (für die verletzte Sara Doorsoun) nach auskurierter Fersenprellung zurück. Die Wolfsburgerin sollte Stabilität bringen, doch dieser Plan ging in der Anfangsphase komplett schief.
Während die DFB-Elf im Tiefschlaf war, startete Südkorea ausgeschlafen. Nach wenigen Sekunden hatte die 16-jährige Casey Phair die erste dicke Chance. Herrlich freigespielt, scheiterte die jüngste WM-Spielerin allein vor Merle Frohms, die den Ball noch an den Pfosten lenken konnte (2.).
Deutsche Elf lethargisch
War das der entscheidende Wachrüttler? Nein! Die Deutschen blieben lethargisch, Südkorea drehte auf und nutzte die zweite Chance zur Führung: Cho traf (6.) Wieder sah die Abwehr steinalt aus, dazu schnappte die Abseitsfalle nicht zu. So reichte ein Steckpass von So-yun Ji, um So-hyun Cho freizuspielen und die schob cool ins Eck. Das erste Turniertor für Südkorea sorgte für Entsetzen, denn der Blick auf die Blitztabelle zeigte: Deutschland war nur noch Dritter und damit raus aus dem Turnier.
Oberdorf – „Müssen uns selbst hinterfragen“
Popp trifft, wer sonst?
Der Favorit sendete in der zwölften Minute das erste Lebenszeichen: Klara Bühl traf den Ball aus 13 Metern nicht optimal und setzte wenig später auch den Kopfball drüber. Deutschland bemühte sich, verfing sich aber immer wieder im Abwehrnetz der Südkoreanerinnen, die bisher alles andere als furchteinflößende Auftritte hingelegt hatten.
Doch gegen Deutschland lief der Motor so richtig heiß. Der Plan von Trainer und Deutschland-Kenner Colin Bell, der der deutschen Mannschaft einen heißen Tanz angekündigt hatte, ging auf und beeindruckte den zweifachen Weltmeister sichtlich. Trotz deutlich mehr Ballbesitz sprang wenig Gefährliches heraus, weil weder schnell noch genau gespielt wurde.
DFB-Kapitänin Popp – „Kann nicht begreifen, was da passiert ist“
Es brauchte einen genialen Moment, ein Erfolgserlebnis. Und wer sorgte dafür? Kapitänin Popp, wer sonst?! Nach einer Eingabe von Svenja Huth von der rechten Seite schraubte sich der deutsche Leuchtturm empor und köpfte zum erlösenden 1:1 (42.) ein. Es war das 66. Tor im Trikot der Nationalmannschaft für Popp. Deutschland war zurück – im Spiel, aber nicht im Turnier, weil Marokko im Parallelspiel gegen Kolumbien zur Pause mit 1:0 führte.
Erst Abseitstor, dann Latte
Der Ansatz nach dem Wechsel war klar: Mit Flanken die Doppelspitze Schüller/Popp füttern und die Lufthoheit nutzen. Soweit die Theorie, die Umsetzung haperte. Deutschland bekam keine Sicherheit ins Spiel und legte einen völlig fahrigen Auftritt hin.
Erst als Popp den Turbo zündete, waren die Bell-Schützlinge machtlos: Ihren Kopfballtreffer in der 57. Minute konnten sie nicht verhindern, dafür der Videocheck. Bei der Vorlage von Schüller stand Popp im Abseits. Das Tor zählte nicht. Diese Tatsache stachelte die beste Deutsche weiter an: Direkt die nächste Flanke von Huth setzte die wuchtige Mittelstürmerin an die Latte (60.). Die Druckphase wurde nicht mit einem Tor belohnt und so wurde es zunehmend ein Wettlauf mit der Zeit.
Popp einziger Unruheherd
Südkorea blieb laufstark und setzte Nadelstiche: In der 71. Minute rauschte eine Ecke nur knapp am langen Pfosten vorbei, weil Frohms vorbeisegelte. Deutschland fiel weiter nichts ein. Das einzig probate Mittel schienen Flanken auf Popp zu sein. Die Torjägerin war die einzige, die Torgefahr ausstrahlte, Torfrau Jung-mi Kim mit einem wuchtigen Kopfball aber nicht überwinden konnte (74.).
Auch die viel zitierte Brechstange brachte keinen Erfolg, gefährlich wurde es erst in der Nachspielzeit, als Sydney Lohmann knapp über das Tor schoss und das historisch frühste WM-Aus auch nicht verhindern konnte. Damit geht das Turnier ohne den zweifachen Weltmeister weiter. Ob es für Popp in der Nationalmannschaft weitergeht, ließ die 32-Jährige offen: „Darauf habe ich keine Antwort.“